Kitabı oku: «Strafrecht Besonderer Teil», sayfa 14

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b) Objektiver Tatbestand

251Tab. 8: Prüfungsaufbau § 240 StGB


252Der objektive Tatbestand des § 240 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass eines der Nötigungsmittel (Gewalt, Drohung mit einem empfindlichen Übel) vorliegt und dass ein Nötigungserfolg (Handlung, Duldung, Unterlassen)[435] eingetreten ist, der auf der Nötigungshandlung beruht (Kausalität). Obwohl es im Tatbestand explizit heißt, »wer einen Menschen rechtswidrig … nötigt«, wird die Rechtswidrigkeit auch bei § 240 StGB erst nach dem objektiven Tatbestand geprüft[436] – allerdings mit der Besonderheit, dass der Begriff der Rechtswidrigkeit aus Abs. 1 in Abs. 2 konkretisiert wird und deshalb bei der Rechtswidrigkeit anders als sonst nicht nur negativ geprüft wird, ob sie trotz Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes ausnahmsweise entfällt, sondern positiv festgestellt werden muss, ob das tatbestandliche Verhalten überhaupt rechtswidrig ist (vgl. Rn. 223 ff. unten).[437]

aa) Gewalt

253(1) Gewaltbegriff: Der Gewaltbegriff des § 240 Abs. 1 StGB ist einer der umstrittensten Begriffe des Besonderen Teils.[438] Es wird gemeinhin zwischen der die Willensbildung oder -betätigung ausschließenden Gewaltform vis absoluta (z.B. KO-Schlagen, Einsperren, Fesseln) und der den Willen nur beugenden vis compulsiva (mit dem Auto auf jemanden zufahren, damit er zur Seite springt[439]; jemanden am Arm festhalten; jemanden schlagen, damit er etwas |111|Bestimmtes tut) unterschieden.[440] Bei der vis compulsiva hat der Betroffene anders als bei der vis absoluta zumindest theoretisch die Möglichkeit, sich nicht so zu verhalten, wie es der Nötigende will.

254Eine Mindermeinung vertritt, dass die absolute Gewalt nicht vom Tatbestand des § 240 StGB umfasst sei. Charakteristisch für die Nötigung sei es, dass der Genötigte in seiner Willensbildung oder -betätigung beeinträchtigt werde. Gerade dies geschehe bei der Anwendung absoluter Gewalt jedoch nicht, dem Genötigten bleibe keine alternative Handlungsoption, er handle nicht gezwungenermaßen, weil ihm die Hoheit über seine Willensbetätigung gänzlich entzogen werde.[441] Die h. M. hält dagegen, dass die absolute Gewalt erst recht erfasst sein müsse, wenn bereits die willensbeugende Gewalt tatbestandsmäßig sei.[442] Folgt man dieser Ansicht, erübrigt sich die Unterscheidung zwischen vis absoluta und vis compulsiva im Rahmen des § 240 StGB, da beide gleich behandelt werden. Anders ist dies allerdings bei der (räuberischen) Erpressung, vgl. dort Rn. 962.

255Das zentrale Problem des § 240 StGB ist die Frage, welche Verhaltensweisen bereits Gewalt darstellen, wie also die untere Grenze des Gewaltbegriffs zu bestimmen ist. Am besten lässt sich die Diskussion nachvollziehen, wenn man die Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung Revue passieren lässt.[443]

256Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts war unter Gewalt »ausschließlich die durch Anwendung körperlicher Kraft erfolgte Beseitigung eines tatsächlich geleisteten oder bestimmt erwarteten und deshalb von vorneherein durch Körperkraft zu unterdrückenden Widerstandes« zu verstehen.[444] Der zitierten Entscheidung des RG lag ein Fall zugrunde, in dem das Opfer mit heimlich in sein Getränk gegebenem Morphium außer Gefecht gesetzt werden sollte, um es bestehlen zu können. Das RG entschied, dass es sich dabei nicht um Gewalt im Sinne des § 240 StGB handle, da der Widerstand des Opfers nicht durch Körperkraft überwunden, sondern ihm durch die Betäubung vorgebeugt worden sei.[445]

257Als der BGH Anfang der 1950er Jahre über einen ähnlichen Fall zu entscheiden hatte, zog er eine weitere Auslegung des Gewaltbegriffs heran.[446] Demnach sollte auch das Beibringen eines Betäubungsmittels ohne erhebliche körperliche Kraftentfaltung unter den Gewaltbegriff des Nötigungstatbestandes |112|fallen, da »[v]om Opfer her gesehen […] die rasch lähmende Wirkung eines Betäubungsmittels ebenso eine körperliche Überwindung oder Verhinderung des Widerstandes« sei, »wie etwa ein betäubender Schlag oder ein anderer Körperzwang, dessen Eigenschaft als Gewaltanwendung nicht bezweifelt wird«. Es sei daher »für die strafrechtliche Beurteilung unwesentlich, welches Maß körperlicher Betätigung der Täter zur Beibringung des Betäubungsmittels aufwenden muß«.[447] Demnach bedarf es für das Vorliegen von Gewalt nur noch einer direkten Einwirkung auf den Körper des Opfers, was beim Beibringen von Betäubungsmitteln, aber auch beim Verwenden einer Schusswaffe und beim Einsperren des Opfers gegeben ist. Auf eine erhebliche Kraftentfaltung des Täters kommt es nicht mehr an. Diese Rechtsprechung wird häufig unter dem Schlagwort der »Vergeistigung des Gewaltbegriffs« gefasst.[448]

258Die nächste Zäsur in der Entwicklung des Gewaltbegriffs erfolgte im Kontext politischer Demonstrationen und Streiks. Ende der 1960er Jahre entschied der BGH, dass eine Blockade von Straßenbahngleisen nötigende Gewalt darstelle: »Die Studenten, die sich auf den Gleiskörper der Straßenbahn setzten oder stellten, um damit den Straßenbahnverkehr zu blockieren, nötigten die Führer der Straßenbahn mit Gewalt, ihre Fahrzeuge anzuhalten. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, daß die Studenten die Straßenbahn nicht durch unmittelbaren Einsatz körperlicher Kräfte aufhielten, sondern nur mit geringem körperlichem Kraftaufwand einen psychisch determinierten Prozeß in Lauf setzten. Entscheidend ist hierbei, welches Gewicht der von ihnen ausgeübten psychischen Einwirkung zukam. […] Stellt sich ein Mensch der Bahn auf den Schienen entgegen, so liegt darin die Ausübung eines Zwanges, der für den Fahrer sogar unwiderstehlich ist; denn er muß halten, weil er sonst einen Totschlag beginge.«[449] Mit dieser Entscheidung wurde – nachdem der BGH bereits das Maß der erforderlichen körperlichen Kraftentfaltung auf der Seite des Täters extrem reduziert hatte – nun auch das Erfordernis der körperlichen Wirkung des Nötigungsmittels auf den Betroffenen aufgegeben.

259Der Gewaltbegriff verlor so zunehmend an Konturen, was u.a. wegen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes problematisch ist. Das Bundesverfassungsgericht hat daher in seiner dritten »Sitzblockadenentscheidung«[450] im Jahr 1995 eine derart weite Auslegung des Gewaltbegriffs für verfassungswidrig erklärt: »Da die Ausübung von Zwang auf den Willen Dritter bereits im Begriff der Nötigung enthalten ist und die Benennung bestimmter Nötigungsmittel in § 240 Abs. 2 StGB die Funktion hat, innerhalb der Gesamtheit denkbarer Nötigungen die strafwürdigen einzugrenzen, kann die Gewalt |113|nicht mit dem Zwang zusammenfallen, sondern muß über diesen hinausgehen. Deswegen verband sich mit dem Mittel der Gewalt im Unterschied zur Drohung von Anfang an die Vorstellung einer körperlichen Kraftentfaltung auf seiten des Täters. […] An der Körperlichkeit als Gewaltmerkmal hat die Rechtsprechung seitdem zwar festgehalten, auf die Kraftentfaltung jedoch so weitgehend verzichtet, daß nunmehr bereits die körperliche Anwesenheit an einer Stelle, die ein anderer einnehmen oder passieren möchte, zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Gewalt genügt, falls der andere durch die Anwesenheit des Täters psychisch gehemmt wird, seinen Willen durchzusetzen. Das Tatbestandsmerkmal der Gewalt wird dadurch in einer Weise entgrenzt, daß es die ihm vom Gesetzgeber zugedachte Funktion, unter den notwendigen, unvermeidlichen oder alltäglichen Zwangseinwirkungen auf die Willensfreiheit Dritter die strafwürdigen zu bestimmen, weitgehend verliert.«[451] Das Bundesverfassungsgericht hat mit dieser Entscheidung festgelegt, dass nur ein durch physische Einwirkung vermittelter Zwang das Merkmal der Gewalt in § 240 Abs. 1 StGB erfüllt. Es reicht nicht aus, dass der vermeintlich Genötigte sich nur gezwungen fühlt.

260Nur ein Jahr nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung lag dem BGH erneut ein Blockade-Fall zur Entscheidung vor.[452] Gezwungenermaßen nahm das Gericht die Einschränkungen der Verfassungsrichter auf, kam aber dennoch zu einer Strafbarkeit nach § 240 StGB, indem es darauf abstellte, dass bei dem nun zu entscheidenden Fall im Gegensatz zu dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen nicht nur ein einzelnes, sondern eine Vielzahl von Fahrzeugen blockiert wurde. Es möge zwar zutreffen, dass der erste an einer Blockade ankommende Autofahrer lediglich psychisch gehindert sei, weiterzufahren, da er niemanden verletzen will. Den nachfolgenden Autofahrern hätten jedoch »infolge des Verhaltens der Blockierer nicht zu beseitigende physische Hindernisse […] in Form vor und hinter ihnen auf der Fahrbahn angehaltener Fahrzeuge« entgegengestanden. »[D]iese Fahrer konnten ihre Fahrt nicht fortsetzen, selbst wenn psychischer Zwang sie nicht beeindruckt haben würde.« [453] Der BGH kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass zumindest in Bezug auf die nicht in erster Reihe vor einer Straßenblockade stehenden Autofahrer trotz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gewalt und damit eine Nötigung vorliegt, da sie an der Weiterfahrt durch die vor ihnen stehenden Fahrzeuge nicht nur psychisch, sondern physisch gehindert seien. Zu Recht wurde diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs u.a. wegen der darin zum Ausdruck kommenden Weigerung, die Wertungen des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen, harsch kritisiert.[454] Es wird u.a. eingewandt, dass |114|durch die »Zweite-Reihe«-Konstruktion die Strafbarkeit der Blockierer davon abhängig gemacht wird, ob zufällig weitere Fahrzeuge an die Blockade heranfahren oder nicht.[455] Nachdem das Bundesverfassungsgericht selbst lange offen gelassen hat, ob diese »Zweite-Reihe-Rechtsprechung« verfassungskonform ist,[456] stellte es Anfang 2011 in einer Entscheidung über eine Sitzblockade vor einem US-Luftwaffenstützpunkt ausdrücklich klar, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.[457] Das BVerfG geht allerdings nicht davon aus, dass die Blockierer eigenhändig Gewalt ausüben, sondern dass es sich um eine mittelbare Täterschaft handelt.[458] Die ersten Fahrzeugführer seien Tatmittler, deren Strafbarkeitsdefizit im Verhältnis zu der zweiten Reihe darin bestehe, dass sie sich in einem rechtfertigenden Notstand nach § 34 StGB befänden. Sie seien daher Werkzeug der Blockierer. Problematisch ist an dieser Konstruktion allerdings, dass die Blockierer über den Fahrer des ersten Fahrzeugs weder Irrtums- noch Nötigungsherrschaft (§ 240 Abs. 1 StGB ist ja gerade nicht erfüllt) ausüben, was aber gemeinhin als Voraussetzung für die »Werkzeugqualität« des Tatmittlers angesehen wird.[459]

261Das Erfordernis der körperlichen Wirkung auf der Seite des Genötigten, welches das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung von 1995 so stark gemacht hatte, wird in der neueren Karlsruher Rechtsprechung wieder demontiert.[460] In Hinblick auf »Drängeln« im Straßenverkehr (dichtes Auffahren, Einsatz der Lichthupe etc.) führte es bezüglich der Auswirkungen dieser Fahrweise beim Bedrängten aus: »Werden diese […] körperlich empfunden, führen sie also zu physisch merkbaren Angstreaktionen, liegt Zwang vor, der – auch gemessen an verfassungsrechtlichen Maßstäben – Gewalt sein kann […]. Zwar ist das Angstempfinden der Menschen unterschiedlich und deshalb weichen auch ihre körperlichen Reaktionen auf bedrängendes Fahren voneinander ab. Dies ist jedoch kein Argument, das der Annahme nötigender Gewalt im Straßenverkehr unter Hinweis auf eine mangelnde Tatbestandsbestimmtheit des § 240 StGB entgegengehalten werden kann. Bei bedrängender Fahrweise muss ein Fahrzeugführer grundsätzlich damit rechnen, dass sein Verhalten zu Furchtreaktionen anderer Verkehrsteilnehmer führen kann.«[461] Dem sind die eigenen Argumente des Bundesverfassungsgerichts aus seiner Entscheidung von 1995 entgegenzustellen: Ein Gewaltbegriff, der letztlich |115|jedes Verhalten erfasst, das eine unangenehme Wirkung beim Opfer hervorruft, hat seine Begrenzungsfunktion verloren. Außerdem überschreitet eine solche Auslegung des Begriffs der Gewalt die Wortlautgrenze.

262Angesichts dieser Entwicklungen in der Rechtsprechung lässt sich zweierlei feststellen: Der Gewaltbegriff ist durch seine sprachliche Weite und seine Anwendungsgeschichte konturlos und deshalb verfassungsrechtlich höchst problematisch. Damit geht einher, dass seine Auslegung in der Rechtsprechung derart vielgestaltig, zum Teil widersprüchlich und abhängig vom Einzelfall ist, dass sich eine herrschende Definition dessen, was »Gewalt« im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB sein soll, kaum finden lässt.[462] Die gebotene Beschränkung des Gewaltbegriffs lässt sich gleichwohl nur erreichen, wenn auf eine »echte« physische Zwangsentfaltung und -wirkung bestanden wird.

263(2) Gewalt gegen Sachen oder Dritte: Abgrenzungsschwierigkeiten können auch in solchen Fällen auftreten, in denen auf eine Sache oder eine dritte Person eingewirkt wird und dies wiederum eine nötigende Wirkung auf das Opfer hat. Hier ist zu beachten, dass angesichts des oben dargestellten Gewaltbegriffs Gewalt grundsätzlich nur in physisch vermitteltem Zwang besteht, also gegenüber dem Nötigungsopfer selbst ausgeübt werden muss. In Ausnahmefällen kann aber auch eine mittelbare Nötigungshandlung eine physisch vermittelte Zwangswirkung entfalten, so dass der Tatbestand dennoch erfüllt ist. Ein solcher Fall kann etwa vorliegen, wenn ein Vermieter während einer Frostperiode die Heizung abstellt, um den Mieter zum Ausgleich offener Mietforderungen oder zum Auszug zu bewegen. Dieses Verhalten wirkt sich physisch auf die Mieter aus, da es »das Verbleiben in der Wohnung geradezu unmöglich macht und gesundheitliche Gefahren heraufbeschwören kann. Jedenfalls wegen dieser Auswirkungen dürfte das Zudrehen der Heizung ebenso als Nötigung mit Gewalt zu werten sein, wie das Aushängen von Fenstern und Türen.«[463]

264(3) Umgang mit dem Gewaltbegriff in der Klausur: In der Klausur müssen die bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten des Gewaltbegriffs nur dargestellt werden, wenn tatsächlich ein Grenzfall vorliegt – etwa wenn fraglich ist, ob die Kraftentfaltung auf Täterseite ausreicht oder ob der auf das Opfer ausgeübte Zwang physisch vermittelt ist. In einem solchen Fall kommt es entscheidend darauf an, darzulegen, welche Probleme ein ausufernder Gewaltbegriff angesichts des ultima-ratio-Prinzips und des Bestimmtheitsgebots birgt. Gelingt eine problemzentrierte Darstellung der Diskussion, ist es für die Bewertung der Klausur unerheblich, welcher Auffassung man sich anschließt. Als Kurzdefinition für alle eindeutigen Fälle kann man sich einprägen, dass Gewalt jeder |116|physisch ausgeübte und physisch wirkende Zwang[464] ist, der der Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstands dient.[465]

bb) Drohung mit einem empfindlichen Übel

265Die zweite Begehungsalternative des § 240 Abs. 1 StGB ist das ausdrückliche oder konkludente[466] »Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt […]«[467]. Es ist dabei also unerheblich, »ob der Täter die Ausführung seiner Drohung beabsichtigt und ob sie für ihn überhaupt ausführbar ist«.[468] Es kommt – u.a. in Abgrenzung zu einer bloßen Warnung[469] – allein darauf an, ob das Opfer glaubt, dass der Drohende Einfluss auf die Verwirklichung des angedrohten Übels hat.

266Diese subjektive Auslegung wird durch das Erfordernis der Empfindlichkeit begrenzt. Dadurch werden nur solche Übel erfasst, deren Androhung »bei objektiver Betrachtung geeignet ist, einen besonnenen Menschen in seiner konkreten Situation zu dem damit erstrebten Verhalten zu bestimmen […]. […] Die Drohung mit bloßen Unannehmlichkeiten oder Enttäuschungen [genügt nicht].«[470] Der Tatbestand ist außerdem dann nicht erfüllt, »wenn von dem Bedrohten in seiner Lage erwartet werden kann, daß er der Drohung in besonnener Selbstbehauptung standhält«.[471] Es kann also durchaus sein, dass eine Drohung für jemanden subjektiv äußerst schwerwiegend erscheint und sie dennoch das Kriterium der Empfindlichkeit des § 240 Abs. 1 StGB nicht erfüllt, da es auf die Perspektive eines fiktiven besonnenen Menschen in der Lage des Bedrohten ankommt. So war es in einem vom BGH entschiedenen Fall,[472] in dem der Angeklagte seiner Freundin gedroht hatte, es sei »zwischen ihnen aus«, wenn sie nicht in den Geschlechtsverkehr mit einem Dritten einwillige. Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass »der der Freundin angedrohte Nachteil auch und gerade unter Berücksichtigung ihrer besonderen Lage kein empfindliches Übel« darstelle. »Sie hatte nur zu befürchten, die Freundschaft des Angekl., der sie gerade noch im Stich gelassen hatte, zu verlieren, dafür aber ihre geschlechtliche Ehre gegenüber dem ihr fremden Dritten zu wahren. […] Für sie standen sich damit ein erheblicher persönlicher Nachteil (ungewollter |117|Geschlechtsverkehr) und eine bloße Enttäuschung (Trennung vom Angekl.) gegenüber. Das rechtfertigt nicht die Anwendung des § 240 StGB.«[473]

267Umstritten ist, ob auch die Drohung mit einem Unterlassen den Tatbestand des § 240 Abs. 1 StGB erfüllt.[474] Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung ging lange davon aus, dass nur die Drohung mit einem garantenpflichtwidrigen Unterlassen ein empfindliches Übel darstellen könne, weil es dem Drohenden in den übrigen Fällen rechtlich ja gerade freistehe, ob er aktiv wird. Es handele sich also um die Androhung eines rechtmäßigen Verhaltens, was nicht tatbestandsmäßig sein dürfe.[475] Der BGH positionierte sich zu dieser Frage neu, als er darüber zu entscheiden hatte, ob es eine Nötigung darstellt, wenn ein Kaufhausdetektiv einem beim Diebstahl ertappten Mädchen in Aussicht stellt, keine Anzeige zu erstatten, wenn sie mit ihm schlafe. Nach Auffassung des BGH bestehe »kein Anlaß, nur die Ankündigung eines Unterlassens, das gegen eine Rechtspflicht zum Handeln verstößt, unter das Tatbestandsmerkmal der ›Drohung mit einem empfindlichen Übel‹ zu subsumieren, die Ankündigung rechtmäßigen Unterlassens aber generell davon auszunehmen […]. Die generelle Ausklammerung der Ankündigung rechtmäßigen Unterlassens aus den Tatbeständen der §§ 240, 253 StGB würde in Fällen, in denen die Koppelung dieser Ankündigung und des angestrebten Zwecks als verwerflich erscheint, zur Privilegierung derjenigen führen, die mit dem In-Aussicht-Stellen eines ein empfindliches Übel realisierenden, wenn auch nicht rechtswidrigen Unterlassens ihre Intentionen ebenso effektiv verfolgen wie andere, die mit einem Tun drohen.«[476] Entscheidendes Korrektiv sei stattdessen die »Verwerflichkeitsklausel« des § 240 Abs. 2 StGB, weshalb die Strafbarkeit einer Drohung mit dem Unterlassen eines rechtlich nicht gebotenen Tuns – mithin die Drohung mit einem erlaubten Verhalten – nicht schon auf Tatbestandsebene, sondern ggf. bei der Rechtswidrigkeit zu verneinen sei.[477] In dem geschilderten Fall ist die Verwerflichkeit freilich zu bejahen.

cc) Taterfolg

268Erfolg der Nötigung ist ein Tun, Dulden oder Unterlassen des Genötigten. Insbesondere bei Fällen der vis absoluta ist darauf zu achten, dass nicht schon die Duldung des Nötigungsmittels zur Vollendung der Tat führt, da die Nötigung ein zweiaktiges Delikt ist.[478] Der Einsatz des Nötigungsmittels muss dazu führen|118|, dass der Genötigte daraufhin etwas anderes tut, duldet oder unterlässt.[479] Die Nötigung zu einem bestimmten Handeln (oder Unterlassen) ist jedoch »nicht erst dann vollendet, wenn der Genötigte die verlangte Handlung in vollem Umfang vorgenommen hat; es genügt, daß er unter der Einwirkung des Nötigungsmittels mit ihrer Ausführung begonnen hat«[480].

269Die Nötigungshandlung muss ferner »im kausalen Sinne zu dem vom Täter angestrebten Verhalten des Opfers führen. Führt das Nötigungsmittel nicht zum Erfolg oder beruht das Opferverhalten auf einem anderen Umstand, ist die Tat nicht vollendet; es kommt nur Versuch in Betracht.«[481] Das vom Täter angestrebte Verhalten darf also auch nicht durch einen ganz anderen Umstand als die Nötigungshandlung bewirkt worden sein. Der BGH hat in dem zitierten Beschluss allerdings entschieden, dass es dem Kausalitätserfordernis noch genügt, wenn eine Straßenblockade dazu führt, dass die Polizei den Bereich weiträumig absperrt und Autofahrer deshalb einen anderen Weg wählen müssen. Die Zwangswirkung der Polizeiabsperrung könne den Blockierern zugerechnet werden.[482] Dies erscheint zweifelhaft, da die vermeintlich abgenötigte Entscheidung des Autofahrers, einen anderen Weg zu wählen, auf der Intervention durch die Polizei beruht. Diese entscheidet nicht nur selbst nach pflichtgemäßem Ermessen, ob sie einschreitet, sondern etwa auch, wie großflächig sie absperrt.[483]

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