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Gesundheits- und Armenwesen
Doch nicht nur die Gemeindeverfassung war bis zum Beginn der Industrialisierung in Osterfeld nur verhalten ausgeprägt, auch das Gesundheits- und Armenwesen entsprach dem einer kleinen Bauerschaft. Hospitäler und Krankenhäuser wurden erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet. Der erste in Osterfelder Quellen erwähnte Arzt war ein Chyrurgus, also ein gelernter Wundarzt aus Osterfeld, der zwischen 1773 und 1778 regelmäßig die Nonnen des Klosters Sterkrade behandelt hatte.131 Für 1808 und 1816 sind keine Ärzte in Osterfeld bezeugt, erst 1868, zu Beginn des industriellen Aufbruchs an der Emscher, lässt sich schließlich ein Arzt, der erste des Ortes, nieder.132 Bereits 1808 wurde hingegen eine Hebamme im ▶ Kirchspiel Osterfeld angestellt. Den Hebammenunterricht erteilte zu dieser Zeit der Landphysikus.133 1816 ist weiterhin nur eine Hebamme in Osterfeld tätig;134 erst nach 1860 sollte auch die Anzahl der Geburtshelferinnen zunehmen. Die Medikamentenversorgung erfolgte ebenfalls nicht über heimische Apotheken. Nur in Bottrop existierte bereits eine Apotheke, die auch die Osterfelder Bevölkerung mit versorgte. Diese gründete 1881 eine Filiale in Osterfeld.135
Für das Armenwesen war die Kirche zuständig. Die Unterstützung der Armen lief in Osterfeld über kirchliche Stiftungen und einen Armenfonds. 1559 erfolgte eine Armenstiftung im Rahmen einer Messstiftung über 20 rheinische Goldgulden durch Henrich von Hove an die Kirche in Osterfeld. Mit dem Geld sollte Weizenbrot gekauft werden.136 Dies ist die erste belegte Messstiftung in Osterfeld. Es folgten weitere. Seit 1613 erfolgte jährlich eine Stiftung von drei Talern Rente an die Armen des ▶ Kirchspiels Osterfeld, zu zahlen an Pfingsten und Mariä Lichtmess.137 Weitere Geldstiftungen gingen 1632, 1648 und 1655 vonstatten.138 Ende des 18. Jahrhunderts zahlte das Haus Westerholt als größerer Geldgeber für das Armenwesen in Osterfeld jährlich 30 Reichstaler an Armengeldern ein.139
Für 1753 wird erstmals ein Armenfonds der Kirche zu Osterfeld erwähnt.140 Der von einem Armenprovisor gemeinsam mit dem Kirchmeister141 verwaltete Fonds finanzierte Messen und Begräbnisse der Armen142 sowie die Kirche zu Osterfeld143. Dieser gemeinsame Kirchen- und Armenfonds existierte bis um 1800. Die Rechnungen wurden dem ▶ Patronatsherrn auf Haus Vondern vorgelegt, der auch den Kirchmeister einsetzte.144 Die Zahl der hilfsbedürftigen Armen war in Osterfeld gegen Ende des Alten Reiches jedoch begrenzt. So zählten 1777 nur zwei Familien aus Osterfeld zu den Armen des Vests Recklinghausen.145 Eine neue Bedeutung erhielt die Armenversorgung erst im Zuge der Industrialisierung.
Kirche, Reformation und Kultur
Die Kirche St. Pankratius war bis weit ins 19. Jahrhundert hinein der Mittelpunkt des Ortes. Sie war vermutlich auch siedlungsbildend und ihre Glieder und Amtsträger bestimmten das Geschehen in Osterfeld. Bis 1621 gehörte die Pfarre zum ▶ Archidiakonat Xanten, Dekanat Duisburg im Erzbistum Köln. Danach kam es an das ▶ Dekanat Vest Recklinghausen (Vestisches Kommissariat). Nach dem Ende des Alten Reiches und mit der päpstlichen Bulle „De Salute Animarum“ von 1821, die die Diözesen in Preußen neu ordnete, kam das Vest und damit auch die Pfarre Osterfeld an das Bistum Münster.
Die Anfänge von Pfarre und Pfarrkirche liegen im Dunkeln, anhand des ▶ Patroziniums, welches jedoch erst für 1703 erstmals bezeugt ist,146 ist von einem frühen Kirchbau auszugehen. Jedenfalls berichtete der ▶ Liber Theoderici aeditui um 1160 von einer Eigenkirche, die Anfang des 11. Jahrhunderts Graf Balderich an den Kölner Erzbischof Heribert verschenkt haben soll. Dieser gab sie zur Ausstattung an die Deutzer Benediktinerabei weiter.147 Patronatsherr war die Abtei bis 1226. In diesem Jahr verlor sie das Recht an den Grafen von Limburg.148 Seit 1640 übten die Herren des Hauses Vondern das ▶ Patronatsrecht aus.149 1793 ging das Patronatsrecht schließlich für kurze Zeit an den Erzbischof von Köln.150 Mit dem Übergang des Vests an die Arenberger gingen zunächst auch diese Rechte vorbehaltlich älterer Rechte an das neue Herrscherhaus. 1804 gab denn auch der Herzog von Arenberg bekannt, dass die Patronatsrechte des ehemaligen Kurfürsten von Köln im Vest nunmehr bei ihm liegen würden. Wenn sie bei einem anderen Patron lägen, reiche die landesherrliche Bestätigung.151 Doch schon 1804 hatte der Graf zu Nesselrode-Reichenstein als Eigentümer des Hauses Vondern wieder das ▶ Patronatsrecht über die Kirche in Osterfeld inne.152 Dies behielt er formell bis zum Verkauf der Burg Vondern an die Stadt Oberhausen 1947.
Zehntherr war zunächst die Abtei Deutz. Um 1160 wurde eine bereits zurückliegende Schenkung des ▶ Zehnten von Osterfeld durch den Grafen Balderich an den Erzbischof von Köln erwähnt. Dieser soll – wie bereits beschrieben – die Schenkung zu Beginn des 11. Jahrhunderts als Ausstattung an das Kloster Deutz weitergegeben haben. Der Census brachte jährlich zwei ▶ sol. ein.153 Bereits 1252 übertrug Gerhard von Arberg dem Deutschordenshaus in Welheim den Zehnten zu Osterfeld.154 Nur 130 Jahre später, 1382, übertrug ihn Graf Engelbert von der Mark der Hinrike van der Knippenborg.155 Die ständigen Verkäufe von Zehnten zu Osterfeld gingen munter fort. 1603 verkauften Diederich von Loe und Helena von Heyden den Eheleuten Friedrich von Brempt und Margarethe von Wylach den Zehnten zu Osterfeld.156 1782 sind die Einsassen von Osterfeld schließlich wieder dem Haus Vondern zehntpflichtig.157 Neben dem Zehnten zahlte ab 1794 die St. Antony-Hütte einen Eisensteinzehnten von 20 Talern an die kurkölnische Oberkellnerei Horneburg.158 1808 waren es 36 Taler und 20 ▶ Albus, die die Hütte abführen musste.159 Hoch waren die Zehntzahlungen also nie gewesen.
Abb. 5: Die St. Pankratius-Kirche in Osterfeld
Auch die Anfänge des Kirchenbaus liegen im Dunkeln. Von einer vermutlich romanischen Kirche in Osterfeld blieb bis Anfang des 16. Jahrhunderts nur der Turm übrig. 1516 erfolgte der Ausbau des Chors der Kirche160 in spätgotischem Stil. Um 1540 erfuhr die Kirche eine zweite Erweiterung, indem ein schmales zweijochiges Seitenschiff hinzugefügt und die Kirche von Grund auf renoviert wurde.161 Zwischen 1601 und 1603 wurden zwei Glocken für die Kirche gegossen, so dass der Turmbau auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts zu datieren ist.162 1826/29 wurde der Innenraum umfassend saniert, 1843/44 das Äußere der Kirche.163 Erst mit dem Einsetzen der Industrialisierung erfolgte ein umfassender Neubau und eine Neuordnung der Osterfelder Kirchenlandschaft. Die Kirche beherbergte einen Altar, der der Mutter Gottes geweiht und wohl einer der beiden Seitenaltäre war. Dieser ist 1379 erstmals bezeugt, außerdem nochmals 1400 und 1405.164 Auch 1738 und 1755 wird er genannt.165 Der zweite Seitenaltar war der heiligen Katharina geweiht und wird 1491 erstmals erwähnt, als eine Stiftung für die Vikarie des Altars stattfand. Die ▶ Kollation stand abwechselnd dem Grafen von Limburg und dem Herrn von Knippenburg zu. Sie ging allerdings durch Schenkung der Herren von Knippenburg 1578 an den durch das Haus Vondern eingesetzten Kirchmeister über.166 1710 bis 1712 erbaute die Pfarre schließlich ein eigenes Vikariehaus167 mit Unterstützung des Hauses Vondern. Dieses gab 1711 nicht nur Holz für das Vikariehaus, sondern auch Land zugunsten des Vikars, der dafür regelmäßig die Frühmesse lesen musste.168 Der Abriss des Hauses erfolgte bereits 1822, ein Neubau im Rahmen des Schulneubaus schon ein Jahr später 1823.169 Zu dieser Zeit lebte der Vikar, beziehungsweise Frühmesser in Osterfeld vom Frühmesser-Klingelbeuteleinkommen.170
Doch zur Pfarre Osterfeld gehörte nicht nur eine Kirche mit Altären und Vikarie, sondern mit St. Cyriakus in Bottrop zeitweise auch eine Filiale. Bereits um 1150/60 erfolgte der Bau einer Capella in Bottrop, die spätestens seit dem 14. Jahrhundert als Filiale von Osterfeld nachzuweisen ist.171 Doch schon im 15. Jahrhundert erhielt Bottrop ein eigenes Pfarrhaus mit einem residierenden ▶ Vizekurat172. Dies und die Kirchenerweiterung im gleichen Jahrhundert führten zu einer größeren Selbstständigkeit, auch wenn bis weit ins 19. Jahrhundert Bottrop von Osterfeld abhängig blieb. So wurden 1477 zum ▶ Kirchspiel Osterfeld neben dem Dorf Osterfeld die Bauerschaft Vonderort sowie Lehmkuhle und Bottrop gezählt. Noch 1803 zählte Vonderort zur Pfarre Osterfeld, und die Umgrenzung hatte über das Jahr 1821 hinaus Bestand. Das ▶ Patronatsrecht in Bottrop teilten sich das Haus Vondern und der Pfarrer von Osterfeld. Erst 1793 ging es an den Erzbischof von Köln über.173 Weitere Filialkirchen kamen erst im 20. Jahrhundert hinzu. Auch Klöster existierten bis gegen Ende des 19. Jahrhundert im Bereich der Pfarre Osterfeld nicht. Lediglich ein ▶ Regulartertiar der Franziskaner errichtete 1708 eine Eremitage mit Kapelle auf dem Ruhrkamp in Osterfeld.174 1726 bis 1752 lebten jeweils zwei Eremiten in dieser Eremitage.175 Auch Wallfahrten und Prozessionen sind vor 1800 kaum belegt. 1755 wird von einer Pankratiusprozession berichtet;176 erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte ein verstärktes Wallfahrtswesen ein.
Jüdisches Gemeindeleben ist für Osterfeld in vorindustrieller Zeit nicht nachweisbar. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts gab es auch keine evangelischen Einwohner in Osterfeld. Die Familie des Gottlob Jacoby, der von der Fürstäbtissin von Essen Maria Kunigunde 1803 mit der Leitung der St. Antony-Hütte beauftragt wurde, war die erste in Osterfeld ansässige protestantische Familie.177
Schule und Bildung
Die schulische Erziehung in Osterfeld oblag wie auch in anderen Kommunen bis zum Ende des Alten Reiches der Kirche. So erfolgte 1654, dem Jahr, in dem zuerst ein schulischer Unterricht in Osterfeld belegt ist, dieser durch den Küster.178 Dieser Unterricht wurde zumeist über Stiftungen und Spenden finanziert, nicht zuletzt durch die Pfarre. So stiftete z. B. 1655 der Pfarrer von Osterfeld 25 Taler für den Unterricht armer Kinder.179 Auch 1713 erfolgte eine Stiftung von 25 Talern an die Schule. Die Zinsen sollten dem Schulmeister zugutekommen.180 Ein Jahr zuvor schon wurde der Unterricht ausgeweitet beziehungsweise das Personal um eine Person aufgestockt, denn es wurde 1712 im Ort eine einklassige ▶ Schulvikarie eingerichtet.181 Bis 1793 besetzte so neben dem Küster auch der Vikar zu Osterfeld zugleich eine Lehrerstelle.182 In diesem Jahr legte die Pfarre schließlich ▶ Primissariat und Lehrerstelle in Osterfeld dauerhaft zusammen.183 Dem Inhaber des Primissariats wurde durch den Kurfürsten von Köln auferlegt, neben den üblichen Verpflichtungen außerhalb der Erntezeit die Pfarrschule zu halten.184 Eine Differenzierung des Unterrichts und die Errichtung eigener Schulgebäude erfolgten erst in preußischer Zeit. Höhere Schulen wurden auch erst im Zuge des Bevölkerungszuwachses durch die Industrialisierung eingerichtet. So war bis 1800 nur ein Studierender aus Osterfeld an einer Universität im Rheinland immatrikuliert – und zwar 1651 in Köln.185
Abb. 6: St. Antony-Hütte
Wirtschaft und Soziales
Osterfeld war eine Bauerschaft. Dementsprechend bildete die Landwirtschaft die Grundlage der Wirtschaft des Raumes vom Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, insbesondere der Getreideanbau (Roggen, Hafer, Weizen). Aber auch die Fischerei in der Emscher und in den Fischteichen am Elpbach sowie die Viehwirtschaft (Rinder-, Schweine- und Schafzucht) waren bedeutend.186 Dabei waren die Böden des ▶ Kirchspiels von überwiegend geringerer Güte, was vor allem an drei Faktoren lag: Erstens wurde der Wert der Böden an manchen Stellen stark durch den vorhandenen Raseneisenstein gemindert. Zweitens eigneten sich die sumpfigen Bruchlandschaften nur selten und nachrangig für den Getreideanbau, und drittens waren die Höhenlagen des Kirchspiels durch eine ebenfalls wenig fruchtbare Heidelandschaft geprägt. In den Heidebereichen wurde somit, wenn überhaupt eine Nutzung möglich war, Wiesenwirtschaft betrieben, während der Anbau von Klee und Raps nur auf den wenigen besseren Böden gelang. Getreide, hier vor allem Roggen und Weizen, weniger Gerste, wurde vornehmlich in den wenigen fruchtbareren Bereichen der Heide angebaut, dort, wo Mergelschichten Ackerwirtschaft begünstigten.187 Insbesondere die mergelhaltigen Böden förderten den Anbau der so genannten Roggenwurzel, die lange Zeit eines der Haupterzeugnisse in Osterfeld war, und dort sowohl Vieh als auch Mensch als Nahrung diente.188
Grundsätzlich ist ein Nord-Südgefälle der Bodenqualität zu verzeichnen, so dass die ertragreichste Wiesen- und Ackerwirtschaft in der Nähe der Emscher stattfand. An der Emscher war auch die effektivste Milch- und Viehwirtschaft möglich. Die Holzwirtschaft (vor allem Kiefernholz) hatte im Norden des ▶ Kirchspiels, im Rothebusch und am Kickenberg, aber auch in anderen Waldgebieten (Byfang, Vonderberg) Bedeutung.189 Allerdings war die von Gewässern durchzogene Landschaft im Norden der Emscher für die Mühlenwirtschaft gut geeignet, die bis weit in das 19. Jahrhundert in Osterfeld bedeutend war. Getreidemühlen sind dort seit Anfang des 15. Jahrhunderts bezeugt, 1426 waren zwei Kornmühlen an der Emscher sowie am Mühlenbach bei der Koppenburg in Betrieb. Weitere Mühlen kamen hinzu, so eine Ölmühle 1822 und die Papiermühle am Elpenbach 1820. Noch 1885 waren in Osterfeld drei Mühlen in Betrieb.190
Bereits um 1830 profitierte das noch landwirtschaftlich orientierte Osterfeld von der einsetzenden Industrialisierung in Sterkrade, Oberhausen und vor allem Mülheim. Besonders der gewerbliche Handel vollzog sich über die vestischen Straßen, so dass der Zwischenhandel mit Nahrungsmitteln (Butter, Eier, Gemüse, Heu, Kartoffeln, Getreide aber auch Obst) der Wirtschaft in Osterfeld zu einem Aufschwung verhalf. Hinzu kam, dass zahlreiche Arbeiter aus Osterfeld in den umliegenden Hüttenbetrieben Arbeit fanden und durch vergleichsweise hohe Tagelöhne zur Verbesserung der wirtschaftlichen wie sozialen Situation der Bevölkerung sowie der anderen Branchen, besonders der Landwirtschaft, beitrugen.191 So berichtete etwa der Bottroper Bürgermeister bereits 1830 von einem ungewöhnlichen Wohlstand und einem gewerblichen Verkehr in Osterfeld, der in wenigen Gemeinden seinesgleichen habe, und nannte als Gründe u. a. die Eisenhütten in Sterkrade, Oberhausen und Osterfeld.192
Die Berufs- und Gewerbetabellen 1816 bis 1840 zeigen ebenfalls für das frühe 19. Jahrhundert noch deutlich das Überwiegen der Landwirtschaft (einschließlich Knechten, Mägden und Tagelöhnern).193 1850 wurden mehr als 40 Prozent der Fläche der Gemeinde als Acker- oder Weideland genutzt; weitere 20 Prozent als Holzungsland. Die Fischereiwirtschaft war in Osterfeld bis weit in das 19. Jahrhundert verbreitet, denn sowohl an der Emscher als auch nahe der St. Antony-Hütte wurden Fischereibezirke verpachtet, beziehungsweise genutzt. Jedoch sank die Bedeutung der Fischereiwirtschaft bereits im Verlauf des 18. Jahrhunderts mit der Errichtung der St. Antony-Hütte.194
Im regionalen Handel traten Osterfelder Kaufleute bis Anfang des 19. Jahrhunderts nicht auf. 1816 nennen die Gewerbetabellen nur vier Händler aus Osterfeld. Osterfeld war kein Marktort, so dass davon auszugehen ist, dass der regionale Handel bis Ende des 18. Jahrhunderts für die Osterfelder Wirtschaft eine geringe Rolle spielte. Erst mit der erwähnten Industrialisierung in den umliegenden Kommunen kam es zu einem Aufschwung im Handel, so dass die Anzahl der Händler und Kaufleute bis um 1830 auf zwölf stieg. Allein neun davon waren ▶ Viktualienhändler. Mit dem Verlust des Viehmarktes an Bottrop 1826 ging jedoch ein Bedeutungsverlust von Osterfeld als Nahmarkt einher, der bis zur Industrialisierung des Ortes anhielt.
Der gewerbliche Sektor war bis Mitte des 18. Jahrhunderts kaum oder gar nicht vertreten. Ein erster gewerblicher Aufschwung setzte mit der Errichtung der St. Antony-Hütte ein. Auch wenn die Arbeiterzahl bis 1816 maximal 50 bis 100 betrug, die Hütte häufiger von Stilllegung betroffen war und der Konkurrenzdruck durch die Hütten in Sterkrade und Neu-Essen zunahm, hatte die Hütte für den Ort große wirtschaftliche Bedeutung, da sie den Einwohnern durch Zulieferer- und Fuhrdienste zusätzliche Einnahmequellen eröffnete. Vor allem die Bauern konnten mit der Suche und Lieferung von Raseneisenstein ihre kargen Einkünfte aufbessern.195 Die ▶ Köhlereien, die die Hütte mit Holzkohle belieferten, waren weniger in Osterfeld, sondern vor allem in Essen, Sterkrade und Bottrop zu finden. Auch die Kohlenfuhren erfolgten nicht nur durch Fuhrleute aus Osterfeld, sondern speziell aus Bottrop.196 Allerdings wurden Sandfuhren häufig von Osterfelder Fuhrleuten vorgenommen. Der Sand diente als Formsand für die Gießerei.197 In der Hochphase der St. Antony-Hütte 1830 bis 1835 war sie zunächst der zentrale Wirtschaftsfaktor für Osterfeld. Insbesondere größere Waffen-, beziehungsweise Munitionslieferungen an Preußen führten zu einer soliden Geschäftslage. Diese Position verlor die Hütte bereits nach 1835 an das Walzwerk in Oberhausen, welche der Osterfelder Bevölkerung als zunehmend wichtiger Arbeitgeber diente. Eine ganz neue Entwicklung sollte der Ort erst mit der Industrialisierung ab etwa 1870 nehmen.
Otto Dickau
Sterkrade
Nicht nur Kraut und Rüben
Über Jahrhunderte hinweg war Sterkrade zunächst eine vom Kloster Werden abhängige Gemeinde, die im hohen Mittelalter vom Herzogtum Kleve verwaltet wurde. Sie gehört damit in den Kreis all jener Dörfer, ▶ Kirchspiele oder Samtgemeinden, die eher zufällig entstanden sind und deren Ursprung deshalb nur in seltenen Fällen chronologisch eindeutig fixiert werden kann. Solche Siedlungsgemeinschaften erreichten durchweg nur eine bescheidene Größe mit höchstens 100 bis 200 Bewohnern, häufig sogar deutlich weniger. Ihre Abhängigkeit vom Grund- bzw. Landesherrn war deutlich ausgeprägt, die bescheidenen Verwaltungs-, Rechts- oder Verfassungsstrukturen leiteten sich von den Vorgaben des Landesherrn ab. Im bescheidenen Rahmen war auch ein Wirtschaftskreislauf vorhanden, der allerdings auf das Dorf selbst und dessen unmittelbares Umfeld beschränkt blieb; ähnlich angelegt waren auch Handwerk und Gewerbe. Ein intensiverer, vielleicht sogar über die Gemeindegrenzen hinaus gehender Austausch von Waren und Informationen wird nur zu kirchlichen Hochfesten stattgefunden haben, wenn man sich im Umfeld der Kirche traf.
Sterkrade hat – so erscheint es einem Betrachter nicht nur auf den ersten Blick – im Stadtgebiet Oberhausens immer eine Sonderstellung eingenommen: Hier findet regelmäßig an zwei Wochentagen ein von vielen Leuten aus der näheren und weiteren Umgebung gut besuchter Wochenmarkt statt, hier wird regelmäßig um das Fronleichnamsfest herum die größte Straßenkirmes am Niederrhein gefeiert. Im sechsten Jahrhundert sind hier bereits erste Spuren einer Besiedlung nachgewiesen, zu einem Zeitpunkt, als das heutige (Alt-) Oberhausener Stadtgebiet nur aus Sand- und Heideflächen bestanden haben dürfte.
Sterkrade ist ein Stadtteil im Norden Oberhausens, der von dem südlichen Teil und von dem diesem den Namen gebenden Schloss Oberhausen zunächst einmal durch eine natürliche Barriere getrennt wird: die Emscher – ein Fluss, der sich in unzähligen Windungen durch die karge Heidelandschaft schlängelte. Übergänge gab es damals nur wenige. Wollte man sie nutzen, so war z. B. am Schloss Oberhausen ein Zoll fällig. Seit 1914 wurde die Trennung auch baulich zementiert: Mit der Einweihung des Rhein Herne Kanals schien die Grenzziehung zwischen Sterkrade und Oberhausen besiegelt. Diesen Eindruck vermögen auch die über die Emscher und den Kanal führenden Brücken nicht zu verwischen.
Sterkrade ist etwas Besonderes: In diesem Stadtteil gibt es die meisten Grünflächen. Die bis 1929 selbständige Stadt ist – gemeinsam mit der einst zum ▶ Vest Recklinghausen gehörenden Stadt Osterfeld – 1929 im Zuge einer neuerlichen Kommunalreform zwangsweise mit Oberhausen zu einer neuen Großstadt vereinigt worden. Dabei konnte bzw. kann man in Sterkrade, ebenso wie in Osterfeld, auf eine lange historische Tradition zurückblicken. Die Zwangsehe mit dem jüngeren Nachbarn hatte Folgen: Die Sterkrader Ortsmitte bildet jetzt – zumindest im Kartenbild – für Oberhausen annähernd den Mittelpunkt.
Sterkrade galt lange Zeit als die letzte Bastion des Rheinlands gegenüber Westfalen. Auch heute steht immer noch die Frage im Raum: Leben hier Rheinländer – ohne Karnevalszug übrigens, sind hier Westfalen zu Hause oder hat Sterkrade von Allem Etwas? Wenn man in Sterkrade nicht zum Rheinland gehört, wohin tendiert man dann? Die Frage wird leicht zu beantworten sein: Von der Zugehörigkeit zum Rheinland, trotz des Fehlens eines Karnevalumzugs, zeugt auch heute noch ein am Sterkrader Rathaus angebrachter Wappenschild, auf dem als einziges, weithin sichtbares Element ein Fluss zu erkennen ist.