Kitabı oku: «Sachenrecht III», sayfa 4
3. Regressansprüche bei nichtakzessorischen Sicherheiten
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Die „Automatik“ der Legalzession kann es bei den nichtakzessorischen Sicherheiten nicht geben. Denn die Forderung klebt nicht an der Sicherheit, sodass diese bei Zahlung auf die Sicherheit nicht automatisch übergeht.
Trotzdem muss es irgendwie doch möglich sein, dass die Sicherungsgeber nichtakzessorischer Kreditsicherungen auch die Forderung gegen den Schuldner erhalten und nicht nur auf ihrem vertraglichen Anspruch aus § 670 beschränkt bleiben. Dass das nämlich wichtig werden kann, zeigt folgendes Beispiel:
Beispiel
U benötigt für seinen Geschäftsbetrieb ein größeres Darlehen, das er bei Bank B beantragt. Diese besteht auf Sicherheiten, die U nicht hat. Er betreibt sein Unternehmen auf dem Gelände des V. V will seinen Mieter nicht verlieren und hilft U, in dem er auf dem Grundstück eine Sicherungsgrundschuld zugunsten der B bestellt und mit B einen Sicherungsvertrag schließt, dass diese Grundschuld der Absicherung des Darlehens dient. Gleichzeitig verbürgt sich der schwerreiche Großonkel O für dieses Darlehen. U wird zahlungsunfähig und B will das Grundstück verwerten. V zahlt.
Hätte V als Regressanspruch nur den § 670 gegen U, so wäre O aus dem sprichwörtlichen Schneider. Denn seine Bürgschaft sichert nur das Darlehen, nicht aber den Anspruch des V gegen U aus § 670. Im Ergebnis ist man sich einig, dass der Sicherungsgeber einer nichtakzessorischen Kreditsicherung bei Zahlung ebenfalls die Forderung erhalten muss.[6] Lediglich der Weg ist streitig – siehe dazu näher unter 445 ff.
Anmerkungen
[1]
Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 905.
[2]
Medicus/Petersen Bürgerliches Recht Rn. 905.
[3]
Definition nach Medicus/Petersen a.a.O.
[4]
Cessio (lat.) = Abtretung; legis (lat, Genitiv von lex: das Gesetz) = des Gesetzes.
[5]
Vgl. zur Rückgriffskondiktion im Skript „Schuldrecht BT II“ Rn. 339 ff.
[6]
So zur Grundschuld: Westermann Sachenrecht Rn. 542.
2. Teil Die Personalsicherheiten
Inhaltsverzeichnis
A. Die Haftung des Bürgen
B. Andere akzessorische Sicherungsmittel
C. Nichtakzessorische Sicherungsmittel
D. Übungsfall Nr. 1
2. Teil Die Personalsicherheiten › A. Die Haftung des Bürgen
A. Die Haftung des Bürgen
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Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen gemäß § 765 Abs. 1
I.Anspruchsentstehung
1.Vertragliche Vereinbarung einer Bürgschaft
Abgrenzung zu verwandten RechtsinstitutenRn. 46
2.Form, § 766
BlanketturkundeRn. 52
Formfreiheit der Bürgschaft eines KaufmannesRn. 54
3.Keine Unwirksamkeit aus anderen Gründen
Anfechtung wegen IrrtumsRn. 58
Sittenwidrigkeit von Bürgschaften naher AngehörigerRn. 62
Inhaltskontrolle von Bürgschafts-AGBRn. 71
4.Entstehen der gesicherten Forderung
Absicherung eines ErsatzanspruchsRn. 80
5.Umfang der Haftung
6.Sonstige Voraussetzungen/Einwendungen
Gegenanspruch des Bürgen aus c.i.c.Rn. 86
II.Rechtsvernichtende Einwendungen, insbesondere:
1.Erfüllung und Erfüllungssurrogate
2.Erlöschen der Hauptforderung
3.Widerruf des Bürgen
Widerrufsrecht aus § 312Rn. 91
4.Erlöschen nach §§ 776, 777
III.Durchsetzbarkeit
1.Eintritt des Sicherungsfalles
2.Einreden des Hauptschuldners, § 768
3.Einrede der Anfechtbarkeit/Aufrechenbarkeit, § 770
4.Einrede der Vorausklage, § 771
5.Sonstige Einreden
2. Teil Die Personalsicherheiten › A. Die Haftung des Bürgen › I. Die Voraussetzungen der Bürgenhaftung
I. Die Voraussetzungen der Bürgenhaftung
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Wir betrachten die Bürgschaft anhand des primären Anspruchs des Gläubigers gegen den Bürgen aus dem Bürgschaftsvertrag gemäß § 765 Abs. 1. Wir gehen den Anspruch anhand der Prüfungsschritte „Anspruch entstanden?“, „Anspruch erloschen?“ und „Anspruch durchsetzbar?“ im Einzelnen durch und behandeln auf jeder Stufe die sich dort stellenden Probleme.
1. Vertragliche Einigung
a) Geltung der allgemeinen Regeln
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Die Bürgschaft ist ein einseitig verpflichtender Vertrag, durch den sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger des vom Gesetz als „Hauptschuldner“ bezeichneten Dritten verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeit einzustehen.[1]
Wichtig ist zu erkennen, dass der Bürge durch die Bürgschaft eine eigene, von der Hauptschuld unabhängige Verpflichtung eingeht. Es ist also nicht etwa so, dass der Bürge bei seiner Inanspruchnahme die Verbindlichkeit des Hauptschuldners erfüllt. Dann nämlich würde die gesicherte Forderung untergehen. Dass sie es nicht tut, zeigt der Blick auf § 774 Abs. 1. Mit der Zahlung geht die Hauptforderung auf den zahlenden Bürgen über (cessio legis, siehe Rn. 38). Das könnte sie nicht, wenn der Bürge die Schuld des Hauptschuldners beglichen hätte.[2]
Sind Ihnen die Technik und die grundlegenden Prüfungsschritte zum Zustandekommen von Rechtsgeschäften noch geläufig? Wenn nicht, sollten Sie den Stoff jetzt wiederholen.[3]
Es ist also wichtig zu begreifen, dass der Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen ein „ganz normaler“ vertraglicher Anspruch ist. Wie bei jedem Vertrag brauchen wir also zwei übereinstimmende Willenserklärungen, nämlich das Angebot und die Annahme.
Beim Abschluss eines Bürgschaftsvertrages gelten also alle Regeln über das Zustandekommen und die Wirksamkeit von Verträgen.
b) Abgrenzung von verwandten Rechtsinstituten
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Wirtschaftlich gesehen führt die Bürgschaft dazu, dass dem Gläubiger neben seinem eigentlichen Schuldner eine weitere Person zur Verfügung steht, die für die Verbindlichkeit einzustehen hat. Dieses Ziel kann aber auch anders erreicht werden. Gerade wenn eine mündliche „Verbürgung“ und damit eine im Zweifel unwirksame (§ 766, Schriftformerfordernis, siehe Rn. 49 ff.) Bürgschaft vorliegt, wird gerne versucht, die Haftung des „Bürgen“ auf eine andere Anspruchsgrundlage zu stützen, die nicht dieser Form bedarf. Praktisch wichtig sind dabei der Schuldbeitritt sowie der selbstständige Garantievertrag. Diese unterliegen nach herrschender Meinung nicht dem Formerfordernis des § 766. Ob nun eine Bürgschaft, ein Schuldbeitritt oder ein Garantievertrag vorliegt, muss durch Auslegung des Vertrages ermittelt werden.[4]
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Bei dem Schuldbeitritt (auch Schuldmitübernahme, kumulative Schuldübernahme) haftet der Beitretende nicht für eine fremde Schuld, sondern will die Verbindlichkeit des „Hauptschuldners“ zu seiner eigenen machen.[5] Das hat zur Konsequenz, dass er nicht untergeordnet (subsidiär) zu dem Schuldner haftet, sondern gleichrangig mit diesem. Es liegt eine klassische Gesamtschuld vor mit der Folge, dass sich der Gläubiger aussuchen kann, wen er in Anspruch nimmt, § 421.
Dies und der Umstand, dass der Schuldbeitritt nicht der Form des § 766 bedarf, macht das Rechtsinstitut noch gefährlicher als es die ohnehin schon riskante Bürgschaft ist. Deshalb legt die Rechtsprechung die Willenserklärung im Zweifel dahin gehend aus, dass die ungefährlichere Bürgschaft und nicht der Schuldbeitritt gewollt ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Beitretende ein unmittelbares wirtschaftliches oder rechtliches Interesse an der Tilgung der Hauptschuld hat.[6]
Beispiel
Das Maschinenbauunternehmen M GmbH ist in der Krise. Lieferant L erfährt davon und will M nur noch gegen Vorkasse beliefern. Geschäftsführer G, der zugleich Hauptgesellschafter der M GmbH ist, erklärt telefonisch, dass er persönlich für die Forderung des L „geradestehe“.
In einem solchen Fall will der G sein Unternehmen retten. Er selbst ist der unmittelbar Begünstigte, da er Hauptgesellschafter ist. Hier liegt ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse des G vor, sodass von einem Schuldbeitritt auszugehen ist.
Hinweis
Liegt ein Verbraucherdarlehen vor (Definition: § 491), muss der Darlehensvertrag gem. § 492 schriftlich geschlossen werden. Diese Formvorschrift gilt analog auch für den Schuldbeitritt eines Verbrauchers (§ 13) zu einem solchen Vertrag. Deshalb hat im Bereich der Verbraucherkreditverträge die Abgrenzung zwischen formbedürftiger Bürgschaft und formfreiem Schuldbeitritt einiges an Bedeutung verloren, da hier nunmehr (wenn auch mit anderer Begründung) ebenfalls Schriftform erforderlich ist.[7]
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Schließlich ist es auch möglich, dass der Gläubiger mit dem Dritten einen (formlos gültigen) Garantievertrag schließt. Er ist mit der Bürgschaft insofern verwandt, als auch hier der Dritte seine Bonität für eine Schuld eines anderen zur Verfügung stellt. Im Unterschied zur Bürgschaft aber entsteht eine eigene Schuld des Garanten. Diese ist unabhängig davon, ob und in welcher Höhe eine wirksame Hauptschuld besteht. Der Garantievertrag ist also nicht akzessorisch. Wann und in welcher Höhe der Garant zu zahlen hat, ergibt sich aus der Auslegung des Garantievertrages.
Damit ist der Garantievertrag genauso gefährlich wie der gerade besprochene Schuldbeitritt. Nicht von ungefähr ist die Rechtsprechung und herrschende Lehre genauso zurückhaltend mit bei der Auslegung einer Willenserklärung als Garantieversprechen.[8] Im Zweifel liegt eine Bürgschaft vor. Lediglich dann, wenn ein starkes wirtschaftliches Eigeninteresse des Garanten an der Erfüllung der Hauptverbindlichkeit angenommen werden kann, kommt ein solcher Garantievertrag in Betracht.
2. Form
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§ 766 verlangt, dass die Bürgschaftserklärung in schriftlicher Form zu erteilen ist. Der Schriftform bedarf folglich nur die Bürgschaftserklärung, also die Willenserklärung des Bürgen. Die Annahmeerklärung des Gläubigers ist formlos möglich.[9]
Mehr noch: Wie Sie wissen, ist die Annahme eines Angebotes regelmäßig eine empfangsbedürftige Willenserklärung.[10] Sie wird also grundsätzlich erst wirksam, wenn die Annahmeerklärung dem Anbietenden gemäß § 130 zugeht. Von diesem Erfordernis des Zugangs der Annahmeerklärung macht § 151 eine Ausnahme. Verzichtet der Erklärende auf den Zugang der Annahmeerklärung oder ist diese nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten, so kommt der Vertrag auch ohne Zugang einer Annahmeerklärung zustande.
Genau dies nimmt die herrschende Meinung bei der Annahme der Bürgschaft durch den Gläubiger an.[11] Aber beachten Sie: Mindestens konkludent annehmen muss der Gläubiger das zugesandte Bürgschaftsangebot schon, in dem z.B. der Bankmitarbeiter die Urkunde zu den Kreditakten nimmt. Die Annahmeerklärung muss nur nicht mehr dem erklärenden Bürgen zugehen.
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Der Gesetzgeber hat die Schriftform vorgesehen, weil er – nicht ganz zu Unrecht – die Bürgschaft für ein sehr gefährliches Instrument hält. Deshalb ist in § 766 S. 2 auch die elektronische Form, die ansonsten unter den Voraussetzungen des § 126a die Schriftform ersetzen kann, ausdrücklich ausgeschlossen.
Auch ein Telefax genügt nicht. Dies hat folgenden Grund: empfangsbedürftige Willenserklärungen werden – wie gerade ausgeführt – erst dann wirksam, wenn die formgerecht errichtete Urkunde den Empfänger erreicht. Beim Fax erreicht den Empfänger aber nur eine Kopie der formgerecht errichteten Urkunde.[12]
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Wird der Bürge bei der Abgabe der Bürgschaftserklärung vertreten, so bedarf auch die Vollmacht des Vertreters der Form des § 766. Diese wohl allgemeine Meinung[13] überrascht zunächst. Denn § 167 Abs. 2 sagt ausdrücklich:
Die Erklärung bedarf nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht.
Die Vollmacht bedarf aber dann doch der Form des Rechtsgeschäftes, für die sie erteilt wird, wenn ansonsten die Formvorschrift umgangen würde. Das ist dann der Fall, wenn der Vertretene durch die Erteilung der Vollmacht rechtlich und tatsächlich in gleicher Weise gebunden wird wie durch die Vornahme des formbedürftigen Rechtsgeschäftes.[14] Die Bürgschaft ist dafür ein Paradebeispiel.
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In diesen Zusammenhang gehört auch die Problematik der Blanketturkunde. Der Bürge unterschreibt zwar die vorgesehene Bürgschaftsurkunde, in der aber noch wesentliche Elemente (z.B. Höhe der gesicherten Schuld, Schuldgrund etc.) nicht enthalten sind. Gleichzeitig bevollmächtigt er einen Dritten (Gläubiger, Schuldner oder eine andere Person) die noch fehlenden Elemente nachträglich einzufügen (sog. Ausfüllungsermächtigung).
Zunächst erfüllt dieses Blankett nicht die Form des § 766, da die notwendigen Vertragsbestandteile einer Bürgschaftserklärung (sogenannte „essentialia negotii“[15]) nicht enthalten sind.
Genauso aber, wie bei der Bürgschaft eine Stellvertretung möglich ist (Rn. 51), ist auch die Erteilung einer Ausfüllungsermächtigung anerkannt. Die Vorschriften der Stellvertretung passen zwar nicht direkt, da das Ausfüllen keine Willenserklärung, sondern ein Realakt ist. Dennoch gelten die §§ 164 ff. analog. Daher bedarf die Ausfüllungsermächtigung genauso wie die Erteilung der Vollmacht der schriftlichen Form. § 167 würde sonst den Schutz, den § 766 bezweckt, unterlaufen.[16]
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Fraglich ist aber, was passiert, wenn der Ermächtigte die ihm vom Erklärenden übergebene Blanketturkunde ohne schriftliche Ermächtigung oder abredewidrig falsch ausfüllt, und/oder abredewidrig in den Verkehr bringt.
Beispiel
B unterschreibt eine Bürgschaft und gibt sie seinem Neffen, damit er damit bei der Bank einen Kredit absichern kann. Die Höhe der Schuld lässt er offen und weist den N an, keinesfalls mehr als 100 000 € einzutragen. Als die Bank eine Bürgschaft über 200 000 € verlangt, füllt N die Urkunde abredewidrig aus und schickt sie der Bank.
Hier ist die analoge Anwendung der §§ 172, 173 anerkannt.[17] Der Bürge, der die Blankettbürgschaft freiwillig aus der Hand gegeben hat, muss sich den dadurch erzeugten Rechtsschein zurechnen lassen. Voraussetzung ist (neben der gerade erwähnten freiwilligen Herausgabe), dass beim Empfänger ein schutzwürdiges Vertrauen erzeugt wurde. Kannte der Gläubiger also die fehlende Ermächtigung, die Urkunde in der vorgelegten Form auszufüllen, oder fehlte ihm diese Kenntnis infolge Fahrlässigkeit, so kann er sich nicht auf den Rechtsschein berufen (§ 173 analog).[18]
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Eine Ausnahme vom strengen § 766 enthält aber § 350 HGB. Wenn ein Kaufmann eine Bürgschaft abgibt, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehört, ist diese auch ohne Beachtung der Form des § 766 gültig. So klar diese Norm auf den ersten Blick ist, bietet sie doch einige „Fallen“:
Erstens muss der Bürge Kaufmann sein.[19]
JURIQ-Klausurtipp
(Ist-)Kaufmann ist nach § 1 HGB, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Das ist jeder Gewerbebetrieb, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 HGB).
Achten Sie in der Klausur auf Schlüsselwörter bei der Beschreibung eines Geschäftsbetriebes: ‚klein‘ oder ‚handwerksmäßig betrieben‘ sind Indizien dafür, dass der Klausursteller einen Nichtkaufmann im Auge hatte. Danach prüfen Sie, ob der Schuldner Kaufmann nach §§ 2 oder 3 HGB („Kann-Kaufmann“), nach § 5 HGB („Fiktivkaufmann“) oder § 6 HGB („Formkaufmann“) ist. Wenn auch das nicht zur Kaufmannseigenschaft führt, ist schließlich an den Scheinkaufmann zu denken.
Zweitens muss die Bürgschaftserklärung zum Betrieb des Handelsgewerbes gehören. Zwar wird bei Geschäften eines Kaufmannes nach § 344 HGB vermutet, dass das Geschäft zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehört und deshalb ein Handelsgeschäft ist. Aber diese Vermutung ist widerleglich.
Beispiel
Ein nervöser Bankangestellter ruft beim Kaufmann K an und fragt an, ob er für die neuerliche Überziehung des Girokontos seines volljährigen Sohnes S die Bürgschaft übernehme. K ist in Hektik und sagt leichtsinnig zu. S erhält deshalb von der Bank 250 000 €, mit denen er sich absetzt.
In diesem Fall dürfte K der Beweis gelingen, dass die Bürgschaftserklärung nicht zu seinem Handelsgewerbe gehört hat und deshalb die mündliche Bürgschaft nach §§ 766, 125 S. 1 nichtig ist.
Drittens möchte ich Sie in diesem Zusammenhang auf den gerne gemachten Fehler hinweisen, die Organe juristischer Personen (insbesondere GmbH-Geschäftsführer oder Vorstände von Aktiengesellschaften) als Kaufmann anzusehen. Kaufmann im Sinne des HGB ist nur die Gesellschaft gemäß § 6 HGB, also die GmbH oder die AG als juristische Person (vgl. § 3 Abs. 1 AktG und § 13 Abs. 1 GmbHG)[20] und nicht das für sie handelnde Organ.[21]
Beispiel
Übernimmt der Geschäftsführer einer GmbH persönlich im eigenen Namen die Bürgschaft z.B. für Schulden der von ihm geführten GmbH, so bedarf diese Erklärung der Form des § 766 (dazu auch Rn. 75).
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Grundsätzlich reicht es für die Wahrung des Formerfordernisses aus, dass der Verbürgungswille und die essentialia negotii der Bürgschaft – Gläubiger, Bürge, Hauptschuldner, Schuldgrund – in der Erklärung genannt sind. Beim Schuldgrund genügt, wenn sie nach Art und Umfang jedenfalls durch Auslegung bestimmbar ist. Das wird z.B. bei der Verbürgung für alle „gegenwärtigen und künftigen Verbindlichkeiten gegenüber dem spezifischen Gläubiger“ bejaht.
Auf einen etwaigen Verstoß gegen §§ 305 ff. kommen wir unten Rn. 71 ff. zurück.
3. Keine Unwirksamkeit aus anderen Gründen
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Beim Abschluss der Bürgschaft darf kein sonstiger Nichtigkeitsgrund vorliegen. Es gelten die allgemeinen Regeln über die Wirksamkeit vertraglicher Rechtsgeschäfte.[22] Auf die folgenden Nichtigkeitsgründe wollen wir hier näher eingehen:
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Wiederholen Sie ggf. die Anfechtung von Rechtsgeschäften im Skript „BGB Allgemeiner Teil II“ Rn. 332 ff.
Wie Sie aus der Rechtsgeschäftslehre wissen, können etwa Willensmängel zur Nichtigkeit eines Vertrages infolge Anfechtung führen. Dazu muss der Erklärende ein Anfechtungsrecht haben und seine Willenserklärung rechtzeitig anfechten. Ein anfechtbares Rechtsgeschäft ist nach der Anfechtung nichtig, und zwar von Anfang an (§ 142, sogenannte Ex-tunc-Wirkung der Anfechtung).
Als zweiten wichtigen Nichtigkeitsgrund müssen Sie die Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaftsverträgen insbesondere für nahe Angehörige kennen.
Schließlich kann eine Bürgschaft auch wegen Verstoßes gegen die Regelungen der §§ 305 ff. (Allgemeine Geschäftsbedingungen) unwirksam sein.
a) Anfechtungsgründe beim Bürgschaftsvertrag
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Zwei Probleme aus dem Bereich der Anfechtung möchte ich Ihnen im Zusammenhang mit der Abgabe einer Bürgschaftserklärung erläutern:
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Ein Bürge könnte auf folgenden Gedanken kommen: Er habe die Bürgschaft für den Schuldner nur deswegen übernommen, weil er aufgrund des üppigen Lebensstils des Schuldners von einem hohen Vermögen und entsprechenden Einkünften ausgegangen sei. Jetzt muss er feststellen, dass dem nicht so ist. Er befand sich also zum Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung in einem Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person. Deshalb fechte er jetzt den Bürgschaftsvertrag nach § 119 Abs. 2 an.
Die Leistungsfähigkeit des Hauptschuldners ist ohne Frage eine verkehrswesentliche Eigenschaft. Und doch: Eine Anfechtung wegen dieses Irrtums ist hier ausgeschlossen. Es ist geradewegs das Wesen des Bürgschaftsvertrages, dass der Bürge das Risiko und damit die Ungewissheit über die Leistungsfähigkeit des Schuldners übernimmt.[23] Eine andere Lösung schlägt Medicus[24] vor: Zwar könne der Bürge anfechten und der Vertrag sei nichtig. Dann aber schulde der Bürge dem Gläubiger die Schadloshaltung aus § 122.
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Eine weitere Möglichkeit, sich durch Anfechtung von einer Bürgschaft wieder zu befreien, könnte in § 123 liegen. Häufig dürften Schuldner ihren potenziellen Bürgen nicht alles offenbaren, im Zweifel sogar ihre Vermögensverhältnisse „schönen“. In diesen Fällen könnte eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in Betracht kommen.
Aber Vorsicht! Der Vertrag kommt zwischen Bürgen und Gläubiger zustande. § 123 Abs. 2 sagt ausdrücklich, dass dann, wenn ein Dritter die Täuschung verübt, der Vertragspartner nur dann die Anfechtung hinzunehmen hat, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.[25] Dies wird bisweilen auch Lagertheorie genannt.
Zwar ist nicht jeder außer dem Erklärungsempfänger Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2. So ist z.B. der Vertreter des Erklärungsempfängers (in unserem Fall des Gläubigers) nicht Dritter. Aber die herrschende Meinung geht noch weiter: Dritter ist nicht, wer Vertrauensperson des Erklärungsempfängers ist.[26]
Wenn man den Hauptschuldner als Vertrauensperson des Gläubigers ansieht, wäre dieser nicht Dritter und die Täuschung des Bürgen würde als Täuschung des Gläubigers gelten mit der Folge, dass der Bürge den Vertrag anfechten könnte.
Wie Medicus[27] dazu aber treffend feststellt: „Das geht zu weit.“ Schuldner und Gläubiger eines Darlehens sind keine Vertrauenspersonen, sondern stehen geradezu typisch auf verschiedenen Seiten. Und wenn der Hauptschuldner einen Bürgen sucht, nimmt er eigene Interessen wahr und nicht die Interessen des Gläubigers. Denn ohne Bürgen gäbe es den vom Hauptschuldner gewünschten Kredit eben nicht.