Kitabı oku: «Es darf gelacht werden Von Männern ohne Nerven und Vätern der Klamotte», sayfa 3

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Neuer Ansatz und Inhalt

Das vorliegende Buch schließt eine Lücke in der Geschichte des deutschen Fernsehens in beiden deutschen Staaten. Seit meinem Dick und Doof Buch, das ich zuletzt 2014 für die Taschenbuchausgabe aktualisiert habe, hat es keine Buchveröffentlichung gegeben, die sich den Slapstickserien im Fernsehen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR widmet. Der neue Serien Guide von Thomas Hruska und Jovan Evermann (Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004) schließt die Slapstickserien durch die Definition, welche Serien aufgenommen wurden, praktisch aus. Das Lexikon der britischen und amerikanischen Serien, Fernsehfilme und Mehrteiler in den Fernsehprogrammen der Bundesrepublik Deutschland 1953–1985 für ARD und ZDF (Wissenschaftsverlag Volker Spieß, Berlin 1991), das Irmela Schneider, Christian W. Thomsen und Andreas Nowak herausgegeben haben, ist mehr eine statistikartige Übersicht. Sie wurde von einer großen Studentengruppe erarbeitet, die sich in der Aufgabenstellung auf rudimentäre Angaben beschränkt hat. Es erscheinen nur wenige Slapstickserien, ganz überwiegend nur die bekannten. Viele Slapstickserien sind als solche nicht erkannt worden und fehlen daher, darunter Werner Schwiers Pionier-Serie ES DARF GELACHT WERDEN und auch die drei genannten Serien, die mir früher entgangen waren. Die Forschungen sind später über 1985 hinaus nicht fortgeführt worden. Das Fernsehlexikon von Michael Reufsteck und Stefan Niggemeier aus dem Jahr 2005 greift im Bereich der Slapstickserien lediglich auf Ergebnisse meines erstmals 2004 erschienenen Dick und Doof Buches zurück.

Im Zentrum des vorliegenden Buches stehen lexikalisch aufbereitet die Serien mit ihren Komikern, ihre Hintergründe, die Produktion, ihre «Macher», soweit erreichbar die Reaktionen des Publikums nach den Ergebnissen der Zuschauerforschung (deren durchaus kritisch zu sehende Arbeitsweise im Anhang 4 erläutert wird). Wenn Serien auf Bildträgern und Schallplatten verfügbar waren oder sind, wird dies auch erwähnt. Jede Serie wird mit Sender, Anzahl der Folgen, Sendezeitraum und möglichst ausführlichen Credits eingeleitet. In wenigen Fällen ließen sich solche Informationen nach mehreren Recherche-Ansätzen nicht mehr beschaffen. Die Einträge behandeln auch Sendeanstalten, Programmformate, Sendeplätze und politische Aspekte. Die Serien werden zudem im Kontext der deutsch-deutschen Fernsehpolitik im Kalten Krieg betrachtet. Die deutsch-deutsche Nachkriegs-Konfrontation entstand sehr schnell. Beide Systeme bekämpften einander: die Tri- und Bizone und folgend die Bundesrepublik Deutschland den Kommunismus und die sowjetische Besatzungszone und die aus ihr hervorgegangene DDR die aus ihrer Sicht kapitalistische und militaristische Bonner Republik. Auf dem Mediensektor befürchtete man lange, das Fernsehen des einen Staates könne die Zuschauer des jeweils anderen deutschen Staates politisch beeinflussen. Man beobachtete sich gegenseitig aufs Genaueste, und beide Seiten folgten dabei aus ihrer Sicht einige Zeit dem Leitgedanken des gesamtdeutschen Auftrages des Fernsehprogramms. Was jedem Lager missfiel: Die Zuschauer blickten immer wieder ins gegnerische TV-Programm. Denn allen Grenzanlagen zum Trotz konnte das Fernsehen den Äther nahezu frei passieren. Programmatische Zusammenarbeit beider deutscher Fernsehsysteme war von Feindbildern bestimmt und von der Nichtanerkennung der DDR durch die Bundesrepublik Deutschland. Mit Beginn der sozialliberalen Koalition mit Bundeskanzler Willy Brandt an der Spitze setzte eine schrittweise Annäherung ein, aus der ein wechselseitiger Handel mit den Programmen entstand (Dittmar, S. 21).

Die Fernsehsysteme beider deutscher Länder konkurrierten von Beginn an miteinander. In der seit 1950 erscheinenden bundesdeutschen Zeitschrift fernseh-informationen beobachtete man in dem Beitrag «Fernseh-Vorbereitungen in der Ostzone. Auch hier ein Wettlauf zwischen Ost und West», dass in Ost-Berlin «gegenwärtig mit bemerkenswerter Intensität am Aufbau eines Rundfunk- und Fernsehtechnischen Instituts gearbeitet» werde (Ausgabe vom 1. November 1950, S. 7). Das bundesdeutsche Fernsehen begann zunächst am 12. Juli 1950 mit einem Testbild, das der im Hochbunker auf dem Hamburger Heiligengeistfeld beheimatete Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) sendete. Er versorgte zunächst Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Um dem DDR-Fernsehen zuvor zu kommen, wurden die Vorbereitungen für ein Versuchsprogramm des NWDR intensiviert, und ab dem 27. November 1950 strahlte der Sender sein Versuchsprogramm an drei Tagen pro Woche von 20:00 bis 22.00 Uhr aus. 1951 berichteten die fernseh-informationen in dem Artikel «Ein Blick hinter den Eisernen Vorhang: Die Fernseh-Vorbereitungen in der Ostzone» von baulichen Fortschritten in Adlershof, wo im Juli des Jahres das Richtfest stattfand (Ausgabe vom 1. Juli 1951, S. 8–10). Im Osten Berlins gab die Generalintendanz des Demokratischen Rundfunks die Anweisung aus, um jeden Preis zu senden: «Wir müssen jetzt jeden Tag mit einer Stunde ‹draußen› sein zu einer feststehenden Zeit, um die Frequenz zu belegen, die uns auf der Internationalen Wellenkonferenz zugeteilt worden ist» (Hickethier-Hoff, S. 101, 102, mit Nachweis). Doch der Start zog sich hin. Als durchdrang, dass der NWDR womöglich schon vor Jahresende mit seinem regulären Programm beginnen wollte (offiziell wurde der Jahresbeginn 1953 genannt), nahm die Geschwindigkeit des Wettlaufs Fahrt auf. Der NWDR wollte sich die TV-Hoheit in West-Berlin nicht vom Fernsehzentrum Berlin-Adlershof nehmen lassen und beweisen, von dort aus in die DDR senden zu können. Deswegen liefen die Vorbereitungen in Ost-Berlin für ein «offizielles Versuchsprogramm» auf Hochtouren, und die Devise lautete: «Unbedingt noch im Dezember 1952!» Obwohl echte Programmressourcen fehlten, kam das Fernsehzentrum Berlin-Adlershof der bundesdeutschen Konkurrenz zuvor: Ab dem 21. Dezember 1952 wurde das tägliche «offizielle Versuchsprogramm» gesendet. Dass es zu diesem Zeitpunkt nur sehr wenige Empfangsgeräte in der DDR gab, sah man nicht als Hinderungsgrund an. Wegen der offenen deutsch-deutschen Grenze hoffte man in der DDR, die Zahl der Fernsehgeräte durch Käufe aus dem Westen bald steigern zu können (Selbmann, S. 30). Im Dezember 1952 gab es in der DDR nach unterschiedlichen Quellen zwischen 57 und 75 Empfangsgeräte (Dittmar, S. 68), die damals pro Stück nahezu unerschwingliche 3 500 Mark kosteten (Stemmler in: Riedel, S. 78). Demgegenüber sollen zum selben Zeitpunkt für den Empfang des bundesdeutschen Fernsehens rund 4 000 Endgeräte zur Verfügung gestanden haben. Das Fernsehmuseum in Wiesbaden gibt die Anzahl der Fernsehteilnehmer in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin für März 1953, gestützt unter anderem auf die Zeitschrift Rundfunktechnische Mitteilungen allerdings mit 1 117 Personen an (http://www.fernsehmuseum.info/fernsehzuschauer-statistiken.html). Für den NWDR war der Sendestart aus Berlin-Adlershof eine schwere Schlappe, und «der Stachel saß tief» (Dittmar, S. 70). Daran vermochten weder die eilige Vorverlegung des Sendebeginns des eigenen regulären täglichen Programms auf den 25. Dezember 1952 etwas zu ändern noch der Umstand, mit einem abwechslungsreicheren Programm als das aus dem Fernsehzentrum Berlin-Adlershof auf Sendung zu gehen. Das Wettrennen war verloren.

Der erste Slapstickfilm im deutschen Fernsehen der Nachkriegszeit lief im Programm des NWDR am 15. April 1953: Laurel und Hardys Westernparodie DICK UND DOOF IM WILDEN WESTEN (WAY OUT WEST, 1937). In TV-Zeitschriften war davon nichts zu lesen. Da das bundesdeutsche Fernsehen in der DDR beobachtet wurde, wurde die Sendung aber von der Arbeitsgruppe Programm und Information des Fernsehens der DDR in der internen Dokumentation Spielfilme im Fernsehen der BRD 1952 bis 1980 (Kinospielfilme) festgehalten (Erdmann/Flesch, S. 52). Die 1982 zusammengestellte Dokumentation wurde in der Bundesrepublik erst nach der deutschen Wiedervereinigung bekannt. Ab dem 1. November 1954 gab es dann das bundesweite TV-Programm der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland, kurz ARD. In der DDR endete das tägliche «offizielle Versuchsprogramm» des Fernsehzentrums Berlin-Adlershof am 2. Januar 1956. Am Tag darauf begann das reguläre Programm des Deutschen Fernsehfunks. Der Kalte Krieg blieb.

Einige Stichworte im Lexikonteil betreffen mittelbar die Slapstickserien oder dienen der Abgrenzung. Die ARD-Serien HEUTE LACHT MAN DARÜBER und FILMSPÄSSE AUS PARIS dürften in Verbindung mit Schwiers erfolgreicher Serie ES DARF GELACHT WERDEN stehen. Die eine Serie belebte die augenzwinkernde witzige Kommentierung dramatischer Stummfilme durch einen Film-Erklärer in Schwiers Art aufs Neue. Die andere Serie knüpfte unmittelbar an den Slapstick alter Art an mit kurzen Filmen, die Anfang der 1960er-Jahre gedreht wurden. Die US-Serie FRACTURED FLICKERS wurde nicht deutsch bearbeitet, sie war aber Bob Monkhouses Vorbild für die MAD MOVIES. ALS DIE BILDER LAUFEN LERNTEN. Die Zeichentrickfilmserien LAUREL AND HARDY und DIE KLEINEN STROLCHE sind aufgenommen, weil sie aufgrund ihrer Vorbilder aus dem Realfilm entstanden sind. In wenigen Fällen konnten Serieninhalte nicht geklärt werden, die Sendetitel lassen aber einen Bezug zum Slapstick vermuten. Nicht zuletzt hat es in beiden deutschen Staaten Vorläufer aus dem Slapstickbereich außerhalb (eigener) Serien gegeben, die aber als Wegbereiter gelten können. Willi Schwabes RUMPELKAMMER gehört mit einem eigenen Eintrag dazu. Die frühen bundesdeutschen TV-Serien BLICK ZURÜCK IM FILM, KINTOPP-ERINNERUNGEN, LIEBLINGE UNSERER ELTERN, PREMIEREN VON GESTERN und WIE GEWÜNSCHT sind nicht aufgenommen. Sie befassen sich entweder ganz mit deutschen UFA-Filmen oder im Falle von WIE GEWÜNSCHT neben anderen Themen der Serie wie Show und Bühnenaufführungen ebenfalls mit deutschen Spielfilmen. Lediglich in der letzten zehnminütigen Folge der KINTOPP-ERINNERUNGEN wurden Laurel und Hardy, das dänische Duo Pat und Patachon und der Slapstick berührt. Es ging um Komiker-Teams, die im Übrigen aus Deutschland stammten: Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller, Joseph Schmitz und Jupp Hussels sowie Hans Moser und Theo Lingen. Die kurze Serie HEITERE LEINWAND behandelte filmische Themen, auch die Komik, aber nicht das Slapstickgenre. WESTERN VON GESTERN ist selbstverständlich keine Slapstickserie. Sie wird aber erwähnt, weil zunächst Caloué sie auf seine bewährte Art bearbeiten sollte. Nicht in den Kreis der Slapstickserien gehört auch Dieter Hallervordens Serie NONSTOP NONSENS, die im März 1975 im ARD-Hauptprogramm begann. Sie enthält zwar hin und wieder Slapstickelemente, und Hauptfigur der ersten beiden Folgen ist Herr Slap. Die Comedy-Serie ist jedoch eine Mischung aus szenenartigen Geschichten, Sketchen, gespielten Witzen und Liedern, die sich manchmal ans Kabarett anlehnen.

Wie im Abschnitt «Ein langer Weg ins Fernsehen» dargestellt, hat der Slapstickfilm eine sehr große Bandbreite. Er ist nicht nur in den USA beheimatet und ein Genre des Stummfilms. Die US-Produktionen reichten weit in die Tonfilmzeit hinein bis 1959. Prominenteste Beispiele für den Slapstick im Tonfilm sind Laurel und Hardy und die Three Stooges. Das Trio steht in der Tradition der Sennett-Grotesken. Slapstick europäischer Prägung gab es vor allem in deutschen Max-Linder-Serien sowie in den arte-Serien FRÜHE KOMIKER und DER KOMISCHE KINTOPP. Zum europäischen Slapstick gehört auch Karl Valentin, der erste Slapstickfilme in den 1910er-Jahren drehte und in der Tonfilmzeit bedeutende Kurzfilme.

Spielfilme, Retrospektiven, Hommagen, Kompilationen und Weihnachtsprogramme im deutschen Fernsehen Ost und West, die zum Slapstickgenre zählen, sind keine Serien und daher nicht im Buch zu finden. Dieser Bereich bleibt einer eigenen Veröffentlichung vorbehalten. Der Eintrag zur CHAPLIN-RETROSPEKTIVE bei N3 im Frühjahr 1973 betrifft eine Serie, die lediglich Retrospektive genannt wurde. Die Serie beschränkt sich auf wenige Filme aus einem Zeitraum weniger Jahre. Eine möglichst umfassende Werkschau auf eine Schaffenszeit von rund 60 Jahren ist dies nicht.

Die Chronologie der Serien im Anhang 1 ermöglicht, die Einträge in der zeitlichen Aufeinanderfolge der Serien auch als Entwicklungsgeschichte zu lesen. Kurzporträts von Fernsehschaffenden und einigen Firmen sowie die Auflistung von Slapstickkomikern und einigen Produktionsstudios befinden sich in den Anhängen 3 und 5. Auf die Auflistung sämtlicher Einzelfolgen mit ihren genauen Filminhalten, Inhaltsbeschreibungen, Credits und Synchronbesetzungslisten musste aus Platzgründen verzichtet werden. Bei um die 1 000 Serienfolgen mit deutlich mehr Filmen hätte das den zur Verfügung stehenden Rahmen bei weitem gesprengt. Das bleibt daher einer geeigneten anderen Publikation vorbehalten. Die Komiker, die in einer Serie zu sehen waren, sind aber immer möglichst vollständig genannt. Viele Filminhalte werden skizziert. Wenn sich die Originalfilme identifizieren ließen, werden zusammen mit dem deutschen Sendetitel stets die Originaltitel und das Jahr der Veröffentlichung genannt.

Zum Abschluss ein Wort zum Copyright. Die auf langwierigen Recherchen beruhenden Ausführungen und Ergebnisse genießen uneingeschränkt Urheberrechtsschutz und dürfen nur mit schriftlicher Erlaubnis verwendet werden, in welchem Medium auch immer.

Buxtehude im November 2020

Norbert Aping

Ein langer Weg ins Fernsehen
Slapstick!

«Treten Sie näher, meine Damen und Herren. Kommen Sie und lachen Sie im Kinematographen. Erleben Sie unser unvergleichliches Programm mit den größten Komikern vom Anfang unseres Jahrhunderts. […] Hereinspaziert, hereinspaziert, meine Damen und Herren, die Vorstellung beginnt!» So preist Ulrich Tukur, zum Schluss fast schon heiser, die Folgen der arte-Serie FRÜHE KOMIKER aus dem Jahr 1995 an.

1995 wurden «100 Jahre Kino» begangen. An seiner Wiege standen 1895 die Gebrüder Auguste und Louis Lumière aus Frankreich und die Gebrüder Emil und Max Skladanowsky aus Deutschland. Die ersten Gehversuche haben mit dem Filmschaffen, wie wir es heute kennen, wenig gemein. Man filmte zuerst, um den Menschen bewegte Bilder vorzuführen. Sie wurden als Jahrmarktsattraktionen gezeigt, und niemand erwartete in der Frühzeit eine Spielhandlung. In den allerersten Jahren war kaum ein Film länger als 60 Meter (von Zglinicki, S. 215 ff.). Der Film-Pionier Georges Méliès begann allerdings schon 1896, kleine Geschichten zu erzählen, und er nutzte die Kamera für Filmtricks, die ausschließlich mit optischen und fotografischen Mitteln erzeugt wurden (Ezra, S. 24 ff.). 1907 veröffentlichte er im Annuaire général et international de la photographie dazu seinen Beitrag «Les vues cinématographiques». Zu den Filmtricks gehörten damals zum Beispiel Filmschnitt, Überblenden, Zeitlupe, Zeitraffer und rückwärts abgespielte Aufnahmen. Méliès schuf um 1902 erste utopisch-fantastische Filme, die unter anderem an Jules Verne angelehnt waren. Zuweilen hatten seine Filme auch groteske Inhalte (Malthête / Laurent Mannoni) mit einer Art Komik, die die Menschen womöglich von Boulevard-Bühnen kannten. Bis es ortsfeste Kinos gab und Film ein gesellschaftlich akzeptiertes Medium wurde, von einer Kunstform ganz zu schweigen, sollten noch Jahre vergehen. Kulturkritiker beschworen die sittlichen Gefahren des Films und zogen gegen ihn zu Felde (von Zglinicki, S. 367 ff.).

Der Film deckt heute alle möglichen Genres ab, und auch die Entwicklung dorthin begann in der experimentellen Frühphase des Films. Eines der Genres ist der Slapstickfilm. Man hat ihn abgetan als billige Possenreißerei, als unseriös, unkünstlerisch und ordinär. Auf der Bühne wie bald auch im Film waren vor allem Dramen das Maß der Dinge. Dementsprechend groß war die Kluft zwischen anerkannter Kunst und «bloßer» Unterhaltung. Da man sich gern einmal gruselte, fanden auch Kriminal-, Ritter- und Schauergeschichten in die Welt des Dramas Eingang und waren wohl nicht immer künstlerische Genüsse. Unterhaltung um der Unterhaltung willen war verpönt. Heute ist die Sicht auf Slapstickfilme und Filmkomödien eine andere. Tatsächlich gehört Slapstick zu den Pionierleistungen des Films als eigenes, innovatives Genre (zur Entwicklung: Durgnat, S. 67 ff.; Kerr, S. 50 ff.; Montgomery, S. 15 ff., 72 ff.; Stavecare, S. 26 ff.).

Der Begriff Slapstick kommt vom Theater und bedient die Schadenfreude des Publikums, wenn der Narr eine andere Bühnenfigur möglichst lautstark mit einem Schlagholz bearbeitet. Wirkliche Schmerzen verursacht er natürlich nicht. Der Geprügelte ist der Dumme, weil er zum Gespött gemacht worden ist. Das wirkt besonders komisch, wenn es Respektspersonen oder aufgeblasene Honoratioren trifft. Zur Verstärkung des Effektes wurde das Schlagholz zu einer Klappe, die beim Hieb laut zusammenschlägt. Die Lautstärke wurde gesteigert, wenn dabei Zündplättchen eingelegt wurden. Diese Haudrauf-Komik hat der Slapstickfilm aufgegriffen. Die frühen Streifen waren verständlicherweise noch ungeschliffen und rau, aber Fähigkeiten mussten Produzenten und Darsteller schon mitbringen, um den Hunger des Publikums nach wildem Slapstick zu stillen. Recht treffend, wenngleich nicht ganz frei von Klischee, hat dies die Informationen des Berliner Werbefernsehens zusammengefasst, als sie für Oktober 1963 die Folge DIE SPASSFABRIK aus der Serie AUS DEN KINDERTAGEN DES FILMS ankündigte: «Schon in den Kindertagen des Films erkannte man, dass sich der Spaß besonders gut verkauft. 1909 begann Mac [sic] Sennett, aus Sahnetorten, Feuersbrünsten, tölpelhaften Polizisten, Badenixen und Überschwemmungen zwerchfellerschütternde Burlesken zu mixen, die schnell in aller Welt berühmt wurden. Dieser ‹geräuschlose Klamauk› lebte vom gespielten Witz, vom pantomimischen Gag, und die Schauspieler mussten damals Komiker, Equilibristen und Tänzer zugleich sein und über eine beachtliche Konstitution verfügen.» Die Einbeziehung von Sahnetorten, die zweifelsohne in manchem Slapstickfilm flogen, gehört durchaus nicht zur unverzichtbaren Grundausstattung jeder Groteske. Der Stummfilm-Komiker Bobby Vernon berichtete 1929, welch körperliche Strapazen er für die Produktion seiner Streifen auf sich genommen hatte, die ihn sogar zu einer Wirbelsäulen-Operation zwangen (Picture Play Magazine September 1929, S. 71). 1919 verlor Harold Lloyd bei Dreharbeiten zwei Finger seiner rechten Hand, als eine angebliche Bomben-Attrappe doch explodierte (Dardis, Lloyd, S. 76, 77). Der berühmte Buster Keaton hat als durchtrainierter Athlet genauso mit vollem Körpereinsatz gearbeitet und sich während der Dreharbeiten zu seinem Klassiker SHERLOCK JR. (1924) sogar einen erst viel später entdeckten Genickbruch zugezogen, der ihn zum Glück nicht das Leben kostete (Dardis, Keaton, S. 107, 108).

Europa

Der Slapstickfilm, um den es in diesem Buch geht, ist vor allem der Slapstickfilm US-amerikanischer Prägung. Besonders in den Produktionen von Mack Sennett ging es recht wild zu. Dennoch ist der Slapstickfilm kein rein US-amerikanisches Genre. Slapstickfilme wurden schon vor Sennetts ersten Schritten im Jahr 1909 in Europa gedreht. Sie unterschieden sich allerdings von ihren US-Verwandten. In Frankreich erfreuten sich die innovativen kurzen Filme von Georges Méliès großer Beliebtheit, ehe er in Vergessenheit geriet und erst viele Jahre später wiederentdeckt wurde. Unter einer Vielzahl von Komikern und Komikerinnen waren zum Beispiel André Deed und Max Linder besonders populär. Deed arbeitete schon seit 1902 mit Méliès, bevor er 1906 in Frankreich mit seinen Slapstickfilmen als Boireau bekannt wurde (später auch als Gribouille). Ab 1909 hieß er in Italien Cretinetti (Gili, S. 203 ff.). Max Linder hatte seine Filmkarriere als Komiker sogar schon 1905 begonnen. Charlie Chaplin, der seine ersten Filme 1914 für Sennett schuf, bezeichnete Linder als seinen Lehrer (Chaplin-Foto mit Widmung für Linder in: Ford, S. 64). Für seine Zeit produzierte der hervorragende Schauspieler Linder ungewöhnlich moderne Filme um seinen dandyhaften Filmcharakter als Frauenheld, der in vertraut erscheinenden Ausgangssituationen wahrhaft Groteskes erlebt. Linder drehte sehr viele kurze Filme, und sicherlich sind ihm nicht nur Meisterwerke gelungen. Frühe Slapstickfilme entstanden von Beginn des Filmwesens an auch in Großbritannien. Der Filmkomiker Fred Evans schuf seine Filmfigur Pimple aber erst etwas später und drehte 1913 und 1914 nicht weniger als 99 Streifen (Burton/Porter, S. 11). Davor war Ferdinand Guillaume ab 1910 in italienischen Tontolini-Streifen zu sehen und später als Polidor in Frankreich (Giusti, S. 237 ff., 250 ff.). Verglichen mit der US-Produktion ist der europäische Slapstick immer noch eine gewisse terra incognita. Aber mittlerweile hat die Literatur über den europäischen Slapstick etwas zugenommen. Auf DVD/Bluray ist kaum etwas zu finden, aber via Internet ist Einiges verfügbar. Die greifbaren Streifen sind mitunter sehr grotesk, ihre europäische Herkunft sieht man ihnen an. Hingegen lässt der US-Slapstickfilm vergleichsweise selten kulturelle Wurzeln erkennen, es sei denn, europäische Künstler wie Charlie Chaplin, Stan Laurel und Max Linder haben sie eingebracht. Der wilde, ungezügelte Slapstick wirkt durch die Loslösung von kultureller Verortung sehr viel verrückter, überdrehter. Das unterscheidet ihn auch von den Filmen des dänischen Erfolgsduos Pat und Patachon, deren Komik sehr viel ruhiger ist und heute zuweilen leicht behäbig wirkt. In den Filmen spiegelt sich unter anderem die dänische Ländlichkeit der damaligen Zeit.

Ob es ausgeprägten wilhelminischen Slapstick gegeben oder langsame, bodenständige deutsche Filmlustspiele (siehe dazu: KINtop 1, S. 58 ff.; Belach/Jacobsen, S. 16 ff.), lässt sich bis auf Weiteres nicht klären. Frühe kurze Streifen mit dem noch kindlichen Curt Bois, mit Ernst Lubitsch und Karl Valentin sind durchaus dem Slapstick verbunden. Zu wenig ist aber erforscht, und zu wenige Streifen sind gesichtet, um eine tragfähige Aussage treffen zu können. Jedenfalls wurden in den umfangreichen Anzeigenteilen von deutschen Film-Branchenblättern während des Ersten Weltkrieges und für kurze Zeit danach sehr viele deutsche Lustspiele oder Humoresken als Beiprogramme angeboten. Das spricht für einige Beliebtheit beim Publikum. Zeitgenössische Kritiker setzten sich auch mit der Qualität solcher Streifen auseinander. Wenn das Publikum 1919 auf den Streifen GALGENHUMOR mit Poltern und Pfeifen reagierte (FK Nr. 38 vom 19. Juli 1919, S. 2), gestattet allein ein solches Beispiel keinen zwingenden Rückschluss auf alle deutschen Lustpielfilme. Das gilt auch, wenn manchmal deutsche Grotesken im Vergleich zu Chaplin-Filmen, die ab 1921 die Kinos der Weimarer Republik im Sturm nahmen (Aping, Chaplin, S. 47 ff., 75), «zum Weinen langweilig» genannt wurden (zum Beispiel: Der deutsche Film in Wort und Bild Nr. 45 vom 11. November 1921, S. 15, 16). Gewiss, kein Geringerer als Ernst Lubitsch beklagte 1919 die Misere des deutschen Filmlustspiels und geißelte «die kunstbarbarische Auffassung, dass das Lustspiel weniger sei als das Drama» (Lichtbildbühne Nr. 28 vom 12. Juli 1919, S. 19, 20). Dass bald Slapstickfilme aus den USA den deutschen Lustspielfilmen den Rang abliefen, kann auch damit zusammenhängen, dass sie sich überholt hatten und etwas Neuem wichen. Allein mit dieser Tatsache wäre kein Urteil über mangelnde Qualität verbunden. Die gelegentlichen Vergleiche deutscher Lustspielfilme mit ihrer US-Konkurrenz und die dabei gewonnenen Erkenntnisse können ebenfalls auch keine Allgemeingültigkeit für sich in Anspruch nehmen. Einzelfälle sind schließlich Jahre später zwei umstrittene komische deutsche «Großlustspiele» von 1929 mit dem schlanken Siegfried Arno und dem übergewichtigen, gedrungenen Kurt Gerron als Duo Beef und Steak. Sie dürften optisch an Laurel und Hardy angelehnt sein. Während der erste Film AUFRUHR IM JUNGGESELLENHEIM bei Fachpresse und beim Publikum gut ankam (zum Beispiel: FK Nr. 155 vom 2. Juli 1929, RFB Nr. 27 vom 6. Juli 1929, S. 16), bröckelte es beim zweiten Anlauf mit WIR HALTEN FEST UND TREU ZUSAMMEN. Die Serie endete. Das Reichsfilmblatt bezeichnete den Film als «zu gekrampft» in dem Bemühen, US-Vorbilder zu kopieren, weil er dabei «auf Herz und Sinn verzichtet» (Nr. 39 vom 28. September 1929, S. 12, 13).

In den deutschen TV-Serien war europäischer Slapstick selten zu finden. Das bundesdeutsche Fernsehen brachte ab 1963 verteilt über gut 30 Jahre drei Serien mit Max Linder ab 1963, drei Pat-und-Patachon-Serien von 1968 bis 1985, drei Folgen der ersten Staffel der ZDF-Serie OPAS KINO LEBT (1964/65). Im DDR-Fernsehen beschränkte sich das Angebot auf eine Serie mit dem dänischen Duo Pat und Patachon. Nach der deutschen Wende zeigte arte zusammen 20 Folgen FRÜHE KOMIKER (1995) und DER KOMISCHE KINTOPP (1998).

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