Kitabı oku: «Förderung des Sprechens im kompetenzorientierten Englischunterricht der gymnasialen Oberstufe», sayfa 3
2.4 Ausgestaltung der Vorgaben in den Bundesländern: Kerncurricula Englisch für die Oberstufe in Hessen und Niedersachsen
Das Kerncurriculum gymnasiale Oberstufe Englisch des Landes Hessen liegt seit 2016 in der aktuellen Fassung vor und
nimmt zum einen die Vorgaben der Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung (EPA) und den Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 18.10.2012 zu den Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife (…) auf. Zum anderen setzt sich in Anlage und Aufbau des Kerncurriculums die Kompetenzorientierung, wie bereits im Kerncurriculum für die Sekundarstufe I umgesetzt, konsequent fort – modifiziert in Darstellungsformat und Präzisionsgrad der verbindlichen inhaltlichen Vorgaben gemäß den Anforderungen der gymnasialen Oberstufe und mit Blick auf die Abiturprüfung. (HKM 2016: 6)
Es versteht sich somit als eine auf den hessischen Oberstufenunterricht angepasste Weiterentwicklung der bestehenden KMK-Standards und kennzeichnet sich insbesondere dadurch, dass es auch Themen- und Inhaltsfelder aufnimmt. In den vorangestellten Ausführungen zum Bildungsbeitrag des Faches Englisch postuliert es die Begegnung mit verschiedenen Kulturen der anglophonen Welt als zentral und versucht diese – im Sinne eines erweiterten Textbegriffs – über schriftliche, mündliche oder medial vermittelte authentische Kulturprodukte herzustellen (HKM 2016: 11). Dabei stehen Lebensweltbezug und gesellschaftliche Relevanz im Vordergrund und diese sollen „vielfältige Sprechanlässe unter geeigneten Themenstellungen“ (ibid.) eröffnen. Der Charakter des Englischen als lingua franca, die über die Grenzen englischsprachiger Länder hinaus Politik, Wirtschaft und Kulturen geprägt hat, macht das Beherrschen der Sprache zu einer kulturellen Praktik von hohem Bildungswert. Entsprechend stellt auch das Kerncurriculum heraus, dass kompetenzorientierter Englischunterricht Lernende auf die „Teilnahme an der internationalen Sprachgemeinschaft“ (ibid.) vorbereiten soll und von kommunikativer Natur ist.
Die Orientierung des Kerncurriculums an den obligatorischen KMK-Dokumenten zeigt sich strukturell in der wörtlichen Übernahme der Kompetenzbereiche und Einzelstandards und deren Zuordnungen zu grundlegenden und erhöhten Niveaustufen für Grund- und Leistungskurse. Dass es sich bei dem Kerncurriculum aber in Teilen in der Tat um eine Weiterentwicklung handelt, spiegelt sich in der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Referenzdokumenten. So stellen die Autoren des Kerncurriculums ebenfalls fest, dass die Bildungsstandards die funktionalen kommunikativen Kompetenzen getrennt aufführen, diese jedoch in der konkreten Sprachverwendung „vorwiegend integrativ zum Tragen kommen“ (HKM 2016: 13). Ein genauerer Blick in das Kerncurriculum offenbart aber, dass es bei der kritischen Anmerkung bleibt. Auch in diesem Dokument bemühen sich die Autoren nicht um eine konkrete Alternative (beispielsweise durch Formulierung zusätzlicher Teilstandards), sondern übernehmen lediglich die bereits bestehenden Formulierungen.
Ein besonderes Augenmerk legen die Autoren der Kerncurricula auf die Unterfütterung der Standards mit konkreten Fachinhalten und Themenfeldern. Hierin besteht der größte Unterschied zu den allgemein gehaltenen Bildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache und den Operatoren des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens. In dem Kerncurriculum unterscheiden die Autoren zwischen dem Unterricht in der Einführungsphase, der zur Festigung von Wissen und Können diene, Kompensation anstrebe und auf die Wahl von Grund- und Leistungsfächern vorbereite und dem der Qualifikationsphase, der der Bearbeitung komplexer Frage- und Problemstellungen diene, eigenverantwortliches Lernen fördere und Kommunikationsfertigkeiten vertiefe (vgl. HKM 2016: 30). Dabei werden, mit Blick auf die Abiturprüfung, verschiedene „Aufgabenformate“ verbindlich gemacht. Bei diesen handelt es sich allerdings eher um Textsorten mündlicher1 und schriftlicher2 Art. Eher befremdlich erscheint in diesem Zusammenhang die Zuordnung von Dialogen zu den „kreativen Schreibaufträgen.“ (HKM 2016: 31) Es wirkt so, als hielten die Autoren des hessischen Kerncurriculums Dialoge für authentische Schreibprodukte und als wollten sie die Lernenden darauf vorbereiten, beispielsweise in der Abiturprüfung, eine solche Textsorte zu verfassen. Ein derart ausgerichteter Unterricht stünde jedoch eher im Kontrast zur Kompetenzorientierung, die authentische Sprachverwendung anstrebt. In der Textrezeption wird dieses Problem nicht deutlich. Hier halten die Autoren die verbindlichen Vorgaben eher abstrakt und lassen der Lehrkraft Spielraum für die Auswahl von beispielsweise „komplexen authentischen Texten im Sinne eines erweiterten Textbegriffs“ (HKM 2016: 32). Es wird allerdings darauf verwiesen, dass über das Kerncurriculum hinaus durch Erlass verbindlich zu behandelnde Werke konkretisiert werden können (vgl. ibid.). Die verbindlichen Themenfelder, die im Kerncurriculum aufgeführt werden, fungieren als inhaltliche Rahmung des Unterrichts. Die folgende Tabelle3 stellt diese Themenfelder übersichtlich dar:
Es scheint, als sei in dem Kerncurriculum der Versuch unternommen worden, die vorwiegend inhaltlich orientierten Lehrpläne, die den gymnasialen Englischunterricht in der Oberstufe maßgeblich bestimmt haben, unter dem Deckmantel der Kompetenzorientierung neu aufzulegen. Die Themenfelder wirken sehr vertraut und entsprechen weitgehend denen, die bereits aus den alten Lehrplänen bekannt sind. Ein Blick in das Kerncurriculum Oberstufe des Landes Niedersachsen für das Fach Englisch soll es ermöglichen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede festzustellen und ist an dieser Stelle unabdingbar, da ein nicht unerheblicher Teil der empirisch gewonnenen Daten dieser Studie aus niedersächsischen Schulen stammt.
Den Bildungsbeitrag des Faches stellt das niedersächsische Kerncurriculum in vergleichbarer Weise heraus wie dies auch im hessischen Dokument der Fall ist und in diesem Unterkapitel bereits ausgeführt wurde. Dabei wird sehr konkret auf die Rolle des Englischunterrichts eingegangen:
Damit die Schülerinnen und Schüler im internationalen Kontext bestehen und aktiv die Zukunft mitgestalten können, hat der Englischunterricht die Aufgabe, auf die sprachlichen Herausforderungen in Studium, Beruf und Gesellschaft vorzubereiten und ihnen so eine gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Demzufolge werden der funktionalen kommunikativen Kompetenz, insbesondere der Mündlichkeit, sowie der interkulturellen kommunikativen Kompetenz ein hoher Stellenwert beigemessen. (NiBiS 2017: 5)
Deutlich detaillierter setzt sich das niedersächsische Kerncurriculum allerdings mit dem bildungspolitischen Leitziel der Etablierung von Kompetenzorientierung auseinander. Übergeordnet wird dort gefordert, dass die Lernenden, ausgehend vom Ziel der sprachlichen und interkulturellen Handlungsfähigkeit, im Unterricht Kompetenzen erwerben, „die es ihnen ermöglichen, komplexe Kommunikationssituationen der heutigen Lebenswelt sicher zu bewältigen.“ (NiBiS 2017: 7). Dies umfasst, den Autoren zufolge, die Fähigkeit zur Rezeption, Produktion und Interaktion. (vgl. ibid.) In Analogie zu den KMK-Standards, schließt auch das niedersächsische Kerncurriculum an die Kompetenzprofile der Lernenden aus der Sekundarstufe I an und begreift den weiteren Aufbau von Kompetenzen als systematisch, kumulativ und handlungsorientiert (vgl. ibid.).
Zu den funktionalen kommunikativen Kompetenzen werden, sowohl für das grundlegende als auch für das erhöhte Anforderungsniveau, Teilstandards in Gestalt von Kann-Beschreibungen gelistet. Es fällt auf, dass hier rezeptive und produktive Kompetenzen zwar ebenfalls voneinander getrennt aufgeführt werden, deren Verwobenheit jedoch in den Einzelstandards teilweise aufgegriffen wird. So gibt es für den Bereich des Hör-/Hörsehverstehens einen Deskriptor, der sich auf die Stimmungen und Einstellungen der Sprechenden bezieht und so auf Teilbereiche der Kommunikation, die als Zusammenspiel von Produktion und Rezeption gesehen wird, abhebt (vgl. NiBiS 2017: 12). Noch deutlicher wird dies jedoch in den Deskriptoren zum Sprechen, genauer im Teilbereich „an Gesprächen teilnehmen.“ Zu den dort gelisteten Kompetenzen zählen das Eingehen auf Gegenargumente, die Verknüpfung der eigenen Standpunkte mit denen anderer Personen und der flexible und adäquate Umgang mit den fremdinitiierten Wendungen innerhalb eines Gesprächs. (vgl. NiBiS 2017: 14)
Auch in Niedersachsen enthält das Kerncurriculum einen Abschnitt zu Themenfeldern und Grundsätzen bei der Auswahl von Lerninhalten. Es wird darauf verwiesen, dass die Unterrichtsinhalte „weder beliebig noch unverbindlich“ (NiBiS 2017: 24) sein können und sich an den folgenden Leitlinien orientieren sollen:
Die Lernenden müssen sich mit Themen auseinandersetzen, die
eine aktive Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Texten, Medien und Perspektiven erfordern
kulturell, interkulturell und in der Erfahrungswelt der Lernenden relevant sind und sich nicht ohne Verstehensanstrengung und -leistung erschließen
Probleme aufweisen, die fremdsprachliche diskursive Aushandlungsprozesse erfordern
Reflexionen und Selbstreflexionen auslösen können, die wiederum Impulse zu diskursiven Handlungen geben
sich an authentische fremdkulturelle Diskurse anschließen
es den Schülerinnen und Schülern durch exemplarisches Lernen ermöglichen, das verfügbare Wissen und die erworbenen Kompetenzen auf neue Anwendungssituationen zu transferieren. (NiBiS 2017: ibid.)
Die auf dieser Grundlage festgelegten verbindlichen Themenfelder sind in der nachfolgenden Tabelle5 zusammengefasst:
Die Themenfelder erinnern auch in Niedersachsen an die aus den Lehrplänen bereits bekannten Inhalte, allerdings nehmen sie weitaus weniger Raum innerhalb des Dokuments ein und werden immer in Verbindung mit der Förderung von Kompetenzen genannt. Im niedersächsischen Kerncurriculum heißt es: „Alle Themenfelder müssen in der Qualfikationsphase behandelt werden. Dabei muss eine angemessene Medien- und Textsortenvielfalt berücksichtigt werden.“ (NiBiS 2017: 25) Einzelne Textsorten (Roman, Drama, Short Stories, Gedichte und Filme bzw. TV-Produktionen) werden festgeschrieben, in der Wahl der Texte bleibt der Lehrer aber frei, solange sie den Themenfeldern zuzuordnen sind. Ein Werk von Shakespeare ist für Kurse mit erhöhtem Niveau allerdings verpflichtend.
Dass das Ziel der Kompetenzorientierung auch auf die Durchführung von Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung zurückwirkt, spiegelt sich in dem niedersächsichen Kerncurriculum in besonderem Maße. Dort wird zwischen Lern- und Leistungssituationen unterschieden. Fehler werden aus Schülersicht als Erkenntnismittel und aus Lehrersicht als Hinweis für die Unterrichtsplanung verstanden (vgl. NiBiS 2017: 27). Weiter heißt es dort:
Kompetenzorientierter Unterricht bietet den Schülerinnen und Schülern durch geeignete Aufgaben einerseits ausreichend Gelegenheiten, Problemlösungen zu erproben, andererseits fordert er den Kompetenznachweis in anspruchsvollen Leistungssituationen ein. Leistungs- und Überprüfungssituationen sollen die Verfügbarkeit der erwarteten Kompetenzen nachweisen. (ibid.)
Insgesamt lässt sich resümieren, dass sich die länderspezifischen Kerncurricula in leicht unterschiedlichen Stadien auf dem Weg von der Inhalts- zur Kompetenzorientierung befinden. Empirische Unterrichtsforschung kann in diesem Zusammenhang einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, den Ist-Stand der unterrichtlichen Implementierung des Leitziels der Kompetenzorientierung aufzuzeigen. Bislang gibt es diesbezüglich, gerade mit Blick auf die Oberstufe, einige Desiderate. Darauf wird in den Folgeabschnitten noch genauer eingegangen, da auch die vorliegende Studie sich in diesem Setting verortet.
2.5 Die Komplexität der Sprechkompetenz: kognitive und psycholinguistische Vorgänge
2.5.1 Sprachproduktion aus psycholinguistischer Perspektive
Sprechen gilt als eine Schlüsselfertigkeit im Prozess des Fremdsprachenlernens. Viele Lerner schätzen ihre fremdsprachliche Kompetenz auf Basis ihrer Sprechkompetenz ein – andererseits fällt gerade das flüssige Sprechen vielen Lernern besonders schwer (vgl. Stovall Burkart 1998). Kognitiv betrachtet ist das Sprechen ein hoch komplexer Vorgang, der viele interagierende Komponenten umfasst und viel Training erfordert, möchte man ihn perfektionieren (vgl. Thornbury 2005). Levelt zufolge, produziert ein geübter Sprecher des Englischen etwa 150 Wörter pro Minute in einer gewöhnlichen Kommunikation und wählt aus einem aktiven Wortschatz von 30000 Begriffen1 die der Situation angemessenen aus (Levelt 1989: 199). Rechnerisch bedeutet dies, dass in einer Sekunde zwischen zwei und fünf Entscheidungen alleine auf Wortschatzebene getroffen werden müssen. Es verwundert daher nicht, dass gerade die Sprechkompetenz Lernern Schwierigkeiten bereitet.
Empirische Forschung zur Sprachproduktion existiert vermehrt seit den 1960er Jahren und bezieht sich zunächst hauptsächlich auf Muttersprachler (Field 2011: 71). Für die Fremdsprachenforschung prägend ist die Modellierung der Sprachproduktion, die sich auf diese empirischen Erkenntnisse stützt und sich immer weiter entwickelt hat. Eines der ersten Modelle liefert Garrett (1980, 1988). Es geht davon aus, dass Sprecher einen vorläufigen syntaktischen Rahmen für sprachliche Äußerungen erstellen, in welchen sie parallel die Ergebnisse ihrer Entscheidungen auf lexikalischer Ebene integrieren. Dies impliziert das Vorhandensein einer dem Sprechen vorgeschalteten Planungsphase, in der die Äußerung zunächst abstrakt auf kognitiver Ebene erstellt wird, bevor sie konkret sprachlich realisiert wird (vgl. Garrett 1988). Auch wenn Garrett hervorhebt, dass syntaktische und semantische Entscheidungen derart ineinandergreifen, dass sie unmittelbar verknüpft erscheinen, hat neurolinguistische Forschung mittlerweile belegt, dass semantische und syntaktische Entscheidungen unterschiedliche Areale im Gehirn aktivieren und somit, zumindest kognitiv, nicht vernetzt sind (vgl. Kutas/ Federmeier/Serreno 1999: 367).
Eines der bekanntesten Modelle zur Beschreibung der Vorgänge beim Sprechen ist das von Levelt aus dem Jahr 1989. Es benennt vier Phasen, vier kognitive Hürden, die ein Sprachenlerner überwinden muss, wenn er eine Sprechabsicht in der Zielsprache realisieren möchte: conceptualization, formulation, articulation und self-monitoring (vgl. Levelt 1989, Skehan 2009, Field 2011).
In der Konzeptualisierungsphase entscheidet sich der Sprecher für ein Thema bzw. eine Idee, die er ausdrücken möchte. Die Effizienz wird wesentlich davon determiniert, ob es sich um völlig neue oder bereits bekannte Themen/Ideen handelt, die entsprechend im Langzeitgedächtnis gespeichert sind (vgl. Goh/Burns 2012: 37, Muranoi 2007).
Die Formulierungsphase bezieht sich auf die sprachliche Ebene. Die Ideen, die in der Konzeptualisierungsphase generiert wurden, werden nun bestimmten Wörtern im mentalen Lexikon des Sprechers zugeordnet. Goh und Burns beschreiben diese Phase als die herausforderndste im gesamten Sprechvorgang. Die Sprecher müssen eine Reihe von Entscheidungen treffen, daher ist sie auch überaus fehleranfällig. Es handelt sich um Entscheidungen auf mehreren sprachlichen Ebenen. Sie müssen die grammatikalischen Strukturen festlegen, die ihre Gedanken korrekt ausdrücken, auf lexikalischer Ebene die Bedeutungsnuancen zwischen vermeintlichen Synonymen unterscheiden, um die treffendsten Ausdrücke zu wählen und zudem auch den sozialen Kontext beachten, der wiederum die Angemessenheit gewählter Ausdrücke in der jeweiligen Diskurssituation festlegt (vgl. Goh/Burns 2012: 38).
In der nun folgenden Artikulationsphase setzen die Sprecher die zuvor mental konstruierten Ideen in konkrete Sprache um. Dies erfordert die Aktivierung mehrerer Sprechorgane (Lippen, Zunge, Lunge, Stimmbänder etc.). Auch wenn es sich hierbei um einen physiologischen Vorgang handelt, so ist auch diesem eine kognitive Komponente beizumessen. Schließlich gehört es ebenso zur Sprechkompetenz zu entscheiden, welche Betonungsnuancen schon zu Bedeutungsunterschieden führen (Minimalpaare) und welche Wörter im Kontext der gewählten Äußerung durch Betonung hervorzuheben sind (z.B. Fragen, Hervorhebungen). Zudem gilt eine korrekte Betonung häufig als Qualitätsmerkmal mit Blick auf die Sprechkompetenz und kann im Umkehrschluss dazu führen, dass Sprecher, die in der korrekten Betonung weniger sicher sind, eher zurückhaltend agieren und das Sprechen vermeiden (ibid).
Die letzte in Levelts Modell beschriebene Phase ist die der Selbstüberprüfung bzw. Selbstkorrektur (vgl. Levelt 1989). Sie folgt nicht linear den anderen drei Phasen, sondern ist diesen zwischengeschaltet. Das heißt, dass in jeder der oben genannten Phasen auch eine Selbstüberprüfung und gegebenenfalls Korrektur stattfinden kann. Ob dies der Fall ist und in welchem Umfang bzw. mit welcher Effektivität dies geschehen kann, hängt maßgeblich von dem metalinguistischen Wissen des Sprechers ab. Dieses umfasst sowohl Grammatik und Wortwahl wie auch die Kenntnis des sozialen Kontexts, in dem ein Diskurs stattfindet. Kompetente Sprecher reflektieren ihren eigenen Sprechprozess häufig und wählen ihre Worte auch unter Berücksichtigung der Kommunikationssituation sowie ihres Wissens über den Kommunikationspartner. Insbesondere Fremdsprachenlerner, die noch wenig Sicherheit beim Sprechen haben, können durch zu intensive Reflexionsphasen auch in negativer Weise beeinflusst werden, da sie sich zu sehr auf die Korrektheit ihrer Äußerung fokussieren und immer unsicherer werden (vgl. Goh/Burns 2012: 39).
Levelt selbst hat sein Modell weiter überarbeitet und liefert zehn Jahre später eine veränderte Version, in welcher die Konzeptualisierungsphase ausdifferenziert wird. Er unterschiedet nun in grammatical encoding, welches das mentale Konstruieren eines syntaktischen Rahmens und das Einfügen lexikalischer Bestandteile in die Äußerung umfasst, phonological encoding, in welchem die abstrakte Äußerung in phonologisch realisierbare sprachliche Strukturen umgewandelt wird und das phonetic encoding, in welchem schließlich die Laute in neuronale Informationen umgewandelt und an die Artikulatoren übermittelt werden (vgl. Levelt 1999). In diesen Modifikationen spiegeln sich vor allem die Erkenntnisse aus der Neurolinguistik, die das vorherige Modell, insbesondere die Prozesse während der Formulierungsphase, als zu einfach erscheinen lassen. Neben der Erkenntnis, dass Sprachproduktion ein psycholinguistisch komplexer Vorgang ist, liefert Levelts Modell auch Implikationen für die Fremdsprachenforschung. Es zeigt drei wichtige Informationsquellen auf, die die für die Sprachproduktion relevanten Informationen beinhalten: das mental lexicon zur Speicherung des Wortschatzes, das syllabary zur Speicherung der Informationen über Lautproduktion und der Übertragung von mentalen Konstrukten in konkrete Sprache, sowie den Speicher des world knowledge, welcher Grundlage der Konzeptualisierungsphase ist. Sprechkompetenzförderung muss so geschehen, dass alle Informationsspeicher bedient werden. Fehler in mündlichen Lernertexten lassen sich anhand dieser zuordnen und lernförderlich nutzbar machen, wenn bedacht wird, dass diese nicht nur in der Produktion entstehen, sondern manchmal bereits im Vorhinein, weil beispielsweise eine Aussage des Gesprächspartner inhaltlich oder sprachlich nicht verstanden wurde.
Field (2011) stellt heraus, dass dialogische Sprechaufgaben die Lernenden vor zwei kognitive Hürden stellen, die sie überwinden müssen. Zum einen vollziehe sich dialogisches Sprechen unter Zeitdruck. Im Vergleich zum Schreiben sei insbesondere die Planungs- und die Reflexionszeit verkürzt. Zum andere beschreibt er dialogisches Sprechen als reciprocal und bezieht sich auf das spontane Wechselspiel von Sprecherrolle und Zuhörerrolle innerhalb eines Gesprächs. Genau wie beim Schreiben müsse der Adressat die Intention des Gesagten und die Position des Gegenübers erkennen, anders als bei der Beantwortung von Mails und Briefen allerdings, geschieht dies dynamisch und erfordert eine schnellere und spontanere Reaktion. Zudem sei es möglich, dass sich die Position des Gegenübers im Verlauf des Gesprächs ändert und auch auf diese Entwicklungen spontan zu reagieren ist (Field 2011: 97).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Sprachproduktion kognitiv anspruchsvoll ist und dass Aufgabenformate zur Förderung des Sprechens die kognitiven Anforderungen der Kompetenz berücksichtigen müssen. Insbesondere in der gymnasialen Oberstufe haben die Lernenden bereits Erfahrungen mit der Fremdsprache gesammelt und werden mit komplexeren und anspruchsvolleren Themen und Formaten konfrontiert. Ein Forschungsdesiderat liegt daher in der Betrachtung der Aufgabenkonzeption und -durchführung von Sprechformaten unter Berücksichtigung der psycholinguistischen Passung. Diese Studie liefert in diesem Zusammenhang neue Fallstudien und bezieht die Resultate aus der empirischen Analyse von Daten auf die bereits bekannten Erkenntnisse zurück.