Kitabı oku: «Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 4», sayfa 7

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2. Die 1960er Jahre – die Krise der Großindustrie beginnt

In den frühen 1960er Jahren zeigte die „Wiege der Ruhrindustrie“ den Menschen das ihnen bekannte Gesicht einer von Stahlwerken, Schwerindustrie und Steinkohlezechen geprägten Stadt. Lärm, Qualm und Kohlestaub waren allgegenwärtig. Aber die Menschen in Oberhausen waren stolz auf das, was sie in den ersten 15 Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufgebaut hatten. Die Jahre des Wirtschaftswunders hatten ihren Höhepunkt in Oberhausen und im Ruhrgebiet erreicht. Die Firma Rück baute 1961 ihre erste Möbelhalle an der Straßburger Straße, in den mehr als 400 Gaststätten sorgten über 1.400 Beschäftigte für das leibliche Wohl und über 60 Trinkhallen, auch heute noch liebevoll „die Bude“ genannt, waren der beliebte Treffpunkt um die Ecke. Die Oberhausener erlebten in diesem Jahrzehnt auch den Beginn eines anhaltenden Strukturwandels im täglichen Leben: Der Einzelhandel wandelte sich „vom „Tante-Emma-Laden“ zum Supermarkt – das Warenangebot wurde vielfältiger und in modernisierten oder zum Teil neu erbauten bzw. erweiterten Geschäftsräumen angeboten“ (WAZ, 21. August 1971). 1968 wurden im Einzelhandel über 1.800 Arbeitsstätten mit fast 9.600 Beschäftigten gezählt.

Es deutete nur wenig auf die in wenigen Jahren einsetzenden einschneidenden Veränderungen in der Oberhausener Wirtschaft hin: In Deutschland insgesamt herrschte Vollbeschäftigung, mit Ausnahme der Jahre 1967 und 1968 lag die Arbeitslosenquote in den 1960er Jahren unter einem Prozent. Bergbau und Industriebetriebe äußerten sich besorgt über den Mangel an Arbeitskräften. Im Dezember 1961 meldete das Oberhausener Arbeitsamt 579 Arbeitslose bei 3.020 offenen Stellen. In den Jahren bis 1965 wurden maximal 800 Arbeitslose gezählt, gleichzeitig ging die Zahl der offenen Stellen auf 1.800 (1965) zurück.

Dank reger Bautätigkeit verbesserte sich die Wohnraumversorgung der Oberhausener Bevölkerung von Jahr zu Jahr: Von 76.300 (1960) auf 85.600 (1970) Wohnungen. Das Angebot an Großwohnungen mit fünf Räumen fällt dabei mit einer Steigerung um 60 Prozent, von 5.900 (1960) auf 9.900 (1970), besonders auf.

Die Zahl der zugelassenen Kraftfahrzeuge hatte sich im Zeitraum 1960 bis 1970 mehr als verdoppelt, von 25.700 auf über 54.200, und weist damit auf ein steigendes Einkommensniveau breiter Bevölkerungsschichten hin. Das erhöhte Verkehrsaufkommen führte allerdings auch zu einer sehr hohen Zahl an Verkehrsunfällen, wie beispielsweise in 1966 mit 1.400 verletzten und 36 getöteten Personen.

Die Einwohnerzahl nahm jährlich zu und erreichte im Januar 1964 mit 260.614 Personen ihren Höchststand. In den Folgejahren ging sie ständig zurück. Über die Gründe wird später zu berichten sein5.

Krisenanfällige Wirtschaftsstruktur

Monostrukturen, und eine solche ist auch die Montanindustrie, sind immer anfällig für wirtschaftliche und regionale Veränderungsprozesse. Das Wort von der „Beständigkeit des Wandels“ gilt nicht nur für das Ruhrgebiet, sondern in besonderem Maße auch für Oberhausen.

Das Strukturbild der Oberhausener Wirtschaft 1961, dem Jahr mit der höchsten Beschäftigtenzahl von 108.600 tätigen Personen, zeigt die besondere Abhängigkeit der städtischen Wirtschaft von den Großbetrieben im Bergbau, der Roheisen- und Stahlerzeugung sowie im Stahl-, Maschinen- und Fahrzeugbau. Fast die Hälfte aller Beschäftigten in Oberhausen arbeitete damals im Steinkohlenbergbau (16.400), bei der Hüttenwerke Oberhausen AG (13.600), der GHH Sterkrade AG (9.200), der Deutschen Babcock AG (7.100) und der Ruhrchemie AG (2.800).6

Die weithin sichtbaren Schächte, Fördertürme, Hochöfen und die Anlagen der Chemischen Industrie beherrschten nicht nur optisch das Stadtbild. Sie waren auch ein Symbol für die Macht der Montanunternehmen und für ihren Einfluss auf das Wirtschaftsleben. Nicht vergessen werden darf jedoch, dass außerhalb dieser Großbetriebe weitere 12.000 Menschen in Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes arbeiteten. Hierzu zählten 1961 (Mitarbeiterzahlen jeweils in Klammer) u. a. die folgenden Unternehmen: Polstermöbelwerke Carl Hemmers (1.800), Oberhausener Glasfabrik (600), Kesselfabrik Jacobs & Co, (450), Gußstahlwerk Hermann Sellerbeck (150), Continental Lack- und Farbenwerke (150), Zinkweißfabrik (160), Altenberg, Metall- und Eisengießerei Fitscher, Neue Ludwigshütte, Kempchen (130), Krebber (180 in 1960). Einige der hier nur beispielhaft aufgeführten Betriebe produzieren auch heute noch in Oberhausen an ihrem ursprünglichen Standort.7

Gleichwohl wies Oberhausen im Vergleich zu den Nachbarstädten die höchste Konzentration an Arbeitsplätzen im primären und sekundären Wirtschaftsbereich auf. Der niedrigen Arbeitsstätten- und hohen Beschäftigtenzahl in diesen Bereichen stand eine hohe Zahl an Arbeitsstätten und eine verhältnismäßig niedrige Beschäftigtenzahl im tertiären Sektor gegenüber, was die kleinbetriebliche Struktur in den Dienstleistungen zum Ausdruck bringt.

Trotz der dominierenden Großbetriebe erreichte die Wirtschaftskraft der Stadt, gemessen am Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, in den 1960er Jahren nicht die Durchschnittswerte des Landes Nordrhein-Westfalen. 1967 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Oberhausen 6.360 DM je Einwohner, im Land NRW dagegen 8.390 DM, in Essen 9.760 DM und in Duisburg 10.630 DM.

Und eine weitere Schwäche der Oberhausener Wirtschaft wurde ebenfalls in der 1970 vorgelegten umfangreichen Unterlage für die Arbeitsgruppe „Kommunale Neugliederung im Ruhrgebiet“ aufgezeigt, nämlich unterdurchschnittliche Einzelhandelsumsätze und deutliche Kaufkraftabflüsse in die Nachbarstädte. Während der Einzelhandel in Oberhausen 1966 lediglich einen steuerpflichtigen Jahresumsatz von 1.829 DM je Einwohner erzielte, waren es insbesondere aufgrund der dort ansässigen Großhandelskonzerne in Mülheim 6.684 DM und in Essen sogar 7.876 DM. Im Landesdurchschnitt waren es 2.666 DM.8


Tabelle 2: Beschäftigtenentwicklung in ausgewählten Wirtschaftsbereichen in Oberhausen

* Stilllegung der Zeche Osterfeld 1992

Quelle: Stadt Oberhausen, Bereich 4 - 5 Statistik und Wohlen

Dramatischer Beschäftigungsabbau

In den Jahren von 1961 bis 1970 erlebte Oberhausen den höchsten Abbau von Industriearbeitsplätzen in der gesamten Stadtgeschichte. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 18.600 Arbeitsplätze abgebaut. Betroffen hiervon waren neben dem Bergbau, mit dem Verlust von über 8.000 Arbeitsplätzen, insbesondere die Betriebe der Eisen- und Metallerzeugung sowie des Stahl-, Maschinen- und Fahrzeugbaus mit einem Rückgang der Mitarbeiterzahl um 7.000 Personen.

Die 1958 beginnende Strukturkrise des Steinkohlenbergbaus wurde ausgelöst durch die Einfuhr preiswerter amerikanischer Kohle und ständig zunehmende Erdölimporte. Mitte der 1960er Jahre standen die Bergbauunternehmen in Oberhausen vor massiven Absatzproblemen, in deren Folge es 1968 zur Schließung der Zeche Concordia, auf der 1961 noch über 4.000 Bergleute arbeiteten, kam sowie zu einem Belegschaftsabbau auf der Zeche Osterfeld von 6.100 (1961) auf 3.100 Beschäftigte im Jahr 1970. Die weltweiten Überkapazitäten insbesondere beim Massenstahl führten bei der Hüttenwerke Oberhausen AG (HOAG) seit 1965 zu einschneidenden Anpassungsmaßnahmen. Die Belegschaft am Standort Oberhausen verringerte sich von 13.600 (1961) auf 10.100 (1970) Mitarbeiter. Auch in den stark exportorientierten Oberhausener Betrieben des Maschinen-, Fahrzeug- und Anlagenbaus wurden in den 1960er Jahren Arbeitsplätze abgebaut. Von 1961 bis 1970 nahm die Belegschaftszahl bei der GHH Sterkrade AG von 9.200 auf 8.600 ab. Im gleichen Zeitraum reduzierte sich die Beschäftigtenzahl bei der Deutsche Babcock AG von 7.100 auf 6.800.

Bei der Ruhrchemie wurden in Folge der 1958 begonnen Neuordnung des Unternehmens von 1958 bis 1970 rund 400 Arbeitsplätze abgebaut. 1967 zog die Unternehmensleitung jedoch eine positive Bilanz des Konsolidierungsprozesses: Das Umsatzvolumen des Geschäftsjahres 1966/​67 hatte sich gegenüber dem Vorjahr um mehr als sechs Prozent gesteigert, 40 Prozent der Produktion gingen ins Ausland, das Aktienkapital wurde zum 1. Juli 1967 auf 84 Mill. DM erhöht und den Aktionären wurden 14 Prozent Dividende gezahlt (WAZ, 18. August 1967).

Auch im Bereich der Konsumgüterindustrie wurden in erheblichem Umfang Arbeitsplätze abgebaut: 1965 stellt die Polstermöbelfabrik Carl Hemmers mit 1.000 Beschäftigten die Produktion ein. Lediglich rund 150 Mitarbeiter finden bei der Polstermöbelfabrik Profilia in den ehemaligen Hemmers Werkhallen einen neuen Arbeitsplatz (NRZ, 23./​24. März 1967). Der Verlust von so vielen Industriearbeitsplätzen wirkte sich auch auf andere Wirtschaftsbereiche aus: Im Baugewerbe wurden 2.000 Arbeitsplätze abgebaut und im Handel 600.

Diesem massiven Beschäftigungsabbau standen lediglich 2.200 neu geschaffene Arbeitsplätze im tertiären Sektor gegenüber. Ein über Jahrzehnte anhaltender Strukturwandel der Oberhausener Wirtschaft hatte begonnen, in dem sich zunächst der Anteil des tertiären Sektors von 32 Prozent (1961) auf 40 Prozent (1970) erhöhte, während gleichzeitig der Wert für den primären und sekundären Sektor zusammen von 68 auf 60 Prozent abnahm9.

Der räumlichen Verteilung der Arbeitsstätten im Stadtgebiet entsprechend, waren die drei Stadtbezirke Oberhausens in unterschiedlicher Weise von Arbeitsplatzverlusten betroffen. Der große Verlierer war Alt-Oberhausen. Von den 1961 in Alt-Oberhausen existierenden 61.500 Arbeitsplätzen wurde fast jeder Fünfte bis 1970 abgebaut. Absolut waren dies 11.600, während in Osterfeld die Beschäftigtenzahl insgesamt nur geringfügig abnahm und Sterkrade eine leichte Zunahme verzeichnen konnte.

Das deutlich geringere Arbeitsplatzangebot führte neben erhöhten Fortzügen aus Oberhausen in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre auch zu einem erheblichen Ansteigen der Auspendlerzahlen von 19.400 (1961) auf 25.000 (1970). Die Zahl der Einpendler blieb dagegen mit 16.000 Einpendlern konstant. Der sich damit ergebende Auspendlersaldo nahm in diesem Zeitraum von 3.100 auf 8.700 Personen zu. Die intensivsten Austauschbeziehungen bestanden auch weiterhin zu den Nachbarstädten Duisburg, Essen, Bottrop und Mülheim. Die Mehrzahl der Berufspendler waren Männer im Alter von 25 bis unter 45 Jahren. Die Ein- und Auspendler nach Duisburg, Essen und Mülheim waren überwiegend im Verarbeitenden Gewerbe beschäftigt, für die Auspendler nach Bottrop waren die Zechen Prosper und Franz Haniel die wichtigsten Arbeitgeber10.

Mit der Schließung der Zeche Concordia beginnt eine neue Phase des Strukturwandels

Von 1952 bis 1957 hatten die Oberhausener Bergbaubetriebe mehr als 19.000 Beschäftigte. Seit dem Höchststand 1957 mit einer Belegschaft von fast 19.600 wurden im Zuge der damals beginnenden ruhrgebietsweiten Kohlekrise allein bis 1961 über 5.000 Arbeitsplätze abgebaut. Wachsende Kohlehalden, Feierschichten, die Einführung der Fünf-Tage-Woche auf den Zechen, die Liberalisierung des Energiemarktes mit der Folge steigender Importe von Kohle und Mineralöl waren erste Hinweise auf eine grundlegende Veränderung der Oberhausener Wirtschaft. Trotz dieser ersten Warnsignale erwarteten in den frühen 1960er Jahren nur Wenige ein Ende des Wirtschaftswunders. Großindustrie und Bergbau waren nicht nur die mit Abstand wichtigsten Arbeitgeber, ihnen gehörten auch über 80 Prozent der Industrieflächen im Stadtgebiet. Allein der Bergbau besaß damals 11 Prozent aller Flächen in Oberhausen. Die Stadt selbst verfügte für eine eigenständige Wirtschaftsförderung bis 1967 als einzige größere Fläche nur über ein vier Hektar großes Grundstück an der Brinkstraße. Auch der Erwerb kleinerer Flächen an der Waldteich-, Kirchhellener-, Matzenberg- und Friesenstraße änderte am Flächenmangel grundsätzlich nichts. Eine Befragung aller Industrie- und Gewerbegbetriebe hatte 1967 die Erweiterungsabsicht von 35 Betrieben mit einem Flächenbedarf von etwa 240.000 Quadratmetern ergeben (WAZ, 22. November 1967).


Abb. 4: Demonstration gegen die Schließung der Zeche Concordia auf dem Friedensplatz, 1967

Bis 1970 gelang es der städtischen Wirtschaftsförderung, etwa 560.000 Quadratmeter für die Verlagerung und Neuansiedlung von Unternehmen, vornehmlich in Lirich, Buschhausen, Weierheide und Königshardt, bereitzustellen. Bezeichnend für die damalige Ausrichtung der Wirtschaftsförderung war, dass man insbesondere Gewerbeflächen mit Gleisanschlussmöglichkeiten erwerben wollte.

Den dramatischen, aber letztlich vergeblichen Kampf um den Erhalt der Zeche Concordia beschreibt das Kapitel Wirtschaftswunderjahre (Peter Langer). Bergleute, Hütten- und Stahlarbeiter waren der stolze und in der Regel auch gut entlohnte Kern der Oberhausener Arbeitnehmerschaft. S. ist es nur allzu verständlich, dass der Beschluss zur erstmaligen Stilllegung einer Zeche in Oberhausen nach dem Zweiten Weltkrieg, von dem 3.500 Beschäftigte und deren Familien betroffen waren, eine bis dahin einmalige Solidarisierung der Bevölkerung und aller gesellschaftlichen Gruppen mit den Concordia-Kumpeln auslöste. Es ging nicht nur um Concordia, es ging um Oberhausen. Am 20. Mai 1967 erreichte der Protest gegen die Stilllegungspläne mit einer Massendemonstration auf dem Altmarkt, an der mehr als 10.000 Menschen teilnahmen, seinen Höhepunkt. Allein aus Herne, Bochum, Gelsenkirchen, Bottrop, Dinslaken und Essen waren 600 Bergleute in Bussen angereist. An der Spitze des Demonstrationszuges gingen unter einem Transparent mit der Aufschrift „Concordia darf nicht sterben“ Oberbürgermeisterin Luise Albertz, die Mitglieder des Stadtrates, Oberstadtdirektor Dr. Peterssen und alle Beigeordneten, die leitenden Funktionäre der IGBE Oberhausen und die Concordia-Betriebsratsvorsitzenden. Hauptredner war der zweite Bundesvorsitzende der IG Bergbau und Energie, Heinz Vetter. Sein Satz: „Mit der Concordia halten oder brechen die Dämme an der Ruhr“ (WAZ, 22. Mai 1967) war im Hinblick auf die bald folgenden Zechenschließungen leider visionär.

Die zunächst befürchtete Massenarbeitslosigkeit sollte sich glücklicherweise nicht einstellen, denn Fachkräfte wurden dringend gesucht. Unter der Überschrift „Concordia-Alpdruck beginnt von Oberhausen zu weichen“ berichtete die WAZ schon am 9. Dezember 1967 von einem Pressegespräch mit dem Arbeitsamt Oberhausen-Mülheim, in dem sich der Leiter der Arbeitsvermittlung, Verwaltungsrat Prünte, optimistisch hinsichtlich der Vermittlung, Umschulung oder Verrentung der Concordia-Belegschaft zeigte. Eine zutreffende Einschätzung, wie die Statistik der Arbeitslosigkeit zeigen sollte: Nach einem Anstieg der Arbeitslosenzahl im Mai 1967 auf über 3.000 sank diese im Dezember 1968 auf unter 2.000 und damit auf das Niveau des Jahres 1966. Die Concordianer und ihre Familien blieben weitgehend von Arbeitslosigkeit verschont, was aber blieb, war der dauerhafte Verlust von mehr als 4.000 Arbeitsplätzen auf Concordia im Zeitraum von 1961 bis 1968.

Die zentrale Lage des Zechengeländes in Alt-Oberhausen eröffnete zugleich neue Chancen für die Stadtplanung. Voraussetzung hierfür war die Verfügbarkeit über größere zusammenhängende Flächen, mit denen eine zielgerichtete Wirtschaftsförderung zur Ansiedlung neuer Unternehmen und damit zur Sicherung und Schaffung von neuen Arbeitsplätzen sowie für den dringend erforderlichen Neubau von Wohnungen eingeleitet werden konnte. Die strikte Flächenvorratspolitik der industriellen Großbetriebe einschließlich des Bergbaus hatte dies bisher verhindert. Erst die Bemühungen der Stadt Oberhausen und der Landesregierung führten zu einer Änderung der Richtlinien der Aktionsgemeinschaft Deutscher Steinkohlenreviere GmbH und ermöglichten damit den Bergbaugemeinden den Ankauf von Flächen stillgelegter Zechen (WAZ, 13. März 1968).

Noch 1968 erwarb die Stadt Oberhausen eine 32,8 Hektar große Fläche von der Concordia Bergbau AG nördlich des Rhein-Herne-Kanals und das Zechenkraftwerk wurde an den Zweckverband Gemeinschafts-Müllverbrennungsanlage Niederrhein, dem auch die Stadt Oberhausen angehört, verkauft. Weitere Flächen wurden an die Deutsche Babcock AG, die Firma Carl Später und die BERO GmbH verkauft. Die Bergehalden der Schachtanlagen II/​III und IV/​V wurden zur Abtragung an die Firma Kalkwilms, bzw die Rothalit GmbH verkauft (WAZ, 16. August 1969).

Die Planungen der BERO GmbH, auf dem von ihr erworbenen Gelände einen Komplex mit einem Einkaufszentrum von 60.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, zwei dreigeschossige Kaufhäuser, Restaurants, Wohnungen, Büros und ein Hotel in einem Hochhaus mit 15 Stockwerken, 2.000 Parkplätze, Großtankstelle und einiges mehr zu errichten, löste Ende 1968 heftige Proteste aus. Die Industrie- und Handelskammer sowie der Einzelhandelsverband sahen in dem Projekt eines Einkaufszentrums keine strukturfördernde Wirkung, sondern vielmehr eine Gefahr für den bestehenden Einzelhandel, insbesondere für die Marktstraße. (WAZ, 31. Januar und 7. Februar 1969).

Im November 1969 legte dann der Investor ein deutlich reduziertes Konzept ohne Hochhaus und mit nur noch 35.000 Quadratmetern Verkaufsfläche vor, das „etwas mehr auf die Ruhrgebietsverhältnisse, speziell auf Oberhausen zugeschnitten“ war (NRZ, 6. November 1969). Am 14. Oktober 1971 wurde das BERO-Zentrum am heutigen Standort als eines der ersten Einkaufszentren mit überdachten Ladenstraßen in Deutschland eröffnet.

„Die Concordia-Krise – ein Schock für Oberhausen“

Interview mit Friedhelm van den Mond (Teil 1)

Die Ende der 1950er Jahre beginnende Bergbaukrise erreichte 1968 in Oberhausen mit der Schließung der Concordia-Schachtanlagen und dem damit verbundenen Verlust von 3.500 Arbeitsplätzen im Bergbau den ersten Höhepunkt im Niedergang der Oberhausener Montanindustrie. Wie haben Sie diese Entscheidung persönlich erlebt und welchen Einfluss hatte sie auf die Stadtpolitik in Oberhausen?

Aus der Erinnerung heraus kann ich sagen, dass wir ja ein wenig vorgewarnt waren mit der Kohlenkrise, denn die ersten Feierschichten im Bergbau hatten wir hinter uns. Eigentlich hab` ich damals diese Maßnahme „Schließung der Schachtanlage-Concordia“ als eine unverständliche Maßnahme eines Chemiekonzerns erlebt. Denn Concordia gehörte damals zu Schering. Ich war immer noch der Meinung, ohne heimische Energie, ohne Kohle, geht es ja nicht. Denn, das war das, was man nach dem Zweiten Weltkrieg, nach dem Wiederaufbau, immer gepredigt hat.

Um zur Stadtpolitik zu kommen, es war sicher auf der einen Seite ein Schock, der sich gezeigt hat in großen Protestaktionen, mit schwarzen Fahnen in Oberhausen. Andererseits, aber das wurde dann erst ein wenig später deutlich, war es eine Zeit, in der noch Arbeitskräfte gesucht wurden. Die Konjunktur lief ja noch. Also ich weiß, dass viele Arbeitnehmer dann bei der Stadt im Grünflächenbereich angefangen haben, im Tiefbau und ’ne ganze Reihe der Angestellten hat auch umgeschult. Einige meiner Kollegen, die ich aus der Bergschulzeit kannte, wurden Lehrer, Sozialarbeiter, sie gingen als Ingenieure zum Straßenbau und einige gingen auch zur Polizei.

Interessant ist sicherlich für all diejenigen, die die Zeit nicht miterlebt haben und für die Region als Ganzes, dass zwischen dem Beginn der Bergbaukrise 1958/​1959 und der Concordia-Krise fast ein Jahrzehnt ins Land ging. Wurde aus Ihrer Sicht von den Zeitgenossen der 1960er Jahre schon so etwas wie eine Krisenstimmung bemerkt?

Eine Krisenstimmung wurde nicht wahrgenommen. Wie gesagt, Concordia war eine für mich unverständliche Entscheidung eines Chemieunternehmens und als dann die Zeche Bismarck in Gelsenkirchen folgte, da wurden viele sicher schon nachdenklicher und ahnten so etwas wie eine Krise. Aber auch Bismarck gehörte damals zur DEA, das war ein Erdölkonzern. Auch da haben wir gesagt: Ja gut, die trennen sich davon, die wollen zum Erdöl, Chemie aus Erdöl ist sicher leichter als aus Kohle. Dass es zu einem völligen Rückbau, zu einer richtigen Kohlenkrise kommen würde, das hat zumindest 1968 noch niemand geahnt. Viele Bergleute sind ja schon bei den Feierschichten nachdenklich geworden. Bis dahin wurde ja mit Überschichten gefördert. Wer keine Überschichten gemacht hat, war fast ein ungeeigneter Arbeiter für den Bergbau. Und jetzt kamen Feierschichten und gleichzeitig wurden Überschichten auf Null zurückgefahren.

Das war ein Einkommensrückgang, den viele nur schwer verkraftet haben. Denn drei bis vier Überschichten im Monat waren im Familienbudget mit eingeplant. Doch nach den ersten Feierschichten um 1960 hatte sich alles wieder beruhigt. Und als dann Concordia und Bismarck geschlossen wurden, um zwei so herausragende Zechen zu nennen, da wurde doch die Nachdenklichkeit größer.

(Fortsetzung des Interviews auf Seite 78)

Friedhelm van den Mond

Geboren am 12. März 1932 in Oberhausen, Dipl.-Ing. (Bergbau) a. D. 1979 bis 1997 Oberbürgermeister der Stadt Oberhausen. 1947 bis 1973 beschäftigt bei der Zeche Alstaden, zuletzt als Fahrsteiger, (1961 dort auch Betriebsratsmitglied), zweiter Bildungsweg, Hochschulreife, 1973 bis 1977 Studium an der Ruhr-Universität (Sozialwissenschaft, Politik, Pädagogik), 1977 bis 1979 Referendar in Gelsenkirchen, von März 1979 bis Juni 1984 stellvertretender Abteilungsleiter bei der Bergbau AG Niederrhein, dort ausgeschieden im Rahmen von Anpassungsmaßnahmen im deutschen Steinkohlenbergbau. 1947 Mitglied der IG Bergbau und Energie, 1963 Mitglied der SPD, 1969 Ratsmitglied, 1970 Mitglied des Vorstandes im SPD Unterbezirk, 1975 bis 1979 Bürgermeister, 19. März 1979 bis 15. September 1997 Oberbürgermeister. Vorsitzender des

Verwaltungsrates der Stadtsparkasse Oberhausen, Vorsitzender der Verbandsversammlung KVR, Vorsitzender des Aufsichtsrates der STOAG, des TZU (Technologiezentrum Umweltschutz Management GmbH) und des ZAQ (Zentrum für Ausbildung und Qualifikation e. V.), Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Oberhausen. Ehrenring der Stadt Oberhausen, Ehrenbürger der Stadt Oberhausen, Verleihung der Ehrenbezeichnung Alt-Oberbürgermeister per Ratsbeschluss 1997.


Abb. 5: Friedhelm van den Mond

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22 aralık 2023
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1310 s. 235 illüstrasyon
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9783874683203
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