Kitabı oku: «Mehrsprachigkeit und das Politische», sayfa 9

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4 Zusammenfassung

Die Analyse zeigt, dass die MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit in allen drei ausgewählten Werken deutschbaltischerDeutschbaltendeutschbaltisch Literatur als ein Marker des Lokalkolorits gelesen werden kann – die Einbeziehung der lokal gesprochenen SprachenSprache, gesprochene EstnischEstland/EstoniaEstnisch/Estonian und RussischRusslandRussisch/Russian weist ähnliche Züge auf und die Baltizismen unterstreichen die deutschbaltischeDeutschbaltendeutschbaltisch Lokalidentität. Des Weiteren fällt die Verwendung der ‚bildungssprachlichen‘ Ausdrücke auf LateinLatein oder auf FranzösischFrankreichFranzösisch auf. Die Motivierung für die Verwendung weiterer Sprachen ist jeweils kontextuell unterschiedlich begründet.

Wie gezeigt wurde, öffnet die MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit ein weiteres Interpretationsfenster bezüglich der in den Werken dargestellten Kulturkontakte. In einem hermeneutischen Deutungskreis lassen sich die Ergebnisse der Analyse der fiktionalenFiktionalitätfiktional Verwendung von einzelnen Sprachen als Aussagen zur tatsächlichen Sprachhierarchie lesen – die Literatur spiegelt die sozialen und sprachlichen Unterschiede wider, kann sie womöglich auch kritisieren oder in Frage stellen, doch durch das Verschriftlichen werden die Hierarchien stets auch zementiert. Die Haltung der Autoren und Autorin gegenüber dem EstnischenEstland/EstoniaEstnisch/Estonian und dessen latentelatent und manifeste Verwendung – von der genussvoll-spielerischen (Schultz-BertramSchultz-Bertram, Georg Julius von) über die weitgehend inexistente (Hunnius) bis zur anthropologischenAnthropologieanthropologisch (SchaperSchaper, Edzard) – kann als eine Aussage zu ethnisch-politischenPolitik/politicspolitisch/political Fragen gelesen werden. Die Verwendung oder Vermeidung von Baltizismen wiederum zeigt die Position der Autoren und die Autorin auf der Skala des Lokalpatriotismus an, beziehungsweise betont die Ausrichtung der deutschbaltischenDeutschbaltendeutschbaltisch Gesellschaft auf DeutschlandDeutschland. Die Autoren und die Autorin verwenden diese bewusst, um entweder das Lokalkolorit oder die historischenhistorisch Umstände weiterzugeben. Obwohl zwei von ihnen im BaltikumBaltikum geboren wurden und ansässig waren, und somit wahrscheinlich mündlichMündlichkeitmündlich die deutschbaltische VarietätDeutschbaltendeutschbaltische Varietät verwendeten, distanzieren sie sich davon in ihren Texten. Wenn Baltizismen vorkommen, sind diese meistens mit einer Bemerkung oder ÜbersetzungÜbersetzung/translation versehen und kein organischer Teil des Textes.

Auf weitere Determinanten, die die literarische MehrsprachigkeitMehrsprachigkeitliterarische Mehrsprachigkeit beeinflussen, wie z.B. die Erwartungshaltung der implizierten Leser, die politischePolitik/politicspolitisch/political Situation im deutschenDeutschlanddeutsch Mutterland oder die einschränkende Wirkung des konkreten literarischen Genres, konnte im vorliegenden Beitrag nur hin und wieder verwiesen werden. Da die Mehrsprachigkeit als Thema eine wachsende Beachtung genießt, kann man hoffen, dass künftig den hier aufgeworfenen und weiteren Fragen in vergleichenden Studien und Einzelinterpretationen nachgegangen wird.

Die Positionierung des Themas als Forschungsprojekt im auslandsgermanistischen Studium auf unterschiedlichen akademischen Stufen hat sich als ergiebig erwiesen. Die Beschäftigung mit der literarischen MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit gibt den Studierenden eine Möglichkeit, sich als Sprachexperten zu fühlen, denn obwohl ihre Deutschkenntnisse im Studium ja erst geübt und geschliffen werden, bringen die Studierenden für derartige Analyseaufgaben eine in DeutschlandDeutschland seltene Sprachkombination (DeutschDeutschlandDeutsch, RussischRusslandRussisch/Russian, EstnischEstland/EstoniaEstnisch/Estonian) und damit eine Stärke mit, die man beruflich anwenden kann. So kann im Idealfall das Selbstbewusstsein der Studierenden gestärkt werden und ein Grundstein für ihre IdentitätIdentität/identity als Kulturvermittler gelegt werden.

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Vom historischen Erbe zur selbstbestimmten Sprach(en)politik? Literarische Mehrsprachigkeit in Litauen und Lettland

Natalia Blum-Barth

Abstract: Im ersten Teil dieses Beitrags wird auf die sowjetischeSowjetunionsowjetisch/Soviet Sprach(en)politik1 eingegangen und aufgezeigt, wie sie sich an den Laureaten des Gorki StaatspreisesGorki Staatspreis ablesen lässt. Ferner werden Formen der literarischen MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit angesprochen, die für verschiedene Republiken der SowjetunionSowjetunion anhand der mit dem Gorki-Preis ausgezeichneten Autoren beobachtet werden können. In zwei weiteren Teilen des Beitrags wird auf die Sprach(en)politik und literarische MehrsprachigkeitMehrsprachigkeitliterarische Mehrsprachigkeit in LitauenLitauen und LettlandLettland/Latvia eingegangen. Das Ziel ist dabei nicht, eine differenzierte Untersuchung zu liefern, sondern Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie Tendenzen in der Sprach(en)politik der beiden Staaten seit dem 19. Jahrhundert bis in die GegenwartGegenwart im Spiegel der Literatur aufzuzeigen und diese an Fallbeispielen zu erläutern. Im vierten, abschließenden Teil wird literarische ÜbersetzungÜbersetzung/translation als eines der Realisierungsformate der textexternen MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit herausgestellt und insbesondere auf die konsultierende Funktion der russischenRusslandrussisch Sprache hingewiesen.

Keywords: Literarische Mehrsprachigkeit; Sprache(en)politik; Übersetzung; Litauen; Lettland; sowjetisch

1 SowjetischeSowjetunionsowjetisch/Soviet Sprach(en)politik und ihre Auswirkungen auf die Literatur

In der „Deklaration der Rechte der Völker Rußlands“,1 einem der ersten Dokumente, das die Bolschewiki nach ihrer Machtübernahme bereits am 2. (15.) November 1917 verabschiedeten, wurde der Grundsatz der nationalenNationnational PolitikPolitik/politics festgelegt: Die Gleichberechtigung aller NationenNation, einschließlich das Recht auf den Gebrauch der MutterspracheMuttersprache/mother tongue der jeweiligen nationalenNationnational MinderheitMinderheit. Auch wenn dieser Grundsatz in der Phase der Industrialisierung 1928–1931 zugunsten der russischenRusslandrussisch Sprache als lingua franca aufgegeben wurde, wurden in der ersten Hälfte der 20er Jahre einzigartige Maßnahmen ergriffen, um Sprachen der nationalenNationnational MinderheitenMinderheit und EthnienEthnie voneinander abzugrenzen, zu entfalten und zu reformieren. Die Aufmerksamkeit galt in erster Linie den Sprachen und DialektenDialekt/Mundart von Kirgisen, Baschkiren, Turkmenen, Usbeken, Tadschiken, Tataren, Aserbaidschanern, Dagestanern und Kareliern. Einige dieser Sprachen bekamen zum ersten Mal ein Alphabet, viele dieser Sprachen wurden auf das lateinischeLateinLateinisch Alphabet umgestellt, Linguisten erstellten GrammatikGrammatik- und Lehrbücher für den Schulunterricht (Borisova o.J.: 4f). Diese Aufwertung der DialekteDialekt/Mundart und Regionalsprachen fand im Rahmen der ‚VerwurzelungspolitikPolitik/politicsVerwurzelungspolitik‘ (vgl. Chalitova 2010: 156) der Bolschewiken statt. Um das Ziel, die ideologischeIdeologieideologisch IndoktrinierungIndoktrinierung, zu erreichen, bediente man sich lokaler Sprachen. Ihre Herausbildung zum Rang der LiteratursprachenLiteratursprache sollte die Akzeptanz der bolschewistischen Ideen, die Ausbildung der loyalen Anhänger aus den Reihen der autochthonen Bevölkerung und den Ausbau der sozialistischen Gesellschaft befördern.

1934 markiert den Wendepunkt in der SprachpolitikSprachpolitik der SowjetunionSowjetunion. Dieser zeichnet sich durch die zunehmende Verbreitung der russischenRusslandrussisch Sprache in den nationalenNationnational MinderheitenMinderheit der Sowjetunion aus (Borisova o.J.: 10). Am 13. März 1938 wird RussischRusslandRussisch/Russian zum Pflichtfach in allen Schulen der Sowjetunion. Das zentral koordinierte Programm soll die Implementierung des Russischunterrichts in allen Schulen und Bildungseinrichtungen aller Republiken der Sowjetunion steuern. Der Erfolg dieses Programms wurde durch seine großzügige Finanzierung durch das Zentralkomitee garantiert. Außerdem wird RussischRusslandRussisch/Russian die einzige Sprache der Roten Armee. Dadurch wird der Wehrdienst zum Instrument der RussifizierungRussifizierung, was auch eine bessere Kenntnis der russischenRusslandrussisch Sprache in der männlichen Bevölkerung der nationalenNationnational MinderheitenMinderheit erklärt. Bereits Anfang 1940 kann die faktische Dominanz der russischenRusslandrussisch Sprache als offizielle Sprache in den meisten Republiken der Sowjetunion konstatiert werden. Eine Ausnahme stellen die baltischenBaltikumBaltisch Staaten dar. Anders als in allen anderen sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Republiken haben sich die jeweiligen LandessprachenLandessprache erfolgreich gegen die russischeRusslandrussisch Sprache durchgesetzt. Veranschaulichen lässt sich dies anhand der Statistik über die Buchveröffentlichungen aus dem Jahr 1940 (Borisova o.J.: 24).


Republik Neuerscheinungen insgesamt Neuerscheinungen in der Landessprache
Litauen 387 336
Lettland 392 286
Estland 266 229
Ukraine 4836 2012
Weißrussland 772 375
Kasachstan 762 382

Wenn 1940 in LitauenLitauen und EstlandEstland/Estonia 87 % der Bücher und in LettlandLettland/Latvia knapp 73 % der Neuerscheinungen in der jeweiligen Landessprache veröffentlicht wurden, so waren es in der sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Ukraine knapp 42 %, in WeißrusslandWeißrussland 48 % und in Kasachstan 50 %. Damit scheint die Sprachsituation in den baltischenBaltikumBaltisch Staaten der SowjetzeitSowjetunionSowjetzeit eine deutlich andere zu sein als in anderen sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Republiken. Während das RussischeRusslandRussisch/Russian in der sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Ukraine und im sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Weißrussland die LandessprachenLandessprache aus dem BuchdruckBuchdruck immer mehr verdrängte, konnten LettischLettland/LatviaLettisch/Latvian, EstnischEstland/EstoniaEstnisch/Estonian und LitauischLitauenLitauisch weiterhin den Status der BildungsspracheBildungssprache aufrechterhalten.

In den 60er Jahren wurde die russischeRusslandrussisch Sprache zur zweiten MutterspracheMuttersprache/mother tongue jedes nichtrussischen Bürgers der SowjetunionSowjetunion erklärt. Die tatsächlichen Kenntnisse der russischenRusslandrussisch Sprache spielten dabei keine Rolle.2 Um den Russischunterricht zu fördern, wurde RussischRusslandRussisch/Russian 1975 als Pflichtfach ab der ersten Klasse in den Schulen von neun sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Republiken eingeführt, in den übrigen Republiken war es Pflichtfach ab der zweiten Klasse (Rudnev 2007: 4). Die letzten sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Republiken, die den Russischunterricht ab dem ersten Schuljahr einführten, waren LitauenLitauen und EstlandEstland/Estonia. Dies geschah erst 1980!3

Dass die baltischenBaltikumBaltisch Republiken ihre LandessprachenLandessprache stärken und dem Einfluss des RussischenRusslandRussisch/Russian Widerstand leisten konnten, hängt nicht zuletzt mit der moderaten ideologischenIdeologieideologisch IndoktrinierungIndoktrinierung im BaltikumBaltikum im Vergleich zu den anderen sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Republiken zusammen. Im Bereich der Literatur kann man dies an Laureaten des Gorki StaatspreisesGorki Staatspreis veranschaulichen (Государственная премия РСФСР имени М. Горькогo). Dieser Literaturpreis wurde von 1966 bis 1991 vom Ministerrat jährlich an drei bzw. vier Literaten verliehen und galt als eine der höchsten literarischen Auszeichnungen der SowjetunionSowjetunion. Mit dem Gorki StaatspreisGorki Staatspreis wurden ideologischIdeologieideologisch geprägte Werke ausgezeichnet, die den Bau des Sozialismus und den Fortschritt der Planwirtschaft in höchsten Tönen lobten. Fast jedes Jahr war unter den Ausgezeichneten auch ein nichtrussischer sowjetischerSowjetunionsowjetisch/Soviet Autor. Dadurch wollte man der multinationalen und mehrsprachigenMehrsprachigkeitmehrsprachig Situation in der Sowjetunion gerecht werden. Unter den Preisträgern aller Jahrgänge finden sich keine Autoren aus den baltischenBaltikumBaltisch Ländern.

Die meisten Preisträger kamen aus Arbeiter- und Bauernfamilien und waren Mitglieder der Kommunistischen Partei. Viele von ihnen studierten am Gorki Literaturinstitut, der ideologischenIdeologieideologisch Kaderschmiede, und arbeiteten als Lehrer für russischeRusslandrussisch Sprache an Lehrerausbildungseinrichtungen in ihren Heimatländern. Ihre Werke stehen im Zeichen des sozialistischen Realismus, in vielen dominiert Kriegs- und Kampfthematik, manche beleuchten den Übergang von traditionellen Arbeits- und Lebensformen zur Industrialisierung und zur Planwirtschaft. Die textinterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextinterne Mehrsprachigkeit (Blum-Barth 2019: 11f.) in den Werken nichtrussischer Autoren, die mit dem Gorki StaatspreisGorki Staatspreis ausgezeichnet wurden, ist wenig verbreitet. Die Mehrsprachigkeit innerhalb des Textes findet sich hauptsächlich in Form der ZitateZitat und Figurenrede, die als russischeRusslandrussisch Einsprengsel in die jeweilige Sprache eingebettet werden. Verbreitet ist auch die Implementierung der politischenPolitik/politicspolitisch/political russischenRusslandrussisch Terminologie in die Sprachen anderer sowjetischerSowjetunionsowjetisch/Soviet Republiken und EthnienEthnie. Verallgemeinernd kann behauptet werden, dass für die nichtrussischen Autorinnen und Autoren nicht die textinterne, sondern die textübergreifende/textexterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit kennzeichnend ist.

Georg Kremnitz unterscheidet zwischen der Ebene des Textes (textintern) und der Ebene des Gesamtwerkes des Autors (textübergreifend): „Während in der ersten Form innerhalb eines Textes mehrere Sprachen verwendet werden, benützt in der zweiten Form ein Autor in unterschiedlichen Texten verschiedene Sprachen.“ (Kremnitz 2015: 18) 4 Bei der textübergreifenden MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit ist also die Mehrsprachigkeit der Autorinnen und Autoren gemeint, bei der textinternen – die Mehrsprachigkeit des Textes. Die Mehrsprachigkeit des Autors führt nicht automatisch zur Mehrsprachigkeit des Textes (Blum-Barth 2019: 12). Zu den zwei von Kremnitz definierten Realisierungsformaten der textübergreifenden Mehrsprachigkeit – 1. das schriftstellerische Œuvre, das in zwei oder mehr Sprachen vorliegt,5 und 2. SelbstübersetzungenÜbersetzung/translationSelbstübersetzung – können auch 3. literarische FremdübersetzungenÜbersetzung/translationFremdübersetzung gezählt werden. Diese sind besonders im Bereich der Lyrik verbreitet.6

Den nichtrussischen sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Autoren standen die HerkunftsspracheHerkunftssprache und die russischeRusslandrussisch Sprache literarisch zur Verfügung. Ihre textexterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit manifestiert sich in 1. literarischen FremdübersetzungenÜbersetzung/translationFremdübersetzung, 2. SelbstübersetzungenÜbersetzung/translationSelbstübersetzung bzw. autorisierten ÜbersetzungenÜbersetzung/translation eigener Texte und 3. im SprachwechselSprachwechsel bzw. in der ZweisprachigkeitZweisprachigkeit. Hierzu einige Beispiele:

 Der jakutische Schriftsteller Semjon DanilovDanilov, Semjon (Gorki StaatspreisGorki Staatspreis 1971) übersetzte ins Jakutische neben PuschkinPuschkin, Alexander, LermontovLermontov, Michail und Arkadi GaidarGaidar, Arkadi auch Taras SchewtschenkoSchewtschenko, Taras aus dem UkrainischenUkrainisch und den polnischenPolenpolnisch romantischen Dichter MickiewiczMickiewicz, Adam.

 Der kabardino-balkarische Schriftsteller Kajsyn KuliewKuliew, Kajsyn (Gorki StaatspreisGorki Staatspreis 1966) autorisierte die meisten ÜbersetzungenÜbersetzung/translation seiner Lyrik ins RussischeRusslandRussisch/Russian.

 Der nanajische Autor Georgij ChodsherChodsher, Georgij (Gorki StaatspreisGorki Staatspreis 1973) vollzog später den SprachwechselSprachwechsel und schrieb mehrere Werke auf RussischRusslandRussisch/Russian.

 Der burjatischeburjatisch Dichter Nikolaj DamdinovDamdinov, Nikolaj (Gorki StaatspreisGorki Staatspreis 1975) war ein zweisprachigerZweisprachigkeitzweisprachig Autor, sein literarisches Œuvre besteht aus Werken in burjatischerburjatisch und in russischerRusslandrussisch Sprache.

 Jurij RytcheuRytcheu, Jurij (Gorki StaatspreisGorki Staatspreis 1983) war ein zweisprachigerZweisprachigkeitzweisprachig Autor und schrieb auf Tschukotisch und RussischRusslandRussisch/Russian.

Der SprachwechselSprachwechsel und die ZweisprachigkeitZweisprachigkeit sind in erster Linie für die Autoren des Nordostens und Nordens der SowjetunionSowjetunion kennzeichnend. Zeitlich fällt diese Entwicklung in die 70er und 80er Jahre und korrespondiert somit mit den Assimilierungsprozessen und der Aufgabe der MuttersprachenMuttersprache/mother tongue dieser Völker zugunsten der russischenRusslandrussisch Sprache. Unter den Autoren der baltischenBaltikumBaltisch Republiken der SowjetzeitSowjetunionSowjetzeit war die Aufgabe der MutterspracheMuttersprache/mother tongue als Sprache der Kreativität zugunsten des RussischenRusslandRussisch/Russian äußerst selten. Selbst die Autorinnen und Autoren, die in ihren Werken der kommunistischen IdeologieIdeologie Tribut leisteten, schrieben weiterhin in ihren MuttersprachenMuttersprache/mother tongue. In ihrer textexternen literarischen MehrsprachigkeitMehrsprachigkeitliterarische Mehrsprachigkeit dominieren FremdübersetzungenÜbersetzung/translationFremdübersetzung, und zwar von Werken aus dem Kanon der WeltliteraturWeltliteratur. Unabhängig vom Realisierungsformat schlägt sich in der textübergreifenden/textexternen7 Mehrsprachigkeit die Reaktion der Autorinnen und Autoren auf die Sprach(en)politik nieder, so dass die textübergreifende/textexterne MehrsprachigkeitMehrsprachigkeittextexterne Mehrsprachigkeit ihren Versuch dokumentiert, eigene literarische Tätigkeit mit den sprachpolitischenSprachpolitiksprachpolitisch und sprachsoziologischen Rahmenbedingungen zu vereinbaren.

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