Kitabı oku: «Das Mal der Burgherrin», sayfa 4
Kapitel 7
Einige Wochen, nachdem Simon zu Grabe getragen worden war, zog wieder Alltag in die Burg ein. Der Winter hatte sich des Landes bemächtigt und überall lag hoher Schnee. Die Fenster der Burg waren fest verschlossen und mit dicken Tüchern verhangen. Nur am Morgen ließ man frische Luft ein. Auf dem Burghof lag hoch Schnee und zwischen den einzelnen Gebäuden hatte man Wege freigeschaufelt. Die Tiere waren in den Ställen, wohin sich auch die Gaukler zurückgezogen hatten, als der Schneefall Anfang Dezember einsetzte. Eigentlich war nicht geplant, dass das fahrende Volk über den Winter bleiben sollte, doch nach den Ereignissen auf der Jagd hatten Philipp und Margareta nicht die Kraft sie einfach wegzuschicken. So mussten diese nun auch durchgefüttert werden. Im Gegenzug unterhielten sie die Tafel am Abend mit traurigen Weisen. Lustige Lieder, oder Trinklieder und Tänze duldete Margareta nicht. Dafür betrübte sie der Tod ihres Sohnes zu sehr.
Nach der Morgenmahlzeit traf sich Margareta mit den Edelfrauen in ihrem Gemach. Sie wollten ihre Näharbeiten fortsetzen. Nach langer Überwindung hatte sie sich dazu entschlossen, aus den Stoffen, die eigentlich für Simon bestimmt waren, ein neues Wams für Philipp zu nähen, sowie Wams und Hosen für Walther. Der hatte bei dem Brand vor einem halben Jahr alles verloren und trug die alten Sachen von Simon auf, die ihm nicht so gut passten.
Mittlerweile hatte sie sich zwar an Walther gewöhnt, konnte ihn aber einfach nicht in ihr Herz schließen, etwas an seiner Art, vor allem wie er manchmal das Gesinde umherhetzte, missfiel ihr.
Margareta hängte die Tücher von den Fenstern ihres Gemachs ab, damit genug Licht für die Näharbeiten hereinkam. Sie sah, dass es wieder zu schneien begonnen hatte. Die weißen Schneeflocken tanzten über den Dächern der Burg.
„Heute werde ich mit dem grünen Stoff beginnen. Ich glaube, es bleibt noch ein großes Stück übrig. Möchte jemand von diesem Stoff?“, fragte Margareta die vier Edelfrauen.
Hannelore, die Frau von Ritter Thomas meldete sich als Erste: „Das ist wirklich ein sehr schöner Stoff, Herrin. Thomas hat etwas zugenommen, seine Hose ist an einer Naht aufgeplatzt, als er sich gebückt hatte, um seine Schuhe an zuziehen. Ich habe sie wieder gestopft, aber weiter ist die Hose trotzdem nicht.“
„Das heißt, sie kann jederzeit wieder platzen und das könnte leicht peinlich werden, wenn er vor dem Grafen stehen würde“, machte sich Mabilia über Thomas lustig. „Eigentlich hätte mir der Stoff für Rupert auch gut gefallen, aber ich glaube, dein Mann hat die neuen Hosen wirklich nötiger.“
„Mir ist auch schon aufgefallen, dass Thomas ganz schön zugenommen hat! Er schlägt abends auch ordentlich zu, immer hat er den Teller vollgeladen. Vielleicht solltest du in die Hosen Abnäher einfügen, damit er sie weiterstellen kann, falls er noch mehr zunimmt“, merkte Eleonore an.
„Ach, im Frühjahr, wenn er wieder mehr Bewegung hat, wird das schon wieder“, entgegnete Hannelore.
Margareta, die ihren eigenen Gedanken nach gehangen hatte, drehte sich zu den Frauen.
“Ach, was würde ich nur darum geben, wenn ich bis zum Frühjahr deutlich zugenommen hätte.“
„Ihr wünscht Euch wohl unbedingt ein Kind, Margareta, aber das kann man nicht herzaubern. Wenn es Gottes Wille ist, werdet Ihr noch eins bekommen, aber wenn nicht, müsst Ihr Euch mit Walther abfinden“, erklärte Mabilia.
„Ich habe mal gehört, dass die Kräuterfrau, die hier öfters durch die Gegend kommt, ein Mittel hätte, welches einem erleichtern würde schwanger zu werden“, sagte Hannelore und legte ihre Näharbeit kurz nieder. Sie beugte sich vor zu den Edelfrauen und flüsterte ihnen zu: “Ich habe sogar gehört, dass Gräfin Lieselotte, die viele Jahre auf ihr erstes Kind warten musste, nur mit ihrer Hilfe schwanger wurde.“
Margaretas Augen begannen hoffnungsvoll zu leuchten.
„Jemand soll mir diese Frau herschaffen! Wisst ihr, wo sie zu finden ist?“
„Sie wohnt, glaube ich, in einer Hütte im Kirkeler Wald, nahe der dortigen Burg und heißt Magdalena, wird aber von allen nur Leni genannt“, antwortete Hannelore.
„Hoffentlich hört es auf zu schneien, damit morgen gleich jemand dorthin kann. Ich werde Rudolf, Bertas Mann, hinschicken. Er stammt aus der Gegend und kennt sich gut im Kirkeler Wald aus.“
Margareta lächelte zum ersten Mal seit Wochen. Die Edelfrauen sahen sich erleichtert an. Mabilia betete in Gedanken, dass die Kräuterfrau erfolgreich sein würde und Margareta, die seit vierzehn Jahren nicht mehr schwanger geworden war, endlich noch einmal guter Hoffnung wäre. Die Trauer, die die Gräfin befallen hatte, bedrückte den ganzen Hof. Es wurde Zeit, dass wieder etwas Freude in die Homburg einkehren würde.
Am nächsten Morgen machte sich Rudolf auf den Weg Richtung Kirkel. Der Schnee war hart gefroren, sodass er gut vorwärtskam, ohne in der weißen Masse zu versinken.
Er trug zwei Mäntel übereinander, einen wollenen Gugel und dicke Fäustlinge. Damit er besser durch den Schnee kam, hatte er sich ovale Bretter an die Füße gebunden. Zudem stützte er sich mit zwei großen Stöcken ab. Auf der einen Seite war er froh, dass er die Gräfin wieder lächeln gesehen hatte, aber auf der anderen Seite fluchte er, weil sie ihn bei diesem Wetter in die Kälte geschickt hatte.
Rudolf zog den Gugel fester um den Hals. Der weiße Hauch seines Atems war in der kalten Luft zu sehen. Im Gegensatz zu gestern schneite es heute nicht. Er ging über den Bergrücken und bog dann nach Norden Richtung Dorf ab. In dem Flecken war alles ruhig. Aus den Kaminen der Häuser sah man den Rauch der Feuer aufsteigen. Die Fenster und Türen waren fest verschlossen und die Leute hatten ihre Schweine mit ins Haus genommen, damit diese nicht frieren mussten und mithalfen, die Räume aufzuwärmen. Zwischen den einzelnen Häusern hatte man Wege freigeschaufelt.
Rudolf verließ die Ortschaft und begab sich auf den Weg in Richtung Südwesten. Sogar die Sonne ließ sich blicken. Es war ein schöner Wintertag und je länger er unterwegs war, desto besser wurde seine Laune.
Vielleicht würde ihm die Wanderung durch die gefrorene Sumpflandschaft, die sich zwischen der Homburg und dem Kirkeler Wald erstreckte, auch gut tun.
Er wanderte über die flache Ebene, die sobald im Frühjahr das Tauwetter einsetzen würde, überflutet wäre. Zur Linken erstreckte sich der Ort Beeden mit der Kirche und rechts sah er Limbach liegen, wo gleich die Mühle folgte, in der die Bauern der Gegend ihr Getreide mahlen ließen. Sein Weg führte ihn noch ein gutes Stück über die Ebene, bis er endlich zum Wald kam. Der Wald gehörte zum Vierherrenwald, der diesen Namen trug, weil hier vier Grafen Rechte und Besitze hatten. Das waren die Grafen von Homburg, Saarwerden, Kirkel und Blieskastel, wobei der Graf von Homburg das Sagen hatte. Rudolf schlug einen Weg ein, der durch ein Tal führte. Links und rechts von ihm erhoben sich gewaltige Bäume. Irgendwann musste er steil bergauf gehen, was bei dem Schnee nicht so einfach war. Er rammte die Holzränder seiner Schuhbretter in den Schnee, damit er nicht abrutschte. Als er endlich den Gipfel erreicht hatte, war er schweißgebadet. Er machte eine kurze Pause und trank von dem Wasser aus seinem Trinkhorn, welches er sich mitgenommen hatte. Nur weil er sich das Horn unter den Mänteln direkt auf den Körper gebunden hatte, war das Wasser nicht gefroren. Er nahm mehrere Bissen Brot und begab sich dann frisch gestärkt den steilen Weg bergab. Das war fast noch schwieriger als bergauf, weil er mit seinen Brettern dauernd rutschte und aufpassen musste, dass er nicht hinfiel.
Kurz vor Mittag erreichte er endlich die Hütte der Kräuterfrau und klopfte an die hölzerne Tür.
„Leni, hier ist Rudolf. Ich habe mal in Kirkel gewohnt, meine Eltern waren Zeitler hier. Ich komme im Auftrag der Gräfin Margareta von Homburg. Öffne bitte die Tür!“
Im Haus hörte man, wie jemand die Riegel zur Seite schob. Eine Frau, die die vierzig noch nicht überschritten hatte, mit einem freundlichen, aber blassen Gesicht blickte ihm entgegen. Eine rotbraune Strähne guckte unter ihrem Kopftuch hervor. Sie trug ein braunes, wollenes Gewand.
„Was willst du hier mitten im Winter? Ist deine Gräfin etwa krank? Ihr habt doch in eurem Tal selbst einen Doktor oder hat der Mal wieder zu tief in den Krug geguckt?“
„Die Gräfin hat doch ihren fast erwachsenen Sohn verloren und ist jetzt ganz verzweifelt. Sie wünscht sich ein neues Kind, einen Erben. Eine der Edelfrauen hat ihr erzählt, dass du ein Mittel hättest, welches ihr helfen könnte, genau wie bei Gräfin Lieselotte.“
„Gräfin Lieselotte war kinderlos, weil sie eine Entzündung im Unterleib hatte. Nachdem diese Entzündung abgeheilt war, konnte sie ein Kind empfangen. Aber wenn nicht irgendwelche körperlichen Beschwerden an der Kinderlosigkeit schuld sind, kann nur Gott helfen.“
„Das kannst du der Gräfin selbst sagen, sie erwartet dich bis spätestens heute Abend.“
„So etwas ist doch kein Notfall, kann das nicht warten, bis es wieder etwas wärmer ist? Will sie eine arme Frau wie mich bei diesem Wetter wirklich durch die Gegend hetzen?“
„Es wird dir nichts anderes übrig bleiben, als mit zukommen. Das ganze Gesinde auf der Burg ist schon ganz verzweifelt, weil die Gräfin so unglücklich ist. Die Aussicht auf eine neue Schwangerschaft hat ihr wieder Hoffnung gegeben. Außerdem wartet eine große Belohnung auf dich.“
„Also gut, ich werde mich fertig machen, aber lass uns zuerst zu Mittag essen, damit wir gestärkt durch die Kälte gehen können. Der Eintopf kocht schon.“
„Das ist eine gute Idee. Ich kann ohnehin etwas Warmes gebrauchen!“
Rudolf setzte sich an den Tisch und Magdalena schenkte Gemüseeintopf aus, in dem ein paar Fleischreste schwammen. Rudolf löffelte begierig die warme Suppe. Die Bewegung an der frischen Luft hatte ihn hungrig gemacht. Als sie fertig waren, räumte Magdalena das Geschirr weg und packte ihre Sachen. Sie zog einen zwar warmen und pelzbesetzten, aber leicht abgenutzten Mantel über. Sie hatte ihn einmal von einem Grafen geschenkt bekommen, zum Dank dafür, dass sie seiner Frau das Leben gerettet hatte. Dann hängte sie sich ihren Beutel um, in dem sie verschiedene getrocknete Heilkräuter, Salben, Seife, Stoffläppchen, Tücher, eine Kerze, sowie ein kleines sauberes Messer und eine Pinzette aufbewahrte. Sie legte eine Brotkruste hinein und füllte ihr Trinkhorn. Über ihr Kopftuch zog sie eine wollene Mütze und dann nahm sie sich Handschuhe, Schal und zwei Stöcke zum Abstützen. Auch sie befestigte an ihren Schuhen ein Paar ovale Bretter.
Nun begaben sich die beiden auf den Weg zur Homburg. Der Rückweg kam Rudolf kürzer vor, wahrscheinlich, weil er nun jemanden zum Unterhalten hatte. Magdalena erzählte ihm Geschichten aus seiner alten Heimat. Es machte ihn glücklich von längst vergessenen Leuten aus seiner Kindheit zu hören.
„Seit wann bist du nicht mehr in Kirkel?“
„Seit fünfzehn Jahren, so lange kenne ich meine Berta schon.“
„Übst du im Homburger Wald auch das Zeitlerhandwerk aus?“
„Nein, ich bestelle den Garten auf der Burg und kümmere mich um die Hühner, Kühe und Schweine. In den ganzen Jahren, die ich schon dort bin, konnte ich mich nie über meine Herrschaften beschweren und auch der junge Simon war mir ans Herz gewachsen. Sein Tod hat mich sehr getroffen.“
„Das kann ich mir vorstellen. Wer würde denn Herr der Homburg werden, wenn der Graf keinen Sohn mehr bekäme?“
„Wahrscheinlich dieser Walther von der Merburg. Ich habe gehört, dass sein Vater Dietrich ein ganz schön strenges Regiment geführt hat und das Gesinde oft auspeitschen ließ. Walther scheint mir auch nicht besser zu sein. Da könnten wir uns auf etwas gefasst machen!“
Es begann zu dämmern, als Rudolf und Magdalena auf der Homburg ankamen. Im Rittersaal wartete die Gräfin bereits ungeduldig. Sie kam den beiden entgegen.
„Na, da seid ihr ja endlich, ich dachte schon euch wäre auf dem Weg etwas zugestoßen! Vielen Dank, Rudolf, dass du Magdalena hergebracht hast. Du kannst jetzt gehen und dich ausruhen. Berta hat sich schon Sorgen gemacht.“
Magdalena knickste vor der Gräfin und trat näher.
„Rudolf hat mir von Eurem Problem erzählt, werte Gräfin. Ich weiß aber nicht, ob ich Euch wirklich helfen kann.“
„Lass uns erst einmal in die Kemenate gehen. Dort können wir das Ganze in Ruhe bereden.“
Magdalena folgte Margareta durch das Treppenhaus. Die Gräfin wies Magdalena an, an einem kleinen Tisch Platz zu nehmen und bat Grete etwas zu trinken zu bringen.
„Ich habe gehört, dass du Gräfin Lieselotte nach langer Kinderlosigkeit zu Nachwuchs verholfen hast.“
„Das ist zwar richtig, aber Lieselotte litt an einer starken Entzündung im Unterleib, die ich mit verschiedenen Kräutern heilen konnte und danach konnte sie Kinder empfangen.
Kommt Eure monatliche Blutung regelmäßig und wie lange dauert sie ungefähr an, Herrin?“
„Meine Blutungen kommen regelmäßig und sind so stark, wie bei jeder anderen auch, denke ich.“
„Leidet Ihr unter Schmerzen im Unterleib?“
„Eigentlich nicht.“
„Ich werde Euch untersuchen, aber ich bezweifle, dass ich Euch unter diesen Umständen helfen kann. Lasst mir von Eurer Zofe eine Schüssel mit frischem Wasser bringen und ein paar saubere Tücher.“
Margareta rief Grete und ließ sie die Sachen bringen. Die Kräuterfrau legte ein Tuch auf das Bett und wusch sich die Hände gut mit Seife aus ihrem Beutel. Dann bat sie die Gräfin, sich hinzulegen. Sie schob die Röcke beiseite und tastete den Unterleib ab.
„Ich kann nichts Ungewöhnliches entdecken. So wie es aussieht, seid Ihr vollkommen gesund. Ich kann keinen Grund erkennen, warum Ihr nicht noch ein Kind gebären solltet. Verkehrt Euer Mann noch regelmäßig mit Euch?“
„In den letzten Jahren ist es etwas seltener geworden, aber ich kann mich nicht beklagen.“
„Achtet darauf, dass er vor allem knapp zwei Wochen nach dem Beginn Eurer Blutung mit Euch verkehrt. Ich gebe Euch eine Teemischung. Von der sollt Ihr täglich drei Becher trinken. Ansonsten kann nur Gott Euch helfen.“
Magdalena gab der Gräfin einen Beutel mit einer Mischung aus Frauenmantelkraut und Schafgarbe, die sie öfters bei Frauenleiden empfahl. Margareta sah ein kleinwenig enttäuscht aus. Sie hatte so gehofft, dass die Kräuterfrau ihr helfen könnte. Aber sie würde die Ratschläge auf jeden Fall befolgen, vielleicht hatte sie doch Glück.
„Vielen Dank für deine Hilfe.“
Margareta reichte Magdalena einen kleinen Beutel mit Münzen.
„Lasst uns nun hinuntergehen zum Essen. Du kannst heute Nacht hier schlafen. Johanna zeigt dir eine Kammer und morgen früh wird Rudolf dich wieder heimgeleiten, nicht, dass dir unterwegs noch etwas passiert.“
Kapitel 8
Am Weihnachtstag machten sich die Burgbewohner fertig, um nach Beeden zu ziehen, um dem Krippenspiel vor der Pfarrkirche beizuwohnen.
Nachdem sich alle im Badehaus gesäubert hatten, zogen sie ihre besten Winterkleider an. Margareta wählte ein Kleid mit einem dicken dunkelroten Rock, roten Ärmeln und einem dunkelgrünen Leibteil, welcher mit Goldfäden durchsetzt war. Grete war ihr mit den Haaren behilflich und setze ihr die Haube auf. Sie hängte sich einen grünen, pelzbesetzten Mantel über und zog braune Pelzhandschuhe an. Philipp nahm mit seinem neuen grünen Wams und den neuen braunen Hosen vorlieb, die Margareta ihm genäht hatte. Auch er trug einen warmen Mantel und einen pelzbesetzten Hut.
Als alle fertig waren, begab man sich zu den Ställen. Margareta, die Edelfrauen und der korpulente, wenig bewegliche Bruder Hubertus verteilten sich auf zwei Wagen. Philipp, die Ritter, Knappen und Walther stiegen auf ihre Pferde und das Gesinde machte sich zu Fuß auf den Weg über den Bergrücken ins Dorf hinunter, wo sich ihnen auch die Dorfbewohner anschlossen. Dann ging es über die Auen nach Beeden, einem kleinen Ort, der auf einer leichten Anhebung lag und sich um eine Kirche gruppierte. Diese war die Pfarrkirche der Gemeinde, ein schon etwas älterer, schlichter zweischiffiger Bau mit seitlichem Turm. Sie war dem heiligen Remigius geweiht.
Es gab einen Platz, wo die Wagen und Pferde abgestellt werden konnten. Der Pfarrer, sowie andere Leute, die in der Gegend wohnten, hatten den Grafen und sein Gefolge bereits erwartet. Sie begaben sich zur Bühne vor der Kirche. Man hatte für die höheren Gäste Bänke zum Sitzen aufgestellt. Eine Gruppe von Musikanten begann, Weihnachtslieder zu spielen. Den Leuten wurde ganz warm ums Herz bei den wunderschönen, feierlichen Melodien. Dann begannen die Dorfkinder damit, die Weihnachtsgeschichte nachzuspielen. Man hatte einen Stall aufgebaut und Maria und Josef erschienen in ihren Gewändern auf der Bühne. Sie ließen sich in dem Stall nieder und Maria zauberte das Jesuskind hervor. Die Engel begannen zu singen und die Hirten kamen um den Stall herum und verneigten sich vor dem heiligen Kind und dem heiligen Paar. Sie jubelten und beteten. Margareta musste bei diesem Schauspiel gleich wieder darüber nachgrübeln, wie gerne sie noch ein Kind gehabt hätte. Laut der Kräuterfrau würden nun ihre fruchtbarsten Tage beginnen. Es musste einfach klappen. Sie betete zu Gott, dass sie ein Kind empfangen möge.
Nach der Vorführung folgte eine Prozession zur Kirche, wo die Christmette stattfand. Margareta und Philipp nahmen in der ersten Reihe Platz. Auch Philipp, der Margaretas Wünsche kannte, betete um einen Erben. Doch er bat Gott auch darum, dass Margareta, die nun keine zwanzig mehr war, die Geburt überleben würde. Er musste an seine erste Frau Cornelia denken. Mittlerweile konnte er mit dem Gedanken leben, dass sein Neffe Walther in seine Fußstapfen treten würde. Dieser war ihm in letzter Zeit oft bei seinen Geschäften behilflich gewesen und stellte sich gar nicht so schlecht an.
Nachdem die heilige Messe vorüber war, verteilten die Leute des Grafen Brote und Kuchen an die Dorfbewohner. Dann machte man sich wieder auf den Weg zur Burg, wo es ein Festessen gab.
Im Rittersaal war alles weihnachtlich geschmückt. Misteln, Tannen- und Eibenzweigen zierten Tische und Wände. Die Gesellschaft verteilte sich im Saal und nahm an den Tischen Platz.
„Ach, gerade heute fehlt mir Simon so. Er hatte Weihnachten immer so geliebt“, seufzte Margareta traurig.
„Ich musste heute auch an ihn denken. In zwei, drei Monaten wäre er nach Zweibrücken gegangen,“ entgegnete Philipp.
Die Pagen begannen, das Essen hereinzutragen. Es gab Fisch, Bohnen, Linsen, Gänsebraten, Spitzkohl und eingelegte Äpfel und Brot. Alle langten kräftig zu. Auch Met und Wein flossen reichlich. Die Gaukler spielten und sangen Weihnachtslieder. Sie waren froh, dass es heute mal wieder fröhlicher zu ging. Auch die Ritter und das Gesinde trauten sich, wieder zu lachen und zu singen.
Margareta wurde müde und gähnte. Aber sie wollte unbedingt auf Philipp warten. Sie sah ihn sanft lächelnd an. Ihre Blicke trafen sich. Margareta berührte Philipps Hand und flüsterte ihm leise zu: “Na, wie lange gedenkst du noch zu bleiben?“
„Warum fragst du?“
„Ich hätte heute noch etwas Besseres vor, als Feiern und Trinken, wenn du möchtest, kannst du mir ja folgen!“
Die Gräfin blickte Philipp lächelnd in die Augen. Dann stand sie auf und wünschte den anderen am Tisch eine gute Nacht und machte sich auf den Weg in die Kemenate. Dort zog sie ihre Kleider aus, hängte sie über einen Stuhl und legte sich nackt ins Bett. Margareta musste nicht lange warten, bis sie Schritte auf dem Flur vernahm und Philipp den Raum betrat.
„Na, Liebling, schläfst du schon?“
„Nein, natürlich nicht, ich habe bloß das kalte Bett schon vorgewärmt.“
Philipp entledigte sich ebenfalls seiner Kleider und kroch zu Margareta unter die Bettdecke. Sie schmiegten sich eng aneinander und begannen sich zu küssen.
Zur gleichen Zeit war das Weihnachtsfest noch in vollem Gange.
„Margareta und Philipp haben sich früh verabschiedet“, sagte Mabilia zu Eleonore.
„Ich glaube, Margareta will die Gunst der Stunde nutzen. Sie hofft so darauf, noch ein Kind zu bekommen, deshalb ist ihr Philipp wohl bereitwillig gefolgt.“
„Heute wirkte sie zum ersten Mal wieder fröhlich, beten wir, dass sich ihr Wunsch erfüllt!“
Die Gaukler, die gesehen hatten, dass sich Philipp und Margareta zurückgezogen hatten, begannen nun lustige Trinklieder zu spielen und die ganze Gesellschaft feierte ausgelassener, seit das trauernde Paar den Saal verlassen hatte. Walther, der schon ziemlich betrunken war, begab sich zum Tisch des Gesindes, wo sein Reitknecht Jakob, zusammen mit zwei Mägden aus dem Dorf saß. Die beiden Mägde waren Schwestern und hießen Helga und Louise. Sie hatten beide blaue Augen und ihre langen blonden Haare unter einer Haube hochgesteckt. Helga war die ältere und größere der beiden und trug ein dunkelblaues Gewand mit einem weißen Schultertuch. Louise war in ein braunes Kleid mit einem beigefarbenen Schultertuch gekleidet. Beide hatten eine wohlgeformte Figur. Jakob hatte sie im Wirtshaus im Dorf kennengelernt, wo die beiden in der Küche arbeiteten. Für ein paar Heller waren sie gerne bereit, ihm ein paar süße Stunden zu bereiten.
Jakob gefiel Helga, die erfahrener war und deren Rundungen etwas stärker ausgeprägt waren, besser als die jüngere, schlankere Louise. Deshalb war er gerne dazu bereit gewesen, Louise an seinen Herrn Walther abzutreten. So kam es dazu, dass die beiden Mägde heimlich so manche Nacht in der Burg verbrachten. Heute am Weihnachtstag hatte sich Walther dazu entschlossen, die beiden nach der Christmette offiziell einzuladen. Er wollte ihnen eine Stelle in der Küche besorgen. Zum Gesinde der Burg, welches voll und ganz hinter dem Grafen und der Gräfin stand, hatte er nur wenig Vertrauen. Er brauchte unbedingt Leute in der Burg, auf die er sich verlassen konnte. Margaretas Kinderwunsch machte ihm ein klein wenig Angst, wenn er auch nicht wirklich daran glaubte, dass sie nach so langer Zeit schwanger werden würde.
Die beiden Mägde dachten, sie hätten den großen Wurf gelandet. Nach der anstrengenden Arbeit im Wirtshaus nun in der Burgküche bei der Köchin Berta zu arbeiten, die für ihre Gutmütigkeit bekannt war, und dann noch als Geliebte vom zukünftigen Herrn und seinem Knecht! Sie hatten schon weit schwerere Zeiten durchgemacht. Sie waren noch halbe Kinder gewesen, als sie im Wirtshaus angefangen hatten. Morgens früh musste das Haus geschrubbt werden. Dann war man fast den ganzen Tag mit Gemüse putzen und Kochen beschäftigt. Abends musste man Essen und zig Krüge mit Wein, Bier und Met auftragen und bis spät in die Nacht Geschirr waschen. Immer wieder mussten sie die Anzüglichkeiten der betrunkenen Gäste hinnehmen. Manchmal waren sie zwar gewillt darauf einzugehen, um ihr schlechtes Gehalt aufzubessern, aber um so manchen ungepflegten, stinkenden, rohen Kerl hätten sie doch lieber einen großen Bogen gemacht.
„Na, Louise, du wirst nun mit mir kommen“, sagte Walther, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Er legte den Arm um die Magd und streifte mit der anderen Hand kurz ihre Brust, als er sich auf dem Tisch abstützte. Seine Augen funkelten gierig. Louise, die nicht wusste, ob man das gutheißen würde und die ihre neue Stelle nicht aufs Spiel setzen wollte, sah sich vorsichtig um und stellte erleichtert fest, dass die, die noch anwesend waren, alle schon so betrunken waren, dass sie am nächsten Morgen nichts mehr davon wissen würden.
Louise stand auf und Walther hängte sich regelrecht an die Magd. Sie musste aufpassen, dass sie nicht das Gleichgewicht verlor, und schleppte den schweren Walther mit Müh und Not aus dem Rittersaal hinaus. Wie sollte sie ihn nur die Treppen hochbekommen? Walther klammerte sich an sie und versuchte ihr Schultertuch zu lösen. In diesem Moment trat glücklicherweise Jakob auf den Flur und half Louise, Walther hoch in seine Kammer zu schleppen. Sie legten ihn aufs Bett. Als Jakob den Raum verlassen hatte, war Walther schon eingeschlafen. Louise war sich nicht ganz sicher, was sie tun sollte. Sie beschloss, sich zu Walther ins Bett zu legen und morgen früh würde sie gleich Helga suchen und mit ihr zurück ins Dorf gehen. Noch hatten sie keine Kammer in der Burg, aber das würde Walther bald ändern.