Kitabı oku: «Jahrbuch der Baumpflege 2020», sayfa 10
3 Material und Methoden
Im Rahmen des „ANOPLO-diag“-Projektes entwickeln wir ein Protokoll für neu designte Primer und Sonden für einen qPCR-basierten Diagnoseansatz. Im Zuge der Entwicklung eines sensitiven molekularbiologischen Nachweisverfahrens für ALB hat unser Projektpartner, die Analytik Jena AG, ein neues DNA-Extraktionskit (InnuPREP TCM DNA Extraction Kit) entwickelt, um holzbürtige Inhibitoren zu eliminieren. Darüber hinaus hat das Extraktionskit den Vorteil, das Ausgangsmaterial sofort in einem mitgelieferten, Metallkugeln enthaltenden Reaktionsgefäß mit Hilfe einer Labor-Kugelmühle (z. B. FastPrep-Homogenisator oder Schwingmühle) prozessieren zu können (Abbildung 4).
Abbildung 4: A) Metallkugeln enthaltende Reaktionsgefäße des InnuPREP TCM DNA Extraktionskits, B) Ausgangsmaterial, dem durch Gefriertrocknung das Wasser entzogen wurde, um die Aktivität DNA-abbauender Enzyme zu verhindern, C) Schwingmühle, die sich für die Homogenisierung größerer Mengen Ausgangsmaterial, aber auch für die Prozessierung kleiner Mengen in den InnuPREP TCM-Reaktionsgefäßen eignet.
Ein aufwändiges Mörsern unter Zugabe flüssigen Stickstoffs oder eine vorherige Gefriertrocknung der Probe sind nicht mehr erforderlich.
4 Ergebnisse
4.1 Warum eignen sich COI-Barcoding-Primer nicht zur Diagnose von ALB aus Nagespänen und Fraß?
Die COI-Barcoding Region umfasst eine Länge von 709 Basenpaaren. Oftmals ist die aus dem Holz extrahierte DNA jedoch zu kürzeren Fragmenten abgebaut bzw. de-generiert. Dies hat zur Folge, dass eine PCR negativ verläuft und keine Ziel-DNA amplifiziert wird. Wenn jedoch die Amplifikation von DNA des COI-Gens aus ALB-befallenem Holz gelingt, ist es andererseits möglich, dass sie nicht ausschließlich von ALB, sondern von verschiedenen eukaryotischen Organismen stammt, weil die im EPPO Standard PM 7/129-Protokoll empfohlenen Primer bspw. auch an die DNA von Pilzen und Oomyceten binden, mit denen ALB-besiedeltes Holz und ALB-Nagespäne häufig befallen sind (Abbildung 5A).
Abbildung 5: A) ALB-befallenes Holz mit Symptomen von Pilz- bzw. Oomyceten-Befall (Pfeile); B) Chromatogramme der DNA-Sequenzen, die unter Verwendung von Primern des EPPO Standards PM 7/129 erzielt wurden; C) Alignments von Primern LCO1490 und HCO2198 mit komplementären Regionen im COI-Gen von ALB und Pythium; SNPs sind farbig dargestellt.
Die Verwendung der Primer LCO1490 und HCO2198 des EPPO Standards PM 7/129 resultiert sehr häufig in unsauberen Chromatogrammen mit uneindeutigen DNA-Sequenzen, wenn ALB-Nagespäne als Ausgangsmaterial verwendet werden. Das Abgleichen (Blasten) der in Abbildung 5B gezeigten unsauberen Sequenz gegen Nukleotid-Datenbanken (bspw. Genbank) lieferte Pythium spp. (Oomycota) als besten „Hit“ (Datenbanktreffer). Sequenz-Vergleiche (Alignments) der Primer LCO1490 und HCO2198 mit komplementären Regionen im COI-Gen zeigen, dass die Primer des EPPO Standards PM 7/129 an ALB und Pythium-Sequenzen gleich gut (bzw. gleich schlecht) binden, da es in beiden Organismen dieselbe Anzahl an unstimmigen Nukleotiden (sogenannten SNPs) zu den Primern gibt. Will man ALB aus solch einer amplifizierten Misch-DNA zuverlässig nachweisen, muss die DNA von ALB aus dem Gemisch aufwendig isoliert werden (z. B. durch Klonierung), oder es müssen alle enthaltenen Organismen sequenziert werden (z. B. durch „Next Generation Sequencing, NGS“) (Abbildung 1). Beide Methoden sind jedoch zu aufwendig und vergleichsweise teuer.
4.2 Welche Ergebnisse sprechen dafür, dass unser Ansatz die Diagnose von ALB aus Nagespänen und Fraß ermöglicht?
Vergleichende Analysen mit Anoplophora chinensis (Citrusbockkäfer, kurz CLB; eng mit ALB verwandte Art) und anderen Insekten belegen, dass unser Protokoll hochspezifisch für den Nachweis des ALB ist. Der Vergleich von ALB-Nagespänen und Kontrollen sollte in etwa das in Abbildung 6 dargestellte Ergebnis liefern: gBlocks (synthetische Nukleotide) der ALB-Zielsequenz werden schon in frühen qPCR-Zyklen (links im Diagramm) nachgewiesen, Positivkontrollen aus Larven-DNA etwas später (weiter rechts im Diagramm) und Negativkontrollen gar nicht (Abbildung 6D). ALB-DNA aus Nagespänen ist gemäß dem Anteil enthaltener, noch nicht degradierter Kopien des Ziel-Gens entweder schon kurz nach den ALB-Positivkontrollen oder entsprechend später nachweisbar (Abbildung 6E). Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass die DNA in sehr alten Nagespänen so weit degradiert ist, dass überhaupt keine intakte Kopie der Ziel-Region mehr vorliegt.
Abbildung 6: Abwiegen genau definierter Mengen des Ausgangsmaterials (A), Verdünnungsreihen des Ausgangsmaterials zur Bestimmung der Nachweisgrenze (B); der qTOWER von Analytik Jena, einer von mehreren geeigneten qPCR-Thermocyclern (C); DNA-Amplifizierungs-Plot von ALB-Positiv- und Negativkontrollen (D); DNA-Amplifizierungs-Plot von ALB-DNA aus Nagespänen (E)
Durch Verwendung genau definierter Mengen unterschiedlichen Ausgangsmaterials und Verdünnungsreihen bis jenseits der Nachweisgrenze konnten wir zeigen, dass die von uns entwickelten Primer und Sonden einen zuverlässigen, hochsensitiven und spezifischen Nachweis von ALB aus Nagespänen ermöglichen.
5 Diskussion
5.1 Warum wird zum spezifischen Nachweis von Schadorganismen noch immer das konservierte COI-Gen verwendet?
Grundsätzlich wäre es wünschenswert, vergleichende Genomstudien von ALB und anderen Insekten durchzuführen, um einzigartige, ALB-spezifische Gene zu finden und somit falschpositive Ergebnisse mit absoluter Sicherheit ausschließen zu können. Leider ist aber die Anzahl komplett sequenzierter Insektengenome noch immer sehr gering und folglich eine Aussage zu einzigartigen ALB-Genen gar nicht möglich. Deshalb ist es ratsam, mit denjenigen Genen zu arbeiten, die bei möglichst vielen verschiedenen Insektenarten sequenziert wurden, also bspw. dem COI-Gen. Da dieses Gen nicht auf ganzer Länge hochkonserviert ist, sondern auch sehr variable Regionen besitzt (LUNT et al. 1996), lassen sich ALB-spezifische Sequenzabschnitte finden, für die man Primer und TaqMan-Sonden designen kann.
5.2 Welchen Vorteil hat die qPCR gegenüber herkömmlichen PCRs?
Die quantitative PCR (qPCR) hat gegenüber der herkömmlichen PCR drei große Vorteile:
1.) Sensitivität: auch sehr geringe DNA-Mengen können zuverlässig nachgewiesen werden,
2.) Spezifität: die Gefahr falschpositiver Ergebnisse durch Amplifizierung von nicht-ALB DNA kann durch Zugabe einer sogenannten TaqMan-Sonde, eines kurzen Fluoreszenzfarbstoff-markierten Nukleotids, deutlich reduziert werden und
3.) eine deutlich geringere Länge der Ziel-DNA (der Barcoding-Bereich des COI-Gens umfasst >700 bp verglichen mit weniger als 200 bp, die für die qPCR notwendig sind) erhöht die Wahrscheinlichkeit, ALB auch anhand teilweise degradierter DNA nachzuweisen.
Die TaqMan-Sonde ist genau wie die qPCR-Primer hochspezifisch für die Ziel-DNA. Die gemessene Fluoreszenz nimmt proportional mit der Menge der PCR-Produkte zu und kann noch sicher detektiert werden, wenn erst in späten PCR-Zyklen der erforderliche Grenzwert überschritten wird.
5.3 Welche Kontrollen sind erforderlich, um ALB mittels qPCR nachzuweisen?
Um eine Kontamination der Probe während der DNA-Extraktion und der qPCR ausschließen zu können, müssen Negativ- und Positivkontrollen als Referenzen in der qPCR mitlaufen. Um Verwechslungen von ALB mit anderen Insekten auszuschließen, sind als Negativkontrollen die DNA-Extrakte nahverwandter Organismen zu überprüfen. Nur wenn diese auch bei späten qPCR-Zyklen keine Vervielfältigung ihrer DNA zeigen (Abbildung 6), sind die experimentell bestimmten Rahmenbedingungen (wie bspw. die Sequenz von Primer- und TaqMan-Sonden oder das Thermocycler-Profil) ausreichend spezifisch. Als Positivkontrolle sind nicht nur fertig extrahierte ALB-Larvenproben unbedingt erforderlich, sondern auch ALB-Nagespäne, an denen zuvor bereits erfolgreich ALB nachgewiesen wurde. Synthetische Nukleotide der ALB-Zielsequenz (gBlocks) können optional als zusätzliche Positivkontrolle verwendet werden.
5.4 Auswirkungen des neuen Verfahrens auf die Arbeit der Baumpfleger und Pflanzenschutzdienste
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche ALB-Diagnose ist nun nicht mehr das Aufspüren von ALB-Entwicklungsstadien wie Eier und Larven, sondern das Auffinden von möglichst frischem Fraß bzw. frischen Nagespänen. Ein großer Vorteil der neuen qPCR-basierten Methode ist, dass sie viel schneller ist als der Nachweis mittels EPPO Standard PM 7/129, welcher eine Sequenzierung der Ziel-DNA erfordert. Die Sequenzierung ist bei Einsendung an externe Dienstleister mit einer zwei- bis dreitägigen Wartezeit auf die Ergebnisse verknüpft, das qPCR-Ergebnis hingegen erhält man bereits nach einer Stunde. Dank dieser Vorgehensweise ist die ALB-Diagnose nunmehr schnell und jahreszeitenunabhängig möglich. Baumpfleger können mit der neu entwickelten Methode durch Versenden von Probenmaterial an die zuständigen Pflanzenschutzdienste der Länder Informationen über die Art des Schaderregers auch in Abwesenheit lebendiger Entwicklungsstadien einholen.
6 Ausblick
Im Zuge der Ausweitung dieses Diagnoseverfahrens auf andere invasive holzbewohnende Insekten mittels entsprechender spezifischer Primer und Sonden kann der Einsatzbereich in der Baumpflege in Zukunft noch erweitert werden.
Dank
Wir danken der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. für die Finanzierung des ANOPLO-diag Projekts.
Literatur
EFSA (European Food Safety Authority); HOPPE, B.; SCHRADER, G.; KINKAR, M., VOS, S., 2019: Pest survey card on Anoplophora glabripennis. EFSA Supporting Publications, 16(12).
EPPO, 2016: PM 7/129 (1) DNA barcoding as an identification tool for a number of regulated pests. EPPO Bulletin, 46(3), 501–537.
EU, 2015: Durchführungsbeschluss (EU) 2015/893 der Kommission über Maßnahmen zum Schutz der Union gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Anoplophora glabripennis (Motschulsky). Amtsblatt der Europäischen Union, 9. Juni 2015: L 146/16, Aktenzeichen C(2015) 3772.
HOPPE, B.; WILSTERMANN, A.; BECKER, M.; FORNEFELD, E.; SCHRADER, G.; SCHRÖDER, T., 2020: Quarantäneschadorganismen in Gehölzen – was hat sich verändert, was kommt auf uns zu? In: DUJESIEFKEN, D. (Hrsg.): Jahrbuch der Baumpflege 2020. Haymarket Media, Braunschweig, 32–44.
JKI, 2016: Bekanntmachung Notfallplan und Leitlinie zur Bekämpfung des Asiatischen Laubholzbockkäfers Anoplophora glabripennis in Deutschland. Bundesanzeiger, 4. Nov. 2016, 82 S.
LUNT, D. H.; ZHANG, D. X.; SZYMURA, J. M.; HEWITT, G. M., 1996: The insect cytochrome oxidase I gene: evolutionary patterns and conserved primers for phylogenetic studies. Insect Mol. Biol. 5(3), 153–165.
SCHRADER, C.; SCHIELKE, A.; ELLERBROEK, L.; JOHNE, R., 2012: PCR inhibitors – occurrence, properties and removal. J. Appl. Microbiol. 113(5), 1014–1026.
Autoren

Dr. Matthias Becker ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit am Julius Kühn-Institut ( JKI) in Braunschweig und arbeitet im Rahmen des „ANOPLO-diag“-Projektes an der Entwicklung des sensitiven molekularbiologischen Nachweisverfahrens für ALB aus Nagespänen.
JKI, Institut für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit Messeweg 11/12
38104 Braunschweig
Tel. (0531) 299 4322
matthias.becker@julius-kuehn.de

Dr. Beatrice Berger ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem JKI-Institut und hat im Rahmen des „ANOPLO-diag“-Projektes an der Entwicklung des sensitiven molekularbiologischen Nachweisverfahrens für ALB aus Nagespänen gearbeitet.
Tel. (0531) 299 4331
beatrice.berger@julius-kuehn.de

Andrea Taddei ist Entomologe und war vor seiner aktuellen Beschäftigung bei ANSES für den Pflanzenschutzdienst der Lombardei (Laboratorio Fitopatologico Regione Lombardia, Servizio Fitosanitario c/o Fondazione Minoprio) tätig, wo er molekulare Nachweismethoden für ALB und CLB erarbeitete. Während dieser Zeit entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit den anderen Autoren, die als Wissenschaftler des JKI, mit ähnlichen Aufgaben betraut wurden.
Tel: +33 (0)4 67 02 25 10

Dr. Björn Hoppe ist Forstwissenschaftler und leitet das Forstquarantänelabor im JKI-Institut. Er ist im Rahmen des „ANOPLO-diag“-Projektes an der Entwicklung des sensitiven molekularbiologischen Nachweisverfahrens für ALB aus Nagespänen beteiligt.
Tel. (0531) 299 4320

Dr. Stephan König ist Biologe und leitet das Labor Quarantänenematologie in dem JKI-Institut. Er ist im Rahmen des „ANOPLO-diag“-Projektes an der Entwicklung des sensitiven molekularbiologischen Nachweisverfahrens für ALB aus Nagespänen beteiligt.
Tel. (0531) 299 4332
stephan.koenig@julius-kuehn.de
Pseudomonas an Rosskastanie – Untersuchungen zur Befallsdynamik in Hamburg
Pseudomonas on Horse Chestnut – Studies on Infestation Dynamics in Hamburg
von Torsten Melzer und Gerhard Doobe
Zusammenfassung
Die Gattung der Rosskastanien (Aesculus) ist mit rund 6.100 Exemplaren an Hamburgs Straßen vertreten, mit 4.900 Bäumen gehört die Gemeine Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) zu den zehn häufigsten Straßenbaumarten in Hamburg. 2007 wurde das Bakterium Pseudomonas syringae pv. aesculi erstmals wissenschaftlich in Hamburg nachgewiesen. Die Symptomatik der Komplexkrankheit führt seit 2013 vermehrt zu Baumverlusten im gesamten Stadtgebiet. Die räumliche Analyse der Befallsdynamik über den Zeitraum von 2007 bis 2018 zeigt seit 2013 signifikante Veränderungen im Hamburger Rosskastanienbestand sowie die unterschiedliche Reaktion der Arten Aesculus hippocastanum und Aesculus carnea auf die bakterielle Infektion.
Summary
The genus horse chestnut (Aesculus) is represented by about 6.100 specimens on Hamburg’s streets and with 4.900 trees the common horse chestnut (Aesculus hippocastanum) is one of the 10 most common street tree species in Hamburg. In 2007 the bacterium Pseudomonas syringae pv. aesculi was first identified in Hamburg. Since 2013, the symptoms of the complex disease have increasingly led to tree losses in the entire urban area. The spatial analysis of the infestation dynamics between 2007 and 2018 shows significant changes in the Hamburg horse chestnut population since 2013, as well as a wide range of reaction of the species Aesculus hippocastanum and Aesculus carnea to the bacterial infection.
1 Einleitung
In der Freien und Hansestadt Hamburg säumen rund 6.100 Rosskastanien als Allee- oder Einzelbaum die Straßen. Weitere 2.300 als Einzelbaum im Baumkataster erfasste Rosskastanien stehen zum Großteil in den Park- und Grünanlagen. Der Rosskastanie kommt im urbanen Raum eine besondere Bedeutung als Straßen- und Parkbaum zu (DUJESIEFKEN et al. 2016). Auch in der Wahrnehmung der Bürger nehmen Aesculus hippocastanum und Aesculus carnea eine herausgehobene Rolle unter den Bäumen ein, was sich in besorgten Anfragen aus der Bevölkerung an die Fachbehörde und einem stetigen Medieninteresse äußert (ZUNKE & DOOBE 2003). Neben der auffälligen Blüte im Frühling und der attraktiven Blattform ist ihre – besonders bei den Kindern geschätzte – Frucht ein Grund für ihre Beliebtheit (ROLOFF 2013). Die weiß- und rotblühenden Rosskastanien gehören seit Jahrhunderten zum Stadtbaumrepertoire und sind aus dem Stadtbild der Hansestadt nicht wegzudenken (Abbildung 1).
Seit den 1990er Jahren hat die in der urbanen Landschaft geschätzte Baumart ästhetisch und baumbiologisch mit unterschiedlichen Krankheiten und Schädlingen zu kämpfen, darunter dem Bakterium Pseudomonas syringae pv. aesculi (Pae) (ROLOFF 2013).
Pseudomonas syringae-Bakterien kommen an Gehölzen in mehr als 50 genetisch differenzierten Pathovarietäten vor, und seit der Jahrtausendwende wurden weltweit in 26 Ländern 55 Krankheitsausbrüche an Holzgewächsen dokumentiert, davon knapp die Hälfte in Europa (LAMICHHANE 2014). In Deutschland wurde der wirtsspezifische Pathovar aesculi erstmalig im Jahr 2007 an einer Rosskastanie im Bezirk Hamburg-Altona wissenschaftlich nachgewiesen (SCHMIDT et al. 2007; DUJESIEFKEN et al. 2008). Seit 2007 wurden zudem drei Reihenuntersuchungenan jeweils ca. 100 Rosskastanien zur bakteriellenInfektion mit dem Pathovar aesculi durchgeführt. Um die gesamtstädtische Entwicklung in Hamburg zu beobachten, werden erkrankte Rosskastanien in der Behörde für Umwelt und Energie unabhängig von der Regelkontrolle in den sieben Bezirken in einer gesonderten Geodatenbank dokumentiert und überwacht. Im Rahmen der dritten Reihenuntersuchung wurden 2018 aus diesem Kollektiv 94 Rosskastanien beprobt und molekularbiologisch untersucht. Davon gehören 74 Exemplare zu der weißblühenden Art A. hippocastanum und 20 zu der rotblühenden Art A. carnea. Neben der Differentialdiagnose der Pathogene P. syringae pv. aesculi und Phytopthora spp. über einen DNA-Schnelltest sollten die visuelle Einschätzung zum Phytopathogenverdacht und damit einhergehend die Qualität der räumlichen Analysen verifiziert werden (MELZER et al. 2019).
Abbildung 1: Aesculus hippocastanum in voller Blüte
2 Krankheitsbild
Punktuelle rostbraune Leckstellen bzw. Ausflussflecken am Stamm oder im Kronenbereich sowie Längsrisse in der Rinde sind typische Anzeichen für eine Infektion mit Pae. Charakteristische Anzeichen in der Baumkrone sind schütteres Laub und absterbende Äste, wobei anfänglich nur einzelne Äste betroffen sind, im Verlauf der Krankheit aber auch ganze Kronenteile absterben können (DUJESIEFKEN 2008; WERRES & WAGNER 2015). Der Verdacht stützt sich zunächst auf die makroskopische Einschätzung während der Baumkontrolle. Im weiteren Verlauf wird die Entwicklung beobachtet und bei Unsicherheit zum Pathogenverdacht eine Labordiagnostik durchgeführt (MELZER et al. 2019). Unter den beschriebenen Leckstellen ist eine intensive orangebraune bis rötliche Färbung des Bastes zu erkennen. Ältere Leckstellen trocknen ein, verfärben sich schwärzlich und können dann leichter übersehen werden. Ist der Befall bereits fortgeschritten und verlaufen die Leckstellen streifenförmig an der Rinde, ist das darunter gelegene Gewebe meist weiträumig abgestorben (Abbildung 2) (SCHRÖDER 2010; DUJESIEFKEN 2018).
Abbildung 2: Eine frische sowie zahlreiche ältere typische P. syringae pv. aesculi - Leckstellen
Im Winter 2011/2012 wurde ein neues Krankheitsbild beobachtet, das mit einer Folgeinfektion durch Sekundärerreger einhergeht (GAISER 2012). Diese Komplexkrankheit mündet überwiegend in Fällungen der massiv geschädigten oder abgestorbenen Rosskastanien und wird in Hamburg seit 2013 verstärkt beobachtet. Neben den schwärzlichbraunen Leckstellen wurden in den Wintermonaten zahlreiche fruktifizierende, holzzersetzende Pilze ausgemacht (GAISER et al. 2013). Dieses zuvor unbekannte Schadbild an der Rosskastanie macht die neuartige Komplexkrankheit aus und die Pilze sind als Hauptverursacher des Komplexschadens einzustufen (MÜLLER-NAVARRA et al. 2014). Das Schadbild wurde anfänglich nur bei A. carnea beobachtet, aber es ist inzwischen auch bei A. hippocastanum weit verbreitet, wenn auch in geringerem Ausmaß. Vitale Weißblühende Rosskastanien scheinen die Bakterien-Nekrosen besser eingrenzen zu können als die Rotblühenden (GAISER & DUJESIEFKEN 2012). Zahlreiche Pilzfruchtkörper, am Stamm oder im Kronenbereich, signalisieren eine fortgeschrittene Weißfäule. (Abbildung 3)
Häufig vorgefundene Sekundärerreger sind der Austernseitling (Pleurotus ostreatus), der Samtfußrübling (Flammulina velutipes), der violette Knorpelschichtpilz (Chondrostereum purpureum) oder der runzelige Schichtpilz (Stereum rugosum), seltener der Krause Adernzähling (Pilcatura crispa), der Hallimasch (Armillaria spp.) oder der Fleischrote Gallertbecher (Ascocoryne sarcoides) (DUJESIEFKEN et al. 2016). In der Regel sind es mindestens zwei oder drei unterschiedliche Pilzarten, die zur selben Zeit oder aufeinanderfolgend fruktifizieren (GAISER et al. 2013; DUJESIEFKEN 2018).