Kitabı oku: «Ein verhängnisvoller Wunsch», sayfa 5

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Fast schon entrüstet, rief der Mann in den Hörer: „Das stimmt nicht! Ich habe Sie schon oft gesehen und glaube, sie schon gut zu kennen. Und wenn ich das sagen darf: Ich halte Sie für eine sehr schöne Frau, die ihr Leben sehr gut im Griff hat. Ich mag selbstständige Frauen, die ihre Unabhängigkeit behalten. Und …!“ Er stockte verlegen, bevor er leiser raunte: „Und ich hoffe, dass Sie unabhängig und … frei sind. Ich hoffe das sehr.“

Isabel verstand nichts. Was wollte der Typ? Wollte er wirklich bei ihr anbändeln? Und was heißt, er findet sie schön und emanzipiert und frei? Um das zu wissen, müsste er sie beobachtet haben.

Langsam wurde sie nervös. Ihr gefiel nicht, was ihr alles im Kopf herumzuspuken begann.

„Was verstehen Sie unter frei?“, brummte sie.

Die wohltönende tiefe Stimme antwortete: „Nicht vergeben. In keiner Beziehung. Ich habe in den letzten drei Monaten niemanden gesehen, der ihnen etwas zu bedeuten scheint.“

In Isabels Kopf überschlug sich alles. „In den letzten drei Monaten?“

Einen Moment schien ihr Gegenüber zu überlegen, was er noch preisgeben sollte. Doch dann raunte er: „Ich bin vor drei Monaten hergezogen. Aber ich bin viel geschäftlich unterwegs. Daher kann es natürlich sein, dass ich mich irre. Dann täte es mir leid, dass ich Sie belästigt habe.“

Der Typ stalkte sie schon seit drei Monaten? Isabel war völlig sprachlos.

„Bitte, ich möchte nichts weiter, als Sie einmal zum Essen ausführen. Zu ihrem Geburtstag … als Nachbarschaftsgeste.“

„Machen Sie das bei allen Nachbarn?“, fragte sie, weil sie nicht wusste, wie sie auf seine Einladung reagieren sollte. Der Typ klang einfach zu nett und höflich, als dass sie ihn als perversen Stalker abtun konnte, dennoch schrie alles in ihr nach Vorsicht.

Sie hörte ein leises Lachen. Dann antwortete er: „Naja. Ich dachte mir, ich beginne mal mit Ihnen!“

Dieses Lachen und seine etwas lapidar hingeworfenen Worte gaben dem Gespräch einen vertrauenerweckenden Charakter.

„… bevor Sie sich durch die anderen Stockwerke arbeiten“, beendete Isabel seinen Satz und konnte nicht verhindern, dass auch sie etwas belustigt klang.

Wieder hörte sie das leise Lachen. „Vielleicht kann ich ja bei Ihnen beginnen, mit Ihnen weitermachen und bei Ihnen aufhören?“, erwiderte der Anrufer.

Was sollte Isabel darauf antworten? Offensichtlich ging es ihm ausschließlich um sie und das rührte etwas in ihr. Aber das machte sie auch schrecklich nervös und sie sah sich gezwungen, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.

„Ich habe wirklich wenig Zeit. Ich plane einen längeren Urlaub“, warf sie erklärend ein und dachte sich im selben Moment, dass dies unklug war. Vielleicht räumte er ihr die Wohnung aus, wenn sie ihm steckte, dass sie länger nicht da sein würde?

Es dauerte, bis er darauf erwiderte: „Schade! Und es gibt keine Chance zu einem kleinen Rendezvous, bevor Sie diesen Urlaub antreten?“

In Isabel wollte etwas ihm einen Abend einräumen, nur um den Typ zu der netten Stimme und dem unglaublich sympathischen Lachen zu sehen. Aber sie wusste, dass das keine gute Idee war, nun, wo sie vorhatte ihre Vergangenheit aufzusuchen.

„Leider nicht. Ich muss erst einiges in meinem Urlaub hinter mich bringen. Deshalb habe ich für nichts anderes im Moment den Kopf frei.“ Das klang dramatisch und Isabel fragte sich erneut, warum sie ihm das steckte.

„Das ist schade. Aber vielleicht erlauben Sie mir, dass ich mich bei Ihnen noch einmal melden darf. Vielleicht ändern sie doch noch ihre Meinung.“

Der war wirklich hartnäckig. Aber Isabel mochte das. Das gab ihr das Gefühl, dass er sie wirklich kennenlernen wollte. In ihrem Kopf schwirrte schon der Gedanke, ihm ihre Handynummer zu geben. Doch den Gedanken verwarf sie. Sie musste erst die Sache mit Cedric überstehen. Da durfte sie nichts von abbringen.

„Schauen wir mal“, sagte sie nur zurückhaltend.

Etwas traurig hörte sie ihn sagen: „Okay, schauen wir mal. Dann bis hoffentlich bald. Es war schön, einmal mit Ihnen zu sprechen.“

Ja, das fand Isabel eigentlich auch.

„Ich fands auch nett“, gestand sie. „Bis Irgendwann!“ rief sie mit pochendem Herzen und legte schnell auf.

Sie wusste, es war falsch, ihm irgendwelche Hoffnung zu machen. Wie er so schön gesagte hatte: Sie war emanzipiert und stand ihr Leben allein durch … und daran sollte sich nun auch nichts mehr ändern. Und schon gar nicht durch so einen Typen, der sie heimlich beobachtete.

Sie sprang auf und ging zu jedem Fenster in ihrer Wohnung und zog die Schalosien herunter. Doch statt endlich beruhigt zu sein, fühlte sie sich nun wieder allein. Er klang so nett und sympathisch und wollte mit ihr Essen gehen.

Nein, sie würde sich jetzt nicht von so einem Kerl durcheinanderbringen lassen.

Aber er klang wirklich nett und kennt hier niemanden!

Isabel seufzte auf. Offenbar war er genauso einsam wie sie. Aber bei ihr wird sich das bald ändern. Ihre Vergangenheit wartete auf sie und sie konnte es kaum mehr abwarten, endlich ihren Urlaub anzutreten.

Am nächsten Morgen stand sie ausgeruht auf. Die Sache mit dem Anruf dieses seltsamen Mannes regte sie nicht mehr so auf. Alles hatte während der Nacht an Bedeutung verloren. Nach einem guten Schlaf werden Probleme nur noch nichtssagend. Alles erscheint dann wieder im richtigen Licht. So auch dieser Anruf. Sie hatte sich ein Ziel gesetzt und wird es sich erfüllen. Soll der Kerl ruhig die anderen Nachbarn zu umgarnen versuchen.

Aber er will dich!

Irgendwie hoffte sie zwar, dass sie ihn doch bald kennenlernte, doch sie räumte ihm keinerlei Chancen ein. Da konnte er noch so einschmeichelnd und nett klingen. Außerdem war sie sich mittlerweile sicher, dass die ganze Sache einen Haken haben musste. Entweder der Kerl war verrückt oder erschreckend hässlich.

So musste es sein, dachte sie sich. Sonst wäre er nicht mehr allein.

Isabel frühstückte, warf ihre F 35 Plus für den Kinderwunsch ein, und machte ihr Bett. Jetzt war es am Morgen nicht mehr dunkel und sie liebte es, die Schalosien hochzuziehen und die Fenster weit zu öffnen. Die frische Luft am frühen Morgen ließ den Tatendrang in ihr bis ins Unermessliche steigen. Doch sie musste sich an diesem Morgen eingestehen, dass sie aus jedem Fenster mit besonders wachsamem Blick schaute. Er galt nicht, wie sonst, dem neuen Tag, sondern den gegenüberliegenden Wohnungen. Doch sie konnte nirgends auch nur eine Menschenseele entdecken.

Das beruhigte sie. Das Bild von einem ständig auf sie lauernden Spanner verflüchtigte sich.

Beschwingt griff sie nach ihrer Jacke und der kleinen, schwarzen Ledertasche. Schnell schlüpfte sie durch die Tür, als ihr Fuß gegen etwas stieß und es an die gegenüberliegende Wand schleuderte. Isabel sah sich erschrocken um. Aber außer einem lädierten Strauß gelber Tulpen war nichts Ungewöhnliches auszumachen.

Sie ging langsam darauf zu, als könne es sich um eine Bombe handeln und hob sie auf.

Einige Köpfe segelten zu Boden und drei Blätter rutschten kraftlos über ihre Hand. Aber sie gaben einen Zettel frei und Isabel starrte gespannt darauf. Ihr Herz fing wild zu schlagen an. Die können nur von diesem Anrufer sein.

Sie sah sich schnell noch einmal um, hob die heruntergefallen Blüten auf und huschte in die Wohnung zurück.

Schnell ging sie in die Küche und schnappte sich eine Schere, um das Band zu öffnen, das den Strauß und den Zettel zusammenhielt. Sie war aufgeregt wie bei einem ersten Liebesbrief. Sie zweifelte keinen Augenblick mehr, dass er von diesem Mann kam. Schnell faltete sie den Zettel auseinander und ließ die Tulpen achtlos auf den Tisch sinken.

„Unser Gespräch hat mir Mut gemacht. Ich werde versuchen mich in Geduld zu üben. M. Zikowski.“

Isabels Herzschlag erhöhte sich noch mehr.

Langsam und verunsichert, wie sie das Ganze finden sollte, legte sie den Zettel an die Seite und nahm die Tulpen zusammen. Sie stellte sie in eine Vase und brachte sie auf den kleinen Tisch, auf den sie damals die Rosen gestellt hatte. So lange ist das her, dass ihr jemand Blumen geschenkt hatte. Das letzte Mal war es an Neujahr und es waren die Rosen eines Unbekannten. Das war jetzt drei Monate her.

Drei Monate!

„Ich bin vor drei Monaten hergezogen …“

Isabel wandte sich wieder dem Tisch zu, auf dem der Zettel lag. Die Schrift war sauber und leicht verschnörkelt. Sie las die Zeilen noch einmal. Das war wirklich süß geschrieben und zeigte ihr, dass er nicht aufgeben wollte. Irgendwie freute sie das. Er schien wirklich um ihre Gunst kämpfen zu wollen. Aber leider passte das im Moment überhaupt nicht. Ihre Pläne sahen einen um ihr Herz kämpfenden nicht vor. Außerdem konnte sie sich immer noch nicht denken, dass er ein annehmbares Exemplar Mann sein konnte. Solche Männer waren doch alle vergeben oder hatten es nicht nötig einer Frau hinterherzurennen.

Aber vielleicht war er auch nur hoffnungslos romantisch und glaubte an die große Liebe?

Tja, dann stimmt aber hundertprozentig etwas mit ihm nicht.

Isabel musste mit Wehmut an das Musical denken, das sie damals so sehr in ihren Bann gezogen hatte. Sie hatte es im Stella in Hamburg gesehen und sofort drang die Musik wieder in ihr Gedächtnis. Da ging es auch um eine unglückliche Liebe - die Liebe eines verunstalteten Mannes zu einem Mädchen.

Isabel hatte die Schuld für ihr anhaltendes Helfersyndrom bei Männern oft auf dieses Musical geschoben. Zumindest hatte das offensichtlich einiges bei ihr verstärkt.

Ihr Blick fiel auf die Küchenuhr.

Schnell steckte sie den Zettel in die oberste Küchenschublade und griff wieder nach der Tasche und rannte zu Tür. Laut ein Lied aus Phantom der Oper pfeifend, lief sie die Treppe hinunter, verließ das Haus und bog in den Hof ein, wo ihr Auto in der Garage parkte. Erst dort wurde ihr bewusst, dass sie laut pfiff und stellte das sofort ein.

Was sollen denn die Nachbarn denken, wenn du hier so herumkrakelst?

Schnell stieg sie ein und fuhr durch die Stadt Richtung Industriegebiet. Im Auto sang sie leise das Lied noch einmal und spürte wieder den längst vergessenen Flair, den diese Musik und die Geschichte damals bei ihr heraufbeschworen hatte. War sie nicht sogar regelmäßig in Tränen ausgebrochen, wenn sie sich hinterher die CD von dem Stück angehörte hatte. Wie sehr hatte sie immer mit den drei Protagonisten mitgelitten, die in ihrer Liebe verstrickt waren und wie sehr trauerte sie am Ende um die verlorene Liebe des verunstalteten Phantoms, der nichts wollte, als die Liebe dieses Mädchens und das sie ihm die Einsamkeit nahm.

Isabel schwor sich am Abend wieder einmal die CD herauszusuchen und sich damit einen herzerweichenden Abend zu gestalten. Das würde ihre momentane Gefühlslage noch mehr unterstreichen. So fuhr sie durch die Stadt und hoffte, die letzten zwei Wochen bis zu ihrem Urlaub werden schnell vergehen.

Als sie einige Tage später ihre Post aus dem Briefkasten nahm und müde die Treppe erklomm, sah sie sich wie jeden Abend vor ihrer Tür um. Aber der seltsame Anrufer schien wirklich keinerlei Anstalt mehr zu machen, sie umgarnen zu wollen. Zumindest gab es erneut keine Blumen vor ihrer Tür. Nicht das Isabel sich von dem etwas erhoffte. Gott bewahre! Aber dass er so ganz vom Erdboden verschluckt zu sein schien …

Sie zog ihre Jacke aus, streifte die Schuhe von den Füßen und ließ sich auf einen Küchenstuhl sinken. Dort sah sie die Post durch. Das meiste war Werbung und sie fand noch drei Rechnungen. Nur einen Brief konnte sie nicht zuordnen, weil der aus dem Ausland zugestellt worden war.

Sie riss ihn ungeduldig auf und fand ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Als sie ihn auseinanderfaltete, fiel ihr eine getrocknete rote Rose entgegen. Sie legte sie nach genauer Betrachtung auf den Tisch und las den Brief.

Blume in der Nachbarschaft

Seit ich sie erblühen sah,

dicht an meine eigenen Wurzeln reichend,

zu entfernt und doch so nah,

Erinnerung nicht aus meinem Herzen weichend,

möchte ich niemals vergehen

niemals an einem anderen Ort stehen

immer umgeben von der gleichen Luft

immer durchdrungen von dem gleichen Duft

Wurzel an Wurzel,

Blatt an Blatt

Zusammengehörigkeit, die nie ein Ende hat.

Schenken Sie mir einen Augenblick. Gehen Sie mit mir Essen.

Ich werde Mittwoch aus Frankreich zurückkehren und erwarte Sie an diesem Abend um zwanzig Uhr im Steak House in unserer Straße.

Hochachtungsvoll, M. Zikowski.”

Isabel starrte auf die Zeilen. Was für ein schönes Gedicht und was für ein netter Brief. Und er erwartet sie!

In ihrem Inneren rumorte es aufgeregt und verängstigt zugleich. Der Mann will sie treffen. Er will mit ihr Essen gehen. Unbedingt. Und er hatte ihr ein Gedicht geschickt, dass schon sehr persönlich klang … und nach dem Wunsch auf mehr.

Isabels Herz begann unruhig einen neuen Takt vorzugeben und ihr Magen wurde seltsam schwer. Einerseits, weil er so unverfroren ihr ein Treffen aufdrängte und andererseits, weil er so ein nettes Gedicht an sie geschickt hatte, dass von wirklich viel Gefühl sprach.

Wurzel an Wurzel … Blatt an Blatt … Zusammengehörigkeit, die nie ein Ende hat.

Puh! Entweder, der Typ war hoffnungslos romantisch oder erbarmungslos berechnend. Auf alle Fälle schaffte er es, in ihr einigen Tumult auszulösen. Und nun wollte er sie sogar ernsthaft daten.

Wann?

Isabel riss erneut den Brief hoch, den sie völlig hingerissen auf den Tisch sinken lassen hatte und suchte nach dem Datum. Meinte er vielleicht schon letzten Mittwoch?

Aber sie stellte beruhigt fest, dass er wirklich Übermorgen meinte.

„Um Gotteswillen!“ Isabel sank in sich zusammen. Er will mit ihr am Mittwoch essen gehen!

Soll sie sich wirklich mit ihm treffen? Soll sie das wirklich tun?

Das kann nur ein Psychopath sein, der dich als sein neues Opfer fixiert hat. Warum sollte er sich sonst solche Mühe wegen dir machen?

Isabel seufzte verunsichert auf.

Er wusste eine Menge von ihr, sie aber nichts von ihm. Was er wohl arbeitete, dass er sogar ins Ausland reiste? Also ein Dummkopf war er wohl nicht. Außerdem konnte sie wohl den Gedanken verwerfen, dass er ein Entflohener aus einer Anstalt war. Die reisen für gewöhnlich nicht für eine Firma ins Ausland und schreiben so schöne Gedichte. Aber vielleicht war das ja gar nicht von ihm? Vielleicht hatte er das nur geklaut, um sie um den kleinen Finger zu wickeln.

Fragen über Fragen, die Isabel und ihre Gefühlswelt immer mehr durcheinanderbrachten.

Und dann die rote Rose, die ziemlich unzerstörbar erschien. So ein Brief hatte schließlich einige Hürden zu überstehen, bevor er sein Ziel erreichte. Sie schien so unzerstörbar wie seine gewünschte Zusammengehörigkeit, die nie ein Ende haben soll.

Isabel machte dieser Brief wirklich zu schaffen. Er war zu schön und er hatte sich die Mühe gemacht, ihn aus Frankreich zu schicken. Offenbar war er nicht der Typ für Mails oder SMSen.

Er hat nur deine Adresse und deinen Namen. Also interpretier mal nicht so viel Romantik in das Ganze. Ihm blieb nichts anderes übrig. Und vielleicht ist ihm lieber, es von weit weg von dir zu tun. Vielleicht schrieb er ihn noch mit dreckigen, erdbesudelten Händen, während die Erde über der letzten Leiche noch nicht mal angetrocknet war.

Isabel schüttelte unwirsch über diese Gedanken den Kopf. Er hatte zumindest an sie gedacht und ihr diesen netten Brief geschrieben. Er hätte sie in Frankreich auch einfach vergessen können.

In Frankreich! Er dachte sogar dort an sie!

Isabel konnte das alles gar nicht fassen und in ihrem Inneren begann alles langsam immer mehr Amok zu laufen.

Okay, ruhig bleiben. Du weißt nichts von ihm. Du weißt nicht mal, wo er wohnt. Du weißt nur seinen Namen: Zikowski.

Das klang fremdländisch. Aber er hatte keinen Akzent.

Isabel sah sich unschlüssig um, ging zum Fenster und zog die Schalosien herunter. So fühlte sie sich nicht mehr beobachtet. Sie wollte ihre Ruhe haben, sich in die Badewanne legen, danach eine Kleinigkeit essen und ins Bett gehen.

Nach dem Bad und einem Tomatenbrot fühlte Isabel sich wieder besser. Nur wenige Tage noch, und Isabel wird ihren Urlaub antreten und ihren Plan umsetzen.

Für Isabel war es eine neue Zeitrechnung und diese Woche würde sie mit den letzten Vorbereitungen überbrücken. Sie wollte noch zum Friseur, zur Maniküre und zur Körperhaarentfernung. Damit wäre sie körperlich schon einmal gerüstet. Ihre Wäsche lag sauber, gebügelt und zusammengelegt auch schon zum Einpacken bereit. Alles andere wird sich dann schon finden.

Ihre Gedanken huschten wieder, wie so oft, zu dem Ort, in dem sie ihr großes Glück finden wollte. Der Mann am Telefon des kleinen Gasthauses, in dem sie das Zimmer gemietet hatte, hatte recht nett geklungen. Aber war da nicht auch eine Spur von Skepsis, als sie ihm die Anzahl der Wochen mitgeteilt hatte, die sie in seinem Haus verbringen will?

Nun ja. Sie hatte seinen Argwohn mit der Geschichte besänftigt, die sie sich zurechtgelegt hatte. Sie hatte sich bei ihm über den Großstadtlärm beklagt, und dass sie in den sechs Wochen die Ruhe ihre alte Heimat genießen möchte.

Großstadtlärm! Das hier war wirklich keine Großstadt. Sie liebte diese nette, kleine Stadt mit ihrer kleinen Einkaufspassage, in der sie alles bekam, aber nicht von den Massen der Angebote erdrückte wurde. Auch gehörte ihre Wohnung zu einem Wohnpark recht weit am Ende der westlichen Stadtgrenze, hinter der sich schon die ersten Felder und Wiesen der angrenzenden Bauernschaften erstreckten. Das Industriegebiet lag im Süden und da es dort nur Werkstätten, Reifenhändler, und andere kleine Firmen neben den Möbel Altwerna Werken gab, wurde ihre Luft nicht unmittelbar durch irgendwelche luftverpestenden Fabriken vergiftet. Es tat ihr ein wenig leid, ihre Wahlheimat in den Dreck gezogen zu haben. Aber so war für den Gasthausbesitzer eher klar, warum es Isabel für so lange in seine eher trostlose Gegend verschlagen sollte.

Isabel dachte mit wachsender Spannung an ihren Trip und jedes Mal traf sie der Gedanke, Cedric dort wirklich wiederzusehen, wie ein Messerstich.

Ja, sie will ihm wiederbegegnen und sich von ihm in einen Strudel der Leidenschaft reißen lassen, wie sie ihn, so glaubte sie fest, noch nie erlebt hatte. Einen anderen Gedanken ließ sie gar nicht erst zu. Sie wollte fest daran glauben, dass es ihr nun gelingen wird, dieses Spiel für sich zu entscheiden. Außerdem war sie bereit, alles dafür zu tun.

Isabels Aufregung war mittlerweile grenzenlos. Aber sie wusste nicht, wie sie die Woche noch überstehen sollte, bis es endlich losging. Und sie nahm sich vor, ihren Gedichte-Kavalier besser nicht mehr vorher zu treffen. Irgendwie hatte sie Angst, er könne ihre Planung sonst ins Wanken bringen.

Dennoch musste sie sich eingestehen, dass sie neugierig war, wer hinter diesem „M. Zikowski“ stand.

Vergiss den Kerl ganz schnell. Mit dem kann etwas nicht stimmen, wenn er dir so den Hof macht.

Danke!

Aber Isabel beschloss, es doch dabei zu belassen. All ihr Denken und Handeln sollte nur noch Cedric und ihrem Plan gehören.

Doch am Mittwochabend, als sie gerade ziemlich gestresst die Wohnungstür hinter sich zufallen ließ, klingelte es an der Haustür.

Sie ließ genervt den Türöffner schnarren und öffnete ihre Wohnungstür, um hinauszuschauen. Kurz darauf sah sie einen Kurier mit einem Strauß gelber Rosen die Treppe hochhechten.

Isabel musste sich eingestehen, dass sie eigentlich drauf gewartet hatte, erneut von diesem Unbekannten zu hören. Nicht, dass sie das vor sich selbst zugeben würde. Aber die Freude, als nun der Kurier vor ihrer Tür stand, zeigte das nur zu deutlich. Es war einfach zu schön und romantisch und solange sie noch zuhause war, wollte sie sich gerne noch ein wenig mit dem aufregenden Gedanken an diesen Typen beschäftigen, der ihre Angst und Verunsicherung, was ihren Plan betraf, etwas relativierte. Und dass ihr immer mehr der Arsch auf Grundeis ging, konnte sie nicht leugnen. Mittlerweile meldeten sich, neben Magenschmerzen und Übelkeit, auch vermehrt Kopfschmerzen, was sie für Verspannungsprobleme hielt. Alles in ihr war dermaßen auf Spannung, dass sie sich langsam sogar krank fühlte.

In ihrer Küche nahm sie den Strauß aus der Folie und zog einen Umschlag zwischen den gelben, schönen Blüten hervor.

Beunruhigt stellte sie fest, dass sie nervös wie ein Schulmädchen war. Es war fast nicht zu glauben, dass nur so ein dämlicher Brief von einem Unbekannten sie so aus der Fassung bringen konnte, wo für sie in zwei Tagen doch eigentlich eine neue Zeitrechnung anbrechen sollte.

Nervös und mit einem flauen Gefühl im Magen öffnete sie den Briefumschlag.

Vorsichtig, als könne er eine ätzende Pulvermischung in ihre Augen verstreuen, entfaltete sie das Blatt Papier und warf einen Blick darauf. Wovor fürchtete sie sich nur so?

Blume in der Nachbarschaft, las sie. Wenn Sie diese Zeilen erhalten, sitze ich endlich im Flieger, der mich zurückbringt. Bitte machen Sie mich glücklich und kommen Sie zu unserer Verabredung. So viele Zufälle ließen in letzter Zeit einfach keine Begegnung zu, dass ich langsam Angst bekomme, ein anderer könne in ihr Leben treten, bevor ich Ihnen meins zu Füßen legen kann. Ich glaube, nachdem ich den Mut fand, Ihnen meine Gefühle und mein Herz auszuschütten, habe ich endlich auch den Mut, Ihnen zu zeigen, dass Sie diejenige sind, die mein Leben auf wundervolle Weise bereichern kann. Bitte schenken Sie mir diesen Abend. Ihr erwartungsvoller M. Zikowski.

Isabel legte die Zeilen aufgebracht zur Seite und starrte lange unschlüssig auf das gelbe Blütenmeer auf ihrem Tisch.

Wie in Trance stand sie auf und tauschte die langstielig gewordenen Tulpen gegen die Rosen aus. Dabei rieselten die Tulpenblätter zu Boden und Isabel holte wie ferngesteuert den Besen und kehrte sie auf.

Heute Abend treffen … Heute Abend treffen …

Isabel konnte nichts anderes denken und suchte verzweifelt nach einem Ausweg. Wo sein erster Brief noch keine Panik in ihr ausgelöst hatte, weil sie sich dachte, dass sie schließlich nicht zu dem Treffen hingehen musste, wurde ihr nun bewusst, dass er fest mit ihr rechnete. Mit diesem Brief wurde seine Einladung nun erschreckend konkret und ließ sich nicht mehr so einfach ignorieren. Was sollte sie also tun?

Unruhig lief sie in der kleinen Küche auf und ab. Dieser Mensch setzte so viel Hoffnung in diese Begegnung, dass sie fast mehr Angst davor hatte, seinen Vorstellungen nicht zu entsprechen, als dass er ihre nicht erfüllte. Außerdem war da etwas, was sie an diesem Menschen ängstigte. Sie war sich nicht klar darüber, ob es seine Art war, die sie auf diesem Planeten für ausgestorben hielt oder die Hingabe, mit der er sie als das Wesen auserkoren hatte, das sein Schicksal mit ihm teilen sollte. Vielleicht war es auch nur seine Art, sich mit viel Gefühl in ihr Leben zu drängen, ohne sich vorher einmal gezeigt zu haben oder auch nur seinen vollen Namen zu nennen.

Vielleicht verbarg er seinen Vornamen, weil sie auf keinen Fall mehr über ihn erfahren sollte?

M könnte für Marcel, Martin, Magnus oder Michael stehen.

Trotz ihres Misstrauens konnte Isabel nichts dagegen tun, dass sich in ihrem Inneren eine seltsame Wärme ausbreitete, je länger sie über den Typ nachdachte. Kurz sah sie sich von einem schönen dunkelhaarigen Mann in die Arme geschlossen, der sie herzlich anlächelte und dann leidenschaftlich küsste.

Bist du wahnsinnig, dir jetzt noch so einen Floh ins Ohr zu setzen! Du wirst in zwei Tagen in deine Heimat reisen und dort deinen vom Schicksal Auserkorenen treffen, schnell ein Kind mit ihm zeugen und wieder verschwinden. Dann wirst du all deine Liebe diesem kleinen Geschöpf widmen und es wird endlich keine Männer mehr geben müssen, die dein Leben aufmischen. Was werden dann für geruhsame Zeiten anbrechen!

Genau! So und nicht anders. Sie setzte sich energisch an den Küchentisch und dachte darüber nach, was sie tun sollte.

Am besten, sie ging hin und erklärte ihm, dass sie nicht mehr von ihm belästigt werden wollte. Ja, der Gedanke war gut.

Nein, das ist gar nicht gut!

Isabel spürte bei der Vorstellung eine unsagbare Angst durch ihr Innerstes kriechen. Es war nicht so, dass sie sich von dem Menschen körperlich bedroht fühlte. Nein, es war anders. Sie fürchtete sich vor ihren Gefühlen. Es ängstigte sie der Gedanke, dass dieser Mann nicht hässlich und unsympathisch war und sie sich wirklich zu ihm hingezogen fühlen könnte. Wenn sie ehrlich war, dann war das jetzt schon der Fall. Dieser Mensch schien wirklich nett und höflich zu sein. Dabei war er auch noch charmant und offensichtlich romantisch veranlagt. Dazu setzte er alles daran, sie für sich zu gewinnen. Eigentlich war er genau so, wie sie sich einen Verehrer immer vorgestellt hatte.

Er eroberte sie immer mehr ohne dass sie es sich eingestehen wollte und Isabel fürchtete sich davor, dass er ihren Plan zerstörte, der die letzten Monate ihr Leben lebenswert gemachte hatte. Außerdem konnte sie das Gefühl in ihrem Inneren nicht ignorieren, das ihr immer wieder sagte, dass es so etwas wie diesen Mann nicht wirklich geben konnte. Ihr vom Minderwertigkeitskomplex gemartertes Gefühlsleben wollte nicht glauben, dass sich jemand wirklich in sie verliebt haben könnte - außer es war ein Psychopath, Frauenmörder, Vergewaltiger oder ein Schreckgespenst.

Sie durfte ihn auf gar keinen Fall treffen.

Von der Anrichte holte sie sich einen Stift und aus dem Drucker ein Blatt Papier. Eilig schrieb sie ein paar Zeilen, faltete das Blatt zusammen und suchte sich einen Umschlag aus einem der Schubladen der Anrichte. Schnell schrieb sie den Namen des Mannes, der den Brief erhalten sollte, auf den Umschlag. Dann warf sie sich ihren Mantel über und verließ eilig die Wohnung. Sie bemühte sich, keinen Gedanken an ihr Gekritzel zu verschwenden, damit sie nicht doch noch die Zweifel packten.

Sie lief die Straße im Halbdunkeln zu dem Steakhaus an der Ecke hinunter. Es war schon spät und sie musste sich beeilen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollte, diesem Kerl doch noch zu begegnen.

Im Restaurant traf sie auf einen jungen Kellner und nahm ihn zur Seite. Mit wenigen Worten gab sie ihm zu verstehen, dass ein Mann in der nächsten halben Stunde hier eintreffen und sie erwarten würde. Sie erklärte schnell, dass sie diesen Mann nicht beschreiben könne, aber seinen Nachnamen auf das Kuvert geschrieben hatte, und bat den Kellner dafür zu sorgen, dass der richtige Gast ihn erhielt. Dazu reichte sie ihm zwanzig Euro.

„Kein Problem“, erklärte der grinsend und nahm den Geldschein entgegen. „Sie können sich auf mich verlassen!“

Isabel bedankte sich schnell und lief wieder zum Ausgang. Sie konnte nicht umhin, noch einen neugierigen Blick zu den Tischen zu werfen. Vielleicht war er schon da und sie konnte ihn kurz sehen?

Und wenn er dich sieht?

Panisch riss sie die Tür auf und prallte mit einem Mann zusammen. Isabel sah sich einem weißen Hemd mit blauer Krawatte gefährlich nahe, dass unter dem offenen schwarzen Mantel hervorblitzte. Er hatte die Arme hochgerissen, um sie notfalls zu halten und vor einem Sturz zu bewahren.

Sie sah kurz hoch, aber außer einem Dreitagebart war sie nicht in der Lage mehr zu registrieren, weil alles in ihr dem Fluchtmodus folgte.

„Tschuldigung!“, murmelte Isabel schnell und rannte an ihm vorbei hinaus. Sie lief in die entgegengesetzte Richtung, um dem M. Zikowski nicht auf der Straße in die Arme zu laufen und sah auf die Uhr. Es war erst zwanzig Minuten vor acht.

Keine Panik! Du hast es geschafft und nun machst du einen schönen, kleinen Spaziergang nach Hause und fertig. Die Sache ist erledigt und du widmest dich nur noch deinem Plan.

Ob der Kellner die Mitteilung überbringen wird? Sie hoffte es. Sie wollte diesen Menschen nicht verletzen und hatte ihm deswegen diese Zeilen geschrieben. Er musste das verstehen.

Der Kellner war weniger das Problem. Das Problem war sie! Immer noch zitterten ihre Hände und ihre Nerven beruhigten sich nur langsam. Sie schämte sich etwas, weil sie so kopflos das Lokal verlassen hatte. Dabei war sie diesem armen Kerl an der Tür voll in den Bauch gelaufen.

Isabel atmete tief ein und legte den Schlendergang ein.

Ihr Blick fiel auf die Uhr. Nun war es acht Uhr. Jetzt wird dieser M Zikowski den Brief bestimmt gleich bekommen.

Nun gab es kein Zurück mehr.

Als sie wieder auf der Straße war, die zu ihrem Wohnblock führte, wurde sie wieder nervös. Was sollte diesen Mann daran hindern bei ihr zu klingeln, wenn er sie im Restaurant nicht antraf.

Sie sah sich erschrocken um, und als sie endlich vor ihrer Haustür ankam, schloss sie eilig auf und ließ sie schnell hinter sich ins Schloss fallen.

Blume in der Nachbarschaft!

Isabel fiel mit erschrecken ein, dass sie immer glaubte, er wohne in einem anderen Haus. Aber das musste nicht so sein.

Sie sprintet die Treppe hoch und schloss schnell ihre Wohnungstür auf, um sie hinter sich zuzuknallen. Mit einem Griff zur Türglocke schaltete sie sie schnell aus. Erst dann atmete sie auf.

Du kannst ihm nicht immer aus dem Weg gehen.

Isabel riss sich die Jacke aus und hing sie schnell auf. Mit wenigen, eiligen Schritten war sie bei ihrem Telefon und wählte eine Nummer.

„Hallo, hier ist Isabel“, rief sie kurz darauf in den Hörer. „Cornelia, ich glaube, ich bekomme eine Erkältung. Meinst du, ich kann schon die kommenden zwei Tage freinehmen?“

Das Beste wäre, wenn sie ganz schnell von hier verschwand und nichts mehr dem Zufall überließ.

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