Kitabı oku: «Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht», sayfa 19

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II. Beitrittsassoziierungen

Literatur:

Kramer Die Europäische Gemeinschaft und die Türkei (1988); Akyürek Das Assoziationsabkommen EWG-Türkei (2005); Marwedel Die Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen der EU mit den Staaten des Westlichen Balkans (2012); Schmalenbach Assoziierung und Erweiterung, in: von Arnaud (Hrsg.) Europäische Außenbeziehungen [Enzyklopädie Europarecht, Bd. 10] (2014) § 6, 321, Rn. 35 ff.; Verny Europa-Abkommen, in: Dauses (Hrsg.) Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts (Loseblatt), Abschnitt K.IV; Bieber/Epiney/Haag/Kotzur Die Europäische Union (12. Aufl. 2016) § 36 B.: Erweiterungen und „Beitrittspartnerschaften“, 686.

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Auf der Grundlage von Art. 217 AEUV hat die Gemeinschaft mit Drittstaaten Assoziierungsabkommen abgeschlossen, die den künftigen Beitritt dieser Staaten zur EU vorbereiten sollten. Sie sehen typischerweise die Bildung gemeinsamer Organe in Gestalt eines Assoziationsrats vor, der rechtsverbindliche Beschlüsse fassen kann, die den Charakter von sekundärem Assoziationsrecht haben. Die rechtliche Qualität solcher Abkommen und des auf ihrer Grundlage von den entsprechenden Organen geschaffenen Sekundärrechts ist – insbesondere bezüglich der Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit – nach der Rechtsprechung des EuGH davon abhängig, ob die fraglichen Bestimmungen, auf die sich Unternehmen, Arbeitnehmer oder Verbraucher berufen wollen, „unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf Sinn und Zweck des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthalten, deren Erfüllung oder deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängen“.[11]

1. Türkei

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Das erste dieser Abkommen ist 1963 mit der Türkei abgeschlossen worden.[12] Sein Ziel war im Hinblick auf den Warenverkehr die schrittweise Errichtung einer Zollunion.[13] Ein Zusatzprotokoll von 1970[14] erweiterte die Zielsetzung auf die Freizügigkeit für Arbeitnehmer, den Abbau von Niederlassungsbeschränkungen für Gewerbetreibende sowie die Liberalisierung des Dienstleistungs- und des Kapital- und Zahlungsverkehrs. 1999 wurde der Türkei der Status eines Beitrittskandidaten zuerkannt.[15] Über einen etwaigen Beitritt der Türkei zur EU und die damit verbundene Einbeziehung in den Binnenmarkt wird seit 2005 verhandelt.

2. Mittel- und Osteuropäische Länder

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Zu den Abkommen, die einen Beitritt zur EU vorbereiten sollten, zählten auch die in den 1990iger Jahren mit den mittel- und osteuropäischen Ländern (MOEL) abgeschlossenen Europa-Abkommen. Diese Staaten sind im Zuge der letzten Erweiterungsrunden der EU in den Jahren 2004 und 2006 Mitglieder der Union geworden.[16] Zur Vorbereitung der Einbeziehung dieser Staaten in den Binnenmarkt zielten die Europa-Abkommen im Hinblick auf den Warenverkehr zunächst auf die Gründung einer Freihandelszone. Sie sahen die schrittweise Senkung bzw. Abschaffung von Zöllen, Abgaben gleicher Wirkung und mengenmäßigen Ausfuhrbeschränkungen vor. Für den Dienstleistungs-, Kapital- und Zahlungsverkehr war ebenfalls eine schrittweise Liberalisierung vorgesehen. Bezüglich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern und der Niederlassung von Gewerbetreibenden galt im Wesentlichen der Grundsatz der Inländerbehandlung.

3. West-Balkanstaaten

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Vergleichbaren Regelungsgrundsätzen folgt nunmehr in der Nachfolge der Europa-Abkommen auch die seit dem Jahr 2000 angebahnte neue Generation von sogenannten Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA), welche die EU mit den sog. West-Balkanstaaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, sowie Serbien, Montenegro und Kosovo teils bereits abgeschlossen hat,[17] teils noch abzuschließen beabsichtigt. Über die Errichtung einer Freihandelszone und die Liberalisierung des Dienstleistungs-, Kapital- und Zahlungsverkehrs im Verhältnis zur EU sowie die Inländerbehandlung im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Niederlassung von Gewerbetreibenden hinaus verlangen diese Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen auch eine entsprechende Marktöffnung der West-Balkanstaaten in ihrem Verhältnis zueinander. Längerfristig geht es auch im Hinblick auf diese Staaten um die Eröffnung einer Perspektive für die Integration in die EU und damit in den Binnenmarkt; Kroatien, das inzwischen in die EU aufgenommen worden ist, liefert dafür ein prägnantes Beispiel.

III. Freihandelsassoziierungen

1. Schweiz

Literatur:

Felder/Kaddous (éds./Hrsg.) Accords bilatéraux Suisse – UE (Commentaires) – Bilaterale Abkommen Schweiz – EU, Erste Analysen (2001); Cottier/Evtimov Die sektoriellen Abkommen der Schweiz mit der EK – Anwendung und Rechtsschutz, ZBJV 2003, 177; Thürer/Weber/Portmann/Kellerhals Bilaterale Verträge I & II Schweiz – EU, Handbuch (2. Aufl. 2007); Benesch Das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft (2007); Schmalenbach Assoziierung und Erweiterung, in: von Arnauld (Hrsg.) Europäische Außenbeziehungen [Enzyklopädie Europarecht, Bd. 10] (2014) § 6, 321, Rn. 28.

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Eine typische Freihandelsassoziation ist die EU zunächst mit der Schweiz eingegangen. Ausgangspunkt dafür war das Freihandelsabkommen von 1972, das den Handel mit Industrieprodukten und verarbeiteten Agrarprodukten liberalisierte. Für entsprechende Waren mit Ursprung in der Schweiz bzw. in der EG wurden Zölle und mengenmäßige Beschränkungen sowie Maßnahmen gleicher Wirkung abgeschafft.

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Als nächster Schritt war ursprünglich der Beitritt der Schweiz zum EWR ins Auge gefasst worden, der jedoch 1992 am negativen Ausgang eines entsprechenden Referendums scheiterte. Um die Nichtteilnahme der Schweiz am EWR zu kompensieren, wurde 1999 ein Paket von sieben bilateralen Abkommen (Bilaterale I) abgeschlossen, die 2002 in Kraft getreten sind.[18] Sie folgen zwar einem sektoralen Ansatz: jedes einzelne Abkommen ist nur einem Teilaspekt des Wirtschaftsverkehrs bzw. der technischen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit gewidmet. Sie sind jedoch sowohl hinsichtlich ihrer Geltung („guillotine-Klausel“) als auch ihrer institutionellen Bestimmungen (Einsetzung eines „Gemeinsamen Ausschusses“ mit Beschluss- und Empfehlungskompetenzen) miteinander verknüpft, so dass sie den Charakter eines Gesamtvertragswerks aufweisen. Insgesamt sind die Verträge am Ziel der Marktöffnung ausgerichtet.

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Die bilateralen Abkommen I sind im Jahre 2004 durch weitere bilaterale Abkommen (Bilaterale II) ergänzt worden. Anders als die bilateralen Abkommen I sind die bilateralen Abkommen II in ihrer Geltung nicht miteinander verknüpft. Von unmittelbarer wirtschaftlicher Bedeutung sind nur das Abkommen vom 26.10.2004 über die Zinsbesteuerung[19] sowie ein Abkommen über landwirtschaftliche Produkte,[20] mit dem eine bisherige Lücke gefüllt werden sollte. Der zusätzliche Marktöffnungseffekt der bilateralen Abkommen II ist somit gering. Insgesamt schaffen die vorhandenen Abkommen im Verhältnis der EU zur Schweiz aber in wichtigen Bereichen weitestgehend binnenmarktähnliche Verhältnisse:

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Für den Warenverkehr gilt nach dem Freihandelsabkommen von 1972 das Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung sowie das Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung. Die bilateralen Abkommen I haben zudem technische Handelshemmnisse durch die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen beseitigt, die Gleichwertigkeit der Vorschriften bezüglich landwirtschaftlicher Produkte hergestellt und den Zugang von Lieferanten zu öffentlichen Beschaffungsaufträgen eröffnet.

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Für den Dienstleistungsverkehr gibt es bisher keine vergleichbar umfassenden Regelungen. Weder das Freihandelsabkommen von 1972 noch die bilateralen Abkommen I sehen eine generelle Liberalisierung vor. Immerhin hat aber das Abkommen über Freizügigkeit die Möglichkeit eröffnet, dass Dienstleistungsunternehmen (einschließlich Gesellschaften) zumindest kurzfristig (bis zu 90 Tagen) grenzüberschreitend Dienstleistungen erbringen können. Weitergehende Bestimmungen gelten für den Luftverkehr sowie den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Straße. Zudem wird der Zugang von Leistungserbringern zum öffentlichen Beschaffungswesen in wichtigen Bereichen gewährleistet.

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Einen erheblichen Liberalisierungsschritt haben die bilateralen Abkommen I im Hinblick auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit mit sich gebracht. Das Abkommen über Freizügigkeit hat die Zutrittsbarrieren zu den Märkten für Arbeitsleistungen weitgehend beseitigt. Auch die Niederlassungsfreiheit von selbstständig Gewerbetreibenden hat das Abkommen über Freizügigkeit weitgehend verwirklicht. Sie erfasst aber nur „Staatsangehörige“ und somit nicht Gesellschaften und andere juristische Personen.

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Im Hinblick auf den Kapitalverkehr fehlt es an einer abkommensrechtlichen Marktöffnung. Das Abkommen über Freizügigkeit hat immerhin die Möglichkeit des Immobilienerwerbs eröffnet. Im Übrigen ist die Freiheit des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs aber sowohl von Seiten der EU durch das Unionsrecht (Art. 63 Abs. 2 AEUV) als auch von Seiten der Schweiz durch innerstaatliche Bestimmungen gewährleistet.

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Innerhalb der EU sind die Abkommen mit der Schweiz Bestandteil des Unionsrechts. Ihre Bestimmungen sind unmittelbar anwendbar. Natürliche und juristische Personen aus der EU oder der Schweiz können sich somit in der EU auf die Bestimmungen zur Marktöffnung berufen, sofern sie klare und eindeutige Verpflichtungen enthalten, deren Erfüllung oder deren Wirkung nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängen.[21] Für die Schweiz gilt grundsätzlich dasselbe.[22] Allerdings hat das Bundesgericht im Fall des Freihandelsabkommens von 1972 diese Voraussetzungen als nicht erfüllt angesehen.[23]

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Anders als es im Fall eines Beitritts der Schweiz zum EWR der Fall gewesen wäre, wird das Unionsrecht im Rahmen der bilateralen Abkommen nicht generell und automatisch übernommen. Daher ist nicht gewährleistet, dass die in den bilateralen Abkommen verwendeten Begriffe, selbst wenn sie mit den entsprechenden unionsrechtlichen Begriffen übereinstimmen, dieselbe Bedeutung wie im Unionsrecht haben.[24] Allerdings finden sich in einigen bilateralen Abkommen durchaus Ansätze für eine Übernahme des Unionsrechts und die Maßgeblichkeit der EuGH-Rechtsprechung für die Auslegung (acquis communautaire). Die Schweiz hat im Übrigen ihr innerstaatliches Recht autonom dem Gemeinschaftsrecht angepasst (sog. autonomer Nachvollzug), soweit dies zur Erleichterung des Wirtschaftsverkehrs mit der EU erforderlich erschien.

2. Nachbarschaftsstaaten

Literatur:

Verny Europa-Abkommen, in: Dauses (Hrsg.) Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts (Loseblatt), Abschnitt K.IV.; Hummer Die Union und ihre Nachbarn – Nachbarschaftspolitik vor und nach dem Verfassungsvertrag, integration 2005, 233; Jünemann Zehn Jahre Barcelona-Prozess: Eine gemischte Bilanz, APuZ 2005, 233; Jacob Die Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten sowie Tunesien, Marokko und Algerien (2006); Bendiek Wie effektiv ist die Europäische Nachbarschaftspolitik? Sechzehn Länder im Vergleich, SWP-Studie 2008; Ferrero-Waldner Die Europäische Nachbarschaftspolitik – Sicherheit und Wohlstand durch Vernetzung, in: Politische Studien 60 (2009), Themenheft 1/2009, 1 ff.; Lippert Europäische Nachbarschaftspolitik, in: Jahrbuch der europäischen Integration 2009, 163; Böttger Im Osten nichts Neues? Ziele, Inhalte und erste Ergebnisse der östlichen Partnerschaft, integration 2009, 372; dies. Die Entstehung und Entwicklung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (2010); Nowak Multilaterale und bilaterale Elemente der EU-Assoziations-, Partnerschafts- und Nachbarschaftspolitik, EuR 2010, 746; Dörrenbächer/Bochmann Die Donaustrategie der europäischen Union: Die Sichtweisen Kiews und Chisinaus, Friedrich Naumann Stiftung, Hintergrundpapier Nr. 3/Februar 2011; Schmalenbach Assoziierung und Erweiterung, in: von Arnauld (Hrsg.) Europäische Außenbeziehungen [Enzyklopädie Europarecht, Bd. 10] (2014) § 6, 321, Rn. 32; Kotzur Europäische Nachbarschaftspolitik, in: von Arnauld (Hrsg.) Europäische Außenbeziehungen [Enzyklopädie Europarecht, Bd. 10] (2014) § 7, 321; Semertzi The preclusion of direct effect in the recently concluded EU Free Trade Agreements, CMLR 2014, 1125; Bieber/Epiney/Haag/Kotzur Die Europäische Union (12. Aufl. 2016) § 36 D.: „Mittelmeer-Partnerschaft“, 691 / § 36 E.: Besondere bilaterale Beziehungen zu europäischen Staaten, 692.

a. Europa-Mittelmeer-Partnerschaft

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Eine besondere Gruppe aufgrund von Freihandelsabkommen assoziierter Staaten bildeten traditionell die Mittelmeeranrainer, genauer: die Staaten des Maghreb (Algerien, Marokko, Tunesien) und des Maschrek (Ägypten, Libanon, Jordanien, Syrien sowie die palästinensischen Autonomiegebiete) sowie Israel. Mit ihnen hat die EU schon vergleichsweise früh entwicklungspolitisch motivierte Assoziierungsabkommen abgeschlossen. Die ersten Abkommen stammen – nach vereinzelten Vorläufern – aus den Jahren 1976/77.[25] Vertragspartner der EU waren allerdings nicht – wie im Fall der AKP-Staaten – die genannte Staatengruppe insgesamt, sondern jeder Staat für sich. Dennoch stimmten die Abkommen inhaltlich im Wesentlichen überein. Der handelspolitische Kern der Abkommen bestand in der weitgehenden Abschaffung von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung sowie von mengenmäßigen Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Rohstoffen und gewerblichen Produkten mit Ursprung in den Maghreb- und Maschrek-Staaten in die EG. Diese Abkommen verlangten keine Reziprozität, sondern sahen – entsprechend ihrer entwicklungspolitischen Ausrichtung – nur eine asymmetrische Marktöffnung der EG gegenüber den Vertragsstaaten vor.

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Inzwischen hat sich ein grundlegender Wandel der handelspolitischen Beziehungen zu den Mittelmeeranrainern vollzogen. 1995 kam es aufgrund der Barcelona-Konferenz der EU-Mitgliedstaaten und der Mittelmeeranrainer zu einer Neuorientierung der gemeinschaftlichen Mittelmeerpolitik („Barcelona-Prozess“). Sie zielt nunmehr auf eine umfassende reziproke Marktöffnung durch Errichtung eines Euro-Mediterranen Wirtschaftsraums (Euro-Mediterranean Economic Area – EMEA). Er soll den Charakter einer echten Freihandelszone haben. Ausdruck dieser Strategie war zunächst eine neue Generation bilateraler Assoziierungsabkommen (Europa-Mittelmeer-Abkommen), von denen insbesondere die Abkommen mit Tunesien,[26] Marokko,[27] Israel,[28] Ägypten,[29] Algerien[30] und Libanon[31] bereits in Kraft getreten sind.

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2008 mündete diese Entwicklung in das Projekt einer „Mittelmeerunion“, die als multilateralisierte „Europa-Mittelmeer-Partnerschaft“ zu einem wesentlichen Bestandteil der seit dem Vertrag von Lissabon in Art. 8 EUV verankerten Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) geworden ist (südliche ENP-Dimension). Art. 8 Abs. 1 EUV sieht die Entwicklung „besonderer Beziehungen“ zu den Nachbarstaaten der EU vor, die gem. Art. 8 Abs. 2 EUV ihren Niederschlag in „speziellen Übereinkünften“ (dh völkerrechtlichen Abkommen) finden. Gemäß einem entsprechenden Strategiepapier der Kommission[32] geht es dabei insbesondere auch um die Handelsbeziehungen. Ziel ist es, die Nachbarschaftsstaaten so weit wie möglich an den Binnenmarkt heranzuführen, ohne ihnen aber eine Beitrittsperspektive zu eröffnen, und dabei zugleich die Integration der Mittelmeeranrainer untereinander zu fördern. Während die Europa-Mittelmeer-Abkommen bezüglich der Liberalisierung des Wirtschaftsverkehrs – abgesehen vom Verbot von Zöllen sowie von mengenmäßigen Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung[33] – noch weitgehend programmatischen Charakter haben, dh erst durch entsprechende Beschlüsse der jeweiligen Assoziationsräte implementiert werden müssen, beabsichtigt die EU bereits den Übergang zu einer neuen Generation von Assoziierungsabkommen mit dem Ziel der Errichtung von „Vertieften und umfassenden Freihandelszonen“ („Deep and Comprehensive Free Trade Areas – DCFTA“). Sie sollen nicht nur den gesamten Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Zahlungsverkehr umfassen, sondern u.a. auch das Niederlassungsrecht, Investitionen, geistige Eigentumsrechte, technische Regulierungen sowie den Wettbewerb, das öffentliche Beschaffungswesen und die Angleichung an das EU-Recht. Beabsichtigt ist also die umfassende Liberalisierung des Wirtschaftsverkehrs zwischen den Mittelmeeranrainern und der EU im Sinne der vollständigen gegenseitigen Marktöffnung. Seit 2011 sind entsprechende Verhandlungen mit einer Reihe südlicher Nachbarstaaten vorbereitet und zum Teil (Marokko) bereits aufgenommen worden. Da diese Abkommen jeweils einen dem WTO-System nachgebildeten Streitbeilegungsmechanismus vorsehen, ist davon auszugehen, dass sie nicht unmittelbar anwendbar sind, Einzelne sich also auf die abkommensrechtlichen Freiheiten nicht berufen können.

b. Östliche Partnerschaft

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Mit den östlichen Nachbarstaaten in Osteuropa einschließlich Russlands und den Staaten im Südkaukasus hatte die EU bereits Ende der 1990iger Jahre Partnerschafts- und Kooperationsabkommen abgeschlossen, die insbesondere der Förderung des zwischenstaatlichen Handels dienen sollten. Hervorzuheben sind die Abkommen, die 1998 mit der Ukraine[34] und Moldawien[35] sowie 1999 mit Georgien,[36] Armenien,[37] und Aserbaidschan[38] vereinbart worden waren. Seit 2008/2009 hat die EU diese letztere Staatengruppe in die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) einbezogen (östliche ENP-Dimension). Dies impliziert zugleich einen qualitativen Sprung im Hinblick auf die Heranführung dieser Staaten an den Binnenmarkt, ohne allerdings damit eine Beitrittsperspektive zu eröffnen. Die neue Generation von Assoziierungsabkommen mit den östlichen Nachbarstaaten soll das Ausmaß der gegenseitigen wirtschaftlichen Integration erheblich intensivieren mit dem Ziel der Errichtung von „Vertieften und umfassenden Freihandelszonen“ („Deep and Comprehensive Free Trade Areas – DCFTA“). Sie umfassen nicht nur den gesamten Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Zahlungsverkehr, sondern u.a. auch das Niederlassungsrecht, Investitionen, geistige Eigentumsrechte, technische Regulierung sowie den Wettbewerb, das öffentliche Beschaffungswesen und die Angleichung an das EU-Recht. Es geht also unter handelspolitischen Aspekten um die umfassende Liberalisierung des gesamten Wirtschaftsverkehrs der Nachbarstaaten mit der EU im Sinne der gegenseitigen Marktöffnung. Beispielgebend ist insoweit das inzwischen beiderseits ratifizierte Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine von 2014.[39] Parallel dazu sind 2014 auch entsprechende Abkommen mit Georgien und Moldawien unterzeichnet worden. Die unmittelbare Anwendbarkeit der Bestimmungen dieser Abkommen ist durchweg ausdrücklich ausgeschlossen worden, so dass sich Einzelne nicht auf sie berufen können.

IV. Entwicklungsassoziierungen

Literatur:

Koch Handelspräferenzen der Europäischen Gemeinschaft für Entwicklungsländer (2004); Meinecke Rechtsprojekte in der Entwicklungszusammenarbeit (2007); Bartelt/Dann (Hrsg.) Entwicklungszusammenarbeit im Recht der Europäischen Union (2008); Ehlers/Wolffgang/Schröder Bilaterale und regionale Handelsabkommen als Kernstück der „neuen“ EG-Handelspolitik, 2009; Zimmermann Die neuen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU: WTO-Konformität versus Entwicklungsorientierung? EuZW 2009, 1; Dann/Wortmann Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe, in: von Arnauld (Hrsg.) Europäische Außenbeziehungen [Enzyklopädie Europarecht, Bd. 10] (2014) § 8, 407; Schmalenbach Assoziierung und Erweiterung, in: von Arnauld (Hrsg.) Europäische Außenbeziehungen [Enzyklopädie Europarecht, Bd. 10] (2014) § 6, 321, Rn. 29 ff., 41 ff.; Semertzi The preclusion of direct effect in the recently concluded EU Free Trade Agreements, CMLR 2014, 1125; Bieber/Epiney/Haag/Kotzur Die Europäische Union (12. Aufl. 2016) § 34 C.: Entwicklungspolitik, 670.

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Entwicklungsassoziierungen stellen die Instrumente der Liberalisierung des Wirtschaftsverkehrs zwischen Drittstaaten und der EU in den Dienst entwicklungspolitischer Zwecke. Die Marktöffnung der EU gegenüber den Drittstaaten soll primär deren wirtschaftliche Entwicklung fördern. Sie ist daher zunächst asymmetrisch, dh den Marktzutrittsrechten, die den Drittstaaten von der EU eingeräumt werden, stehen bisher keine vergleichbaren Marktzutrittsrechte für Unternehmen aus der EU gegenüber. Allerdings wird dieser Ansatz z. Zt. teilweise durch einen neuen nachbarschaftspolitischen Ansatz ersetzt (siehe dazu weiter oben Rn. 203 f.). Die in den traditionellen Assoziierungsabkommen mit entwicklungspolitischer Zielsetzung enthaltenen Bestimmungen über die Marktöffnung können nach der Rechtsprechung des EuGH unmittelbar anwendbar sein.[40] Soweit die Marktöffnung reicht, können sich Unternehmen daher auf ihre Rechte berufen und sie auch gerichtlich durchsetzen. Entwicklungsassoziierungen gab es bisher zwischen der EU und zwei unterschiedlichen Gruppen von Drittstaaten:

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