Kitabı oku: «Der Staat Israel gegen Adolf Eichmann. Das Urteil», sayfa 5

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21. Um diese Einrede zu widerlegen, muß der Unterschied zwischen den Grundsätzen des gewohnheitsmäßigen (customery) Völkerrechts und des vertragsmäßigen (conventional) Völkerrechts hervorgehoben werden. Dieser Unterschied kommt auch in dem Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs in bezug auf das vorliegende Abkommen zum Ausdruck. Das Abkommen erfüllt gleichzeitig zwei Aufgaben: Auf dem Gebiet des gewohnheitsmäßigen Völkerrechts liefert es weitere Bekräftigung der tiefen Überzeugung aller Völker, daß »Völkermord, im Krieg oder im Frieden begangen, ein völkerrechtliches Verbrechen darstellt« (Artikel 1, Absatz 1). Diese Bekräftigung, welche – wie auch vom Internationalen Gerichtshof bemerkt wurde – von 56 Staaten einstimmig erteilt wurde, trägt einen universellen Charakter und bedeutet, daß »die dem Abkommen innewohnenden Grundsätze von allen Kulturvölkern selbst in Ermangelung einer vertraglichen die Staaten bindenden Verpflichtung anerkannt wurden.« (Ibid.)

»Die dem Abkommen innewohnenden Grundsätze« sind, inter alia, der strafbare Charakter der im Art. 2 aufgeführten Handlungen (und das ist der Artikel, der als Muster zur Definition »des Verbrechens gegen das jüdische Volk« im israelischen Gesetze diente), die strafrechtliche Verantwortung für jede Art der Teilnahme an diesem Verbrechen (Art. 3), Verneinung der Immunität für Regierungsmitglieder und Staatsbeamte, von strafrechtlicher Verantwortlichkeit (Art. 4 und Verneinung des politischen Charakters des Verbrechens im Sinne der Auslieferung (Art. 7). Diese Grundsätze sind – laut Auffassung des Internationalen Gerichtshofs – von den Kulturvölkern anerkannt worden und verpflichten die Staaten selbst in Ermangelung irgendwelcher vertraglichen Bindungen. Sie bilden also einen Teil gewohnheitsmäßigen Völkerrechts. Die Worte »bekräftigen« im Art. 1 des Abkommens und »anerkannt« im Gutachten bezeugen eine rückwirkende »ex tunc«-Anerkennung, also eine Bekräftigung und eine Anerkennung, daß diese Grundsätze ein Teil des gewohnheitsmäßigen Völkerrechts waren, bereits als die erschütternden Verbrechen begangen wurden, die zur Entschließung der Vereinten Nationen und der Formulierung des Abkommens führten – die Völkermordverbrechen, die von den National-Sozialisten begangen wurden. Soweit der erste Aspekt des Abkommens (er ist wesentlich für das gegenständliche Urteil): Eine Bestätigung bestimmter Grundsätze als bestehende Rechtsregeln des gewohnheitsmäßigen Völkerrechts.

22. Der zweite Aspekt des Abkommens, der die praktische Aufgabe, zu deren Durchführung er abgeschlossen wurde, darstellt, ist die Festlegung vertraglicher Verpflichtungen zwischen den vertragsschließenden Parteien zur Verhütung derartiger Verbrechen in Hinkunft und zu ihrer Bestrafung, wenn sie begangen werden.

Bereits in der Entschließung der Vereinten Nationen Nr. 96 (I) erscheint sofort nach der Bekräftigung, daß Völkermord ein völkerrechtliches Verbrechen ist, ein Aufruf an alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, »die für die Verhütung und Bestrafung dieses Verbrechens erforderliche Gesetzgebung zu erlassen«, mit einer gleichzeitigen Empfehlung, »internationale Zusammenarbeit« zwischen den Staaten zu schaffen, um die »unverzügliche Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermords« zu ermöglichen. Zu diesem Zwecke wurde der Wirtschafts- und Wohlfahrtsrat beauftragt, das Abkommen zu entwerfen. Dementsprechend erscheint im Art. 1 des Abkommens, nach der »Bekräftigung«, daß Völkermord, mag er im Frieden oder Krieg begangen werden, ein völkerrechtliches Verbrechen ist, eine Verpflichtung der vertragsabschließenden Parteien, »die sich verpflichten, es (das Verbrechen) zu verhüten und zu bestrafen.« Im Art. 5 »verpflichten sie sich, die (zu diesem Zwecke) erforderlichen Gesetze zu erlassen«. Infolge dieser Verpflichtungen der Vertragsparteien, die Begehung des Völkermords durch entsprechende Gesetzgebung zu verhüten und das Gesetz in Zukunft gegen solche Verbrecher anzuwenden, bestimmt Art. 6, die Gerichtshöfe, vor welche dieses Verbrechens Angeklagte zu stellen sind. Es ist klar, daß Art. 6, sowie alle anderen Artikel, die vertraglichen Verpflichtungen der Vertragspartner bestimmen, sich auf zukünftige Begehungen des Verbrechens des Völkermords beziehen, nach Ratifizierung des Abkommens oder Beitritt der betreffenden Staaten.

Es ist nicht anzunehmen (in Ermangelung einer ausdrücklichen Vorschrift im Abkommen selbst), daß irgendwelche der vertraglichen Verpflichtungen, einschließlich des Art. 6, auf in der Vergangenheit begangene Verbrechen Anwendung finden sollte. Vertragliche Verpflichtungen – im Gegensatz zur Bekräftigung bestehender Grundsätze – sind nach der Natur der Dinge, – insofern nicht eine andere Absicht aus dem Vertrag hervorgeht – ex nunc (von nun an) und nicht ex tunc (rückwirkend) wirksam. Art. 6 des Abkommens dient lediglich einem bestimmten Zweck, will aber nicht einen bereits bestehenden Grundsatz bekräftigen. Es ist daher grundlegend zu unterscheiden zwischen der Bestimmung des Art. 1 Abs. 1, der besagt, daß alle vertragschließenden Parteien bekräftigen, daß Völkermord, mag er im Frieden oder Krieg begangen werden, ein Verbrechen des Völkerrechts ist – eine generelle Vorschrift, die einen Grundsatz des gewohnheitsmäßigen Völkerrechts bekräftigt – »der alle Staaten selbst ohne vertragsmäßige Verpflichtung bindet« – und der Bestimmung des Art. 6 Abs. 1, die eine Sonderbestimmung ist, der sich die Vertragsparteien bezüglich der Aburteilung der in Hinkunft begangenen Verbrechen unterworfen haben. Was auch immer die Bedeutung dieser Verpflichtung im Rahmen des Abkommens sein mag (und falls Meinungsverschiedenheiten bei der Auslegung auftreten, ist jeder einzelne Vertragspartner berechtigt, den Internationalen Gerichtshof aufgrund Art. 9 anzurufen), sie ist keinesfalls ein Teil der Grundsätze des gewohnheitsmäßigen Völkerrechts, die auch außerhalb der vertraglichen Wirksamkeit des Abkommens verpflichtend sind.

23. Überdies, selbst im Rahmen der vertraglichen Wirksamkeit des Abkommens ist es nicht anzunehmen, daß Art. 6 die Zuständigkeit der Staaten in bezug auf die Ahndung der Völkermordverbrechen auf den Grundsatz der Territorialität beschränken soll. Ohne in das allgemeine Problem der Grenzen der Zuständigkeit der staatlichen Strafgerichtsbarkeit eingehen zu wollen, kann darauf hingewiesen werden, daß es unstrittig ist, daß das gewohnheitsmäßige Völkerrecht es einem Staate nicht verbietet, seine Angehörigen wegen im Auslande begangener strafbarer Handlungen abzuurteilen (angesichts der in vielen Ländern bestehenden Bestimmungen gegen die Auslieferung ihrer eigenen Staatsangehörigen, ist das Bestehen einer solchen Zuständigkeit unumgänglich notwendig, um zu verhindern, daß Verbrecher nach dem Grundsätze handeln: »schlage zu und verschwinde« [in die Heimat]). Falls Art. 6 bedeuten würde, daß Angeklagte, denen Völkermord zur Last gelegt wird, ausschließlich »von dem zuständigen Gericht des Staates, in dessen Hoheitsbereich die Handlung begangen wurde« (oder von dem Internationalen Tribunal, das nicht errichtet wurde), abzuurteilen sind, würde dieser Artikel den Zweck des Abkommens, »Völkerausrottung zu verhindern und zu bestrafen« vereiteln. Vertreter verschiedener Staaten haben im sechsten Ausschuß auf diesen Fall und auch auf andere Fälle der in vielen Ländern hergebrachten Zuständigkeit hingewiesen, wie z. B. bei Begehung von Verbrechen gegen eigene Staatsangehörige, und nach langwieriger Debatte wurde vereinbart, dem Bericht des Ausschusses folgende Erklärung beizufügen:

»The first part of Article VI contemplates the obligation of the State in whose territory acts of genocide have been committed. Thus, in particular, it does not affect the right of any State to bring to trial before its own tribunals any of its nationals for acts committed outside the State.« (U.N. Doc. A/C. 6/SR. 134 p. 5)

Die Worte: »In particular« verfolgten den Zweck, die Gerichtsbarkeit in anderen Fällen weder zu verneinen, noch zu bejahen.

N. Robinson, The Genocide Convention, 1960, der Bezug nimmt auf den obigen Beschluß des sechsten Ausschusses, fügt hinzu (84):

»The legal validity of this Statement is, however, open to question. It was the opinion of many delegations that ›Article VI was not intended to solve questions of conflicting competence in regard to the trial of persons charged with Genocide; that would be a long process. Its purpose was merely to establish the obligations of the State in which an act of Genocide was committed.‹ F (A/C. 6/SR. 132, p. 9). However, as the chairman rightly pointed out, the report of the Sixth Committee could only state that a majority of the Committee placed a certain interpretation on the text; that interpretation could not be binding on the delegations which had opposed it. ›Interpretations of texts had only such value as might be accorded to them by the preponderance of opinion in their favor.‹ F (A/C. 6/SR. 132 p. 10). It is obvious that the Convention would be open to interpretation by the parties thereto; should disputes relating to the interpretation arise, the International Court of Justice would be called upon to decide what is the correct interpretation. In dealing with such problems, the Court could obviously use the history of the disputed article.«

P. N. Drost, The Crime of State, Bd. II, sagt auf Seite 101 f.:

»In the discussions many delegations expressed the opinion that Article VI was not meant to solve questions of conflicting or concurrent criminal jurisdiction. Its purpose was merely to lay down the duty of punishment of the State in whose territory the act of genocide was committed. (U.N. Doc. A/C. 6/SR. 132)… It seems clear that the Article does not forbid a Contracting Power to exercise jurisdiction in accordance with its national rules on the criminal competence of its domestic courts. General international law does not prohibit a state to punish aliens for acts committed abroad against nationals.«

Auf Seite 131 fährt der Verfasser fort:

»Also the courts of the country to which the criminals belong by reason of nationality, were expressly mentioned in the debates as being competent, if the lex fori so admits, to exercise penal jurisdiction in cases arising abroad. The forum patriae rei was recognized as equally competent under the domestic law applying in such case the principle of active personality. But then, many states apply in certain cases the principle of protective jurisdiction which authorizes the exercise of jurisdiction over aliens in respect of crimes committed abroad when the interests of the state are seriously involved. When the victim of physical crime is a national of the state which has arrested the culprit, the principle of passive personality may come into play and the forum patriae victimae may be competent to try the case.

By way of exception – and the crime of genocide surely must be considered exceptional in this respect – the principle of universal repression is applied to crimes which have been committed neither by nor against nationals nor against public interests nor on the territory of the state whose courts are considered competent nevertheless to exercise criminal jurisdiction by reason of the international concern of the crime or the international interest of its repression. None of these forms of complementary competence additional to the territorial jurisdiction as basic competence of the domestic courts has been excluded under Article VI of the present Convention. There was no need to stipulate these jurisdictional powers which all states possess unless particular provisions of international law prohibit or limit the exercise.«

24. Dieses Abkommen kann den vier Genfer Abkommen vom 12. 8. 1949 gegenübergestellt werden:

(Geneva Conventions for 1) the Amelioration of the Condition of the Wounded and Sick in Armed Forces in the Field, 2) of the Wounded, Sick and Shipwrecked Members of the Armed Forces at Sea, 3) Relative to the Treatment of Prisoners at War, 4) Relative to the Protection of civilian Persons in Time of War).

Dieses Abkommen bestimmt, daß –

»Each High Contracting Party shall be under the obligation to search for persons alleged to have committed, or to have ordered to be committed, such grave breaches (of the Convention as defined in the following Article), and shall bring such persons, regardless of their nationality, before its own courts. It may also, if it prefers, and in accordance with the provisions of its own legislation, hand such persons over for trial to another High Contracting Party concerned, provided such High Contracting Party has made out a prima facie case.«

(Art. 49 des Abkommens Nr. 1, Art. 50 des Abkommens Nr. 2, Art. 129 des Abkommens Nr. 3 und Art. 146 des Abkommens Nr. 4) Hier wurde das Universalprinzip bei Kriegsverbrechen den vertragsschließenden Parteien obligatorisch unterlegt. Keine der Parteien soll berechtigt sein, sich dieser Verpflichtung zu entziehen oder auf sie Verzicht zu leisten (wie es in den oben erwähnten Abkommen ausdrücklich bestimmt ist), und sie obliegt nicht nur kriegsführenden Parteien, sondern auch den neutralen Vertragsparteien. Siehe British Manual of Military Law, part III (The Law of War on Land), 1958, Paragraph 282, Note 2. M. Greenspan, The Modern Law of Land Warfare, 1959, p. 503.

25. Demgegenüber, im Abkommen zur Verhütung und Bestrafung des Völkermords kamen die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen nicht zu einem derart weitgehenden Übereinkommen, sondern begnügten sich mit der Festlegung der territorialen Zuständigkeit als verbindliches Minimum. Die Tatsache, daß das Universalprinzip in diesem Abkommen nicht festgelegt wurde (und daß kein internationales Straftribunal ernannt wurde), stellt eine allgemein anerkannte ernste Lacuna im Abkommen dar, die dazu angetan ist, die gemeinsamen Bestrebungen zur Verhinderung dieses schweren Verbrechens und seine Ahndung zu schwächen. Aber aus dieser Lacuna kann keinesfalls eine Rechtsregel gegen das Universalprinzip in bezug auf das vorliegende Verbrechen hergeleitet werden. Es ist klar, daß die Erweiterung der territorialen Zuständigkeit im Paragraph 6 außer der Zuständigkeit des nicht bestehenden internationalen Tribunals nicht erschöpfend ist und daß jeder unabhängige Staat berechtigt ist, seine ihm im Rahmen des gewohnheitsmäßigen Völkerrechts zustehenden Zuständigkeitsbestimmungen in Anwendung zu bringen. Die Tatsache, daß ein Staat sich dem Abkommen angeschlossen hat, bedeutet keine Verzichtleistung auf die Zuständigkeiten, die im Paragraph 6 nicht erwähnt werden. Gemäß dieser Auffassung bestimmt das Gesetz zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordverbrechens 1950, im Paragraphen 5:

»Wer außerhalb der Staatsgrenzen Israels eine Handlung begangen hat, die eine strafbare Handlung aufgrund dieses Gesetzes darstellt, kann in Israel abgeurteilt und bestraft werden, als ob er die Handlung in Israel begangen hätte.«

Dieses Gesetz ist nicht rückwirkend und findet daher keine Anwendung auf die im gegenständlichen Verfahren vorliegenden strafbaren Handlungen. Unsere Auffassung über die Universalität der Gerichtsbarkeit stützt sich nicht auf dieses Gesetz oder auf die Auslegung des Art. 6 des Abkommens, sondern geht aus dem Grundwesen des Völkermordverbrechens als eines der schwersten Verbrechen hervor. Die Wesentlichkeit des Abkommens für den vorliegenden Fall liegt in der Bekräftigung des völkerrechtlichen Charakters dieses Verbrechens, eine Bekräftigung, die einstimmig von der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Ausdruck gebracht wurde, und der sich, inter alia, auch das deutsche Volk angeschlossen hat. (Im Jahre 1954 schloß sich die deutsche Bundesrepublik dem Abkommen an und erließ ein Gesetz, das dem Abkommen Rechtskraft in Deutschland verlieh [BGBL. II 729], und fügte dem deutschen Strafgesetzbuch den Paragraphen 220 a) gegen »Völkermord« hinzu, ein Verbrechen, welches entsprechend dem Art. 2 des Abkommens definiert ist). »Das Verbrechen gegen das jüdische Volk«, aufgrund Paragraph 1 des israelischen Gesetzes, stellt ein Verbrechen des »Völkermords« im Sinne der Definition im Art. 2 des Abkommens dar, und da es ein völkerrechtliches Verbrechen ist, beruht die legislatorische und judizielle Zuständigkeit des Staates Israel auf dem Völkerrecht.

26. Was nun die im Art. 6 des IMT-Statuts definierten Verbrechen anbelangt, wurde im Urteil dieses Gerichtshofs im Verfahren gegen die »Hauptkriegsverbrecher« (IMT Band 1, Seite 218), unter anderem folgendes ausgeführt:

»The Charter is not an arbitrary exercise of power on the part of the victorious Nations, but in the view of the Tribunal, as will be shown, it is the expression of international law existing at the time of its creation; and to that extent is itself a contribution to international law.«

In bezug auf die Verbrechen, die im Kontrollratgesetz Nr. 10 definiert sind, das, inter alia, auch die Grundlage für 12 wichtige Verfahren vor den Militärgerichten der Vereinigten Staaten in Nürnberg bildete, wird im Urteil gegen die »Juristen« (Justice Case, Trials of War Criminals, Band III, 954 et seq.) folgendes ausgeführt (Seite 968):

»The IMT Charter, the IMT judgement, and Control Council Law 10 are merely ›great new cases in the book of international law.‹ … Surely C. C. Law 10, which was enacted by the authorised representatives of the four greatest Powers on earth, is entitled to judicial respect when it states, ›Each of the following acts is recognized as a crime.‹ Surely the requisite international approval and acquiescence is established when 23 states, including all of the great powers, have approved the London Agreement and the IMT Charter without dissent from any state. Surely the IMT Charter must be deemed declaratory of the principles of international law in view of its recognition as such by the General Assembly of the United Nations.«

Hier wird im Urteil die Entschließung der Vereinten Nationen zitiert, die einstimmig am 11. 12. 1946 angenommen wurde, daß –

»The General Assembly … affirms the principles of international law recognized by the Charter of the Nürnberg Tribunal and the judgment of the Tribunal.«

Im Verfolge der Ausführungen unterscheidet das Urteil zwischen den substantiven Grundsätzen des Völkerrechts, die bestimmen, daß »Kriegsverbrechen« und »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« jederorts und jederzeit Verbrechen darstellen und der effektiven Verwirklichung dieser universellen Prinzipien, die wegen der Grenzen der Staatshoheit auf Schwierigkeiten stoßen kann:

»We are empowered to determine the guilt or innocence of persons accused of acts described as »war crimes« and »crimes against humanity« under rules of international law. At this point, in connection with cherished doctrines of national sovereignty, it is important to distinguish between the rules of common international law which are of universal and superior authority on the one hand, and the provisions for enforcement of those rules which are by no means universal on the other… As to the punishment of persons guilty of violating the laws and customs of war (war crimes in the narrow sense), it has always been recognized that tribunals may be established and punishment imposed by the state into whose hands the perpetrators fall. These rules of international law were recognized as paramount, and jurisdiction to enforce them by the injured belligerent government whether within the territorial boundaries of the state or in occupied territory, has been unquestioned. (Ex parte Quirin, 317 U.S. 1; In re: Yamashita, 327 U.S. 1, 90 L.Ed.) However, enforcement of international law has been traditionally subject to practical limitation. Within the territorial boundaries of a state having a recognized, functioning government presently in the exercise of sovereign power throughout its territory, a violator of the rules of international law could be punished only by the authority of the officials of that state. The law is universal, but such a state reserves unto itself the exclusive power within its boundaries to apply or withhold sanctions… Applying these principles, it appears that the power to punish violators of international law in Germany is not solely dependent on the enactment of rules of substantive penal law applicable only in Germany… Only by giving consideration to the extraordinary and temporary situation in Germany can the procedure here be harmonized with established principles of national sovereignty. In Germany an international body (the Control Council) has assumed and exercised the power to establish judicial machinery for the punishment of those who have violated the rules of the common international law, a power which no international authority without consent could assume or exercise within a state having a national government presently in the exercise of its sovereign powers.«

Hieraus geht hervor, daß die Behauptung, daß die Zuständigkeit des Internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg und der anderen Tribunale, die in Deutschland aufgrund des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 ernannt wurden, aus der Unterwerfung Deutschlands und der damals nicht bestehenden Souveränität Deutschlands herrührte, nur insofern richtig ist, als sie sich auf die unmittelbare Ausübung der territorialen strafrechtlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland seitens dieser Gerichtshöfe bezieht. Sie berührt aber nicht die substantive Gültigkeit der Regeln des Völkerrechts in bezug auf »Kriegsverbrechen« und »Verbrechen gegen die Menschlichkeit«, die von diesen Tribunalen de facto zur Anwendung gebracht wurden. Israel übt keine Gerichtsbarkeit in Deutschland aus, wie sie von den obigen Tribunalen ausgeübt wurde; Israel aber hat im gegenständlichen Gesetz die Regeln des Völkerrechts in bezug auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, welche substantielle Regeln universeller Gültigkeit sind, adoptiert. Im Urteil heißt es weiter (S. 983):

»Whether the crime against humanity is the product of statute or of common international law, or, as we believe, of both, we find no injustice to persons tried for such crimes. They are chargeable with knowledge that such acts were wrong and were punishable when committed.«

Es erübrigt sich, hinzuzufügen, daß »das Verbrechen gegen das jüdische Volk«, das ein Verbrechen des »Völkermords« darstellt, zu der schwersten Art der »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« gehört (was sich auch daraus ergibt, daß nach dem israelischen Gesetz, wie auch nach dem Abkommen, ein besonderer subjektiver Tatbestand gefordert ist, was bezüglich des Verbrechens gegen die Menschlichkeit nicht der Fall ist). Alles, was in den Nürnberger Grundsätzen über »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« gesagt wurde, findet daher a fortiori, Anwendung auf »das Verbrechen gegen das jüdische Volk«.

Falls ein Beleg hierfür erforderlich ist, so wird im selben Urteil gesagt (ibid.):

»As the prime illustration of a crime against humanity under C.C. Law 10, which by reason of its magnitude and its international repercussions has been recognized as a violation of common international law, we cite ›genocide‹ …«

Es erübrigt sich, in Jerusalem, 15 Jahre nach den Nürnberger Prozessen, die Gründe der Rechtsregeln bezüglich des »Verbrechens gegen die Menschheit« zu wiederholen. Sie sind mit Blut geschrieben, mit dem Blutstrom des jüdischen Volkes. »Dieses Gesetz«, sagte Aroneanu im Jahre 1948, »ist in den Krematorien geboren, und wehe dem, der den Versuch machen will, es zu ersticken.« (Zitiert von Boissarie in der Einleitung zu Eugène Aroneanu, Le Crime contre L’Humanité 1961).

Im Urteil gegen die Befehlshaber der Einsatzgruppen vom 10. 4. 1948 (Einsatzgruppen Case) TWC IV, 411 et seq. heißt es (Seite 498):

»Although the Nürnberg trials represent the first time that international tribunals have adjudicated crimes against humanity as an international offense, this does not, as already indicated, mean that a new offense has been added to the list of transgressions of man. Nürnberg has only demonstrated how humanity can be defended in court, and it is inconceivable that with this precedent extant, the law of humanity should ever lack for a tribunal.

Where law exists a court will rise. Thus, the court of humanity, if it may be so termed will never adjourn.«

27. Wir haben bereits das »Legalitätsprinzip« behandelt, das besagt: »Nullum crimen sine lege, nulla poena sine lege«. Was vorher vom Standpunkte des staatlichen Rechtes gesagt wurde, gilt auch vom Standpunkte des Völkerrechts. Im Urteil gegen die »Hauptkriegsverbrecher« heißt es (Seite 219):

»In the first place, it is to be observed that the maxim nullum crimen sine lege is not a limitation of sovereignty, but it is in general a principle of justice.«

d.h. die Strafgewalt eines Staates in bezug auf »Auslandsdelinquenten« ist nicht durch das Retroaktivitätsverbot beschränkt, insofern sie nicht in anderen Hinsichten den Grundsätzen des Völkerrechts widerstrebt. Es ist tatsächlich schwer, ein überzeugenderes Beispiel für gerechte rückwirkende Gesetzgebung zu finden, als die Gesetzgebung zur Bestrafung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen das jüdische Volk. Alle Begründungen, die die Rechtsprechung in Nürnberg rechtfertigen, rechtfertigen a fortiori die rückwirkende Gesetzgebung des israelischen Gesetzgebers. Wir haben bereits auf den entscheidenden Moment des Vorhandenseins des Bewußtseins der Strafbarkeit (mens rea) hingewiesen, und dieses Moment kehrt in der Nürnberger Rechtsprechung immer wieder. Der im gegenständlichen Verfahren Angeklagte wird der Ausführung des Planes »der Endlösung der Judenfrage» beschuldigt. Kann ein Mensch, der im Besitze seiner geistigen Fähigkeiten ist, die absolute Strafbarkeit dieser Handlungen anzweifeln? Wie im Urteil des Einsatzgruppenfalles (Seite 459) ausgeführt wird:

»… There is (not) any taint of ex-post-facto-ism in the law of murder.«

Ein Beispiel für retroaktive staatliche Gesetzgebung nach dem Muster des Nürnberger Statuts liefert das holländische Gesetz vom 10. 7. 1947, welches ein vorhergehendes Gesetz (vom 22. 10. 1943) durch Hinzufügung des Paragraphen 27 (A) abändert, welcher folgendes bestimmt:

»He who during the time of the present war and while in the forces of service of the enemy State is guilty of a war crime or any crime against humanity as defined in Art. 6 under (b) or (c) of the Charter belonging to the London Agreement of 8th August, 1945 … shall, if such crime contains at the same time the elements of an act punishable according to Netherlands law, receive the punishment laid down for such act.«

Aufgrund der retroaktiven Adoption der Definition der Verbrechen gemäß dem Nürnberger Statut wurde im Jahre 1948 der Höhere SS- und Polizeiführer in Holland, Rauter, von einem Sondertribunal zum Tode verurteilt. Seine Berufung wurde im Jahre 1949 von einem Sonderrevisionstribunal verworfen (siehe XIV LRTWC 89 et seq.). Der doppelte Einwand »nullum crimen, nulla poena sine lege« wurde vom Revisionstribunal mit der Begründung verworfen, daß der holländische Gesetzgeber diesen Grundsatz (der im Paragraphen 1 des holländischen Strafgesetzes ausdrücklich erwähnt wird) in bezug auf Verbrechen dieser Art aufgehoben habe und daß dieser Grundsatz für solche Verbrechen nicht passe. Auf Seite 120 (ibid.) heißt es:

»From what appears above it follows that neither Art. 27 (A) of the Extraordinary Penal Law Decree nor Art. 6 of the Charter of London to which the said Netherlands provision of law refers, had, as the result of an altered conception with regard to the unlawfullness thereof, declared after the event to be a crime an act thus far permitted; … these provisions have only further defined the jurisdiction as well as the limits of penal liability and the imposition of punishment in respect of acts which already before (their commission) were not permitted by international law and were regarded as crimes…«

»In so far as the appellant considers punishment unlawful because his actions, although illegal and criminal, lacked a legal sanction provided against them precisely outlined and previously prescribed, his objection also fails.

The principle that no act is punishable except in virtue of a legal penal provision which had preceded it, has as its object the creation of a guarantee of legal security and individual liberty, which legal interests would be endangered if acts about which doubts could exist as to their deserving punishment were to be considered punishable after the event.

This principle, however, bears no absolute character, in the sense that its operation may be affected by that of other principles with the recognition of which equally important interests of justice are concerned.

These latter interests do not tolerate that extremely serious violations of the generally accepted principles of international law, the criminal … character of which was already established beyond doubt at the time they were committed, should not be considered punishable on the sole ground that a previous threat of punishment was lacking. It is for this reason that neither the London Charter of 1945 nor the judgment of the International Military Tribunal (at Nuremberg) in the case of the Major German War Criminals have accepted this plea which is contrary to the international concept of justice, and which has since been also rejected by the Netherlands legislator, as appears from Art. 27 (a) of the Extraordinary Penal Law Decree.«

Auch die Gerichtshöfe in Deutschland verwerfen den Einwand, daß die Verbrechen der Nationalsozialisten seinerzeit nicht verboten waren und daß die Täter nicht das erforderliche Bewußtsein der Strafbarkeit hatten. Im Urteil des Bundesgerichtshofs I StR 563/51 vom 29. 1. 1952 (BGH St. 2,234) wird betont, daß die Judendeportationen, deren Zweck die Tötung der Deportierten war, ein fortgesetztes Verbrechen des Mordes seitens der Anstifter und der Haupttäter war, und daß diese Tatsache in die Erkenntnis der übrigen Mittäter hätte eindringen müssen, denn es ist nicht anzunehmen, daß ihnen die elementarsten Grundsätze, auf welchen die menschliche Gesellschaft aufgebaut ist und welche das Erbe aller Kulturvölker sind, nicht hätten bekannt sein sollen. Siehe auch BGH 1 StR 404/60 (NJW 1961, 276), ein Urteil vom 6. 12. 1960, das die Tötung von Geisteskranken aufgrund der Hitlerbefehle behandelte. In diesem Urteil wird, inter alia, ausgeführt (Seite 277, 278), daß allerspätestens im Jahre 1940 es jedem Menschen, der sich nicht durch ganz besondere Einfalt auszeichnete, und jedenfalls jedem, der dem Führungsapparat angehörte, klar sein mußte, daß das Naziregime vor Verbrechen nicht zurückschreckte, und wer an diesen Verbrechen teilgenommen hatte, könne nicht behaupten, daß er irrtümlicherweise eine verbotene Handlung als erlaubt ansah, da diese Verbrechen die Grundprinzipien der Herrschaft des Rechtes verletzten.

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