Kitabı oku: «Sprache und Kommunikation in der beruflichen Aus- und Weiterbildung», sayfa 14

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6. Bildungs- und arbeitsmarktpolitischer Handlungsbedarf zur Sicherung sprachlicher Kompetenzen

Grundlegende sprachliche Kompetenzen, die beim Verlassen der Schulen nicht vorliegen und nachgeholt werden müssen, sind nicht nur eine Hypothek für das Individuum, sondern für die Gesellschaft und Wirtschaft. Schließlich ist – bildungsökonomisch betrachtet – der nachträgliche Erwerb dieser Grundlagen etwa im Übergangssystem, in Ausbildungsbetrieben oder bei der arbeitsplatzorientierten Grundbildung für Geringqualifizierte, sehr zeitaufwendig und kostenintensiv. Hinzu kommt, dass tendenziell gerade für die Zielgruppen mit den meisten Defiziten im Sinne des Matthäus-Effekts am wenigsten ausdifferenzierte übergreifende Förderansätze zur Verfügung stehen.

So fehlt es beispielsweise in der beruflichen Bildung „an empirischer, evaluativer Begleitforschung und einem Konsens, wie Sprachförderung […] aussehen sollte, damit sie wirksam ist“ (Efing 2013b:2). Neben den Konzepten der SprachförderungSprachförderung sind vor allem die zeitlich eingeschränkten Ressourcen in berufsbildenden Schulen zu berücksichtigen. So sind in den berufsvorbereitenden Bildungsgängen der beruflichen Schulen in der Regel nur ein bis drei Stunden Deutschunterricht vorgesehen. Selbst wenn auch der Fachunterricht sprachliche Kompetenzen im Blick hat, können vorhandene Defizite in Deutsch eher nicht ausgeglichen werden. Es stellt sich die Frage, inwieweit ein ein- bis zweijähriger Bildungsgang mit bis zu drei Unterrichtsstunden Deutsch basale Sprachkompetenzen im Sinne nachholender Grundbildung vermitteln kann, die offenbar schon von vielen Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern in neun oder zehn Jahren des allgemeinbildenden Unterrichts nicht vermittelt werden konnten.

Inzwischen haben besonders die berufsvorbereitenden Bildungsgänge eine kompensatorische bzw. kurative Funktion erhalten, der sie aufgrund der vorhandenen Rahmenbedingungen nicht oder nur bedingt gerecht werden können. Auf der einen Seite sollen sie GrundbildungsdefiziteGrundbildungsdefizite – und sprachliche Kompetenzen haben dabei eine entscheidende Rolle – ausgleichen und auf der anderen Seite einen allgemeinbildenden Schulabschluss nachholen, was ein fast unlösbares curriculares Dilemma darstellt.

Wie gravierend die vorhandenen sprachlichen Mängel der Schülerinnen und Schüler in diesen Bildungsgängen sind, zeigt zum Beispiel eine Analyse der schriftsprachlichen Korrektheit in fast 100 Deutscharbeiten an nordrhein-westfälischen Berufskollegs (Klein & Schöpper-Grabe 2010b), in der ein durchschnittlicher Fehlerquotient von 13,5 % ermittelt wurde. Bereits ab einem Fehlerquotienten von mehr als 6,5 % im Bereich Rechtschreibung und Grammatik wird in Thüringen zum Beispiel die Note 6 gegeben oder in der Handelsschule der Freien Hansestadt Bremen ab einem Quotienten von 10,1 % (Brück et al. 2009). Ein so hoher durchschnittlicher Fehlerquotient – selbst in Bildungsgängen mit in der Regel eher leistungsschwachen Jugendlichen – ist bemerkenswert.

Sprachliche und kommunikative Kompetenzen sind das Ergebnis eines langjährigen Lernprozesses, dessen Basis – bezogen auf das Schulsystem – bereits in den Grundschulen gelegt wird. Eine empirische Studie belegt, dass die Rechtschreibfehler in Texten von Viertklässlern seit 1972 dramatisch zugenommen haben. Untersucht wurden Texte aus den Jahren 1972, 2002 und 2012. Im Vergleich zu 1972 hatte sich die Fehlerzahl in den neueren Texten beinahe verdoppelt (Steinig & Betzel 2014), während im Wortschatz und der Textgestaltung beachtliche Verbesserungen festgestellt wurden. Die Wahrscheinlichkeit einer Empfehlung von der Grundschule auf das Gymnasium hängt heutzutage sogar stärker vom Bildungsstand des Elternhauses und dem Rechtschreibniveau ab als zuvor, was zeigt, wie früh sich die Bedeutung sprachlicher Kompetenzen im Hinblick auf die Eröffnung von Bildungswegen bemerkbar macht (Steinig & Betzel 2014:353) und wie wichtig es ist, frühzeitig mit der gezielten Förderung zu beginnen und sie kontinuierlich zu begleiten – mit aufeinander aufbauenden FörderkonzeptenFörderkonzepte auf allen Bildungsstufen.

Aus Perspektive der Wirtschaft sind systematische und zeitintensive Sprachförderungen in der Aus- und Weiterbildung nicht möglich. Gleichwohl ist mit Blick auf die demografische Entwicklung davon auszugehen, dass die Bereitschaft der Betriebe künftig zunehmen wird, bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen mehr als bisher auch auf leistungsschwache Jugendliche zurückzugreifen, um den eigenen Fachkräftebedarf zu decken. Damit rückt die nachholende Sprachförderung in den Fokus. Allerdings müssen dabei immer die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität der Unternehmen gesichert bleiben und die nötigen Ressourcen für das aufwendige, zeitintensive Nachschulen sowie für die Betreuung dieser Jugendlichen vorhanden sein.

Um die Sprachförderung in diese Nachhilfeangebote stärker einbinden zu können, ist eine geeignete staatliche Unterstützung der Ausbildungsbetriebe und der Ausbilder erforderlich, beispielsweise im Rahmen der speziellen Einsteigerprogramme in Großunternehmen sowie der staatlich geförderten Einstiegsqualifizierungen. Ein ähnlicher Handlungsbedarf trifft auch auf die Geringqualifizierten mit unzureichenden SprachkompetenzenSprachkompetenzen in Unternehmen zu: Damit niedrigschwellige sprachbezogene Weiterbildungsangebote für die Zielgruppe in größerem Umfang implementiert werden können, ist es unverzichtbar, vorhandene arbeitsmarktpolitische Förderinstrumente entsprechend auszuweiten. So können bei modularen Teilqualifizierungen bislang Grundbildungsmaßnahmen nicht systematisch vorgeschaltet werden. Durch die Anerkennung von Grundbildungsinhalten – und damit auch der sprachlichen Kompetenzen – als Voraussetzung zur beruflichen (Nach-)Qualifizierung werden Unternehmen und Bildungsträger unterstützt, passgenaue Sprachförderkonzepte in Qualifizierungsmaßnahmen für An- und Ungelernte integrieren zu können.

Literatur

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Die Perspektive der Berufsbildungspolitik

Anke Settelmeyer & Christina Widera

1. Einleitung

Die Perspektive der BerufsbildungspolitikBerufsbildungspolitik auf Sprache und Kommunikation in der beruflichen Ausbildung darzustellen erweist sich als schwierig, denn die Berufsbildungspolitik mit einer zentralen Institution für Berufsbildung gibt es nicht. Berufsbildungspolitik ist vielmehr geprägt von einer Vielzahl von Institutionen und Akteuren, die zudem von Bildungs-, Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitiken beeinflusst werden (Bohlinger 2013:2). Berufsbildungspolitische Entscheidungen werden national auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene getroffen sowie von der Europäischen Union beeinflusst. Weiterhin zeichnet sich die Berufsbildungspolitik aus durch (Büchter 2013:3):

 eine Orientierung an Zielen verschiedener Systeme, in erster Linie an denen des Bildungs- und Beschäftigungssystems,

 eine korporatistische Steuerung durch eine Vielzahl von Akteuren: Interessenverbände, Sozialpartner und staatliche Institutionen, die Aufgaben z.T. an Bündnisse, Arbeitsgruppen und Koordinierungsstellen delegieren. Es gibt ständige Gremien, z.B. den Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), und zeitlich begrenzte Arbeitsgruppen zur Bearbeitung spezieller Themen, z.B. die Allianz für Aus- und Weiterbildung. Die Gestaltung der Berufsbildungspolitik ist durch „vielfältige gesellschaftliche Verflechtungen geprägt“ (Slopinski 2015:189),

 unterschiedliche Geltungsbereiche von Gesetzen und Verordnungen, z.B. Schulrecht, Berufsbildungsgesetz und Handwerksordnung,

 unterschiedliche Finanzierungsquellen insb. durch Wirtschaft, Bund, Länder und Kommunen,

 eine inhaltliche und z.T. institutionelle Ausdifferenzierung, z.B. von Berufsorientierung bis zu Fort- und Weiterbildung.

Innerhalb der Berufsbildungspolitik besteht ein Konsens hinsichtlich der elementaren Bedeutung von Sprache für den Erwerb beruflicher Handlungskompetenz und für berufliches Handeln. Zudem gilt eine angemessene Sprachverwendung als Ausdruck beruflicher Expertise (vgl. Kultusministerkonferenz 2015, Pätzold 2010). Gleichwohl unterscheiden sich berufsbildungspolitische Dokumente erheblich bzgl. der Konzeptualisierung sprachlicher Aspekte und ihrer Elaboriertheit. Im Folgenden wird untersucht, in welcher Weise Sprache in berufsbildungspolitischen Instrumenten thematisiert wird. Im Einzelnen werden vorgestellt

 der Europäische Referenzrahmen Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen, der die Kompetenzen benennt, die über Bildungs- und Lebensphasen hinweg als zentral in einer sich wandelnden Welt erachtet werden,

 die Ausbildungsreife als zentrales Konzept im Übergang Schule – Ausbildung,

 der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR), der die Gleichwertigkeit der Abschlüsse allgemeiner, hochschulischer und beruflicher Bildung hervorhebt, und der zugehörige Metarahmen – der Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR), der Lernleistungen und erworbene Qualifikationen über die Länder Europas transparent macht,

 die Ordnungsmittel als Grundlage für die Gestaltung dualer Ausbildung.

Diese Auswahl ermöglicht es, die Bedeutung der Sprache in unterschiedlichen Phasen der beruflichen Bildung auf nationaler und europäischer Ebene zu analysieren.

2. Sprache …
2.1 … im Europäischen Referenzrahmen Schlüsselkompetenzen für lebenslanges LernenEuropäischer Referenzrahmen Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen

Der 2006 verabschiedete Referenzrahmen Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen ist Teil der Strategie der Europäischen Union, um auf Veränderungen des Arbeitsmarktes durch Globalisierung und die Zunahme wissensbasierter Beschäftigung zu reagieren. Um langfristig Wirtschaftswachstum und Konkurrenzfähigkeit zu sichern, muss die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen erhalten werden, insb. ihre Anpassungsfähigkeit an neue Erfordernisse. Hierfür wird die Entwicklung bestimmter Schlüsselkompetenzen als vordringlich erachtet (Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates, 18.12.2006). Der Referenzrahmen stellt einen Bezugspunkt für die strategische und inhaltliche Ausrichtung der nationalen Bildungspolitiken dar. Obwohl er lediglich als Empfehlung gilt, orientieren sich die EU-Staaten an ihm (Bohlinger 2013:10f., vgl. Kommission der europäischen Gemeinschaften, 25.11.2009). So fließen die Empfehlung z.B. in Programme des lebenslangen Lernens und der Kompetenzfeststellung ein.

Die Bedeutung der Schlüsselkompetenzen wird nicht nur mit dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit begründet, sondern auch mit der persönlichen Entfaltung, dem aktiven Bürgersinn und sozialem Zusammenhalt. Diese breite Verankerung untermauert die Relevanz der Schlüsselkompetenzen. Kompetenzen werden verstanden als Einheit von Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen.

Das dem Referenzrahmen zugrunde gelegte Konzept des lebenslangen Lernens impliziert, dass die Schlüsselkompetenzen auch nach Abschluss der allgemeinbildenden Grundausbildung von Jugendlichen und Erwachsenen stetig weiter zu entwickeln sind.

Es werden acht gleichwertige Schlüsselkompetenzen genannt. Zwei davon, mutter- und fremdsprachliche Kompetenz, sind ausschließlich sprachlichen Themen gewidmet, bei den anderen, z.B. der mathematischen und unternehmerischen, bilden sprachlich-kommunikative Kompetenzen grundlegende Bestandteile.

Muttersprachliche KompetenzMuttersprache wird definiert als „die Fähigkeit, Konzepte, Gedanken, Gefühle, Tatsachen und Meinungen sowohl mündlich wie schriftlich ausdrücken und interpretieren zu können“ sowie sprachlich angemessen und kreativ in allen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten handeln zu können. Dies umfasst im Einzelnen:

 „Kenntnisse in Wortschatz, Grammatik und den Funktionen von Sprache“ und Bewusstsein für z.B. Text- und Gesprächssorten, für Merkmale verschiedener Sprachstile und -register sowie für die Kontextabhängigkeit von Sprache und Kommunikation,

 die Fähigkeit, mündlich wie schriftlich eine Vielzahl von Kommunikationsanlässen situationsspezifisch zu bewältigen, das eigene Kommunikationsverhalten zu beobachten und anzupassen wie auch Hilfsmittel zu nutzen, z.B. Nachschlagewerke;

 die Bereitschaft und das Bestreben zum kritischen und konstruktiven Dialog und das Interesse an der Interaktion mit anderen sowie das Bestreben, Sprache nach ästhetischen Gesichtspunkten zu verwenden (siehe Empfehlung des Europäischen Parlamentes und des Rates 2006).

FremdspracheFremdsprachliche Kompetenz wird entsprechend operationalisiert, ergänzt um das Wissen über kulturelle Aspekte von Sprache und deren Verwendung sowie die Fähigkeit, diese Kenntnisse umzusetzen und Fremdsprachen auch informell lernen zu können. Darüber hinaus soll – auf der Einstellungsebene – kulturelle Diversität geschätzt und Interesse an interkultureller Kommunikation und an Sprachen entwickelt werden.

Mit der umfassenden und expliziten Konzeptualisierung von mutter- und fremdsprachlicher Kompetenz werden ambitionierte Ziele für die Entwicklung dieser Kompetenzen formuliert.

2.2 … im Konzept der AusbildungsreifeAusbildungsfähigkeit

Ausbildungsreife ist ein zentrales Konzept beim Übergang von der allgemeinbildenden Schule in die berufliche Ausbildung. An der Diskussion sind Akteure aus der Wirtschaft, den Gewerkschaften, der Bundesagentur für Arbeit, der Bundesregierung und der Wissenschaft beteiligt, deren Interessen sich z.T. erheblich unterscheiden (Dobischat et al. 2012:23–44).

Eine allgemeingültige Definition von Ausbildungsreife liegt bislang nicht vor. Übereinstimmend werden derzeit darunter die Voraussetzungen verstanden, die Jugendliche befähigen, eine berufliche Ausbildung im Allgemeinen (nicht auf einen bestimmten Beruf bezogen) aufzunehmen und erfolgreich zu beenden (Ebbinghaus 2000). Dem Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland 2010–2014 zufolge ist „Ausbildungsreife … Voraussetzung für Ausbildung“ (2010:5).

Die Feststellung von Ausbildungsreife dient der Differenzierung von an Ausbildung interessierten Jugendlichen in ausbildungsreife und nicht ausbildungsreife, was als Etikettierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung verstanden werden kann (Rützel 1995:111, nach Dobischat et al. 2012:75). Nur ausbildungs- und berufsgeeignete Jugendliche werden von der Bundesagentur für Arbeit als Ausbildungsstellen-Bewerber geführt und vermittelt. Noch nicht ausbildungsreife Jugendliche können berufsvorbereitende Maßnahmen in Anspruch nehmen. Insb. große Betriebe ermitteln über eigene Auswahlverfahren die Ausbildungsreife von Jugendlichen. Verbindliche Angaben zur Anzahl der Jugendlichen, die als (nicht) ausbildungsreif eingestuft werden, liegen nicht vor (Müller-Kohlenberg et al. 2005: 20–23).

Ausbildungsreife ist ein mehrdimensionales Konstrukt, zu dessen Operationalisierung häufig schulische Basiskompetenzen, psychologische Merkmale der Leistung und des Arbeitsverhaltens sowie physische Merkmale herangezogen werden. Dabei werden auch sprachlich-kommunikative Kompetenzen ausdrücklich genannt (Eberhard 2006:18–22). Dies ist auch in dem weit verbreiteten Konzept zur Ausbildungsreife der Bundesagentur für Arbeit (2009) der Fall, das bei der Berufsberatung der Bundesagentur eingesetzt wird. Die Beratenden sollen entsprechende Kompetenzen und Interessen der Bewerberinnen und der Bewerber auf der Grundlage vorliegender (berufsbezogener) Dokumente (Zeugnisse, Lebenslauf, schriftliche Informationen der Bundesagentur über Berufe) und des Beratungsgesprächs einschätzen. Bei Bedarf wird der Psychologische Dienst zu einer differenzierten Sprachstandsfeststellung hinzugezogen (zu den Verfahren vgl. Fachstelle berufsbezogenes Deutsch 2014:26f).

 Die schulischen Basiskenntnisse umfassen(Recht)Schreiben: Einfache Texte sollen handschriftlich leserlich, verständlich und zusammenhängend unter Anwendung von Grundkenntnissen der Rechtschreibung und Zeichensetzung verfasst werden.Lesen: Texten sollen unter Anwendung von Texterschließungsstrategien Informationen entnommen werden; Interesse am Lesen soll vorhanden sein.Sprechen/Zuhören: Hierzu gehören sich verständlich und zusammenhängend sowie der Situation angemessen ausdrücken zu können.

 Zu den psychologischen Leistungsmerkmalen zählen u.a. die Fähigkeit, mit anderen angemessen, situations- und kontextspezifisch zu kommunizieren wie auch weitere personale und soziale Kompetenzen, bei deren Einschätzung unter anderem die Art der Verwendung von Sprache berücksichtigt wird. Konfliktfähigkeit umfasst z.B. die Fähigkeit, eigene Bedürfnisse deutlich ansprechen zu können.

Auch dem Konzept der Ausbildungsreife liegt ein umfassender Begriff von Sprache zugrunde. Dieser wird jedoch nicht explizit formuliert, sondern muss aus den Operationalisierungen erschlossen werden. Die Attestierung der Ausbildungsreife erfolgt auf der Grundlage aller Merkmale, ohne dass der Stellenwert einzelner Aspekte eigens ausgewiesen wird. Welche Bedeutung sprachlichen Aspekten bei der Attestierung zukommt kann daher nicht präzise beziffert werden.

Wie relevant die sprachlich-kommunikativen Aspekte, die bei der Einschätzung der Ausbildungsreife herangezogen werden, im Verlauf der beruflichen Ausbildung tatsächlich sind, ist nur teilweise erforscht (Baumann 2014, Ebbinghaus et al. 2016, Ehrenthal et al. 2005).

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