Kitabı oku: «Das Mal der Burgherrin», sayfa 5
Kapitel 9
Margareta starrte traurig von dem Fenster ihres Gemachs auf die weiße Winterlandschaft. Zwei Wochen nach dem Weihnachtsfest hatte ihre Blutung eingesetzt und somit all ihre Hoffnungen auf ein Kind zerschlagen. Was sollte sie nur tun? Wäre Simon doch noch da! Dann wäre alles in Ordnung. Es klopfte an die Tür und Frau Eleonore trat ein.
„Da seid Ihr ja, Herrin, ich habe Euch schon gesucht.“ Eleonore sah die Tränen in den Augen der Gräfin.
„Was habt Ihr denn, Margareta?“
„Ach Eleonore, heute hat meine Blutung eingesetzt. Ich hatte so gehofft, dass ich schwanger wäre!“
„Ihr werdet es schon noch schaffen, Gräfin. Ihr trinkt doch erst seit drei Wochen von dem Tee der Kräuterfrau. Ihr müsst ihn bestimmt noch eine ganze Weile weiter nehmen, bis er richtig wirken kann. Ich habe mal gehört, dass solche Sachen eine Zeit brauchen.“
„Ich hoffe, du behältst recht. Vielleicht sollte ich wirklich noch ein bisschen abwarten und weiter hoffen.“
„Warum ich eigentlich nach Euch gesucht habe, ist, dass Johanna nach Euch gefragt hat. Ich glaube, es geht um zwei Mägde, die auf Geheiß Eures Neffen bei Berta in der Küche arbeiten sollen.“
„So? Seit wann mischt sich denn Walther in solche Dinge ein?“
Margareta wischte sich die Tränen aus den Augen und begab sich mit Eleonore zu den Wirtschaftsräumen, wo Johanna auf sie wartete.
„Gräfin, ist es denn rechtens, dass Walther zwei neue Mägde einstellt, zumal es sich um Schankmägde aus dem Wirtshaus handelt?“, fragte die Hauswirtschafterin aufgebracht.
Schankmägde waren für ihre mangelnde Moral bekannt.
„Normalerweise regeln das schon noch der Graf und ich“, antwortete Margareta, „aber hatte sich Berta nicht unlängst darüber beschwert, dass sie zu wenig Hilfe hätte, zumal zwei Mägde das Bett hüten müssen, weil sie so stark erkältet sind? Im Winter ist es immer schwer, neue Leute zubekommen. Ich denke, wir sollten es mit den beiden versuchen. Schankmägde sollen gut mit anpacken können. Wenn sie sich etwas zuschulden kommen lassen, können wir sie immer noch wegschicken.“
„Also gut, Herrin. Ich werde ihnen die kleine Kammer im Gesindehaus zuweisen, die gerade leer steht. Die können sie sich teilen.“
„Wo sind die beiden?“
„Sie warten bei Berta in der Küche.“
Margareta ging zur Küche, um sich die beiden neuen Mägde anzusehen.
„Ihr beiden seid also die neuen Mägde?“
„Ja, Herrin“, sagten Helga und Louise fast gleichzeitig und taten einen tiefen Knicks vor der Gräfin.
„Seid ihr Geschwister? Ihr gleicht euch.“
„Ja, Herrin wir sind Schwestern. Ich heiße Helga und das ist meine jüngere Schwester Louise.“
„Ihr werdet nun für Berta in der Küche arbeiten. Ich hoffe, dass ihr euch an ihre Anweisungen haltet und dass mir keine Klagen kommen und das meine ich in jeder Hinsicht. Der Wirt aus dem Dorf wird wohl nicht gerade begeistert sein, wenn er gleichzeitig zwei Kräfte verliert.“
„Im Winter sind ohnehin nicht so viele Gäste da und bis zum Frühjahr wird er jemand Neues gefunden haben.“
Die Gräfin begab sich schnellen Schrittes auf den Weg, um Walther zu suchen. Was bildete der sich ein! Er verhielt sich gerade, als wäre er der Graf persönlich. Da musste er sich schon noch ein paar Jährchen gedulden, wenn das überhaupt einmal der Fall sein würde. Sie fand ihn bei den Knappen im Rittersaal.
„Ich möchte gerne mit dir reden, allein.“
Die Knappen verließen eilig den Saal.
„Walther, ich möchte dich nur darauf hinweisen, dass die Einstellung von Mägden nicht zu deinen Aufgaben gehört. Die beiden können zwar bleiben, weil wir wirklich jemanden brauchen, aber das nächste Mal überlässt du diese Dinge Philipp und mir. Ich hoffe, du hast die beiden aus purer Menschenliebe eingestellt und nicht aus dem Grund, den ich vermute. Ich möchte keine Beschwerden hören.“
„Aber werte Tante, Ihr könnt Euch darauf verlassen, dass ich sie nur eingestellt habe, weil sie mir im Gasthaus so leid getan haben. Das nächste Mal werde ich Euch vorher fragen. Darauf könnt Ihr Euch verlassen“, entgegnete Walther und verneigte sich vor der Gräfin. Er hatte gewusst, dass dieser Schritt nicht leicht sein würde, aber innerlich kochte er vor Wut über die Rüge. Als Margareta gegangen war, hieb er wütend gegen die Wand, was er sogleich bereute, denn zu seinem lahmen Bein konnte er keine schmerzende Hand gebrauchen.
Margareta wusste nicht so recht, was sie nun tun sollte. Sie beschloss, hinauf in den Bergfried zu gehen. Dort saß sie gerne und betrachtete die Landschaft, wenn sie traurig war. Sie setzte sich ans Fenster und schaute über die Burgmauer auf den verschneiten Weg und hing ihren Gedanken nach. Auf einmal erblickte sie eine Gestalt am Horizont. Wer mochte sich mitten im Winter alleine auf den Weg zur Burg machen? Sie schaute genauer hin und erkannte bei seinem Näherkommen einen groß gewachsenen Mann mit einem langen Bart, der sich auf einen großen Stab stützte, an welchem ein Beutel hing. Der Mann trug einen braunen zerschlissenen Mantel mit Kapuze, der fast bis zum Boden reichte. Über der Kapuze hatte er einen braunen Hut, an dem etwas Helles befestigt war. In Kürze würde er bei den Wachen um Einlass bitten. Sollte sie hinunter gehen, um zu sehen, was der Fremde wollte oder sollte sie lieber abwarten, bis man sie rief. Margareta spürte ein Kribbeln im Bauch. Die Neugier trieb sie die Treppen hinunter. Der Fremde hatte bereits um Einlass gebeten und passierte das Burgtor.
„Guten Tag Fremder, was wollt Ihr hier?“, fragte Margareta.
„Seid gegrüßt, Burgherrin! Ich bin ein Pilger und komme aus Santiago di Compostela und bin auf dem Heimweg nach Mainz. Ich wollte fragen, ob man mir für die Nacht Unterkunft gewährt.“
Margareta erkannte nun, dass es sich bei dem Hellen, was seinen Hut zierte, um eine weiße Muschel handelte. Sie hatte schon davon gehört, dass diese Muscheln das Zeichen derer waren, die sich auf den Weg zu den Gebeinen des Heiligen Jakobus gemacht hatten.
„Seid gegrüßt Pilger, ich heiße Euch herzlich auf unserer Burg willkommen.“
Zu einem Knecht gewandt, der den Fremden neugierig betrachtete, sagte Margareta: „Rufe Bertram her, er soll dem Pilger eine Kammer zuweisen und ihm zeigen, wo er sich frisch machen kann. Wie heißt Ihr, Fremder?“
„Mein Name ist Cornelius von Stein und Ihr seid wohl Margareta von Homburg, nehme ich an. Es ist mir eine Ehre Euch kennenzulernen.“
Der Pilger verneigte sich tief vor Margareta.
„Heute Abend, beim Essen werdet Ihr uns hoffentlich viele spannende Geschichten über Eure Reise erzählen! Da werdet Ihr auch meinen Mann, Graf Philipp, kennenlernen. Ich freue mich darauf.“
Margareta ging frohen Mutes von dannen. Von den Pilgerreisen erzählte man sich viele abenteuerliche Geschichten. Der Pilger würde heute Abend für genügend Zerstreuung sorgen, sodass sie nicht wieder über ihre Probleme nachgrübeln musste. Zuerst ging sie zu Philipp und bereitete ihn auf den Gast vor. Dann begab sie sich in die Küche und trug Berta auf, einen besonderen Braten zuzubereiten.
Als endlich die Zeit des Abendmahls gekommen war, war Margareta fast die Erste, die den Rittersaal betrat und am Herrentisch Platz nahm. Nach und nach füllte sich der Saal. Als der Pilger erschien, winkte sie ihn herbei.
„Nehmt hier bei uns Platz, damit wir Euren Erzählungen lauschen können.“
Walther, der von allem, was mit Kirche zu tun hatte, nichts wissen wollte, bog noch rechtzeitig ab, als er den Pilger bei Margareta erblickte und nahm bei den Knappen Platz.
Cornelius von Stein begrüßte Philipp und die anderen Anwesenden und verbeugte sich vor ihnen, bevor er Platz nahm. Er hatte gebadet und wirkte nicht mehr so staubig.
„Ihr kommt also gerade aus Santiago di Compostela?“, fragte Bruder Hubertus neugierig, während er gierig in einen Hahnenschlegel biss.
„Ja, ich bin dort vor drei Monaten aufgebrochen, nachdem ich an dem Grab des heiligen Jakobus betete und erhört wurde.“
„Um was habt Ihr denn bei dem Heiligen vorgesprochen?“, wollte Philipp wissen.
„Ich litt monatelang unter schrecklichen Schmerzen am Bein. Die Schmerzen fingen im großen Zeh an und zogen durch den Fuß, bis ich mein ganzes Bein vor Schmerzen kaum noch bewegen konnte. Ich konnte nur noch an Krücken gehen. Kein Bader und kein Doktor konnten meine Beschwerden lindern. Deshalb beschloss ich, mich auf diese Pilgerreise zu begeben und hoffte, dass Gott mir helfen würde, wie er schon viele vor mir mit den unterschiedlichsten Gebrechen geheilt hatte. Ich schloss mich einem Pilgerzug an, wo ich anfangs hinten auf einem Wagen aufsitzen konnte. Die Reise war sehr beschwerlich und mein Bein schmerzte, doch als ich in Santiago di Compostela ankam, konnte ich schon fast ohne Krücken zu dem Grab pilgern. Als ich meine Bitten und Gebete gesprochen und meine Opfergaben dargebracht hatte, spürte ich keine Schmerzen mehr! Ich konnte mein Bein bewegen, als wäre nie etwas gewesen! Nie werde ich diesen Moment vergessen!“
„Das ist ja unfassbar!“, rief Margareta aus.
„Für den Laien mag das unfassbar klingen, ist es aber nicht“, entgegnete Bruder Hubertus. „Solche Wunder geschehen immer wieder bei den Pilgerreisenden. Ein Mönch aus Reichenau zum Beispiel, erlangte in Santiago di Compostela sogar sein Augenlicht wieder und ich habe schon von vielen gehört, die dort von ihren Gebrechen durch Gotteshilfe geheilt wurden. Sogar ein Aussätziger wurde vom Aussatz befreit. Doch Gott heilt nicht nur Krankheiten, er hilft auch denen, die andere Hilfe benötigen. So wurden manche ihre Geldsorgen los, als sie von der Pilgerreise zurückkamen, weil ihr Land wieder fruchtbar geworden war und eine Mutter fand ihr lang vermisstes Kind wieder, das man schon für tot gehalten hatte.“
Margareta hörte diesen Erzählungen mit voller Begeisterung zu. Wenn Gott das alles bewirken konnte, konnte er auch dafür sorgen, dass sie noch ein Kind bekäme! So begann sie gleich, Cornelius einige Fragen zu stellen.
„Welches ist denn die beste Zeit für eine solche Pilgerreise?“
„Am besten bricht man auf, wenn der Schnee geschmolzen ist und das ganze Tauwasser schon weggeflossen ist. Also im Monat April.“
„Wie lange ist man dann unterwegs?“
„Es kommt darauf an, ob man zu Fuß oder mit dem Pferd reist, oder ob man ein Gespann dabei hat. Zu Fuß kann man je nach Konstitution zwei bis vier Meilen am Tag zurücklegen. Auf dem Rückweg war ich nur zu Fuß unterwegs, habe aber selten über drei Meilen am Tag geschafft. Eine Reise dieser Länge zehrt an den Kräften und man braucht öfters eine längere Ruhepause. In den Sommermonaten ist es für uns dort unvorstellbar heiß. Man reist dann am besten in den frühen Morgenstunden und am Abend, wenn die Sonne tiefer steht. Tagsüber, vor allem in der Mittagshitze, rastet man besser an einer schattigen Stelle. Eine solche Reise kann zwischen drei und zwölf Monaten dauern.“
„Ist man als Pilger überall willkommen und gibt es auch Gefahren, mit denen man rechnen muss?“
„Man ist zwar überall willkommen, muss aber in vielen Gasthäusern auch aufpassen, dass man nicht übers Ohr gehauen oder sogar im Schlaf ausgeraubt wird. Ich hatte sogar von jemandem gehört, der vom Betreiber eines Gasthauses selbst ausgeraubt wurde!“
„Wirklich? Das ist ja unerhört! Da denkt man, als Pilger hätte man einen besonderen Stand und dann muss man sich noch vor solchen Halunken in acht nehmen!“, warf Bruder Hubertus empört ein.
„Am besten kommt man in den Klöstern am Wegesrand unter. Dort ist man vor solchen Spitzbuben sicher. Reisen sollte man immer in einer größeren Gruppe. Dann kann nachts einer Wache halten und Räuber werden abgeschreckt. Diese gibt es nämlich unterwegs zu genüge. So mancher Pilger ist nie an seinem Ziel angekommen. Vor allem in den Bergen muss man besonders vorsichtig sein. Dort gibt es viele unübersichtliche Stellen und Hinterhalte.“
„Eine solche Reise birgt wohl viele Gefahren!“, warf Philipp ein, der Margaretas Absichten erraten hatte.
Doch Cornelius milderte das Gesagte gleich wieder ab. „Ihr müsst aber auch bedenken, wie viele Tausende zu Pilgerreisen aufbrechen und gesund wieder heimkommen. Es ist wirklich nur ein ganz kleiner Teil, bei dem etwas schief geht. Deshalb sage ich, dass sich eine Pilgerreise in jedem Fall lohnt und ich würde es jederzeit wieder tun.“
Cornelius hob sein Glas und leerte es in einem Zug. Er hatte nun genug geredet und war müde. Er war schließlich auch am heutigen Tag einige Meilen unterwegs gewesen. Cornelius verabschiedete sich und zog sich zurück. Morgen früh wollte er gleich wieder weiterziehen. Er konnte es kaum erwarten, seine Heimat wieder zu sehen.
Kapitel 10
Philipp ging ungeduldig in seinem Turmgemach auf und ab. Nachdem der Pilger vor ein paar Wochen die Homburg mit seinem Besuch beehrte, hatte er sich tatsächlich von Margareta zu einer Pilgerreise nach Santiago di Compostela überreden lassen. Seine Frau war wie besessen von dem Gedanken, dass diese Reise ihr das erhoffte Kind bescheren würde. Wenn es nach ihm ginge, würde er lieber den Sommer auf der Burg verbringen. Er war schließlich auch nicht mehr der Jüngste. Doch so waren nun viele Dinge vorzubereiten. Sie hatten entschieden, wer alles mitkommen sollte und dass Rupert, Philipps ältester Ritter, die Rolle des Kastellans übernehmen würde. Walther sollte Rupert so gut es ging unter die Arme greifen. Philipp hatte seinem Neffen bereits alles gezeigt, was er hierfür wissen musste. Es bestand schließlich immer noch die Möglichkeit, dass Walther eines Tages Graf der Homburg werden würde.
Die Ritter Thomas und Theodorich, sowie drei Knappen würden sie begleiten. Vom Gesinde kamen die Zofe Grete, eine Magd namens Elvira und Fuhrmann Berthold mit.
Eleonore würde als Margaretas Gesellschafterin mitreisen.
Philipp wartete ungeduldig auf den Mönch, den Abt Stephanus vom Kloster Wörschweiler ihnen für die Reise zur Verfügung stellen wollte. Dieser war schon einmal in Santiago di Compostela gewesen und sprach im Gegensatz zu Philipp und Margareta sehr gut Spanisch und Französisch. Bruder Hubertus wäre zwar auch gerne mitgekommen, aber weil er kein Spanisch sprach, entschied man sich ihn lieber für die geistlichen Belange der Burgbewohner zu Hause zu lassen.
Auf einmal hörte der Graf, wie der Wachmann das Eintreffen des Mönchs meldete. Erleichtert öffnete er die Tür, als es klopfte.
„Tretet ein und seid gegrüßt.“
Der Mönch betrat das Turmgemach und verneigte sich kurz vor dem Grafen.
„Seid gegrüßt, Graf Philipp. Mein Name ist Bruder Frederikus. Ihr habt mich wohl schon erwartet, um mit mir über die Pilgerfahrt zu sprechen.“
„Das ist richtig Bruder. Habt ihr die Karten dabei?“
„Ja, ich breite sie hier auf dem Tisch aus.“
Während der Mönch mehrere Landkarten, die im Besitz des Klosters Wörschweiler waren, auf dem großen runden Tisch ausbreitete, rief Philipp nach seinem Diener Bertram.
„Schicke bitte Thomas und Theodorich her. Sie sollen auch bei der Besprechung dabei sein und bring uns bitte etwas zu trinken.“
Kaum war der Mönch fertig, kamen auch schon die Ritter herbei geeilt, für die diese Reise ein großes Abenteuer war. Man versammelte sich um den großen Tisch und sah sich die Karten an, als es an der Tür klopfte und Margareta um Einlass bat.
„Erlaubt Ihr mir, bei der Besprechung dabei zu sein? Ich fahre schließlich auch mit und möchte gerne wissen, was auf mich zu kommt.“
Bruder Frederikus, der es nicht gewohnt war, dass sich eine Frau um solche Dinge kümmerte, musterte Margareta nur erstaunt, räusperte sich und ergriff dann das Wort: „Der offizielle Pilgerweg aus dem „Liber Sancti Jacobi“ beginnt in Vézelay, ein gutes Stück südwestlich von Paris. Wenn wir dort angekommen sind, geht es über eine festgelegte Pilgerroute, die durch Bourges, Limoges, Périgueux, Roncevalles, Pamplona, Santo Domingo de la Calzada, Léon und schließlich nach Santiago di Compostela führt.“
Der Mönch zeigte mit einem Stab die Städte auf der Karte.
„Auf dieser Route ist man auf Pilger eingestellt und meistens freundlich gesinnt. Es gibt viele Unterkünfte, die man benutzen kann. Nur in den Bergen muss man mit Überfällen rechnen, was aber bei einer Gruppe unserer Größe auch schon fast auszuschließen ist. Im April und Mai kann es noch öfters regen, aber ab Juni wird es dort viel heißer und trockener, als es bei uns im Sommer ist.“
„Wie kommen wir aber am sichersten nach Vézelay? Bis dorthin ist es auch noch ein gutes Stück.“
„Am besten reisen wir über Gemünd nach Puttelange und von dort weiter über Nancy und Neufchâteau, wo wir bald die Grenze zwischen Lothringen und Frankreich passieren werden. Obwohl Pilger eigentlich keine Zölle bezahlen müssen, gibt es an manchen Übergängen und auch Flüssen Zöllner, die sich trotzdem und sogar mit Gewalt ihren Zoll erstreiten wollen. Aber als große Gruppe haben wir das Glück, das wir uns gut durchsetzen können.“
“Die sollen nur mal versuchen irgendwelche krummen Geschäfte zu machen! Dann kriegen sie es mit mir zu tun!“, ereiferte sich Thomas.
„Wie geht es dann nach der Grenze weiter?“
„In Burgund gelangen wir nach Chaumont, Châteauvillain und Châtillon, bis wir Vézelay erreichen.“
„Das wäre also im Großen und Ganzen die Strecke. Die Flüsse fahren wir dann wohl nicht hinunter?“
„Nein, das ist nicht notwendig. Wir müssen zwar hin und wieder einen Fluss überqueren, und kurz vor Vézelay auch ein Stück den Fluss Armancon entlang fahren, aber längere Passagen sind nicht zu empfehlen, das würde mit dem Wagen und den vielen Pferden zu teuer werden.“
„Wie sieht es mit der Ausrüstung aus?“
„Wir brauchen auf jeden Fall Zelte, weil wir nicht überall Unterkunft bekommen werden. An Kleidung brauchen wir für die erste Zeit dicht gewebte Sachen, die den Regen nicht durchlassen und später für die Hitze am besten dünne, helle Kleidung, die vor Sonne schützt. Dort unten gibt es Hüte, mit weiten Krempen, die die Sonne abhalten. Diese können wir uns vor Ort besorgen.“
„Kochgeschirr werden wir auch brauchen“, warf Thomas ein.
„Ja, auf jeden Fall. Aber um diese Dinge, sowie um die Essensvorräte und die Wasserschläuche wird sich die Magd Elvira unter Bertas Anleitung kümmern“, erklärte Margareta.
„Aber Graf, ich hoffe, wir nehmen für die lange Reise nicht nur Wasser mit!“
„Ein paar edlere Tropfen werden wir schon noch einpacken. Aber vergiss nicht, dass wir eine Pilgerfahrt machen und da werden Entbehrungen schon auf dich zukommen.“
„Gewiss, Herr Graf!“, rief Thomas.
Bruder Frederikus fuhr in seiner Planung fort: „Unser Infirmarius richtet mir noch ein paar Kräuter und Salben, die wir vielleicht bei bestimmten gesundheitlichen Beschwerden benötigen. Was noch ganz wichtig ist, ist, dass Ihr den größten Teil Eures Geldes, welches Ihr mitnehmt, an verschiedenen Stellen in Eure Kleidung einnähen lasst und nur einen kleinen Teil im Geldbeutel aufbewahrt. Dann kann Euch bei einem Überfall oder wenn ein Taschendieb im Gedränge zu dicht an Euch herankommt, nie alles gestohlen werden.“
„Das werden die Edelfrauen gerne erledigen“, warf Margareta ein.
„Wann werden wir aufbrechen, Graf?“
„Wir werden das Osterfest abwarten und am nächsten Tag früh morgens aufbrechen. Bis dahin werden die Böden anfangen zu trocknen und wir werden gut vorwärtskommen. Hat noch jemand Fragen?“
„Ich denke, vorerst ist alles geklärt“, antworteten die Ritter einstimmig.
„Gut, dann lasst uns zum Essen gehen, dort werden sie schon auf uns warten.“
Bruder Frederikus räumte die Karten zusammen und dann begaben sie sich gemeinsam zum Rittersaal, wo man mit dem Auftragen des Essens schon begonnen hatte.
Bruder Hubertus erwartete sie schon sehnsüchtig. Auch wenn er selbst nicht mitkam, interessierte er sich sehr für die Pilgerreise, außerdem freute er sich auf Bruder Frederikus, den er schon lange nicht mehr gesehen hatte.
„Sei gegrüßt, Bruder Frederikus! Ich hoffe es geht dir gut.“
„Sei gegrüßt, Bruder Hubertus. Mir geht es gut. Und dir hoffentlich ebenso.“
„Seid ihr mit eurer Besprechung fertig geworden?“
„Ja. Wir wissen nun genau, wo es lang geht und was wir alles benötigen. Nach dem Osterfest werden wir aufbrechen.“
„Das ist gar nicht mehr so lange. Man hat schon eifrig mit den Vorbereitungen begonnen.“
Frederikus und Hubertus redeten über die Pilgerfahrt, bis sie schließlich das Thema wechselten und sich über ihr gemeinsames Leben im Kloster Wörschweiler unterhielten und noch ein paar neue Begebenheiten austauschten.