Kitabı oku: «Das Neue Testament - jüdisch erklärt», sayfa 34
Das Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner
Manche Leserinnen und Leser qualifizieren den Pharisäer als heuchlerisch, scheinheilig und legalistisch ab und identifizieren sich im Gegenzug mit dem Zöllner als dem bußfertigen, demütigen und gerechtfertigten Sünder. Dieses Verständnis ist nicht erstaunlich angesichts der Tatsache, dass Lukas zuvor zahlreiche böswillige Pharisäer und mehrere bewundernswerte Zöllner beschreibt. Sobald die Leserinnen und Leser sich jedoch entschlossen haben, sich mit dem Zöllner zu identifizieren und den Pharisäer abzulehnen, führt das Gleichnis sie in die Falle: In Anlehnung an Lk 18,11 zu schlussfolgern, „Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie … dieser“ Pharisäer, bringt die Leserinnen und Leser in genau die Position, die sie verdammen. Vielmehr übersieht diese Interpretation die vielen herausragenden Eigenschaften des Pharisäers: Almosengeben, Fasten und Dankbarkeit ohne die Erwartung einer Gegenleistung.
Andere Leserinnen und Leser nehmen an, dass der Zöllner „ferne“ (Lk 18,13) steht, weil andere Betende ihn ausgrenzen oder glauben, er sei kultisch unrein. Das Gleichnis sagt aber nichts von Ausgrenzung oder Unreinheit; im Gegenteil: Um das Tempelgelände betreten zu können, muss man rituell rein sein. Selbst wenn er ausgegrenzt wäre, wäre der Grund dafür nicht Unreinheit, sondern seine Tätigkeit: Er arbeitet für die Römer, die Besatzungsmacht.Noch andere meinen, der Tempel sei ein elitäres, xenophobes, misogynes und vollständig korruptes „Herrschaftssystem“, das Jesus ablehne. Auch dieses Stereotyp konterkariert das Gleichnis, insofern Buße und Versöhnung eben gerade im Tempel geschehen.Wir sollten eher den Pharisäer als Hilfe für den Zöllner betrachten. Wie die Sünde eines Mitglieds die ganze Gemeinschaft verunreinigt (daher z.B. auch „Vergib uns unsere Sünden“ [Lk 11,4] und nicht „vergib mir meine Sünden“), so können auch die Verdienste des einen Gerechten der ganzen Gemeinde zugute kommen (s. Gen 18,24–33; daher auch eine Interpretation des Kreuzes Christi: das Opfer eines Einzelnen kann die Vielen retten). Juden, die dieses Gleichnis zum ersten Mal hörten (besonders wenn Lk 18,14b, ein Vers, der an verschiedenen Stellen im Evangelium vorkommt, nicht ursprünglich zum Gleichnis gehörte, s. Lk 14,11; Mt 23,12), könnten die Verdienste des Pharisäers durchaus so verstanden haben, dass sie den Zöllner beeinflussen. Dies wäre der überraschende Moment des Gleichnisses: Nicht nur, dass der Vertreter Roms gerechtfertigt wird, sondern auch, dass die guten Werke des Pharisäers bei dieser Rechtfertigung hilfreich waren.
15 Sie brachten auch kleine Kinder zu ihm, dass er sie anrühren sollte. Als das aber die Jünger sahen, fuhren sie sie an. 16 Aber Jesus rief sie zu sich und sprach: Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solchen gehört das Reich Gottes. 17 Wahrlich, ich sage euch: Wer nicht das Reich Gottes annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.
Lk 18,15–17 Kleine Kinder (Mt 19,13–15; Mk 10,13–16) 18,15 Brachten auch kleine Kinder, vgl. Anm. zu 8,42. Anrühren, um sie zu segnen und/oder zu heilen. Fuhren sie ihn an, die christlichen Kommentare, die andeuten, dass man sich im Judentum nicht um Kinder gekümmert habe, und in den Jüngern Repräsentanten dieser vermeintlich jüdischen Kultur erblicken, übersehen, dass es jüdische Eltern und Bezugspersonen sind, die ihre Kinder zu Jesus bringen. 18,17 Wie ein Kind, in Abhängigkeit, ohne Hochmut.
18 Und es fragte ihn ein Oberer und sprach: Guter Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe? 19 Jesus aber sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein. 20 Du kennst die Gebote: »Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren!« 21 Er aber sprach: Das habe ich alles gehalten von Jugend auf.
22 Als Jesus das hörte, sprach er zu ihm: Es fehlt dir noch eines. Verkaufe alles, was du hast, und gib‘s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach! 23 Als er das hörte, wurde er traurig; denn er war sehr reich.
24 Da aber Jesus sah, dass er traurig geworden war, sprach er: Wie schwer kommen die Reichen in das Reich Gottes! 25 Denn es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher in das Reich Gottes komme. 26 Da sprachen, die das hörten: Wer kann dann selig werden? 27 Er aber sprach: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.
28 Da sprach Petrus: Siehe, wir haben, was wir hatten, verlassen und sind dir nachgefolgt. 29 Er aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Frau oder Brüder oder Eltern oder Kinder verlässt um des Reiches Gottes willen, 30 der es nicht vielfach wieder empfange in dieser Zeit und in der kommenden Welt das ewige Leben.
Lk 18,18–30 Der reiche Obere (Mt 19,16–30; Mk 10,17–31) 18,18 Guter Meister, eine respektvolle Anrede. Ewiges Leben ererben, vgl. Anm. zu 10,25. 18,19 Jesus grenzt sich von Gott ab; vgl. Anm. zu 1,17; Lk 4,8; 5,25; 8,39. 18,20 Gebote, vgl. Ex 20,12–16; Dtn 5,16–20 in der Reihenfolge der LXX. Die Auflistung zielt nicht darauf ab, die Gebote auf diese Sammlung zu beschränken. 18,22 Verkaufe alles, was du hast, vgl. Anm. zu 6,30; Lk 14,33. Schatz im Himmel, vgl. Lk 12,33–34. 18,23 Sehr reich, vgl. Anm. zu 12,16. 18,24 Die Reichen, vgl. Anm. zu 16,14. 18,25 Nadelöhr, entgegen der gängigen Sage gab es in Jerusalem kein „Nadelöhrtor“, durch das Kamele nur schwer passten. 18,27 Bei Gott möglich, vgl. Lk 1,37; Gen 18,14; Jer 32,17; Hiob 42,2. 18,28 Verlasssen, vgl. Lk 5,1–11. 18,29 Frau, eine Hinzufügung zu Mt 19,29, die das Motiv des Risses durch Familien fortführt (vgl. Anm. zu 12,51). 18,30 Kommende Welt, die ‘olam ha-ba’, vgl. Lk 11,2; mAv 4,17: „Schöner ist eine Stunde mit Buße und guten Werken in dieser Welt als das ganze Leben in der zukünftigen Welt, und schöner ist eine Stunde der Erquickung in der zukünftigen Welt als das ganze Leben dieser Welt.“
31 Er nahm aber zu sich die Zwölf und sprach zu ihnen: Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn. 32 Denn er wird überantwortet werden den Heiden, und er wird verspottet und misshandelt und angespien werden, 33 und sie werden ihn geißeln und töten; und am dritten Tage wird er auferstehen. 34 Sie aber verstanden nichts davon, und der Sinn der Rede war ihnen verborgen, und sie begriffen nicht, was damit gesagt war.
Lk 18,31–34 Die dritte Passionsankündigung (Mt 20,17–19; Mk 10,32–34) Vgl. Lk 9,22.44–45; 17,25. 18,31 Was geschrieben ist durch die Propheten, die Perikopen, die hierfür üblicherweise herangezogen werden (z.B. Jes 53; Sach 13,7; Ps 22 hier als Prophetie verstanden), verwenden den Begriff „Der Menschensohn“ nicht. Viele dieser Bibelstellen wurden in christlichen Quellen messianisch gedeutet. Menschensohn, vgl. Anm. zu 5,24. 18,34 War ihnen verborgen, vgl. Lk 24,16.
35 Es geschah aber, als er in die Nähe von Jericho kam, da saß ein Blinder am Wege und bettelte. 36 Als er aber die Menge hörte, die vorbeiging, forschte er, was das wäre. 37 Da verkündeten sie ihm, Jesus von Nazareth[*] gehe vorüber. 38 Und er rief: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! 39 Die aber vornean gingen, fuhren ihn an, er sollte schweigen. Er aber schrie noch viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme dich meiner!
40 Jesus aber blieb stehen und befahl, ihn zu sich zu führen. Als er aber näher kam, fragte er ihn: 41 Was willst du, dass ich für dich tun soll? Er sprach: Herr, dass ich sehen kann. 42 Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat dir geholfen. 43 Und sogleich wurde er sehend und folgte ihm nach und pries Gott. Und alles Volk, das es sah, lobte Gott.
Lk 18,35–43 Heilung eines Blinden Mannes (Mt 20,29–34; Mk 10,46–52) 18,35 Jericho, vgl. Anm. zu 10,30; Lk 19,1. 18,38 Sohn Davids, vgl. Anm. zu 1,27; Lk 3,31; Anm. zu 20,41–44; vgl. auch Mt 22,42; Mk 12,35. 18,42 Dein Glaube hat dir geholfen, vgl. Anm. zu 7,50; Lk 8,48; 17,19. 18,43 Alles Volk, gr. pas ho laos, vgl. Lk 2,10; Mt 27,25, Jesus behält die Unterstützung der jüdischen Bevölkerung.
Lukas 19
1 Und er ging nach Jericho hinein und zog hindurch. 2 Und siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. 3 Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt. 4 Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen. 5 Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. 6 Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden.
7 Da sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt. 8 Zachäus aber trat herzu und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück. 9 Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist ein Sohn Abrahams. 10 Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.
Lk 19,1–10 Zachäus 19,1 Jericho, ein Knotenpunkt des Zolls (vgl. Anm. zu 10,30). 19,2 Zachäus, die gräzisierte Form eines hebräischen Namens, der aus dem Wort für „gerecht“ oder „ehrenhaft“ gebildet wurde, wie z.B. R. Jochanan b. Zakkai. Oberer der Zöllner, vgl. Anm. zu 3,12. Reich, vgl. Anm. zu 6,24; Lk 18,18–23. 19,7 Sünder, vgl. Anm. zu 5,8; Lk 5,30; 15,1–2. 19,8 Gebe ich […] gebe ich […] zurück, steht auch im Griechischen im Präsens: Zachäus übt weniger tätige Reue, als dass er seine Gerechtigkeit beteuert. Vierfach, vgl. Ex 21,37 in Bezug auf die Entschädigung eines Diebstahls. 19,9 Sohn Abrahams, vgl. Anm. zu 13,16. 19,10 Menschensohn, vgl. Anm. zu 5,24.
11 Als sie nun zuhörten, sagte er ein weiteres Gleichnis; denn er war nahe bei Jerusalem und sie meinten, das Reich Gottes werde sogleich offenbar werden. 12 Und er sprach: Ein Mann von edler Herkunft zog in ein fernes Land, um ein Königtum zu erlangen und dann zurückzukommen. 13 Der ließ zehn seiner Knechte rufen und gab ihnen zehn Pfund und sprach zu ihnen: Handelt damit, bis ich wiederkomme! 14 Seine Bürger aber waren ihm feind und schickten eine Gesandtschaft hinter ihm her und ließen sagen: Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.
15 Und es begab sich, als er wiederkam, nachdem er das Königtum erlangt hatte, da ließ er die Knechte zu sich rufen, denen er das Geld gegeben hatte, um zu erfahren, was sie erhandelt hätten. 16 Da trat der erste herzu und sprach: Herr, dein Pfund hat zehn Pfund eingebracht. 17 Und er sprach zu ihm: Recht so, du guter Knecht; weil du im Geringsten treu gewesen bist, sollst du Macht haben über zehn Städte.
18 Der zweite kam auch und sprach: Herr, dein Pfund hat fünf Pfund erbracht. 19 Zu dem sprach er auch: Und du sollst über fünf Städte sein.
20 Und der dritte kam und sprach: Herr, siehe da, hier ist dein Pfund, das ich in einem Tuch verwahrt habe; 21 denn ich fürchtete mich vor dir, weil du ein harter Mann bist; du nimmst, was du nicht angelegt hast, und erntest, was du nicht gesät hast. 22 Er sprach zu ihm: Mit deinen eigenen Worten richte ich dich, du böser Knecht. Wusstest du, dass ich ein harter Mann bin, nehme, was ich nicht angelegt habe, und ernte, was ich nicht gesät habe, 23 warum hast du dann mein Geld nicht zur Bank gebracht? Und wenn ich zurückgekommen wäre, hätte ich‘s mit Zinsen eingefordert. 24 Und er sprach zu denen, die dabeistanden: Nehmt das Pfund von ihm und gebt‘s dem, der zehn Pfund hat. 25 Und sie sprachen zu ihm: Herr, er hat doch schon zehn Pfund. 26 Ich sage euch aber: Wer da hat, dem wird gegeben werden; von dem aber, der nicht hat, wird auch das genommen werden, was er hat. 27 Doch diese meine Feinde, die nicht wollten, dass ich über sie herrsche, bringt her und macht sie vor mir nieder.
Lk 9,51–19,27 Jesu Reise nach Jerusalem (Mt 19,1–20,34; Mk 10,1–52) Ein Abschnitt, der im Wesentlichen auf den Evangelisten Lukas zurückgeht. 9,51 Die Notwendigkeit, nach Jerusalem zu gehen (Mt 19,1–2; Mk 10,1). Aufgenommen werden, deutet sowohl die Kreuzigung als auch die Himmelfahrt an. Da wandte er das Angesicht, entschlossen, ein idiomatischer Ausdruck in semitischen Sprachen (Jes 50,7).
Lk 19,11–27 Das Gleichnis von den Pfunden (Mt 25,14–30; Mk 13,34) 19,11 Das Reich Gottes werde sogleich offenbar, das messianische Zeitalter würde anbrechen; vgl. Anm. zu 17,21. 19,12 Um ein Königtum zu erlangen, erinnert an den Besuch des Archelaus in Rom im Jahr 4 v.u.Z., als er versuchte, das Königreich seines Vaters Herodes zu erhalten (Jos.Ant. 17,10.224–27). 19,13 Pfund, gr. minas, Goldmünzen im Wert von hundert Drachmen (vgl. Anm. zu 15,8), eine beträchtliche Summe. 19,14 Schickten eine Gesandtschaft, die Reaktion der Judäer auf Archelaos; im Jahr 6 u.Z. setzte Rom Archelaos ab und etablierte eine Direktherrschaft in Judäa. 19,23 Bank, gr. trapeza; wörtl. „Tisch“; um es zu investieren. 19,26 Vgl. Lk 8,18. 19,27 Macht sie […] nieder, sowohl ein Verweis auf politischen Machtmissbrauch als auch eine Warnung vor dem endgültigen Gericht.
28 Und als er das gesagt hatte, ging er voran und zog hinauf nach Jerusalem. 29 Und es begab sich, als er nahe von Betfage und Betanien an den Berg kam, der Ölberg heißt, da sandte er zwei Jünger 30 und sprach: Geht hin in das Dorf, das gegenüberliegt. Und wenn ihr hineinkommt, werdet ihr ein Füllen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat; bindet es los und bringt‘s her! 31 Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr es los?, dann sagt so: Der Herr bedarf seiner. 32 Und die er gesandt hatte, gingen hin und fanden‘s, wie er ihnen gesagt hatte. 33 Als sie aber das Füllen losbanden, sprachen seine Herren zu ihnen: Warum bindet ihr das Füllen los? 34 Sie aber sprachen: Der Herr bedarf seiner.
35 Und sie brachten‘s zu Jesus und warfen ihre Kleider auf das Füllen und setzten Jesus darauf. 36 Als er nun hinzog, breiteten sie ihre Kleider auf den Weg. 37 Und als er schon nahe am Abhang des Ölbergs war, fing die ganze Menge der Jünger an, mit Freuden Gott zu loben mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatten, 38 und sprachen: Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!
39 Und einige von den Pharisäern in der Menge sprachen zu ihm: Meister, weise doch deine Jünger zurecht! 40 Er antwortete und sprach: Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.
Lk 19,28–40 Der triumphale Einzug (Mt 21,1–9; Mk 11,1–10; Joh 12,12–18) 19,29 Betfage, sonst nicht bekannt. Betanien, östlich von Jerusalem (vgl. Anm. zu 10,38 und Joh 11,1). Ölberg, eine Anhöhe gegenüber von Jerusalem, an der östlichen Seite des Kidrontals; der Ort, an dem der Messias erscheinen soll (vgl. Sach 14,4); auch Jos.Ant. 20,169 verbindet den Ort mit einer messianischen Gestalt: „Um diese Zeit kam auch ein Mensch aus Ägypten nach Jerusalem, der sich für einen Propheten ausgab und das gemeine Volk verleiten wollte, mit ihm auf den Ölberg zu steigen […]“ (vgl. auch Bell. 2,262). 19,30 Werdet ihr […] finden, Jesus hat lokale Unterstützer. Füllen, vgl. Sach 9,9. Auf einem Esel nach Jerusalem hineinzureiten deutet auf das Königtum hin (vgl. 2Sam 18,9; 19,27; 1Kön 1,33–40). 19,32 Fanden‘s wie er ihnen gesagt hatte, vgl. Lk 22,13. 19,36 Breiteten sie ihre Kleider, um einen König zu begrüßen (vgl. 2Kön 9,13). 19,37 Jünger, heben sich von der Menge ab (gegenüber den anderen Versionen dieses Ereignisses). Taten, Heilungen, Wiederbelebungen, Exorzismen usw. 19,38 Eine Kombination aus Ps 118,26, einem Teil des Hallelgebets (vgl. Anm. zu 13,35) und Sach 9,9 (vgl. auch Lk 2,14; 13,35). König, die Anklage, die gegen Jesus erhoben wird (Lk 23,2–3.37–38). In der Höhe, ab der hellenistischen Periode nahm man an, der Himmel habe mehrere Sphären (vgl. z.B. 2Kor 12,2). 19,39 Pharisäer, ihr letzter Auftritt im Evangelium. Weise doch deine Jünger zurecht, entweder sie befürchten die Aufmerksamkeit der Römer (und wollten ihn damit beschützen; vgl. Anm, zu 13,31) oder sie wollen Jesus davon abhalten, seinen Auftrag zu erfüllen (womit ihr letzter Auftritt böswillig wäre). 19,40 Die Steine schreien, vgl. Hab 2,11; kann als ironische Vorwegnahme von Lk 21,5–6 verstanden werden.
41 Und als er nahe hinzukam und die Stadt sah, weinte er über sie 42 und sprach: Wenn doch auch du erkenntest an diesem Tag, was zum Frieden dient! Aber nun ist‘s vor deinen Augen verborgen. 43 Denn es wird eine Zeit über dich kommen, da werden deine Feinde um dich einen Wall aufwerfen, dich belagern und von allen Seiten bedrängen 44 und werden dich dem Erdboden gleichmachen samt deinen Kindern in dir und keinen Stein auf dem andern lassen in dir, weil du die Zeit nicht erkannt hast, in der du besucht worden bist.
Lk 19,41–44 Die zweite Klage über Jerusalem Vgl. Lk 13,33–34 und Lk 23,27–31. 19,42 Was zum Frieden dient, dieser Vers spiegelt vermutlich das Wissen um die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 u.Z. wider (Lk 19,44; 21,6.20–24). Der Name „Jerusalem“ suggeriert eine Stadt des Friedens (hebr. schalom). 19,43–44 Nicht erkannt, deutet an, dass die Stadt deshalb zerstört wurde, weil sie Jesus nicht nachgefolgt war. Frühere Propheten sagten die Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier in 586 v.u.Z voraus (Jes 29,3; Jer 6,6; Ez 4,2), womit Jesus in Kontinuität zu ihnen steht. Bedrängen, römische Truppen haben die Stadt eingekesselt, um die Bevölkerung auszuhungern. Kein Stein auf dem anderen, nur die Kotel (die Westmauer) des stützenden Hügels bleibt stehen.
45 Und er ging in den Tempel und fing an, die Händler hinauszutreiben, 46 und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben (Jesaja 56,7): »Mein Haus wird ein Bethaus sein«; ihr aber habt es zur Räuberhöhle gemacht. 47 Und er lehrte täglich im Tempel. Aber die Hohenpriester und die Schriftgelehrten und die Angesehensten des Volkes trachteten danach, dass sie ihn umbrächten, 48 und fanden nicht, wie sie es machen sollten; denn alles Volk hing ihm an und hörte ihn.
Lk 19,45–46 Der Zusammenstoß am Tempel (Mt 21,12–13; Mk 11,15–17; Joh 2,13–17) 19,45 Händler, von Opfergaben (Lk 2,24); da Lukas keinen Grund für die Anwesenheit der Verkäufer angibt, könnte der Text auf korrupte Handlungen verweisen. 19,46 Bethaus, vgl. Jes 56,7. Räuberhöhle, vgl. Jer 7,11; der Ort, an den Diebe mit ihrer Beute gehen. Es geht nicht um Korruption oder zu hohe Preise, sondern um Rituale, die nicht mit Buße und guten Taten einhergehen.
Lk 19,47–48 Lehre im Tempel (Mk 11,17–19) 19,47 Hohenpriester und die Schriftgelehrten und die Angesehensten des Volkes, Jesu Gegner in Jerusalem (Lk 20,19).
Lukas 20
1 Und es begab sich eines Tages, als er das Volk lehrte im Tempel und predigte das Evangelium, da traten zu ihm die Hohenpriester und die Schriftgelehrten mit den Ältesten 2 und sprachen zu ihm: Sage uns, aus welcher Vollmacht tust du das? Oder wer hat dir diese Macht gegeben? 3 Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Ich will euch auch eine Sache fragen; sagt mir: 4 Die Taufe des Johannes – war sie vom Himmel oder von Menschen?
5 Sie aber bedachten‘s bei sich selbst und sprachen: Sagen wir, vom Himmel, so wird er sagen: Warum habt ihr ihm nicht geglaubt? 6 Sagen wir aber, von Menschen, so wird uns alles Volk steinigen; denn sie sind überzeugt, dass Johannes ein Prophet war. 7 Und sie antworteten, sie wüssten nicht, wo sie her wäre. 8 Und Jesus sprach zu ihnen: So sage ich euch auch nicht, aus welcher Vollmacht ich das tue.
Lk 20,1–8 Die Frage nach Jesu Vollmacht (Mt 21,23–27; Mk 11,27–33; Joh 2,18–22) 20,1 Evangelium, vgl. Anm. zu 1,19. 20,3 Ich will euch auch eine Sache fragen, bevor er bald selbst vor rhetorische Herausforderungen gestellt werden wird, auf die eine einfache Antwort mit „ja“ oder „nein“ nicht genügen wird (Lk 20,21–26 zu den Steuern; Lk 20,27–28 zur Logik hinter der Auferstehungshoffnung), beginnt Jesus selbst die rhetorische Auseinandersetzung. 20,4 Taufe des Johannes, vgl. Lk 3,3–22.
9 Er fing aber an, dem Volk dies Gleichnis zu sagen: Ein Mensch pflanzte einen Weinberg und verpachtete ihn an Weingärtner und ging außer Landes für eine lange Zeit. 10 Und als die Zeit kam, sandte er einen Knecht zu den Weingärtnern, damit sie ihm seinen Anteil gäben an der Frucht des Weinbergs. Aber die Weingärtner schlugen ihn und schickten ihn mit leeren Händen fort. 11 Und er sandte noch einen zweiten Knecht; sie aber schlugen den auch und schmähten ihn und schickten ihn mit leeren Händen fort. 12 Und er sandte noch einen dritten; sie aber schlugen auch den blutig und stießen ihn hinaus.
13 Da sprach der Herr des Weinbergs: Was soll ich tun? Ich will meinen lieben Sohn senden; vielleicht werden sie sich vor dem scheuen. 14 Als aber die Weingärtner den Sohn sahen, dachten sie bei sich selbst und sprachen: Das ist der Erbe; lasst uns ihn töten, damit das Erbe unser sei! 15 Und sie stießen ihn hinaus vor den Weinberg und töteten ihn. Was wird nun der Herr des Weinbergs mit ihnen tun? 16 Er wird kommen und diese Weingärtner umbringen und seinen Weinberg andern geben.
Als sie das hörten, sprachen sie: Das sei ferne! 17 Er aber sah sie an und sprach: Was bedeutet dann das, was geschrieben steht (Psalm 118,22): »Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden«? 18 Wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen; auf wen er aber fällt, den wird er zermalmen.
19 Und die Schriftgelehrten und die Hohenpriester trachteten danach, Hand an ihn zu legen noch in derselben Stunde, und fürchteten sich doch vor dem Volk; denn sie verstanden, dass er auf sie hin dies Gleichnis gesagt hatte.
Lk 20,9–19 Das Gleichnis von den bösen Pächtern (Mt 21,33–46; Mk 12,1–12) 20,9 Weinberg, eine Metapher für Israel (Jes 5,1–7). 20,13 Lieber, vgl. Lk 3,22; der Sohn wird mit Jesus identifiziert. 20,16 Diese Weingärtner umbringen, vgl. Anm. zu 19,27. Anderen, hier die Nachfolger Jesu. 20,17 Der Stein […], der Vers aus Ps 118,22 diente unter Jesusnachfolgern als früher Beweistext; vgl. Apg 4,11; Eph 2,20; 1Petr 2,6. Ps 118 ist Teil der Hallelpsalmen (hebr. für „Lobpreis“; Ps 113–118), die in der rabbinischen Literatur mit Feiertagen in Verbindung gebracht wurden (z.B. bPes 117a). 20,18 Vgl. Jes 8,14–15. 20,19 Vgl. Lk 19,47.
20 Und sie beobachteten ihn und sandten Leute aus, die sich stellen sollten, als wären sie gerecht; die sollten ihn fangen in seinen Worten, damit man ihn überantworten könnte der Obrigkeit und Gewalt des Statthalters. 21 Und sie fragten ihn und sprachen: Meister, wir wissen, dass du aufrichtig redest und lehrst und achtest nicht das Ansehen der Menschen, sondern du lehrst den Weg Gottes wahrhaftig. 22 Ist‘s recht, dass wir dem Kaiser Steuern zahlen, oder nicht?
23 Er aber merkte ihre List und sprach zu ihnen: 24 Zeigt mir einen Silbergroschen! Wessen Bild und Aufschrift hat er? Sie sprachen: Des Kaisers. 25 Er aber sprach zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! 26 Und sie konnten ihn in seinen Worten nicht fangen vor dem Volk und wunderten sich über seine Antwort und schwiegen still.
Lk 20,20–26 Steuern für den Kaiser (Mt 22,15–22; Mk 12,13–17) 20,22 Recht, dem jüdischen Gesetz nach. 20,24 Silbergroschen, eine Münze, auf der das Portrait des Kaisers abgebildet war (vgl. Anm. zu 12,59). Judas der Galiläer (vgl. Anm. zu 2,1) war der Auffassung, „die Schätzung bringe nichts anderes als offenbare Knechtschaft mit sich. Und so forderten sie das gesamte Volk auf, seine Freiheit zu schützen“ (Jos.Ant. 18,4; vgl. auch Ant. 20,102; Bell. 2,117–118; 7,253–258). Bild, gr. eikon (daher: „Ikone“); vgl. Dtn 4,16 (wo Bildnisse in menschlicher Form verboten werden). 20,25 Was Gottes ist, die Gesprächspartner Jesu müssen entscheiden, ob überhaupt etwas dem Kaiser „gehört“ oder alles zu Gott. Die christliche Tradition versteht den Ausspruch zugunsten der Zahlung (Röm 13,6–7). Jesu Gegner beschuldigen ihn, die Steuerzahlung zu untersagen, was eine plausible Auslegung von Lk 23,2 darstellt.
27 Da traten zu ihm einige der Sadduzäer, die sagen, es gebe keine Auferstehung, und fragten ihn 28 und sprachen: Meister, Mose hat uns vorgeschrieben (Deuteronomium 25,5–6): »Wenn jemand stirbt, der eine Frau hat, aber keine Kinder, so soll sein Bruder sie zur Frau nehmen und seinem Bruder Nachkommen erwecken.« 29 Nun waren sieben Brüder. Der erste nahm eine Frau und starb kinderlos. 30 Und der zweite 31 nahm sie zur Frau, dann der dritte, desgleichen alle sieben: Sie hinterließen keine Kinder und starben. 32 Zuletzt starb auch die Frau. 33 Die Frau nun – wessen Frau wird sie in der Auferstehung sein? Denn alle sieben haben sie zur Frau gehabt.
34 Und Jesus sprach zu ihnen: Die Kinder dieser Welt heiraten und lassen sich heiraten; 35 welche aber gewürdigt werden, jene Welt zu erlangen und die Auferstehung von den Toten, die werden weder heiraten noch sich heiraten lassen. 36 Denn sie können hinfort nicht sterben; denn sie sind den Engeln gleich und Gottes Kinder, weil sie Kinder der Auferstehung sind. 37 Dass aber die Toten auferstehen, darauf hat auch Mose hingedeutet beim Dornbusch, wo er den Herrn nennt Gott Abrahams und Gott Isaaks und Gott Jakobs (Exodus 3,6). 38 Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden; denn ihm leben sie alle.
39 Da antworteten einige der Schriftgelehrten und sprachen: Meister, du hast recht geredet. 40 Denn sie wagten nicht mehr, ihn etwas zu fragen.
Lk 20,27–40 Die Frage nach der Auferstehung (Mt 22,23–33; Mk 12,18–27) 20,27 Sadduzäer, eine in Jerusalem ansässige Gruppierung, die der Elite zuzurechnen ist; vgl. „Strömungen innerhalb des Judentums in neutestamentlicher Zeit“. Es gebe keine Auferstehung, sie lehnten entweder die Vorstellung einer physischen Auferstehung ab (Apg 4,1–2; 23,6–10; Jos.Ant. 18,16) oder vielleicht nur, dass diese in der Tora zu finden sei (mSan 10,1). 20,28 Nachkommen erwecken, die Leviratsehe, die Witwen beschützen sowie den Namen und Besitz des verstorbenen Ehemannes bewahren sollte (Dtn 25,5–10; vgl. auch Gen 38,8). 20,34–35 Heiraten und lassen sich heiraten, vgl. Lk 17,27. 20,36 Den Engeln gleich, ohne Fortpflanzungsbedürfnisse. In bBer. 17a wird festgehalten: „In der zukünftigen Welt ist weder Essen und Trinken, noch Fortpflanzung und Vermehrung, noch Kauf und Verkauf, noch Neid, Hass und Streit. Es sitzen vielmehr die Gerechten mit ihren Kronen auf ihren Häuptern und weiden sich an dem Glanz der göttlichen Niederlassung“. 20,37 Beim Dornbusch, vgl. Ex 3,6.
41 Er sprach aber zu ihnen: Wieso sagen sie, der Christus sei Davids Sohn? 42 Denn David selbst sagt im Buch der Psalmen (Psalm 110,1): »Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, 43 bis ich deine Feinde zum Schemel unter deine Füße lege.« 44 David nennt ihn also »Herr«; wie ist er dann sein Sohn?
Lk 20,41–44 Die Frage nach dem Sohn Davids (Mt 22,41–46; Mk 12,35–37a) 20,42–43 Ein Zitat von Ps 110,1 (frühchristliche Schriften, nicht aber frühjüdische, führen diesen Text häufig in Bezug auf den Messias an; vgl. Apg 2,34–35; 1Kor 15,25; Hebr 1,3). 20,44 Wie ist er dann sein Sohn, der Psalm stellt dar, wie Gott („Der Herr“) zu einem davidischen König („meinem Herrn“) spricht; die Psalmüberschrift schreibt den Psalm David zu.
45 Als aber alles Volk zuhörte, sprach er zu seinen Jüngern: 46 Hütet euch vor den Schriftgelehrten, die gern in langen Gewändern umhergehen und es lieben, sich auf dem Markt grüßen zu lassen und obenan in den Synagogen und beim Gastmahl zu sitzen; 47 sie fressen die Häuser der Witwen und verrichten zum Schein lange Gebete. Die werden ein umso härteres Urteil empfangen.
Lk 20,45–47 Warnungen vor den Schriftgelehrten (vgl. Mt 23,6–7; Mk 12,37b–40) 20,46 In Lk 11,43 erhebt Jesus dieselbe Anklage gegen die Pharisäer; keine der beiden Gruppen steht dem Tempel nahe.