Kitabı oku: «Es darf gelacht werden Von Männern ohne Nerven und Vätern der Klamotte», sayfa 5
Musik und Stummfilm
Der Film-Erklärer ist überdies ein Beleg dafür, dass der Stummfilm nicht stumm ablief, sondern ein tönendes Erlebnis war. Dazu kam Musik. Ein reiner, wenn auch überziehender Vortrag wäre doch schnell eintönig geworden. Die Musik hatte seit der Frühzeit des Films eine wichtige dramaturgische Funktion und war unverzichtbar: Sie unterstützte die erkannte oder vermutete Filmhandlung durch passende Versatzstücke, die Spannung, Freude, Spaß, Hoffnung und Verzweiflung für jeden verständlich skizzierten. An den richtigen Stellen mussten Musiker zum Beispiel Spannung und Komik mit Tremolos, anschwellenden Klängen und abrupten Enden unterstützen. Musik ist die universellste Sprache. Ihr Erscheinungsbild fiel sehr unterschiedlich aus. Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Sparte Filmmusik (Nowell-Smith, S. 172 ff.). In den 1920er-Jahren schufen versierte Film-Komponisten eigens Kompositionen für bedeutende und kassenträchtige Spielfilme, zu deren Uraufführungen nicht selten Prominente aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft erschienen. Exponenten der Film-Komponisten waren Giuseppe Becce, Paul Dessau, Hans Erdmann, Gottfried Huppertz, Franz Lehár, Edmund Meisel und Willy Schmidt-Gentner, um nur einige zu nennen (Birett, Stummfilmmusik). Erdmann betreute im Reichsfilmblatt (RFB) die regelmäßig erscheinende Rubrik «Filmmusik». Becce gründete 1921 die Zeitschrift Kino-Musik-Blatt, später Ton-Film-Musik, aus der sich mehrere Beispiele für Kompositionen von Slapstickfilmen entnehmen lassen. Gemeinsam mit Ludwig Brav legten Erdmann und Becce 1927 das zweiteilige Werk Allgemeines Handbuch der Film-Musik vor. Im ersten Teil beschäftigt es sich mit Theorie und Praxis der Filmmusik, während der zweite Teil ein thematisches Skalenregister enthält, mit dessen Hilfe sich Filme nach Stimmungen und Situationen mit kompositorischen Versatzstücken live untermalen ließen. 2020 ist es unverändert wiederaufgelegt worden. Diese Art musikalischer Bearbeitung von Stummfilmen war allerdings schon aus Kostengründen nicht der Standard. In Kinos rund um die Welt wurden Orchester zum Beispiel durch die elektrisch-pneumatische Wurlitzer Kino-Orgel ersetzt, die The Mighty Wurlitzer genannt wurde. Sie war mit vielen Klangregistern, einem Effektregister und einem chromatischen Schlagwerk ausgestattet, sodass sich zur Musik die beliebten Geräuscheffekte einspielen ließen. Einer der bekanntesten Kino-Organisten ist Gaylord Carter, der seine Karriere in der Stummfilmzeit begann. Es gab außerdem das Orchestrion-artige elektrisch-pneumatische Klavier namens Fotoplayer. Der Fotoplayer konnte wie eine Violine oder Orgel klingen, und auch mit ihm ließen sich per Handzug oder Pedale Schlagzeuggeräusche und Toneffekte erzeugen. Je kleiner die Vorführungsstätte und weniger bedeutend die Filme, desto sparsamer fiel die Live-Musik aus. Entweder bestritt sie ein Kintopp-Pianist zusammen mit einem Stehgeiger oder allein. Wenn die Musiker nicht kamen oder verhindert waren, konnte man sich mit einem Harmonium oder einem elektrischen, selbst spielenden Klavier behelfen. Zuweilen wurde auch ein krächzendes Grammophon eingesetzt, das freilich nicht synchron auf den Film abgestimmt werden konnte. In den USA hatte man gegen Ende der Stummfilmzeit die so genannten Vitaphone-Platten mit vorproduzierter Musik und Geräuscheffekten entwickelt. Sie konnten einigermaßen synchron zu den Filmen abgespielt werden.
Slapstickfilme aus der Stummfilmzeit wurden mit einer höheren Bildzahl pro Sekunde abgespielt, als sie gedreht worden waren. Das steigerte den komischen Effekt. Eine Unart war freilich, dass Kinobesitzer ab Anfang der 1920er-Jahre vor allem Filme des Beiprogramms, zu dem Slapstickfilme gehörten, mit einer entschieden zu hohen Geschwindigkeit vorführten. Auf diese Weise ließen sich rund um den Hauptfilm mehr Filme unterbringen als bei der Konkurrenz, die die Streifen mit normaler Geschwindigkeit abspielte. Es ging also darum, Zuschauer mit einem umfangreicheren Programm anzulocken (RFB Nr. 39 vom 25. September 1925, S. 81). Stummfilme, zumal solche aus der Frühzeit, wurden in unterschiedlichen Geschwindigkeiten gedreht, in den 1920er-Jahren stieg die Bildanzahl pro Sekunde auf bis zu 29 Bilder. Die richtige Vorführgeschwindigkeit variierte also von Film zu Film (Sudendorf, «Variationen der Geschwindigkeit»). War ein Film zum Beispiel mit 16 bis 18 Bildern pro Sekunde aufgenommen worden, ließ er sich mit einer Geschwindigkeit bis zu 24 Bildern pro Sekunde vorführen. Damit konnte man etwaiges Flimmern verhindern und immer noch eine adäquate Wiedergabe gewährleisten. Wenn Kinobetreiber jedoch die Vorführgeschwindigkeit auf bis zu 40 Bilder pro Sekunde heraufschraubten, verfälschte das den Film und erschwerte zudem das Lesen der Zwischentitel. Kinomusiker fühlten sich durch die Manipulationen gehetzt und in ihrer künstlerischen Tätigkeit beeinträchtigt. Das führte zum Streit mit Betreibern von Lichtspieltheatern (RFB Nr. 35 vom 1. September 1928, S. 32). «Selbst bei einer amerikanischen Groteske darf der Film nicht wie ein Geisterschatten über die Bildwand rasen», war eine der Forderungen gegen diese Art Missbrauch (RFB Nr. 1 vom 5. Januar 1929, S. 14). Aber auch abendfüllende Spielfilme wie Fritz Langs DR. MABUSE, DER SPIELER TEIL 1 (1922) waren betroffen. Bei dessen Uraufführung beklagte man sich über «das schnelle Abrollen der zahlreichen, z. T. recht ausführlichen [Zwischen]Titel» (RFB Nr. 17 vom 13. Mai 1922, S. 19). 1928 erwog die Münchner Polizeidirektion, Vorschriften zur Normierung des Vorführ-Tempos zu erlassen. Umgehend protestierten sowohl der Reichsverband Deutscher Lichtspiel-Theaterbesitzer e. V. als auch die Spitzenorganisation der Deutschen Filmindustrie e. V. (RFB Nr. 2 vom 14. Januar 1928, S. 10). Um das Problem abzuwiegeln, verwiesen einige darauf, in Ungarn führe man Filme sogar mit einer Geschwindigkeit bis zu 80 Bildern pro Sekunde vor (RFB Nr. 4 vom 28. Januar 1928, S. 21). Es wurde eine Limitierung auf 28 bis 30 Bilder pro Sekunde ins Gespräch gebracht, Film-Pionier Oskar Messter machte sich für eine Normierung auf 24 Bilder pro Sekunde durch technische Vorkehrungen stark. Das favorisierte auch die Münchner Polizeidirektion (RFB Nr. 3 und 4 vom 21. und 28. Januar, S. 35 bzw. S. 21, und Nr. 5 vom 4. Februar 1928, S. 23). Offenbar wurde dies aufgegriffen, denn das Thema kam danach zur Ruhe.
Wiederbelebung
Walter Jerven und seine filmhistorische Sammlung
Zwei Männer verstanden es, über viele Jahre hinweg die Kintopp-Atmosphäre aus der Frühzeit des Films mit alten Filmen, einem Film-Erklärer und Klavierbegleitung wach zu halten: der 1889 geborene Journalist, Autor, Regisseur und Produzent Johann Wilhelm Wucherpfennig, der unter seinem Künstlernamen Walter Jerven 1929 mit Karl Valentin den Spielfilm DER SONDERLING drehte, und der 1871 geborene Ferdinand Althoff aus der bekannten Zirkusfamilie.
Jerven begann 1919 Filme als historische Zeitbilder zu sammeln. Filmarchive gab es damals in Deutschland nicht. 1941 berichtete Jerven über die Entstehung seiner Filmsammlung, die um die 500 000 Meter Film umfasste und die er aus ganz Europa zusammengetragen hatte. Er suchte Gastwirte und Kaufleute auf, die sich als Kinobesitzer versucht hatten und nach wirtschaftlichen Misserfolgen in ihre Berufe zurückgekehrt waren. Sie hatten ihre Filmkopien entweder irgendwo auf Böden oder in Kellern verstaut, sie an Trödler verkauft oder zum Müll geworfen. Jerven zog von «Kaschemme zu Kaschemme», ging in Trödlerläden, durchstöberte Kellerwinkel, zog durch Dörfer und Städte, saß auch «mit dunklen Geschäftemachern in Hafenkneipen zusammen und wühlte in Konkursmassen» – und wurde fündig (FK Nr. 87 vom 14. Februar 1941).
1925 führte er «als erster filmhistorischer Interpret» in Münchner Kinos Programme mit diesen alten Streifen auf, die er von der Bühne aus als Film-Erklärer alter Schule mit einem großen Zeigestock von einer Leiter aus kommentierte (Vortrag von Dr. Robert Kümmerlen über Jerven vom Juli 1952). Etwa ab Jahresanfang 1929 hatte Jerven für die Bayerische Landesbühne aus seiner Sammlung das Programm AUS DEN KINDERTAGEN DES FILMS zusammengestellt, das der Ring Deutscher Kulturfilm-Bühnen vertrieb. Damit reiste Jerven durch deutsche Kinos. Anfang März 1929 gastierte er im Berliner Capitol. Sein rund zweistündiges Programm umfasste «holden Kitsch» wie ein «ergreifendes Drama» um King Lear, «zum Brüllen komisch in seiner Theatralik [und] mit vollschlanken Töchtern im Gardemaß», ein «schauriges» Wildwest-Drama mit «unwahrscheinlichen Niagarafällen» und triefendem «Edelmut», dazu Aufnahmen einer Kaiserparade und von einem früheren französischen Präsidenten. Ein deutsches «Liebesdrama [mit] naiven Gefühlen» präsentierte «Gehrocklebemänner mit schief aufgesetzten Strohhütchen, den Schnurrbart frauenbetörend gezwirbelt» und «höhere Töchter», die nach dem ersten Kuss ein «Ohnmachtsanfällchen» erlitten. Mitgebracht hatte Jerven außerdem vier Grotesken. Max Linder bewies in einem nicht genannten Film, in welchem Maß er den US-Slapstickfilm vorweggenommen hatte. Der nicht näher bekannte US-Streifen DER LACHBAZYLLUS führte viele körperliche Verrenkungen vor. Dazu ließ Jerven die Zuschauer über die Valentin Streifen VALENTINS HOCHZEIT (1913) und OKTOBERWIESE (1921) lachen. Dem Ganzen gab Jerven wie in seinen frühen Münchner Tagen eine Kintopp-Atmosphäre mit Leiter, Zeigestock und einem «an den geeigneten Stellen ersterbenden Phonographen». Die «sinnige» Begleitung auf dem Kintopp-Klavier sorgte für «Polkagehopse». Jerven selbst war der «Ansager alter Fasson», aber keine originalgetreue Kopie, sondern passend zu den Requisiten ein augenzwinkernder Parodist. So verdeutlichte er dem «verehrten p.p. Publikum [mit] herzerfrischender Komik und Drastik» zu dessen größtem Vergnügen das Geschehen auf der Leinwand «mit viel Witz und sicheren Pointen köstlich bis ins kleinste Detail» (FK und Lichtbildbühne, jeweils Nr. 38 vom 4. März 1929, S. 2).
1929 und 1930 beantragte Jerven bei der Film-Prüfstelle (FPS) München die Zulassung von 15 meistens sehr kurzen Filmen aus seiner eigenen Produktion. Titel wie DER KINDERRAUB, CHAMPAGNER ELSE, ENTTÄUSCHUNG EINER HOCHZEITSNACHT und VERLORENE EHRE wurden Elemente seiner künftigen Programme. Er produzierte auch einen 106 m langen Vorspann-Film mit dem Titel PANOPTIKUM DES FILMS, der am 19. Dezember 1930 jugendfrei zugelassen wurde. Wäre er im Filmformat 35 mm gedreht und mit 24 Bildern pro Sekunde vorgeführt worden, liefe er etwa drei Minuten und 40 Sekunden. Dies war der gleichnamige Titel eines weiteren Programms mit Ausschnitten aus Filmen ab 1900. Damit hatte Jerven etwa seit Jahresbeginn 1930 das «Ur-Kino» in verschiedenen deutschen Kinos vorgestellt und viel Beifall geerntet. Im April gastierte er damit im Frankfurter Roxy-Palast (FK Nr. 90 vom 14. April 1930). Jerven definierte so sein künftiges Aufgabenfeld und zog damit auch Nachahmer an. Der Kulturfilm-Produzent Dr. Hans Cürlis zog 1931 mit AUS DEN KINDERTAGEN DER KINEMATOGRAPHIE nach. Ende 1933 folgte ihm der Filmschriftsteller Walter Steinhauer mit KINTOPP UM 1900. Darin zeigte er mit «scherzhaft glossierenden Erläuterungen» unter anderem Trickfilme, Erotika, Dramen wie SAMSON UND DELILAH und den Max-Linder-Streifen DIE SEHNSUCHT NACH DEM KINDE (JE VOUDRAIS UN ENFANT, 1905).
Wahrscheinlich hat Jerven nach Cürlis’ AUS DEN KINDERTAGEN DER KINEMATOGRAPHIE geahnt, dass dies nicht das einzige Konkurrenzprodukt bleiben würde. Kurz vor Steinhauer war Jerven mit der 917 m langen und rund 33 Minuten spielenden Zusammenstellung AUS MEINEM RARITÄTEN-KABINETT wieder am Zuge. Auf Einladung der Deutschen Gesellschaft für Ton und Bild (Degeto) besuchte er zum Beispiel am 28. September 1933 in Berlin das Kino Kamera. Neben Wochenschaubildern von 1906 bis 1918 unter dem Motto «entschwundene Zeiten und Menschen» servierte Jerven dem begierigen Publikum unter anderem «rührende und herzzerreißende Dramen» wie GRAUSAME EHE, TAGEBUCH EINER WITWE, VERLORENE EHRE, LEISE FLEHEN MEINE LIEDER, DIE VESTALIN und CHAMPAGNER-ELSE. Gemeinsam mit dem Filmarchitekten Robert Neppach und dessen Berliner Firma R. N. Film-Produktion GmbH produzierte er gleich zwei weitere Streifen, die am 1. und 6. Dezember 1933 von der FPS Berlin (im Folgenden nur noch FPS) zugelassen wurden: PANOPTIKUM DES FILMS (600 m, Jugendverbot) und DIE WELT VON EINST. EINE ZEITSCHAU AUS DEN JAHREN 1900–1917 (505 m, jugendfrei). Wenige Tage nach Steinhausers KINTOPP UM 1900 lief Jervens DIE WELT VON EINST am 3. Januar 1934 im Berliner Ufa-Palast am Zoo vor dem Hauptfilm VOLLDAMPF VORAUS! (1933) von Carl Froelich. Das Film-Journal lobte Jervens Zusammenstellung als «herrliches Beiprogramm» (Nr. 1 vom 4. Januar 1934). Am 30. Oktober 1934 kam er mit PANOPTIKUM DES FILMS in den Berliner Titania-Palast. Als Film-Erklärer brachte er «neue Reizmittel [mit], das Publikum von heute über die vermoderte Mode von gestern lachen zu lassen». Im «mokanten und ironischen» Ton brachte er gemeinsam mit «witziger Begleitmusik» dem Publikum ein «Russendrama» näher, womit er «heiterste Stimmung» erzeugte und «stärksten Beifall» einheimste. Der FK befand (Nr. 256 vom 31. Oktober 1934): «[Jervens] Spott erzeugt kein boshaftes Lachen, es ist die sympathisierende Freude der Kinder über allerlei Hokuspokus, den die Erwachsenen mit [und] vor ihnen treiben.»
Ferdinand Althoffs Ur-Kino
Der 1871 geborene Althoff betrieb das Zirkusgeschäft wie andere Familienmitglieder. Früh entdeckte er für sich die Chancen des Films. 1903 gründete er seinen Kinozirkus, mit dem er fortan unterwegs war. Das 2 000 Besucher fassende Zirkuszelt war gleichzeitig ein Wanderkino, und am 23. Dezember 1905 erhielt er dafür vom Bezirks-Ausschuss Potsdam den Wandergewerbeschein (dieser im Bestand des Schriftgutarchivs der Stiftung Deutsche Kinemathek). 1908 war Althoff einer der ersten, die ein Filmvorführer-Zeugnis erhielten. Nur der Erste Weltkrieg brachte das Unternehmen über einige Jahre zum Erliegen, weil die Zirkuszelte und Dampfmaschinen für Kriegszwecke requiriert wurden. Danach konnte sich die Familie an den Neuanfang machen. Man konzentrierte sich auf das Kino. 1935 war Althoffs Ton-Film-Schau zuletzt in Deutschland unterwegs – mit einem Tross von sechs großen Wohn-, Transport- und Küchenwagen und drei Tonfilm-Autos sowie Traktoren, die die Wagen zogen. Danach beschloss Althoff, dem Publikum künftig den Zirkus vor 100 Jahren mit dem Ur-Kino nebst einer Apparate-Schau nahe zu bringen (FK Nr. 77 und 79 vom 1. und 3. April 1935). Seine nächste Station war das «Ur-Kino im Sechsmastzelt», das 700 Personen Platz bot. Damit machte Althoff Anfang August 1935 auf dem Fehrbelliner Platz in Berlin Station. Für die Film-Abteilung hatte er einen neuen alten Film-Erklärer gewonnen, den ehemaligen Wanderkino-Unternehmer Henry Becker (FK Nr. 179 vom 3. August 1935). Der Anteil alter Filme an dem kombinierten Programm war groß und sorgte für beste Stimmung unter den Zuschauern. Nach Wochenschau- und Kulturfilmen waren tragisch-dramatische Spielfilme wie DAS HUHN MIT DEN GOLDENEN EIERN und DIE SCHATTENSEITEN DES EHESTANDES zu sehen. In letzterem Streifen gerät der gehörnte Ehemann bei der Verfolgung seiner ungetreuen Ehefrau unter einen Fahrstuhl und wird zusammengequetscht. Schutzleute müssen ihn wieder auf seine normale Länge ausziehen. Dieser Gag wurde in Slapstickfilmen aufgegriffen, von Billy Bevan in ON PATROL (1922) und von Laurel und Hardy in LIBERTY (1929). Eine womöglich dramatische Variante war Ende 1964 in der ersten Staffel der ZDF-Serie OPAS KINO LEBT zu sehen. Dazu ließ Althoff die Zuschauer teilnehmen an einer filmischen Reise auf den Meeresgrund aus Pappmaché mit menschenköpfigen Seesternen, einer bösen Hexe, die arme kleine Kinder verwünschte, und einer guten Fee, die sie wieder erlöste (FK Nr. 181 vom 6. August 1935). Zu seinen Plänen gehörte auch die Produktion von Filmprogrammen über den frühen Film. Sein erstes Projekt war PERLEN VON DUNNEMALS. Es bestand aus zwölf Streifen und dem Begrüßungsfilm GUTEN ABEND IN PERLEN VON DUNNEMALS, zusammen 2 583 m Film. Dazu gehörten Ausschnitte aus Wochenschauen und Dokumentarfilmen in FERDINAND ALTHOFFS ZEITSCHAU IN PERLEN VON DUNNEMALS. Die Spielfilme des Programms waren zum Beispiel DIE SCHATTENSEITEN DES EHESTANDES, HUMORESKEN! HUMORESKEN! HUMORESKEN! und DER STUMPFE SÄBEL. Nach der teilweise jugendfreien, teils aber auch mit Jugendverbot versehenen Zulassung der FPS am 2. Dezember 1935 gastierte Althoff bereits Anfang 1936 mit PERLEN VON DUNNEMALS in mehreren deutschen Städten und nahm die Rolle des Film-Erklärers wieder selbst in die Hand (FK Nr. 2 vom 3. Januar 1936). Bis Juli 1936 legte er noch vier weitere Streifen vor, von denen die ersten beiden ein Jugendverbot der FPS erhielten: FLIMMERSTERNE IN PERLEN VON DUNNEMALS (491 m), LACHEN VON DUNNEMALS (489 m), DIE LETZTE GELEGENHEIT (556 m) und ALLEZ-HOPP (582 m). Von ALLEZ-HOPP stellte er im Winter 1936 noch eine zweite, kürzere Fassung (354 m) her. ALLEZ-HOPP und LACHEN VON DUNNEMALS, die auch als Schmalfilme im Umlauf waren, deckten Althoffs beide Unterhaltungssparten ab: den Stummfilm, wie er nach rund 30 Jahren komisch wirkte, und die Zirkus-Artistik. Die Kritik staunte über die alten Filmzeugnisse: «In der Tat setzen die großen Humsti-Bumsti-Späße dieser Ur-Filme eine große Portion Körperbeherrschung und persönlichen Wagemut voraus. Mit einigem Erstaunen stellt man fest, mit welcher Selbstverständlichkeit in diesen ersten Filmen tricktechnische Mittel, wie Zeitraffer und rückwärts vorgeführte Aufnahmen, verwendet wurden.» DIE LETZTE GELEGENHEIT wiederum brachte einen Querschnitt durch ein «Schmuggler-Drama, eine Eifersuchtskeilerei und den Ausstattungsfilm um den römischen Kaiser» NERO UND DIE KAISERIN OKTAVIA (FK Nr. 299 und 301 vom 22. und 24. Dezember 1936).
Zeichnung vom Frühjahr 1935: Ferdinand Althoffs Ton-Film-Schau
Den Reiz und die Bedeutung filmhistorischer Zeugnisse entdeckte auch die Gaufilmstelle Berlin für sich. Sie richtete am 22. August 1936 mit dem Kreis III der NSDAP eine große Freilicht-Tonfilmveranstaltung im Adolf-Hitler-Stadion in Berlin Lichterfelde (vor dem Dritten Reich und danach wieder: Stadion Lichterfelde) aus, in deren Pausen der Musikzug des KreisesIII spielte. Das Programm VOM KINTOPP ZUR FILMKUNST hatte die Parteiorganisation offenbar nicht der Zensur vorlegen müssen. Es wurde auf eine zehn mal zwölf Meter große, durch eine Gitterkonstruktion besonders verstärkte Leinwand projiziert. Dem Titel gemäß befasste sich der erste Teil des Programms mit der Frühzeit der Kinematographie. «Die Wiedergabe von Filmen aus dem Jahr 1895 und den folgenden Jahren lösten beim Publikum starke Heiterkeit aus, zumal sie durch eine witzige Ansage belebt wurden.» (FK Nr. 197 vom 24. August 1936). Weitere Veranstaltungen dieser Art mit Spielfilmen scheint es nicht gegeben zu haben. Das könnte bedeuten, dass die Parteiorganisationen der NSDAP wahrscheinlich nicht darauf bedacht gewesen sind, Jerven und Althoff Konkurrenz zu machen. Auf einem Filmabend der Kameradschaft Deutscher Künstler führte Frank Hensel, der Leiter des Reichsfilmarchivs, Dokumentarfilme im Rahmen einer Sondervorführung vor. Nach den Zusammenstellungen BILDDOKUMENTE 1914–1918 und FILM – DAMALS UND HEUTE wurde der Wunsch geäußert, auch einmal einen alten Spielfilm zu zeigen (FK Nr. 274 vom 25. November 1937). Die spätere Ausstellung «Vom Kintopp zum Filmtheater» zur Jahrestagung der Reichsfilmkammer in den Foyers und im Rittersaal der Berliner Krolloper war 1939 keine Fortsetzung des gleichnamigen Kinoprogramms VOM KINTOPP ZUR FILMKUNST. Die Ausstellung behandelte die Entwicklung der Filmwerbung von 1895 bis 1939 (FK Nr. 58 vom 9. März 1939).