Kitabı oku: «Täler voller Wunder», sayfa 4
59Immerhin sind dank den Studien von Giovanni Pizzorusso die Grundzüge der grenzüberschreitenden Informations- und Wissensgenerierung der Kurienkongregation de Propaganda Fide recht gut bekannt (vgl. Pizzorusso, La Congrégation; ders., Nuovo Mondo; siehe ferner die Beiträge in Castelnau-l’Estoile et al. [Hrsg.], Missions d’évangélisation). Erst in jüngster Zeit wurden auch für den europäischen Kontext die Zentrum-Peripherie-Beziehungen zwischen Rom und den »lokalen Kirchen« in den Blick genommen, etwa im Sammelband Tusor/Sanfilippo (Hrsg.), Papacy and the Local Churches; siehe dort insbes. die Forderung in der Einleitung von dens. (19–29), die Zentrum-Peripherie-Beziehungen als wechselseitig (two-way) zu betrachten (ebd., 26).
60Friedrich, Der lange Arm Roms, 19, versteht »Bürokratie« als »schriftbasierte Herrschaftsform […], in der erstens einzelne Aufgaben sachlich voneinander unterschieden und in vorhersehbaren Routinen behandelt werden, wobei zweitens spezifische Wissensformen benötigt und in spezifischen Dokumenttypen kommuniziert werden, deren Unterscheidung drittens parallel zu den sachlich abgegrenzten Aufgabenbereichen erfolgt […]«.
61Windler, Uneindeutige Zugehörigkeit, 340 f.
62Vgl. Friedrich, Government and Information-Management, 544–552; ders., Der lange Arm Roms, 80–105. Siehe zudem die Beobachtungen von Windler, Regelobservanz und Mission, zur Mission der unbeschuhten Karmeliten. Im Unterschied zu den Jesuiten waren die Karmeliten weniger strikt an den Dienstweg gebunden, sondern wurden ermutigt, sich direkt und ohne Umweg über die lokale Ordenshierarchie nach Rom zu wenden (ebd., 61).
63Die Forschungen von Antonio Menniti Ippolito zur Konzilskongregation und von Thomas F. Mayer zum Heiligen Offizium haben gezeigt, dass selbst im Kirchenstaat erst für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts von einer annähernd effektiven Kontrolle durch die römischen Kongregationen ausgegangen werden kann (vgl. Menniti Ippolito, 1664; T. Mayer, The Roman Inquisition). Über den Kirchenstaat hinaus blieb der Einfluss der Kongregationen gering. Weitere Erkenntnisse in dieser Hinsicht sind von der Forschungsgruppe »Die Regierung der Universalkirche nach dem Konzil von Trient« am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte (http://www.rg.mpg.de/forschung/die_regie-rung_der_universalkirche) zu erwarten.
64Windler, Uneindeutige Zugehörigkeit, 342; zu den »Grenzen kurialer Durchsetzungsfähigkeit« ebd., 340–345. Siehe dazu auch ders., Missionare in Persien.
65Selbst für den Kirchenstaat konnte Fosi, Sovranità, aufzeigen, dass der organisatorische Ausbau der römischen Kongregationen nicht zuletzt eine Reaktion auf eine dementsprechende Nachfrage von unten war.
66Zur politischen Handlungsmacht subalterner Akteure im Zuge der frühneuzeitlichen Herrschaftsverdichtung siehe Holenstein, »Gute Policey«; Blockmans/Holenstein/Mathieu (Hrsg.), Empowering Interactions; für den Kirchenstaat Fosi, Sovranità. Erst jüngst wurden solche Mechanismen auch für die katholischen Zentrum-Peripherie-Beziehungen in den Blick genommen (siehe neben den bereits zitierten Arbeiten von Christian Windler den programmatischen Aufsatz von Ditchfield, De-Centering, insbes. 186–195).
67Darauf weisen namentlich neuere Forschungen zu den politischen Außenbeziehungen hin, etwa Haug, Ungleiche Außenbeziehungen; N. Weber, Lokale Interessen, insbes. 187–242 und 282–425; Affolter, Verhandeln mit Republiken.
68Reinhard, Freunde und Kreaturen, insbes. 32–41, nochmals aufgegriffen und erweitert in ders., Paul V. Borghese, insbes. 4–22, und ders., Außenverflechtung. Empirisch erprobt wurde der Verflechtungsansatz von Reinhard und seinen Schülern für die Beziehungen zwischen dem Kirchenstaat und den anderen italienischen Staaten (Mailand, Neapel, Genua) (siehe die Beiträge in ders. [Hrsg.], Römische Mikropolitik).
69Methodisch anknüpfen lässt sich dabei an Felicitas Beckers Konzeptualisierung einer »Verflechtungsgeschichte«. Mit ihr in den Blick kommen die »Interaktion[en] zwischen Institutionen (privaten, korporatistischen oder staatlichen) oder Individuen über Landesgrenzen hinweg, und ohne dass ein Staat oder eine Gesellschaft unbedingt als treibende Kraft angesprochen werden könnte« (Becker, Netzwerke, 315).
70Dies zeigt Windler, Missionare in Persien, für die Beziehung zwischen der italienischen Kongregation der unbeschuhten Karmeliten und dem Papst bzw. der Propagandakongregation.
71Auch hier ist Beckers Konzeption der »Verflechtungsgeschichte« weiterführend, denn sie fokussiert auf »informelle, vielleicht gar nicht verschriftlichte gesellschaftliche Zusammenhänge und auf vielfach vermittelte, von keiner einzelnen Gesellschaft vollständig kontrollierte Interaktionen« (Becker, Netzwerke, 316).
72Vgl. dazu Benrath, Art. »Ablass«, 355–360; Hersche, Muße und Verschwendung, 523–527. Analytische Studien zum frühneuzeitlichen Ablasswesen, die über den Aspekt der reformatorischen Kritik hinausgehen, sind mit Ausnahme einer Studie zu Frankreich (Tingle, Indulgences) ein Forschungsdesiderat.
73Als neuere Überblicke eignen sich O’Malley, Trent, insbes. 205–247, 260–275; Ganzer, Konzil von Trient. Allerdings hat die neueste Forschung auch gezeigt, dass es verfehlt wäre, von einer eindeutigen, monolithischen, antiprotestantischen, auf dem Konzil von Trient beschlossenen Dogmatik auszugehen (vgl. Wassilowsky, Das Konzil von Trient, hier 10 f.; Emich, Konzil, hier 356 f.). Sowohl die Ereignisse auf dem Konzil als auch dessen Ergebnisse waren »in sich mehrdeutig, ambivalent, ambigue« (Wassilowsky, Das Konzil von Trient, 10).
74Dieser Begriff wurde von Ohlidal/Samerski, Einleitung, in die Forschungsdiskussion eingeführt, um am Beispiel der Jesuiten den Fokus auf die »multifunktionale[n] Phänomene und [den] Zwang zum Arrangement mit dem situativen Kontext« (ebd., 9) zu lenken. »Frömmigkeitskultur« bezeichnet demnach die »spirituelle und kultische Amalgamierung von Lokal-Internem und Institutionell-Externem, von Innovativem und Traditionellem« (ebd., 10). In der Forschungspraxis hat sich dieser analytische Begriff jedoch als wenig fruchtbar erwiesen, auch weil sein Vorzug gegenüber anderen Analysekategorien wie »Akkommodation«, »Akkulturation« oder »Hybridisierung« nicht plausibel genug gemacht werden konnte. In der vorliegenden Arbeit wird »Frömmigkeitskultur« daher eher gegenständlich als die Gesamtheit von religiösen Handlungen, Vorstellungen und materiellen Glaubensmanifestationen aufgefasst, wobei zu beachten ist, dass sich auch innerhalb der Konfessionen verschiedene Frömmigkeitskulturen mit regionalen oder lokalen Besonderheiten unterscheiden lassen (vgl. dazu Holzem, Westfälische Frömmigkeitskultur, insbes. 37).
75Begrifflich orientiere ich mich an der von N. Weber, Lokale Interessen, 34–48, für die politischen Außenbeziehungen entwickelten »integrativen Perspektive«.
76Ebd., 40.
77Gezeigt werden konnte dies insbesondere am Beispiel von Heilpraktiken, so etwa von Thiessen, Kapuziner, 428–449, und Sieber, Jesuitische Missionierung, 107–151.
78Labouvie, Verbotene Künste, 81 f.
79Greyerz et al. (Hrsg.), Interkonfessionalität.
80Brückner, Art. »Gnadenorte«, Sp. 796. Laut Brückner ist »Gnadenort« ein Neologismus der modernen Volkskunde, abgeleitet vom Quellenbegriff des »Gnadenbildes«. Im 1869 erschienenen Band 4 (Tl. 5) des Grimm’schen Wörterbuchs wird »Gnadenort« definiert als »Kirche, wo ein Gnadenbild verehrt wird« (Deutsches Wörterbuch, Bd. 8, Sp. 581). Vereinzelt lässt sich die Begriffsverwendung schon fürs 18. Jahrhundert nachweisen, für den vorliegenden Untersuchungsraum etwa auf einer Votivtafel aus der Gnadenkapelle der Alp Nadels von 1728 (»Ich will sagen Mitt Einem Wort[,] Was es ges[c]hehen in disen gnaden Ort[…].«) oder in einem Visitationsdekret des Churer Bischofs aus dem Jahre 1782, erlassen für das Vinschgau (BAC, 722.03.04: Johann Franz Dionys von Rost, Chur, 31.08.1782: »Dass die Gnadenorte, welche von merern auch scheinbarern allda geschehenen Gutthaten und Wunderwerken also benamset werden […].«). – In diesem (volkskundlichen) Sinne ist auch ein »Wallfahrtsort« ein »Gnadenort«, doch braucht es für einen Wallfahrtsort noch mehr als nur die Wunderdokumentation, etwa spezielle Wallfahrtsbruderschaften, Einrichtungen für Pilger sowie eine weit über das lokale Umfeld hinausreichende Ausstrahlungskraft (vgl. die Definition von W. Freitag, Volks- und Elitenfrömmigkeit, 49 f.).
81Zur Begriffsgeschichte und Begriffsverwendung siehe Cracco, Dai Santi ai Santuari, 25–27; Julia, Sanctuaires, 243–252. Wie letzterer betont, ist der französische Begriff »sanctuaire« ebenfalls ein Neologismus der modernen Geisteswissenschaften, eine »d’introduction récente« (ebd., 249). Im Italienischen ist die Bezeichnung »santuario« bereits in der Frühen Neuzeit in der heutigen Bedeutung gebräuchlich.
82Scharfe, Über die Religion, 48, spricht von einer »Konkretisierung des Heiligen«: »Gott oder ein ihn repräsentierender Heiliger zeigt sich an einem bestimmten Ort (oft in einer bestimmten Gestalt, in einem Bild), wo der Gläubige die Gnade in Empfang nehmen kann – es ist nun also ein definierter Ort, wo der Mensch mit dem Jenseitigen in Verbindung tritt: dingliche Konkretisierung des Heiligen gewissermaßen als Replik der Mensch- und Leibwerdung Gottes.«
83Im Gegensatz dazu war der Ort des sonn- und feiertäglichen Gottesdienstes für die Pfarreigenossen durch die Pfarrkirche (oft statuarisch-verbindlich) vorgegeben.
84Cozzo, Madonna di Tirano, 61 f.: »[…] al santuario […] il Fedele può decidere di recarsi liberamente per motivazioni proprie e scelte personale normalmente legate all’ ›eccezionalità‹ di quel luogo, nel quale si sono verificati (o si ripetono) prodigi, nel quale sono accaduti (o avvengono) miracoli.«
85Tilatti, Luoghi, 9: »Uomini che [ai santuari] si recano tramite pellegrinaggi più o meno prolungati nella speranza concreta e nell’attesa del manifestarsi del miracolo.«
86Mattioli Carcano, »Tabulae Pictae«, 21 f.: »Il santuario, meta di una peregrinatio [sic] più o meno longa, intraprese per impetrare una grazia, per significare la riconoscenza od, semplicemente, ripercorrendo itinieranze [sic] sancite da antiche tradizioni comunitarie o familiari, diviene un simbolico approdo dove il Fedele, carico della propria quotidianità […], trova lo spazio in cui si attua una sorta liberazione, seppure temporanea, dal male fisico e spirituale.«
87Zu Art, Vielfalt und Aussagekraft von Wallfahrtsquellen siehe auch Hersche, Devotion; Ducreux, Zum Thema Wallfahrt, 100–102.
88Vgl. Hofmann-Rendtel, Wallfahrt und Konkurrenz; Kühnel, »Werbung«; Soergel, Wondrous; Olivieri (Hrsg.), Ordini religiosi e santuari; Brugger, Gedruckte Gnade.
89Vgl. Hersche, Muße und Verschwendung, 525.
90Walsham, Reformation of the Landscape, 162: »The Counter-Reformation revival of pilgrimage and holy places was symptomatic of an imaginative strategy for religious regeneration, the hallmark of which was careful negotiation rather than aggressive acculturation.«
91 Viele Gnadenorte sind in ihren Grundzügen von der lokalen Geschichtsschreibung mehr oder weniger gut erforscht. Anstelle einzelner Titel seien hier die einschlägigsten Publikationsorgane erwähnt, für die Drei Bünde insbesondere das Bündner Monatsblatt, die Quaderni grigionitaliani, der (Igl) Ischi, die Annalas da la Societad Retorumantscha, das Schweizerische Archiv für Volkskunde, die Zeitschrift für schweizerische Kirchengeschichte sowie die sieben Graubünden-Bände der Reihe Kunstdenkmäler der Schweiz (hrsg. von Erwin Poeschel; darauf aufbauend neuerdings auch Batz, Kirchen); für das Veltlin v. a. das Bollettino della Società Storica Valtellinese und das Bollettino Storico Alta Valtellina. Für das Veltlin liegen zudem eine Zusammenstellung marianischer Gnadenorte (Guido Scaramellini [Hrsg.], Santuari mariani) sowie eine Reihe neuerer Einzelstudien zu bekannteren Wallfahrtsorten vor, etwa von Guido Scaramellini/Brambilla, Madonna di Gallivaggio; Rainoldi, Il santuario; Bormetti/Masa, santuario della Madonna; Zala, Da Santa Maria.
92 U. Pfister, Konfessionskirchen, 319. Pfister stützt sich auf den Befund der volkskundlichen Inventarisierung von Baumann, Bestandesaufnahme der Votivbilder, hier 27, die für Graubünden besonders viele Gnadenorte, dafür pro Gnadenort im Durchschnitt nur gerade acht Votivgaben nachweisen konnte. Die Gründe hierfür werden unten (Kap. 3.) noch ausführlich diskutiert.
93Angelegt war das Ausgreifen des Heiligen über den Kirchenraum hinaus im Bistum Chur freilich bereits im Spätmittelalter, wie jüngst Boscani Leoni, Sichtbar heilig, am Beispiel von Außenmalereien aufzeigen konnte.
94Auch die älteren Wallfahrtsorte erlebten gegen Ende des 16. Jahrhunderts vielfach einen noch nie dagewesenen Kulthöhepunkt. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam dann auch im rätischen Alpenraum Kritik an der barocken Wallfahrt, vor allem aber am damit verbundenen Wunderglauben auf (vgl. I. Müller, Die bündnerische Wallfahrt; allgemein dazu auch Habermas, Wallfahrt; 105–122; Prosser, Raum).
95Tricoire, Mit Gott rechnen, 18. Tricoire nennt diese neuen Vorstellungen »Universalismus« und meint damit den »glorreichen, auf [göttlicher] Liebe basierenden Zusammenhang zwischen Erde und Himmel« (ebd., 390). Die religiöse Kultur dieses »Universalismus« ist darauf ausgerichtet, »Individuen und Gemeinschaften tiefer in die Klientelbeziehungen [zum Himmel] zu integrieren« (ebd.), etwa mittels Marienpatronat.
96Gemäß Fattori, Benedetto XIV, 241, ist das Sakrale oder »Heilige« (sacro) »lo spazio presente nel mondo naturale e umano aperto all’invervento o alla presenza del divino«, also derjenige Raum in der irdischen Welt, der für eine Intervention oder Präsenz des Göttlichen empfänglich ist. Fattori unterscheidet zwischen »sacro ordinario« und »sacro stra-ordinario« und damit zwischen zwei Wegen, wie das Göttliche erfahrbar wird: erstens auf dem ordentlichen bzw. kirchlichen Weg über die Sakramente und zweitens auf dem ausserordentlichen sprich mirakulösen Weg (vgl. ebd., 241 f.).
97Ich verwende diesen Begriff trotz aller Problematiken (siehe Tricoire, Mit Gott rechnen, 34–42), um damit jene qualitativen Veränderungen von katholischer Kirchlichkeit und Religiosität zu bezeichnen, die sich im konfessionellen Zeitalter einstellten – sei es als Reaktion auf die Reformation, sei es als Fortführung und Institutionalisierung älterer, innerkirchlicher Reformbemühungen (zur Begriffsverwendung in der Forschung siehe ebd.; Zwyssig, Katholische Reform, 157).
98Zu den Grundideen und methodologischen Konsequenzen des sogenannten Spatial Turn siehe Bachmann-Medick, Cultural Turns, 238–283. Die diesbezüglichen Chancen und Möglichkeiten der Geschichtsschreibung werden diskutiert bei Schlögel, Räume und Geschichte; Torre, Un »tournant spatial«; Rau, Räume; für die Frühneuzeitforschung insbes. Stock (Hrsg.), Uses of Space. Als besonders fruchtbar für die historische Forschung hat sich vor allem das analytische Instrumentarium von Löw, Raumsoziologie, 159 f., erwiesen.
99Pointiert dazu äußert sich neuerdings Stock, History, 5 f.: »In other words, space is not something outside history […]. Instead, space is historically contingent and constructed by circumstances and perspectives. Historians can therefore analyse the intellectual, cultural, and social contexts that give rise to particular understandings of space, and explore how those understandings are reproduced, transformed, and used.«
100Dies lassen neuere Studien zur »religiösen Geographie« vermuten. Mit Bezug zum vorliegenden Untersuchungsraum siehe Cozzo, Madonna di Tirano; allgemein dazu Christin/Flückiger, Rendre visible; Shalev, Sacred Words and Worlds; Ghermani, Zwischen Wunder und Vernunft, sowie die diesbezüglich äußerst gewinnbringende Studie von Walsham, Reformation of the Landscape, hier 153–232; synthetisierend dazu dies., Sacred Landscape. Weiterführend ist auch der jüngst erschienene Sammelband von DeSilva (Hrsg.), Sacralization of Space.
101Ich lehne mich an den Peripherie-Begriff an, der zur Beschreibung des hochmittelalterlichen Papsttums bemüht wurde. Demnach ist »Peripherie weniger eine Frage der räumlichen Entfernung als der inneren Distanz zu Rom als dem zumindest intendierten Zentrum der lateinischen Christenheit; insofern konnte die Peripherie sehr nahe liegen – unter Umständen in Rom selbst« (Johrendt/Müller, Zentrum und Peripherie, 9).
102Emich, Territoriale Integration, 3–23.
103Rau, Räume, 164. Zur Machtdimension der »Produktion und Aneignung« von Räumen pointiert auch Belina, Raum, insbes. 79–85.
104Ich orientiere mich hierfür und für die folgenden Untersuchungsschritte an den von Susanne Rau vorgeschlagenen Analyseebenen (ebd., 122–191), die da sind: 1. Räumliche Konfigurationen und Raumformationen, 2. Raumdynamiken, 3. Raumwahrnehmungen und 4. Raumpraktiken (siehe verkürzt ebd., 133 f.).
105Blickle, Kommunalismus, betrachtet die Drei Bünde als »paradigmatischen Fall«, um die »Interdependenzen von Republikanismus und Kommunalismus« zu erforschen. Zum institutionellen Aufbau der Drei Bünde siehe Head, Demokratie, insbes. 118–153; Liniger, Gesellschaft in der Zerstreuung, 28–36.
106U. Pfister, Konfessionskirchen, 32. Pfister versteht seine Studie zu den Konfessionskirchen in Graubünden bezeichnenderweise als Versuch, die »Schwächen der existierenden [Konfessionalisierungs-]Forschung […] zu beseitigen« (ebd., 19).
107Vgl. Saulle Hippenmeyer, Nachbarschaft, 112–170. Zur »Kommunalisierung der Kirche« siehe zudem Head, »Nit alss zwo Gmeinden […]«, 26 f.; Boscani Leoni, Essor et fonctions, 325–331; U. Pfister, Konfessionskirchen, 39 f.; zu den zweiten Ilanzer Artikeln Bundi, Zur Dynamik, 30–34.
108 Vgl. Wendland, Ai confini dell’eresia, 165, 170. Neben dem Veltlin gehörte auch das Puschlav zum Bistum Como.
109U. Pfister, Konfessionskirchen, 65. Ausführlich zu den sogenannten Dismembrationen, das heißt den Aufspaltungen von Großpfarreien in kleinere Pfarreigenossenschaften ebd., 65–72.
110Vgl. Bundi, Zur Dynamik, 27–30; U. Pfister, Konfessionskirchen, 39 f. In der Forschung ist umstritten, ob es sich um eine allgemeine »individuelle Glaubensfreiheit« handelte. In der Praxis blieb die freie Konfessionswahl häufig den Gemeinden vorbehalten.
111Vgl. U. Pfister, Konfessionskirchen, 55 f. Zur Reformation in den Drei Bünden siehe auch Bernhard, Reformation in the Three Leagues.
112Vgl. Pastore, Rituali di violenza, 71 f.; Guglielmo Scaramellini, Die Beziehungen, 149, 156; Bundi, Gewissensfreiheit, 69–78, 115–132; Head, At the Frontiers; Sùamellini, La questione religiosa; Hitz, Im Veltlin, 10–19. Zumindest im 16. Jahrhundert war die evangelische Bewegung insbesondere in Chiavenna recht bedeutend, weil sich dort viele italienische Glaubensflüchtlinge niederließen. – Anders als etwa in den Gemeinen Herrschaften der Eidgenossenschaft, wo »die politische Kultur […] bei geringer Verrechtlichung maßgeblich durch ein politisches Aushandeln und eine Auslegungspraxis der normativ-rechtlichen Verträge zur Mehrkonfessionalität geprägt [war]« (Hacke, Konflikt und Konsens, 603; vgl. neuerdings auch dies., Konfession und Kommunikation), vermochten in den Drei Bünden die Protestanten allem Anschein nach die Herrschaftspolitik in den Untertanengebieten weitgehend nach den eigenen Vorstellungen zu bestimmen. Eine systematische Untersuchung der Bündner Veltlinpolitik im 17. und 18. Jahrhundert ist allerdings immer noch ein Desiderat der Forschung.
113Vgl. Wendland, Ai confini dell’eresia. Zum blutigen Aufstand der Veltliner siehe ders., Gewalt in Glaubensdingen; zu den Bestimmungen von 1639 ders., Nutzen der Pässe, 315–325.
114Vgl. Bolzern, Spanien, Mailand, 73–108; Parker, Army of Flanders, 61–66.
115Vgl. Bundi, Außenbeziehungen, 183–191; Bundi, Art. »Graubünden, 3.2.5: Der Freistaat zwischen den europäischen Mächten«; allgemein zu den konfessionspolitischen Leitlinien der Außenpolitik siehe Windler, »Allerchristlichste«; Sidler, »Habsburgische« Jesuiten.
116Vgl. Fischer, Lindauer Vertrag (1622) und Scappische Artikel (1623); U. Pfister, Konfessionskirchen, 144–150.
117Zur katholischen Reform siehe Di Filippo Bareggi, Le frontiere religiose; Fischer, Reformatio; Zwyssig, Katholische Reform. Zur Kapuzinermission Frigg, Mission der Kapuziner; Wendland, Mission; Zwyssig, Pfarreiseelsorge.
118Das die rätische Mission betreffende Aktenmaterial aus dem Archivio della Sacra Congregatione de Propaganda Fide (APF) in Rom liegt in Form von Abschriften im Provinzarchiv der Schweizer Kapuziner Luzern (PAL) vor. Sie decken geschätzte vier Fünftel des Originalbestandes ab. Nur zum Teil im PAL als Abschriften zugänglich sind Dokumente, die das Veltlin betreffen. Sie konnten im APF eingesehen werden. Die Originale wurden zudem in Zweifelsfällen – etwa bei offensichtlich fehlerhaften Abschriften – herangezogen. – Wenn in der vorliegenden Studie Quellenzitate wiedergegeben werden, so geschieht dies möglichst originalgetreu, das heißt ohne Anpassungen an die moderne Schreibweise. Dies gilt insbesondere auch für die Orthographie und Satzzeichensetzung im Italienischen.
119Die Gegenüberlieferung zu den römischen Akten der rätischen Mission im APF befindet sich im Archivio Missione Retica Tiefencastel (AMR, deponiert im PAL) sowie im Archivio di Stato di Milano (ASM, Fondo di Religione), dort vor allem die Provinzannalen, Nekrologien und Missionsberichte der Mailänder und Brescianer Kapuziner.
120Die Kantonsbibliothek Graubünden besitzt eine umfangreiche Sammlung rätoromanischer Druckschriften aus dem 17. und 18. Jahrhundert, dazu auch die wichtigsten Werke der Veltliner Publizistik jener Zeit. Für letztere konnte zudem auf die Bestände der Biblioteca Civica Pio Rajna in Sondrio sowie der Biblioteca Salita dei Frati in Lugano zurückgegriffen werden. – Druckschriften über Wallfahrts- und Gnadenorte liegen fast ausschließlich für die Untertanengebiete der Drei Bünde vor. Nebst Ausführungen zum kirchlichen, kulturellen und politischen Kontext enthalten sie jeweils umfangreiche Schilderungen der am entsprechenden Gnadenort dokumentierten Wundergeschichten. Schriften zu Bruderschaften, Kreuzwegen und anderen Devotionsformen sind indessen vor allem für die rätoromanischen Nordtäler überliefert.
121Berücksichtigt wird insbesondere die Überlieferung der einzelnen Kirchen-, Pfarrei- und Gemeindearchive, sofern sie über die Mikrofilme und Regesten im Staatsarchiv Graubünden zugänglich ist (StAGR, A I 21, b 01–03; StAGR, QR 45). Aufgrund der besonderen Relevanz für die Fragestellung dieser Arbeit wurden die Originalbestände des Pfarreiarchivs Savognin sowie des Archivs des Santuario della Beata Vergine di Tirano (ASCT, FSBV) konsultiert. Zur punktuellen Ergänzung wurde zudem die Überlieferung im Bischöflichen Archiv Chur und im Archivio Storico della Diocesi di Como herangezogen.
122Solche liegen ausschließlich für die Untertanengebiete, namentlich für die Gnadenorte von Gallivaggio, Tirano und Rogolo vor (siehe die Quellennachweise in den einführenden Bemerkungen zu Kapitel 4.2.1.).
123Damit sind hier Verfahren – meistens Zeugenbefragungen – örtlicher Kirchenbehörden gemeint, die erste Informationen zu angeblichen Wundern zu sammeln hatten. Sie wurden in der Regel vom Bischof eingeleitet und stellten mitunter die Vorstufe für ein Verfahren an der römischen Kurie dar. Solche Informativprozesse liegen für Savognin, Disentis, Sazzo, Morbegno und Primolo vor (siehe die Quellennachweise in Kapitel 4.2.3.). Zu diesem und anderen in dieser Arbeit verwendeten Fachbegriffen siehe das Glossar im Anhang.
124Vgl. Held, Caravaggio, 206–209. Gerade Caravaggios Heiligenbilder verklären die Dargestellten nicht; sie lassen stattdessen das irdische Leid und den unfassbaren Schrecken erahnen, die das Auserwähltsein zum Heiligen oder Märtyrer mit sich bringen. Hall, Sacred Image, 249–267, spricht in diesem Zusammenhang von »secularizing the sacred, sanctifying the secular«.

