Kitabı oku: «Venture Capital Reinvented: Markt, Recht, Steuern», sayfa 4
Begriffsbestimmung
Corporate Governance
Der Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance definiert Corporate Governance als „die Gesamtheit der auf das nachhaltige Unternehmensinteresse ausgerichteten Grundsätze, die unter Wahrung von Entscheidungsfähigkeit und Effizienz auf der obersten Unternehmensebene Transparenz und ein ausgewogenes Verhältnis von Führung und Kontrolle anstreben.“[7] Es geht folglich um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den einzelnen Organen der Gesellschaft (Stichwort: checks and balances) sowie Transparenz (d.h. die Offenlegung bestimmter Informationen) und dies alles unter Wahrung von Entscheidungsfähigkeit und Effizienz.[8]
Typische Corporate Governance Themen umfassen die Entscheidkompetenzen von Exekutive und Aktionariat, die Nomination und Zusammensetzung von Verwaltungsrat und Management, die Organisation des Verwaltungsrats, der Umgang mit Interessenkonflikten, die Vergütung von Verwaltungsrat und Management, das Verhältnis von Mehrheits- und Minderheitsaktionären sowie allgemein die Ausübung von Aktionärsrechten.
Venture Capital-Unternehmen
„Venture Capital-Unternehmen“ im Sinne dieses Beitrags sind Portfoliofirmen von Venture Capital-Investoren. Für Venture Capital charakteristisch sind die private Finanzierung mit Risikokapital in einer frühen Phase der Unternehmensentwicklung mit dem Ziel der Finanzierung eines Entwicklungs- oder Wachstumsschritts. Dabei bringt der Venture Capital-Investor nebst der eigentlichen Finanzierung oft auch Know-how ein. Schliesslich ist begriffswesentlich, dass jedem Investor ein geregelter Exit nach einer gewissen Zeit bzw. der Erreichung eines Meilensteins offensteht.[9]
Das Verhältnis zwischen Investor, Gründer und Portfoliogesellschaft ist also von Anfang an eine Beziehung auf Zeit mit einem bestimmten Ziel, welches in der Regel im Businessplan vorgezeichnet wird. Rechtlich abgesichert wird dieses gemeinsame Vorhaben durch einen Investitionsvertrag und einen Aktionärbindungsvertrag (samt Statuten und Organisationsreglement).[10] Dabei übernimmt der Venture Capital-Investor meist eine Minderheitsbeteiligung. Aus diesem Grund braucht der Investor gewisse Schutzrechte[11], damit er das Venture Capital-Unternehmen aus seiner Sicht auf Kurs halten und die Mitaktionäre daran hindern kann, vom gemeinsam abgemachten Plan abzuweichen.[12] Diese Schutzrechte werden teils vertraglich[13] teils gesellschaftsrechtlich[14] ausgestaltet.
Für Venture Capital-Unternehmen besonders relevante Corporate Governance Themen
Viele Corporate Governance-Empfehlungen sind primär auf Publikumsgesellschaften zugeschnitten und für Venture Capital-Unternehmen u.a. mangels weitläufiger Organisation (noch) nicht relevant (z.B. ein Vergütungs- oder Nominationsausschuss). Aber der Grundgedanke von Corporate Governance gilt auch hier: die Sicherstellung der Wahrung der Aktionärsinteressen durch geeignete „checks and balances“ unter Wahrung der Entscheidungsfähigkeit und Effizienz des Unternehmens. In Venture Capital-Unternehmen haben dabei die Nomination, Zusammensetzung und Organisation von Verwaltungsrat und Management, der Umgang mit Interessenkonflikten und das Verhältnis von Mehrheits- und Minderheitsaktionär besondere Relevanz.
Der vorliegende Beitrag verzichtet darauf, einen umfassenden Überblick über die Herausforderungen der Corporate Governance eines Venture Capital-Unternehmens in den verschiedenen Entwicklungsphasen zu geben.[15] Stattdessen soll lediglich auf drei klar umrissene Themenbereiche eingegangen werden: den Umgang mit Interessenkonflikten im Verwaltungsrat (nachstehend III.), die Frage der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit von Zustimmungserfordernissen in Organisationsreglementen (nachstehend IV.) und schliesslich der Bedeutung von ESG für Venture Capital-Unternehmen (nachstehend V.).
Interessenkonflikte im Verwaltungsrat eines Venture Capital-Unternehmens
Interessenkonflikte im Verwaltungsrat kommen in Venture Capital-Unternehmen tendenziell häufig vor.[16] Grund dafür sind insbesondere die kleineren Verhältnisse, welche dazu führen, dass involvierte Personen neben der Rolle des Verwaltungsratsmitglieds im Normalfall mehrere andere Funktionen ausüben. Paradebeispiel dafür ist der Gründer, der als Verwaltungsratspräsident amtet und daneben auch noch die Rollen des (Haupt-)Aktionärs, Arbeitnehmers und CEO auf sich vereint. Wie bereits vorstehend angemerkt, kommt der Umstand hinzu, dass ein Venture Capital-Unternehmen oftmals ein heterogenes Aktionariat besitzt. Da sind nebst Gründern regelmässig auch Investoren verschiedener Finanzierungsrunden, Führungskräfte und andere Angestellte beteiligt und teilweise im Verwaltungsrat vertreten.
Gesetzliche Regelung
Das schweizerische Aktienrecht kennt keine ausdrücklichen Ausstandsregeln.[17] Lehre und Rechtsprechung haben aber aus der in Art. 717 Abs. 1 OR statuierten Treuepflicht verschiedene Regeln hinsichtlich Interessenkonflikten abgeleitet. Es ist grundsätzlich Aufgabe des Verwaltungsrates, in einem allgemeinen Beschluss, bei entsprechender Ermächtigung in den Statuten am effizientesten wohl im Rahmen des Organisationsreglementes, in Konkretisierung der allgemeinen Treuepflicht die nötigen Bestimmungen aufzustellen[18] oder im Einzelfall ad hoc Massnahmen zu ergreifen[19]. Da diese Regelungen bzw. Entscheide u.a. das Stimmrecht des einzelnen Verwaltungsratsmitglieds betreffen, sind der Befugnis des Gesamtverwaltungsrats diesbezüglich aber Grenzen gesetzt. Wie gross dabei dessen Spielraum ist, ist umstritten.[20]
Ausgangspunkt ist der Grundsatz, dass jedes Verwaltungsratsmitglied eine Stimme hat.[21] Um diese Stimme auszüben, muss es nicht ganz „reinen Herzens“ und uninteressiert sein. Das Verwaltungsratsmitglied darf, ja muss sogar, seine Stimme auch in Angelegenheiten ausüben, in denen es gewisse persönliche, der Gesellschaft mehr oder minder zuwiderlaufende Interessen hat.[22] In diesem Bereich vertraut das Aktienrecht darauf, dass sich jedes Verwaltungsratsmitglied pflichtgemäss entsprechend dem kategorischen Vorrang des Gesellschaftsinteresses[23] verhält. Diese Regelung ist insofern zwingend, als Statuten und Organisationsreglement für solche Konstellationen nicht gültig einen Stimmrechtsausschluss statuieren können.[24] Organisationsreglemente, gemäss welchen Verwaltungsratsmitglieder bereits in den Ausstand treten müssen, wenn sie von einem Beschluss in ihren Interessen berührt sind, sind in dieser Allgemeinheit rechtlich nicht gültig.[25] Eine blosse Berührung eigener Interessen reicht für das Erlöschen des gesetzlich verliehenen Kopfstimmrechts nicht aus.[26] Anders liegen die Dinge am anderen Ende des Spektrums bei Vorliegen eines intensiven Interessenkonflikts, insbesondere des sog. diametralen Interessengegensatzes, der zur Ausstandspflicht und zum Stimmrechtsausschluss führt.[27] In diesen Fällen wird unwiderlegbar vermutet, dass das entsprechende Verwaltungsratsmitglied dem Gesellschaftsinteresse nicht den Vorrang gibt und schliesst es von der Entscheidfindung aus.
Zwischen den Polen „blosses Berührtsein“ und „diametraler Interessengegensatz“ erstreckt sich eine Grauzone, innerhalb derer es dem Verwaltungsrat obliegt, bei Bedarf die nowendigen Bestimmungen zu erlassen bzw. im Einzelfall die notwendigen Entscheidungen zu treffen.[28] Massstab ist hierbei stets die Wahrung des Gesellschaftsinteresses, wobei je nach ihren Eigenheiten Gesellschaften in dieser Grauzone unterschiedlich schutzbedürftig sind. Es ist durchaus vorstellbar, dass eine Gesellschaft aufgrund ihrer Branche oder Geschäftstätigkeit darauf angewiesen ist, jeglichen Anschein zu vermeiden, dass ein Verwaltungsratsmitglied seine Stimme nicht allein im Interesse der Gesellschaft ausübt.[29] Dann sind rigorosere Ausstandsregeln sachlich gerechtfertigt und gültig.[30] Im Normalfall ist jedoch Zurückhaltung angezeigt. Das Stimmrecht des einzelnen Verwaltungsratsmitglieds steht nicht einfach so zur Disposition. Es gilt auch hier das Verhältnissmässigkeitsprinzip und das Übermassverbot.[31] Nur wenn die Gesellschaft in der konkreten Situation ein überwiegendes Interesse daran hat, die Stimmrechtsausübung des einzelnen Verwaltungsratsmitglieds zu verhindern und kein milderes Mittel ausreicht, das Gesellschaftsinteresse zu wahren, rechtfertigt sich der Stimmrechtsausschluss.[32]
Interessenkonflikte im Verwaltungsrat von Venture Capital-Unternehmen
Da aufgrund der engeren Verhältnisse, der Vertretung verschiedener Aktionärsinteressen und der Kumulation verschiedener Rollen im Verwaltungsrat eines Venture Capital-Unternehmens Interessenberührungen sprichwörtlich an der Tagesordnung sind, ist der Gesamtverwaltungsrat solcher Unternehmen gut beraten, im Organisationsreglement Klarheit zu schaffen und eine geeignete (und rechtlich gültige) Regelung zu treffen.
Die SECA-Musterdokumentation ist dabei eine gute Basis.[33] Sie orientiert sich inhaltlich am Entwurf für den Artikel 717a OR von 2007[34] und statuiert zunächst eine Pflicht, als Verwaltungsratsmitglied seine Angelegenheiten so zu regeln, dass Interessenkonflikte möglichst vermieden werden.[35] Sobald ein potentieller Interessenkonflikt zu Tage tritt, muss das entsprechende Verwaltungsratsmitglied den Verwaltungsratspräsidenten[36] informieren.[37] Der Verwaltungsratspräsident muss daraufhin dem Gesamtverwaltungsrat den spezifischen Umständen entsprechend geeignete Massnahmen vorschlagen und dieser entscheidet darüber ohne die Stimme des entsprechenden Verwaltungsratsmitglieds.[38] Eine Ausstandspflicht trifft ein Verwaltungsratsmitglied nur bei eigentlichen Interessenkonflikten.[39] Nach dem Prinzip „we know it when we see it“ wird dabei der Interessenkonflikt selbst nicht näher definiert. Schliesslich statuiert das SECA-Muster-Organisationsreglement bei permanentem Interessenkonflikt eine Pflicht zum Rücktritt.[40]
Die im SECA-Muster-Organisationsreglement vorgeschlagene Regelung entbindet zwar den Verwaltungsrat nicht davon, im Einzelfall die Interessenlagen seiner Mitglieder zu prüfen, die Intensität allfälliger Konflikte einzuschätzen und die notwendigen Massnahmen zu treffen, sie enthält aber hinsichtlich dieser Aufgabe immerhin klar umrissene Handlungspflichten der Mitglieder (Mitteilungspflicht, Ausstandspflicht, Rücktrittspflicht), des Verwaltungsratspräsidenten (Beurteilungs- und Antragspflicht) und des Gesamtverwaltungsrats (Beschlusspflicht bezüglich Vorliegen eines Interessenkonflikts und notwendiger Massnahmen) sowie klare, praxistaugliche Vorgaben zur zweistufigen Vorgehensweise.[41]
Zustimmungserfordernisse im Verwaltungsrat (Urteil des Handelsgerichts Zürich vom 28. Oktober 2015, HG140114-O)
Das Handelsgericht Zürich fällte am 28. Oktober 2015 ein Urteil, welches vielleicht nicht gerade Schockwellen durch die hiesige Venture Capital-Welt sandte, aber doch für ein gerüttelt Mass an Unsicherheit und Kopfschütteln sorgte.[42] Denn das Gericht brandmarkte etablierte und damit für solche Investitionen als selbstverständlich angenommene Corporate Governance-Regelungen[43] als rechtswidrig. Es kommt hinzu, dass der Entscheid nicht ans Bundesgericht weitergezogen wurde, womit eine höchstrichterliche Beurteilung ausblieb und der Entscheid in Rechtskraft erwuchs. Er gehört deshalb zur geltenden Praxis, welche bei der Beratung von Venture Capital-Investoren berücksichtigt werden muss. So behilft man sich seither nach dem Prinzip der Vorsicht mit Notlösungen, ohne von der Richtigkeit des Entscheids wirklich überzeugt zu sein.[44] Worum ging es im Entscheid konkret?
Sachverhalt und Fragestellung
Die C. Holding AG war eine nicht börsenkotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich, die im Handel mit CO2-Zertifikaten tätig war. Der Beklagte war Gründungspartner, seit 1. Dezember 2006 Mitglied und seit 27. August 2010 Vizepräsident des Verwaltungsrates der C. Holding AG. Zugleich übte er die Funktion des CEO aus. Die Klägerin war Finanzinvestorin[45] und investierte als solche Mitte 2010 in die C. Holding AG.[46] Zu diesem Zweck schloss sie am 29. Juni 2010 u.a. mit dem Beklagten einen Aktionärbindungsvertrag ab, gemäss welchem die Klägerin als Minderheitsaktionärin das Recht hatte, ein Mitglied des Verwaltungsrats zu bestimmen.[47] Das von der Klägerin delegierte Verwaltungsratsmiglied wurde als sog. „B Director“ bezeichnet. Gemäss Aktionärbindungsvertrag bedurften gewisse Sachgeschäfte der Zustimmung des B Director wie folgt:
„7.2 Board Reserved Matters – limitations on management
No action shall be taken or resolution passed by the Board or the Subsidiary Board in respect of the following matters (‚Board Reserved Matters‘), without the consent of the majority of the Directors present at the relevant Board Meeting and the consent of both B Directors: […] c) the appointment, removal and conditions of employment and any changes thereto of the chief executive officer of the Company or the Subsidiary; d) the appointment, discharge, remuneration and conditions of employment and any changes thereto of any employee of any Group Company whose aggregate gross annual earnings are equal to or in excess of EUR 200,000; […].“
Eine gleichlautende Bestimmung fand sich im Organisationsreglement wie folgt:
„The following resolutions shall be deemed passed when adopted […] with the consent of both B Directors (‚Board Reserved matters‘): […] c) the appointment, removal and conditions of employment and any changes thereto of the chief executive officer of the Company or the Subsidiary; d) the appointment, discharge, remuneration and conditions of employment and any changes thereto of any employee of any Group Company whose aggregate gross annual earnings are equal to or in excess of EUR 200,000; […].“
Die Klägerin erhob als Aktionärin Verantwortlichkeitsklage nach Art. 754 OR gegen den Beklagten als Verwaltungsrat und CEO der C. Holding AG. Sie warf ihm vor, ohne die erforderliche Zustimmung des Verwaltungsrats unrechtmässig Vergütungen bezogen zu haben und machte geltend, dass dadurch der C. Holding AG ein Schaden entstanden war. Ihre Klage ging auf Leistung dieses Schadens an die Gesellschaft (Art. 756 OR).
Entscheidend war die Frage, ob eine Pflichtwidrigkeit vorlag. Gemäss der Klägerin hatte der Beklagte seine Pflichten verletzt, indem er ohne gültigen Verwaltungsratsbeschluss eine höhere Vergütung bezogen hat.[48] Sie machte geltend, dass die vom Verwaltungsrat gefassten Budgetbeschlüsse ungültig waren, da das im Organisationsreglement vorgesehene Zustimmungserfordernis der B Directors missachtet wurde.
Der Beklagte machte geltend, dass eine reglementarische Bestimmung, wonach nur bestimmten Personen im Verwaltungsrat das Recht zukomme, positive Beschlüsse zu verhindern, ungültig sei und dem Kopfstimmprinzip und dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspreche. Die Klägerin könne sich zur Begründung ihrer Klage somit nicht auf ein „Vetorecht ad personam“, welches lediglich einem individuell bestimmten Mitglied des Verwaltungsrates zustehen soll, berufen. Das „Veto“ des von der Klägerin delegierten B Director anlässlich der Budgetgenehmigung führte daher nicht zur Widerrechtlichkeit der vom Beklagten bezogenen Vergütungen, weshalb auch keine Pflichtverletzung vorliegen könne.
Die zentrale Frage war deshalb, ob in Organisationsreglementen vorgesehene Zustimmungserfordernisse zulässig sind.[49]
Urteil
Das Gericht kam zum Schluss, dass ein solches Zustimmungserfordernis in einem Organisationsreglement in der Tat unzulässig sei, da es mit dem Kopfstimmprinzip und dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar sei und überdies – im Bereich der Ernennung und Abberufung der mit der Geschäftsführung und der Vertretung betrauten Personen – einen unzulässigen Eingriff in die unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrats darstelle.[50] Deshalb seien die Verwaltungsratsbeschlüsse hinsichtlich Budgets, welche indirekt auch die verschiedenen Saläre absegneten, trotz Nichterfüllung des reglementarischen Zustimmungserfordernisses gültig. Folglich lag keine Pflichtverletzung vor und die Haftung unter Art. 754 OR wurde abgelehnt.
Erwägungen
Das Gericht hält zunächst fest, dass die in Ziff. 3.6.3 des Organisationsreglements enthaltene Regelung kein Vetorecht sondern ein Zustimmungserfordernis ist[51] und dass Art. 713 Abs. 1 OR bezüglich der Beschlussfassung des Verwaltungsrats von der einhelligen Literatur als dispositiv erachtet wird.[52] Nach einer Auseinandersetzung mit verschiedenen Lehrmeinungen zum Pluralstimmrecht und zu Einstimmigkeitserfordernissen hält das Gericht fest, dass sich nur Forstmoser und Waldburger explizit zur Zulässigkeit spezifischer Zustimmungserfordernisse bzw. Vetorechte einzelner Mitglieder oder Gruppen äussern und deren Zulässigkeit unter Hinweis auf das Kopfstimmprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz ablehnen.
„Aus dem Kopfstimmprinzip ergibt sich, dass jeder Verwaltungsrat nur eine Stimme besitzt. Ein Mehr- oder Pluralstimmrecht einzelner Mitglieder ist unzulässig. Dabei handelt es sich um einen zwingenden Grundsatz, eine statutarische oder reglementarische Verankerung eines Pluralstimmrechts ist unzulässig. Das Kopfstimmprinzip ergibt sich aus der Gleichberechtigung aller Verwaltungsratsmitglieder sowie aus ihrer gleichgelagerten Verantwortlichkeit […].
Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichts. So führte es in BGE 71 I 188 E. 5 aus, dass in einem demokratischen Rechtsstaat grundsätzlich die Prinzipien der Gleichberechtigung und des Mehrheitsentscheids gelten würden. Die Gleichberechtigung bestehe aber nur, wenn jeder Verwaltungsrat über die gleiche Stimmkraft verfüge.“ (E. 4.3.4)
Kritik
Organisation des Verwaltungsrats: Gestaltungsfreiheit als Grundsatz
Das Aktienrecht überlässt die innere Organisation des Verwaltungsrats weitgehend der Gesellschaft selber. Sie ist ein Kernpunkt der Gestaltungsfreiheit jeder Gesellschaft.[53] Das Gesetz enthält nur wenige Vorschriften, welche die Organisation und die Abläufe innerhalb des Verwaltungsrats regeln, und selbst diese wenigen Regelungen gelten nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zumeist als dispositiv.[54]
Kopfstimmprinzip und Grundsatz der Gleichbehandlung
Das Kopfstimmprinzip besagt, dass jedes Verwaltungsratsmitglied eine Stimme haben soll. Es hat keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage[55], entspricht aber herrschender Lehre und Rechtsprechung.[56]
Fraglich ist jedoch, ob auch jedes Verwaltungsratsmitglied die identische Stimmkraft haben muss. Diesbezüglich wird in der Lehre meist auf den Grundsatz der Gleichbehandlung verwiesen. Das Bundesgericht scheint bereits aus dem Kopfstimmprinzip abzuleiten, dass jedes Verwaltungsratsmitglied die gleiche Stimmkraft haben muss. Es folgert dies in einem Entscheid aus dem Jahre 1945 aus der in aArt. 762 Abs. 3 OR statuierten Bestimmung, dass Vertreter einer an der AG interessierten öffentlichrechtlichen Körperschaft im Verwaltungsrat gleiche Rechte und Pflichten haben wie die von der Generalversammlung gewählten Mitglieder. Dies sei nur gewährleistet, wenn jedes Mitglied über die gleiche Stimmkraft verfügt.
Diese Argumentation überzeugt nicht. Die Bestimmung sagt nichts darüber aus, ob innerhalb der von der Generalversammlung gewählten Mitglieder absolut gleiche Stimmkraft herrschen muss. Es darf nur nicht so sein, dass die Vertreter der öffentlichrechtlichen Körperschaften diesbezüglich benachteiligt werden.
Soweit ersichtlich ist es in Lehre und Rechtsprechung unklar, ob das Kopfstimmprinzip auch beinhaltet, dass jedes Mitglied zwingend die gleiche Stimmkraft haben muss, oder ob hierzu das Prinzip der Gleichbehandlung von Verwaltungsratsmitgliedern bemüht werden muss.
Wenn man diese Unterscheidung vornimmt, wird klar, dass eine Abweichung vom Kopfstimmprinzip tendenziell schwerer wiegt als eine Abweichung vom Prinzip der Gleichbehandlung der Verwaltungsratsmitglieder. Im ersteren Fall wird dem einzelnen Mitglied das Stimmrecht an sich entzogen, während im letzteren Fall alle Verwaltungsratsmitglieder zumindest eine Stimme haben. Ein Verwaltungsratsmitglied hat jedoch gesellschaftsrechtlich sowieso kein Anrecht auf eine bestimmte relative Stimmkraft im Verwaltungsrat, hängt doch die Grösse des Verwaltungsrats – und damit die relative Stimmkraft des einzelnen Verwaltungsratsmitglieds im Gesamtgremium – von den statutarischen Vorgaben und den Wahlentscheiden der Generalversammlung ab.
In jedem Fall gilt weder das Kopfstimmprinzip noch der Grundsatz der Gleichbehandlung von Mitgliedern des Verwaltungsrats, hier verstanden als Grundsatz der identischen Stimmkraft für alle Verwaltungsratsmitglieder, im schweizerischen Gesellschaftsrecht absolut. Es ist zwar sicherlich nicht zulässig, einem Verwaltungsratsmitglied in den Statuten oder Reglementen generell das Stimmrecht abzuerkennen. Das Schweizer Recht sieht aber selbst einige Abweichungen vom Kopfstimmprinzip und vom Grundsatz der Gleichbehandlung vor. Es handelt sich dabei namentlich um die folgenden: