Kitabı oku: «Ein verhängnisvoller Wunsch», sayfa 4

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Ein neuer Weg

Etwas riss Isabel erbarmungslos aus dem wundervollsten aller Träume. „Nein, nicht aufwachen …!“

Lautes Getöse, quietschende Reifen, Gebrüll und jede Menge Schüsse prasselten auf sie ein und ließen sie sich erschrocken aufsetzen. Einige Augenblicke starrte sie noch auf das Szenario auf dem Bildschirm, dann drückte sie mit der Fernbedienung den Fernseher aus. Sofort folgte Stille und seichte Dunkelheit.

Fassungslos ließ sie sich auf das Sofa zurückfallen und versuchte den unglaublich schönen Traum wieder heraufzubeschwören, den der Kugelhagel im Fernsehen gnadenlos beendet hatte. Oder war es ihr Herz gewesen, das sich aufgebäumt und sie damit in die Gegenwart gerissen hatte?

Ein tiefer Seufzer drang aus ihrem Inneren empor und ließ alles in ihr wohlig und zugleich aufgebracht vibrieren, während sie dem Traum nachsinnierte.

Sie sah sich erneut die Straße vor ihrer Wohnung hinunterlaufen, seltsam verängstigt und verstört, als wäre sie vor etwas auf der Flucht. Plötzlich, wie aus heiterem Himmel, war Cedric vor ihr aufgetaucht. Sie hatte ihn die Straße hochkommen gesehen … beschwingt, jugendlich, schön. Seine braunen, welligen Haare fielen auf seine Schultern und seine braunen Augen leuchteten ihr entgegen. Sein Lächeln ließ ihr Herz höherschlagen und seine Schritte wurde schneller, als er sie erkannte. Ja, so war es in ihrem Traum gewesen. Ganz genau so. Er freute sich darüber, sie zu sehen. Es war, als hätte er sie gesucht und endlich wiedergefunden. Als er sie erreicht hatte, nahm er sogar ihre Hand fest in seine, dass es Isabels Herz fast sprengte - und er zog sie mit sich mit, als wolle er sie nie wieder verlieren. Sein Blick war dabei voller Freude auf ihr Gesicht geheftet und er hatte leise aber bestimmt zu ihr gesagt: „Komm Isabel. Ich nehme dich mit zu mir.“

Und sie hatte seine Zuneigung zu ihr regelrecht spüren können, hatte in seinen Augen gesehen, dass er sie wollte und alles in ihr hatte glücklich zu strahlen begonnen. Denn sie wollte nichts anderes als ihn und seine Zuneigung. In dem Moment war sie die glücklichste Frau auf der Welt.

Ein Traum mit Cedric. Sie hatte schon lange keinen mehr geträumt, und daher barg dieser eine gewaltige Kraft, die ihr Innerstes erwärmen konnte.

Nein, lass es nicht wieder zu. Das ist Kinderkram. Cedric ist Kinderkram. Du bist jetzt eine gestandene Frau Mitte dreißig und darfst dich nicht mehr von einem Traum mit Cedric, und nur durch ein Lächeln und Händchen halten, einlullen lassen. Das ist falsch! Alles an den Träumen mit Cedric ist falsch. Du weißt das!

Isabel wusste das tatsächlich. Aber ihn zu sehen und zu fühlen war so unsagbar tröstlich gewesen. Und es weckte die alte Sehnsucht zu ihm, wie jedes Mal, wenn sie in den letzten Jahren von ihm geträumt hatte.

Nein, mach das nicht. Du hast nur verdrängt, was damals wirklich war … wie er wirklich war.

Isabel wollte das schöne Gefühl und die Vertrautheit und Geborgenheit, die sie in ihrem Traum kurz gespürt hatte, nicht verlieren. Auch wenn ihr klar war, dass es nur wieder ein dummer Traum war. Cedric hatte ihr in Wirklichkeit nie auch nur im Ansatz diese Gefühle entgegengebracht. Aber sie hatte viele Jahre ihrer Jugend damit verbracht, sich das zu wünschen und immer wieder auszumalen.

Nun ließen sich die Gedanken nicht mehr zurückhalten. Nun war das Tor zu ihren Erinnerungen aufgerissen und sie ließen sich nicht mehr stoppen.

Isabel schloss betroffen die Augen und ließ sie hochquellen.

Cedric war damals nicht wie in ihren Träumen. Er lächelte fast nie, er schien nicht mal zu Gefühlen fähig zu sein und neigte eher dazu, schnell durchzudrehen. Er erschien vielen damals als seltsam verschlossen und einige Leute hielten ihn sogar für verrückt. Aber Isabel wollte nichts davon wissen. Sie glaubte, dass es die Umstände waren, die ihn zu dem gemacht hatten, was er war. Und sie wollte ihm beistehen. Es schien ihr, als wäre es ihre Aufgabe, ihm, wobei auch immer, zu helfen.

Aber Cedric wollte diese Hilfe nie. Da war eine Kluft zwischen ihnen gewesen, die sie nicht zu überbrücken geschafft hatte. Und Cedric wollte diese Kluft auch nicht überbrücken, obwohl er bestimmt wusste, was sie für ihn empfand. Während sie alles tat, um ihm nahe zu sein, hielt er sich immer möglichst von ihr fern.

Cedric war damals fast zwanzig und dennoch hatte er sie nie geküsst oder auch nur angefasst. Sie selbst war damals fünfzehn und zu allem bereit.

Als sie sich einmal auf einer Party trafen, was schon unglaublich selten vorkam, tat sie so, als wäre sie angetrunken und setzte sich auf seinen Schoß.

Erst war er etwas pikiert darüber, dann scheuchte er sie schnell auf einen Stuhl neben sich, als würde er sich sonst an ihr verbrennen. Als sie einen erneuten Versuch startete, ließ er sie wenigstens auf seinem Schoß sitzen und sie war einen Augenblick glücklich. Aber er blieb kalt und zurückhaltend und als sie sich in seinen Arm kuscheln wollte, von ihrem Erfolg beseelt, stieß er sie zu Boden.

Es schien immer so, als könne er mit ihrer Nähe nicht umgehen. Dann wurde er nervös und fast ein wenig panisch.

Aber sie war so unglaublich auf ihn fixiert gewesen. Da halfen nicht mal die Sprüche über Cedric, in denen er als durchgeknallt deklariert wurde. Isabel glaubte an das Gute in ihm und nichts konnte die Liebe zu ihm zerstören, bis eines nachts ihr Haus zu brennen begann und ihre Familie gerade noch rechtzeitig daraus fliehen konnte. Es hieß damals, dass Cedric das getan hatte.

Aber sie glaubte das keinen Augenblick. Cedric hätte ihr so etwas niemals angetan.

Sie zogen erst in die nahe Stadt zu ihrem Onkel und dann dort in eine Wohnung, wofür Isabel die Schule wechseln musste. Ihre Eltern wollten nicht in das Haus zurückkehren, obwohl es wieder aufgebaut und erneut vermietet wurde. Isabel erklärten sie nie, warum. Und für Isabel begann ein neues Leben und sie ging bald darauf weit weg in eine Lehre und lernte Detlef kennen.

Mit diesem Brand hatte für sie die erzwungene Abnabelung von Cedric begonnen. Das alles war wie das Bekämpfen einer Sucht gewesen, die sie erst in den Griff bekam, als sie sich auf andere einließ.

Seitdem folgten viele Männer und dennoch träumte sie nur von ihm so unglaublich mitreißend. Dabei hatte sie nie etwas Vergleichbares mit ihm erlebt. Denn den Cedric aus ihren Träumen gab es nicht und seine Ablehnung von damals steckte ihr bis heute in den Knochen. Dabei glaubte sie, dass er sie eigentlich mochte. Sie glaubte es sogar so fest, dass sich dies wohl in ihre Träume hinübergerettet hatte und sie bis heute immer noch bestimmte. Aber was wirklich damals alles geschehen war, hatte sich irgendwie aus ihrem Inneren herausgespült. Sie konnte sich kaum noch an etwas, außer ihren Gefühlen zu Cedric, erinnern, die von ihren Träumen aufrechterhalten wurden. Nur an den Schmerz, als sie gehen musste, konnte sie sich erinnern, auch wenn er heute nur ein Abklatsch dessen war, was sie damals wirklich gefühlt haben musste. Diese Zeit war irgendwie wie mit einem dunklen Tuch überdeckt, dass das wirkliche Ausmaß bestimmt nur übertünchte.

Hatte das eine Bedeutung? Wollte ihr Schicksal ihr damit etwas sagen? Hatten die Träume eigentlich einen tieferen Sinn, den sie nicht erkannte? Sollten sie ihr zeigen, dass er es immer noch für sie war?

Ein Gedanke schoss ihr plötzlich durch den Kopf, den sie gar nicht so schnell greifen konnte, wie er von ihrem Inneren wieder als unmöglich verworfen wurde.

Isabel setzte sich auf und starrte mit großen Augen in die seichte Dunkelheit ihres Wohnzimmers. In ihrem Inneren fing ein Orkan zu toben an.

Vergiss es! VERGISS ES!

Aber dieser Gedanke ließ sich nicht mehr vertreiben. Er schien irgendwo schon festzusitzen und ihr Körper reagierte einen Augenblick mit Panik. Doch da war auch Hoffnung und ein warmer Hauch eines unglaublichen Glückgefühls, das sie verspürte. Genauso wie in ihrem Traum.

Isabel versuchte den Gedanken, der dieses Getöse ausgelöst hatte, zu fassen und hatte Angst, dass er verschwand, wie dieser Traum und ihre Erinnerungen an damals. Darum versuchte sie ihn festzuhalten, aus dem Schleier zu reißen, der ihn in das Vergessen ziehen wollte, und ihn wieder ins Licht zu zerren.

Cedric ist offenbar der Einzige in deinem Leben, zu dem deine Liebe niemals gestorben ist.

Dieser Gedanke drängte sich aber eher resigniert an die Oberfläche. Aber er musste stimmen, sonst würde sie nicht von ihm so träumen. Wenn er sie damals gewollt hätte … sie hätte alles mit ihm durchgestanden. Sie liebte ihn. Aber das war nun alles kalter Kaffee und mehr als zwanzig Jahre her.

Damals war sie noch voller Begeisterung für ein Leben auf einem Gut gewesen, wollte den ganzen Tag Tiere versorgen, Rasen mähen, aus Beeten Unkraut jäten und einen Mann versorgen.

Nein, du wolltest nicht irgendeinen Mann, du wolltest Cedric und du wolltest ihm bei der schwierigen Aufgabe, dieses riesige Gut zu bewirtschaften, helfen. Du hattest das Gefühl, er brauchte diese Hilfe und du wolltest sie ihm geben. Dafür hättest du dich sogar mit Haut und Haaren verkauft.

Isabel schüttelte den Kopf, als ihr klar wurde, was sie damals wirklich alles für ihn getan hätte. Sie hatte diesen Umstand in ihrem Leben völlig verdrängt. Sie war damals zu allem bereit gewesen, wenn er ihr dafür seine Zuneigung geschenkt hätte. Völlig verrückt. Aber das brennende Haus hatte sie davor bewahrt, sich noch tiefer in diese Liebe zu verstricken, die kaum verständlich und nur in ihrer kindlichen Fantasie begründet gewesen sein musste.

Etwas in ihr begehrte dagegen auf. Sie wollte ihre Gefühle für ihn nicht so herablassend sehen. Nicht nach diesem Traum, der sie immer noch in ihrem Inneren tief berührte.

Aber Cedric war mittlerweile auch schon über vierzig. Heute wäre ein Leben mit ihm undenkbar. Sie brauchte die Anerkennung anderer Mitarbeiter, einer Chefin und die Herausforderungen in einer großen Firma. Sie wollte, dass viele Leute sagen: „Die Isabel Iding, die ist wirklich klasse und so schlau!“

Sie fand den Gedanken sogar abschreckend, wieder aufs Land zu ziehen und sich mit Schmutz und Tierdung abzugeben. Früher war sie gerne auf dem Gut gewesen. Heute würden sie keine zehn Pferde dort hinbekommen, um dort zu leben, mal ganz zu schweigen von heiraten und sich abhängig machen.

Aber Cedric schien auch keine Frau an seiner Seite haben zu wollen. Soweit sie wusste, hatte er nie geheiratet. Und auch damals gab es keine Freundin oder andere Frauen in seinem Leben als seine Mutter und seine Schwester. Sie hätte das ändern wollen.

Du warst keine Frau, sondern eine dumme, naive Göre. Was sollte er mit dir?

Er war meistens anderen Menschen gegenüber unnahbar. Auch wenn er manchmal etwas aufzutauen schien, schaffte sie es nie, ihn aus der Reserve zu locken. Nur in ihren Träumen schenkte er ihr Beachtung.

Isabel erstarrte.

Dort hatte sie eine Bedeutung für ihn und dort wollte er sie.

Isabel horchte benommen in sich hinein. Aber ihr Gewissen schien dazu keinen Kommentar abgeben zu wollen. Seltsam!

Aufgewühlt zog sie aus einem kleinen Zigarettenetui eine Zigarette. Mit dem Kerzenanzünder zündete sie sie an und inhalierte den Rauch. Ihr Magen drehte sich augenblicklich und sie musste husten. Es war Wochen her, als sie die letzte Zigarette geraucht hatte. Das Zigarettenetui war eigentlich nur noch für Besucher gedacht, die sich besonders wohl fühlen sollten.

Lüg dich nicht selbst an. Du hast das für Hardy gekauft, damit er immer etwas zu Qualmen hat.

Isabel wartete, doch ihr Gewissen machte keine Bemerkung über die Zigarette in ihrem Mundwinkel.

Sie lehnte sich zurück.

Cedric …!

Isabel konnte nicht fassen, dass ein Traum von ihm sie so niederdrückte und gleichzeitig in den Himmel hob.

Das ist sentimentaler Quatsch. Du bist nur durcheinander. Überlege doch mal, wie nervtötend eure Zusammentreffen früher schon waren. Er wollte dich damals schon nicht!

Offenbar war ihr Gewissen nun doch wieder ganz wach.

Nein, nein, nein! Das stimmte nicht. Irgendwie wollte er sie damals vielleicht doch. Doch er wusste das nur nicht. Damals …!

Isabel strich sich die Haare zurück. Sie schloss die Augen und sah ihn plötzlich wieder vor sich. Er stand vor ihr wie ein leuchtender Gott, lächelte sie an und reichte ihr seine Hand. „Komm Isabel!“ Und sofort spürte sie wieder diese Wärme wie in ihrem Traum.

So ist er nicht. So war er nie! Außerdem ist er nun zwanzig Jahre älter.

Das Gefühl aus dem Traum schmolz in sich zusammen.

Und er wollte sie tatsächlich damals nicht.

Isabel starrte betroffen zum Fenster, hinter dem sich die dunkle Nacht spiegelte, und langsam schlug noch eine letzte Welle des Gefühls in ihr hoch, das der Traum in ihr hinterlassen hatte. Und plötzlich überkam sie sowas wie ein sehnsuchtsvoller Wunsch, Cedric einmal wiederzusehen. Wie er jetzt wohl aussah und ob er immer noch ihr Herz berühren würde, wenn sie ihm noch einmal begegnete?

Betrink dich, nimm eine Schlaftablette oder spring aus dem Fenster. Aber hör auf damit!

Nur einmal! Ich möchte doch nur wissen, ob ich noch immer etwas für ihn empfinde.

Erst langsam wurde ihr klar, was sie sich da gerade wünschte. Einen Moment nahm ihr dieser Gedanke den Atem. Ihr war noch nie in den Sinn gekommen, sich noch einmal Cedric und ihrer Vergangenheit zu stellen. Der Gedanke, ihn wirklich wiederzusehen, ihm gegenüberzustehen und sich mit ihren alten Gefühlen auseinanderzusetzen ließ es in ihrem Bauch seltsam eng werden.

Das kannst du nicht wirklich wollen.

Doch!

Dieser neue Gedanke begann Isabel aufzurühren. Er war erregend und abschreckend zugleich und alles in ihr wollte ihn eigentlich verwerfen. Außerdem, wie sollte sie das auf die Reihe bekommen? Sie hatte ihn seit ihrem 15 Lebensjahr nicht mehr gesehen und konnte doch nicht einfach zu ihm gehen und sagen: „Hallo, da bin ich. Ich dachte mir, ich schau mal, wie du es so hast und ob du mit mir eine Nacht verbringen willst.“

Isabel nahm dieser Gedanke einen Moment lang die Luft.

Plötzlich schien ihr alles so glasklar. Fast war es so, als wäre alles in ihrem Leben nur auf diesen Punkt hinausgelaufen. Sie wollte Cedric wiedersehen, diesen Traum mit ihm endlich verwirklichen und weiter ausbauen, um ihn für ihr restliches Leben als Erinnerung in sich zu tragen … und vielleicht sogar dabei ein Kind mit ihm zeugen.

Dieser Gedanke nahm ihr ganz die Luft. Ein Kind von Cedric! Mit der Erinnerung an ihren Traum gepaart, entstand etwas in ihr, dass sich wie die unsagbare Vorfreude aller Weihnachten und Geburtstage in ihrem Leben anfühlte.

Sie wollte ihn wiedersehen, und vielleicht eine Nacht mit ihm verbringen … nur eine Nacht. Sie wollte ihren Traum einmal Wirklichkeit werden lassen. Mehr nicht.

Dieser Gedanke machte sie ganz schwindelig, weil er auch gleich einen anderen aufkeimen ließ. Vielleicht hätte das Schicksal sogar ein Einsehen und würde ihr wirklich aus nur einer Liebesnacht ein Kind schenken. Fast erschien es ihr so, als könne das nur eine Vorsehung sein, die schon seit immer in den Arsenalen der Welt geschrieben stand und nur auf die Erfüllung wartete. Daher die Träume von ihm. Das Schicksal hatte ihr diese Wegweiser geschickt.

Der Gedanke elektrisierte sie immer mehr.

Überwältigt setzte Isabel sich auf. In ihrem Kopf überschlug sich alles.

Ja natürlich. Wieso sollte sie auf ein Kind verzichten, bloß weil sich kein Hammel finden ließ, der es mit ihr großzog? Sie brauchte niemanden, außer einen Erzeuger. Und den hatte sie schon immer gehabt. Cedric! Er war es früher für sie gewesen und wahrscheinlich schon ihr Leben lang. Wenn er der Vater ihres Kindes werden würde, dann hätte sie alles, was sie sich je gewünscht hat. Dann hätte sie ein Kind - aus Liebe gezeugt und etwas, dass sie für immer mit jemanden verband, dem sie schon vor langer Zeit ihr Herz geschenkt hatte. Auf Ewig.

Isabel griff nach dem Kissen und zog es sich in die Arme. Langsam stand sie auf und schob sich an dem Tisch vorbei.

Außerdem würde sie ihn weiterhin in ihren Träumen haben und es würde darin endlich ein vielzugestaltendes Happy End geben. Und sie würde dieses eine Mal auskosten, es bis ins Unendliche genießen. Denn es würde das letzte Mal in ihrem Leben sein.

So ein hysterischer Quatsch. Du bist doch wohl nicht ganz bei Trost. Das macht der doch nie mit. Oder meinst du, du brauchst dich nur vor ihm zu räkeln und er reißt sich gleich die Klamotten vom Leib? Der wollte dich doch damals schon nicht!

Isabel drückte das Kissen fester an sich. Langsam begann sie sich tanzend zu drehen.

Das schaffe ich schon. Ich muss es irgendwie schaffen! Ich bin kein Kind mehr, dass darauf wartet, dass er den ersten Schritt macht. Ich werde es tun. Ich bin stark und weiß, was ich will.

Ja, das war eine Perspektive. Dies war ein Gedanke, den man ausbauen konnte. Das war ein unglaubliches Ziel für das neue Jahr.

Beschwingt durch diesen Gedanken, der einen aufregenden Gefühlsturm durch ihren Körper jagte, ging sie ins Schlafzimmer. Etwas in ihrem Inneren schien noch nicht daran glauben zu wollen, dass ihr etwas Derartiges gelingen konnte. Doch Isabel wollte daran glauben. Mehr als an alles andere. Es erfüllte ihr Herz mit Liebe und Zuversicht … und Spannung! Einer unbändigen Spannung und Unternehmungslust … und Lust auf das Leben.

„Dort in die Ecke stelle ich das kleine Bettchen oder vielleicht auch eine schöne Wiege mit Spitzenhimmel … und dort passt noch der Wickeltisch hin. Das wird so genial.“

Isabel drehte sich ein paar Mal um sich selbst und tanzte, das Kissen wiegend, durch den Raum. Vor dem großen Spiegel blieb sie stehen. Sie streckte den Bauch aus und strich sich darüber.

„Ich werde immer für dich da sein und die Jagd nach einem Mann fürs Leben wäre mit Cedric im Herzen für immer beendet. Genauso, wie er schon immer in meinen Träumen erschien, würde er auch weiterhin in mir bestand haben. Durch dich!“

Wieder tanzte sie durch den Raum zum Fenster.

Gerade, als sie nach dem Schalosienband greifen wollte, fiel ihr Blick auf das dunkle Fenster gegenüber. Die Glut einer Zigarette wurde sichtbar und verglomm im nächsten Moment wieder. Nur wie ein Schatten war eine Gestalt zu erkennen.

„Ach du Scheiße …“, entfuhr es ihr. „Dieser Spanner!“

Sie ließ schnell die Schalosie herunter und trat vom Fenster weg.

Ob der wohl auf eine Fortsetzung von neulich wartete? Der denkt bestimmt, dass sie öfters so etwas macht.

Sie spürte die Hitze auf ihren Wangen. Hoffentlich begegnet sie ihm nie auf der Straße. Sie würde vor Scham versinken.

Isabel sah wieder in den Spiegel und bemerkte die Röte auf ihren Wangen. Egal! Sie würde sich schon Ende des Jahres keine Sorgen mehr um Männer machen. Für sie gab es nur noch den einen, und sie sah ihn lachend auf sich zukommen, ihre Hand greifen und sie mit sich mitziehen und sie hörte sich fragen: „Cedric, was hast du vor?“

Seine braunen Augen blitzten auf und er flüsterte leise: „Dasselbe wie du.“

Isabels Gewissen murrte aufgebracht: Du bist doch vollkommen verrückt!

Ja! Und es ist so schön, verrückt zu sein.

Doch plötzlich erstarrte sie in ihren Bewegungen. Was ist, wenn Cedric bereits eine Frau hat? Sie hatte nie etwas davon gehört und er galt lange als Junggeselle. Aber das konnte sich durchaus inzwischen geändert haben.

Sie sah sich im Spiegel an und raunte, nun nicht mehr voller Glückseligkeit, sondern eher kampfbereit: „Das finde ich schon heraus.“ Aber etwas in ihr war sich sicher, dass das Schicksal ihren vorgesehenen Plan wieder aufgenommen hatte und es diesmal der richtige Weg war.

Mit diesem neuen Plan im Kopf bekam Isabels Leben einen neuen Aspekt, der sie mit Elan und Vorfreude den Januar überstehen ließ. Dazu hatte sie ihrer Schwester Karin sogar den längst fälligen Besuch abgestattet. Da die mit ihrer Familie in einem Nachbarort und ihre Schwiegereltern sogar im gleichen Ort wie Cedric lebten, hatte Isabel so gehofft an referenztaugliche Informationen zu gelangen. Aber Karin hatte anderes im Sinn. Sie klagte ihrer Schwester ihr Leid wegen ihrer Ehe, und dass Klaus sie betrogen hatte, wahrscheinlich sogar mehrmals, viel auf dubiose Geschäftsreisen fuhr und Karin mit allem allein ließ. Nur auf Umwegen und über einige Hindernisse hinweg konnte Isabel in Erfahrung bringen, dass das Gut der Schneiders immer noch von Cedric allein geführt wurde. Aber mehr wollte Karin über dieses für sie völlig unwichtige Thema nicht sprechen. Schließlich hatte für sie das, was auf dem Nachbarsgut aus Kindertagen stattfand, keinerlei Bedeutung. Sie erwähnte nur herablassend, dass Cedric immer noch der alte zu sein schien und keiner ihn wirklich mochte. Außerdem galt das Gut nicht gerade als Vorzeigeobjekt.

Isabel reichte das. Cedric war allein, höchstens noch unterstützt von seiner Mutter, die aber schon in einem biblischen Alter sein musste. Und die Vorstellung, dass Cedric immer noch sein Leben allein meisterte und von den Einheimischen immer noch abgestempelt wurde, machte sie traurig. Aber für sie hieß das auch, dass sie eine Chance haben würde, ihren Plan in die Tat umzusetzen.

Karin hatte auch zu Cedrics Geschwistern Till und Stefanie nichts gesagt. Sowieso war alles, was sie wollte, ihrer großen Schwester ihr Leid über ihren Ehemann zu klagen und Isabel wollte sich über ihn nicht äußern. Alles, was sie hätte sagen können wäre: „Meine liebe Schwester … nur zu deiner Information: Klaus schmiss sich schon immer auf Gedeih und Verderb an alles Weibliche heran. Ich weiß das, weil ich auch schon eine Nacht mit ihm verbracht habe, ohne ihn länger als drei Drings gekannt zu haben. Außerdem hat er mich damals angebaggert, als du mit Natalie schwanger warst. Aber ich dachte mir, ich erwähne das alles besser nicht …“

Nein, Isabel schwieg. Und raten konnte sie ihrer Schwester auch nichts. Karin hatte diesen Kerl nun mal geheiratet, Kinder mit ihm bekommen und ein Haus gekauft. Das hieß: Alles schlucken.

Isabel konnte und wollte ihr nicht helfen. Sie hatte genug mit sich selbst zu tun.

Mit der Gewissheit, dass Cedric immer noch Junggeselle war, reifte ihr Plan immer mehr heran. Einige Male war sie drauf und dran gewesen, den Weg in ihr altes Heimatdorf anzutreten, um ein wenig zu spionieren. Aber Isabel tat es nicht, weil sie eine seltsame Furcht davon abhielt. Etwas in ihr befürchtete, dass dann etwas passieren könnte, dass sie alles abbrechen ließ. Was das sein könnte, wollte ihr nicht bewusstwerden. Aber ihr war es lieber, alles nur auf die eine Karte zu setzen und somit alle Bedenken erst gar nicht hochkochen zu lassen. Sie würde sich Urlaub nehmen, den in ihrer alten Heimat verbringen und dort Cedric neu kennenlernen. Das war ihr Plan, den sie sich täglich schöner ausmalte und der damit enden würde, dass sie schwanger und mit Cedric im Herzen ein neues Zeitalter antreten konnte.

Aber bis dahin musste sie den Winter überstehen, in ihrem Job alles wieder in die richtigen Bahnen lenken, zeigen, dass sie unentbehrlich war und die Frühjahrskollektion an den Mann bringen.

Dieser Zeitaufschub war ihr mehr als recht. Denn nichts war schöner, als zu träumen und sich alles immer wieder in den schillerndsten Farben auszumalen. Die wirkliche Umsetzung schob sie immer wieder hinaus, bis dann doch Ende März ihr Urlaub beantragt und das Zimmer in dem Gasthaus ihres ehemaligen Heimatortes gebucht war. Sie hatte gerade ihren siebenunddreißigsten Geburtstag hinter sich und fühlte sich dennoch nicht annähernd so niedergeschlagen, wie all die Jahre zuvor. Vielleicht lag das an den Pillen, die sie sich seit Januar jeden Morgen einwarf. F 35 plus - Das Nahrungsergänzungsmittel für die Frau ab 35 mit Kinderwunsch.

Isabel hatte nach ihrem Entschluss, mit Cedric ein Kind zu zeugen, ihre erschreckend geringe Chance für einen guten Ausgang dieses Wunsches erkannt und sich darüber schlau gemacht, was man tun konnte. Unerwarteter Weise war sie auf dieses Mittel gestoßen, dass sogar von einer führenden Kinderwunschklinik angepriesen wurde und so hatte sie sich eine Dreimonatspackung bestellt. Seitdem nahm sie jeden Morgen eine Pille und hoffte darauf, dass ihr Körper für den großen Showdown gewappnet war, der im nächsten Monat anlaufen sollte.

Aber sie war überrascht, wer alles in diesem Jahr zu ihrem Geburtstag aufgetaucht war. Sie hatte wohl in den vergangenen Monaten eine positive Energie ausgestrahlt, die sich zwar niemand erklären konnte, aber die Isabel zu einem erträglichen Menschen gemacht hatte. Selbst ihre Schwester Karin war mit den Kindern vorbeigekommen, obwohl die beiden sich immer noch nicht oft sahen. Isabel wusste, dass war nicht nett ihrer kleinen Schwester gegenüber, deren Ehe wohl nicht das Gelbe vom Ei war. Aber sie sah sich außer Stande, ihr damit zu helfen und hatte keine Lust in Karins Tief gerissen zu werden. Außerdem befürchtete Isabel, dass Karin doch noch hinter ihren Plan kommen könnte und dann hätte Isabel nichts mehr zu lachen. Schon der Umstand, dass sie mit ihrem Lebenswandel ein Kind haben wollte, hätte Karin erschüttert. Aber auch noch Mutter werden zu wollen, ohne einen Vater dazu haben zu wollen, hätte die ganze Familie gegen sie aufgebracht. Und dass der Erzeuger des Kindes Cedric sein sollte, hätte Isabel eine Einweisung ins Irrenhaus beschert. Deshalb hatte Isabel nervös ihr Schlafzimmer abgeschlossen, als der Besuch anstand. Dort stapelten sich schon einige Zufallsschnäppchen. Wenn sie nun abends in ihr Schlafzimmer kam, besah sie voller Freude die kleine Wiege, die sie in einem Warenhaus günstig erstanden hatte. Die Sonntage verbrachte sie entweder damit, Pläne zu schmieden, oder die kleinen Hosen und Pullover, Strümpfchen und Wickelhemdchen nochmals zu bügeln und zusammenzulegen. Irgendwie waren ihr diese Sachen in den Kaufhäusern, die sie neuerdings Samstagnachmittags unsicher machte, in die Finger geraten. Mittlerweile hingen auch unzählige Spieluhren an der Wand und sie drehte gerne eine nach der anderen auf. Hätte jemand davon etwas mitbekommen, hätte Isabel das erklären müssen. Und sie wollte niemandem etwas erklären.

Isabel fürchtete sich davor, dass ihr jemand ihren Traum zerstörte, bevor sie ihn umsetzen konnte. Denn in ihrem Inneren rumorten oft genug Zweifel, die ihr immer wieder gnadenlos zu verstehen gaben, dass sie einen Plan verfolgte, der nur in ihrem Kopf rosarot war.

Sie ignorierte das geflissentlich und hielt sich vor Augen, dass alles in Gang gesetzt war. Im April wird sie sechs Wochen Urlaub haben, in denen sie in ihre alte Heimat zurückkehren will, um sich ihrer Vergangenheit und dem Mann darin zu stellen. Und bis dahin bekämpfte sie alle Zweifel und Ängste, die immer wieder in ihr hochkrochen und sich nicht immer durch schöne Tagträume ausmerzen ließen.

Dazu gab es in letzter Zeit auch noch etwas anderes, was sie beunruhigte. Isabel bekam in den letzten Wochen oft Telefonanrufe, bei denen sich entweder keiner meldete, jemand schnell auflegte oder jemand sich als falsch Verbunden ausgab. Erst dachte Isabel sich nichts dabei, bis ihr eines Tages der Verdacht kam, dass der Mann, der diesmal falsch verbunden war, der gleiche vom letzten und vorletzten Mal war. Das beunruhigte Isabel dann doch etwas. Dazu kam, dass sie nie jemanden sah, der sich ihr auffällig näherte oder dem sie diese Telefonanrufe zuordnen konnte. Sie glaubte fast, dass dieser Kerl so ein Spinner sein muss, der sich eine Nummer aus dem Telefonbuch sucht und dann eine Zeitlang seine Spielchen damit trieb. Sie machte sich daher keine weiteren Gedanken darüber und vergaß über die Tage des Geburtstagsfeierns ganz, dass es diesen Typ überhaupt gab, als ihr Telefon an diesem Abend erneut klingelte.

Isabel war gerade dabei, die Gläser der Besucher vom Vorabend abzuwaschen und legte das Handtuch zur Seite. Sie ging zu dem kleinen Tisch und nahm den Hörer auf, ein müdes: „Isabel Iding!“, raunend.

Es antwortete niemand. Es war noch nicht einmal ein Atemzug zu hören.

Ach, der wieder! schoss es Isabel durch den Kopf und sie wollte gerade genervt auflegen, als eine Männerstimme bat: „Hallo! Bitte legen Sie nicht auf!“

Isabel wusste sofort, dass es der Mann war, der sich sonst als falsch Verbunden gemeldet hatte.

„Sie kennen mich nicht. Aber ich möchte Ihnen trotzdem alles Gute zu ihrem Geburtstag wünschen.”

Isabel war einen Moment sprachlos und schon im Begriff aufzulegen, als ihr Gewissen sich einschaltete.

Immer höflich bleiben, Isabel.

„Danke …“, raunte sie deshalb, konnte aber den aufsteigenden Unmut nicht unterdrücken „Aber woher wissen Sie, dass ich Geburtstag hatte?“

Die Leitung schien erst tot zu sein. Doch dann räusperte sich der Mann und sagte, ohne auf ihre Frage einzugehen: „Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht stören.“

Isabel wollte ihn anfahren, dass er seine blöden Anrufe endlich lassen soll. Aber sie brachte es nicht über sich. Diese Stimme hatte etwas Verletzliches und klang zu nett, als dass sie sie wütend machte, und er hatte bisher nichts Blödes oder Perverses gesagt.

„Sie haben mir noch nicht gesagt, woher Sie wissen, dass ich Geburtstag hatte.“

Sie meinte, ein Seufzen zu hören. Dann antwortete der Anrufer als Erklärung: „Sie hatten in den letzten Tagen viel Besuch und man brachte Ihnen Geschenke mit.“

Isabel versuchte zu erfassen, woher der Typ das alles wissen konnte, als er plötzlich fragte: „Wenn ich Ihnen ein Geschenk machen möchte, würden Sie es annehmen?“

Isabel wusste wirklich nicht, was sie darauf antworten sollte. Darum fragte sie zurückhaltend: „Warum wollen Sie mir etwas schenken? Ich kenne Sie doch gar nicht und Sie mich nicht.“

Lass dich nicht auf so einen Scheiß ein! Solche Leute sind verrückt und wer weiß, was der wirklich im Schilde führt. Nachher bekommst du eine Briefbombe oder dergleichen frei Haus.

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