Kitabı oku: «Förderung des Sprechens im kompetenzorientierten Englischunterricht der gymnasialen Oberstufe», sayfa 5

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2.6.5 Register und Genrebezug

Cummins (1979) verwendete, ursprünglich im Kontext des bilingualen Fremdsprachenerwerbs, erstmalig die Begriffe BICS (basic interpersonal communicative skills) und CALP1 (cognitive academic language proficiency) um aufzuzeigen, dass es neben den kommunikativen Fähigkeiten von Fremdsprachenlernern noch eine weitere Dimension zu geben scheint, die sich wesentlich langsamer und nicht unmittelbar aus der Konversation entwickele. Hierbei handele es sich um die Fähigkeiten zur kognitiven Verarbeitung und Manipulation von Sprache in dekontextualisierten akademischen Situationen (vgl. Cummins 1979). Aus dieser Unterscheidung ließe sich die Hypothese ableiten, dass Fremdsprachenlerner mit zunehmender Lernzeit und zunehmender Vertrautheit mit Situationen, die Fähigkeiten der CALP-Dimension ansprechen, diese Fähigkeiten kontinuierlich entwickeln und die fremdsprachliche kommunikative Kompetenz die Summe aus den BICS- und CALP-Dimensionen darstellt. Ob sich diese Unterscheidungen in konkreter Lernersprache und in konkreten Sprachhandlungssituationen zeigen, dazu kann die Empirie weitere Erkenntnisse liefern. Dies erscheint insbesondere in Kontexten mit erfahrenen Lernern fruchtbar (z.B. gymnasiale Oberstufe).

Meißner charakterisiert Sprechsprache als „hochgradig kollokativ“ und „hochgradig idiomatisch“ (Meißner 2014: 177). Sie sei an Sprechsituationsroutinen gebunden, über deren psycholinguistische Implikationen noch zu wenige Erkenntnisse vorlägen (ibid.). Die empirische Erforschung solcher Phänomene setzt einerseits eine Betrachtung von Lernersprache in authentischen Interaktionssituationen voraus und erfordert, andererseits triangulierende Forschungsdesigns, um Vorerfahrungen der Lernenden zu erheben (vgl. Würffel 2014: 256).

Hallet bringt eine weitere Komponente in die Diskussion um die Förderung mündlicher Kompetenzen ein. Er vertritt dabei die Auffassung, die didaktischen Vorstellungen von Mündlichkeit seien „grundsätzlich auf Grundlage der und mit Bezug auf die sozialen und medialen kommunikativen Praktiken der beteiligten Kulturen zu konzeptualisieren und zu spezifizieren“ (Hallet 2014: 76). Daraus folgt, dass mündliche Kompetenzen nicht abstrakt, sondern gebunden an ein konkretes Genre geübt und bewertet werden können. Lernende sollten im Unterricht eine Vertrautheit mit generischen Formen zu verschiedenen Domänen lebensweltlicher Kommunikation entwickeln, um generisches Schemawissen bei Bedarf abrufen zu können. Lehrende hingegen sollten didaktische Entscheidungen hinsichtlich der Wahl geeigneter Diskursformen treffen können und entsprechend ihrer Wahl auch kriteriengeleitete Rückmeldungen erteilen, die den Lernenden bei der Ausbildung kognitiver Strukturen hilft und sie befähigt, die Diskurse erfolgreich zu bewältigen (vgl. Hallet 2014, Hallet 2016). Empirische Grundlagenforschung kann in diesem Zusammenhang dazu dienen, exemplarisch aufzuzeigen, welchen Genres die Sprechaufgaben entsprechen, die Lehrkräfte stellen und welcher Gestalt die Rückmeldungen sind, die lehrerseitig erteilt werden.

2.6.6 Sprechkompetenz messen und beurteilen

Die Evaluation und Beurteilung von Sprechleistungen ist von der institutionellen Förderung des Sprechens nicht zu trennen. Insbesondere in der gymnasialen Oberstufe, die für viele Lernende mit dem Zentralabitur in einer kompetenzorientierten Abschlussprüfung endet, sowie aufgrund der mittlerweile in vielen Schulcurricula verankerten Kommunikationsprüfungen, wirken die Faktoren fördern und beurteilen umso stärker zusammen und aufeinander zurück. Englischlehrende benötigen Kriterien und Maßstäbe für die Bewertung von mündlichen Schülerleistungen und Lernende bedürfen Kriterien für die Selbsteinschätzung ihres Kompetenzfortschritts. Mit dem GeR und seinen Deskriptoren liegt ein auf teilempirischer Basis entwickeltes Referenzdokument vor, das die komplexe Sprechkompetenz in Subaspekte unterteilt und für diese positiv formulierte Kann-Beschreibungen zur Verfügung stellt (vgl. Europarat 2001 sowie Kapitel 2.2). Auch die Bildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache Englisch/Französisch (vgl. KMK 2012 sowie Kapitel 2.3) stellen ein solches Referenzdokument dar, welches speziell für den Unterrichtskontext an deutschen Schulen entwickelt wurde. In der Forschungsliteratur werden immer wieder Versuche unternommen, die komplexe Sprechkompetenz in Unterkategorien aufzuschlüsseln und zu beschreiben, worin eine Sprechleistung in der Zielsprache Englisch besteht, was sie ausmacht und wie sie in geeigneten Prüfungsformaten zu bewerten ist oder aber wie kontinuierlich auf diese Rückmeldung erteilt werden kann.

Brown und Abeywickrama (2010: 183) heben hervor, dass es unmöglich sei, Sprechleistungen nach uniformen Kriterien zu beurteilen. Nur in wenigen Situationen, nämlich in Formaten des monologischen Sprechens, könne man Sprechkompetenzen losgelöst von Hörverstehkompetenzen und Diskurskompetenzen elizitieren und bewerten (ibid). Kriterienkataloge müssen entsprechend dieser Besonderheit des Sprechens Rechnung tragen. Sie schlagen selbst einen solchen vor, der sich in microskills und macroskills aufgliedern lässt. Auch wenn dieser Katalog keine ausdifferenzierten Skalen zur Verfügung stellt, anhand derer eine Bewertung von konkreten Schülerleistungen vorgenommen werden kann, so kann er als wertvolle Grundlage für die Erstellung von Bewertungsrastern fungieren und illustriert gleichwohl die Komplexität der Determinanten einer Sprechleistung. Unter den microskills werden formfokussierte Bestandteile wie phonetische Entscheidungen, Lautproduktion, Betonung, lexikalische Entscheidungen, sprachliche Flüssigkeit, Selbstreflexion und -korrektur, grammatikalische Entscheidungen und Kohärenz subsumiert. Die macroskills umfassen hingegen Diskurskompetenzen wie das situationsangemessene Aushandeln einer kommunikativen Situation, die Wahl eines angemessenen Registers, die Verwendung angemessener Paralinguistik (Mimik, Gestik) und das gezielte Anwenden kommunikativer Strategien zur Herstellung eines Adressatenbezugs1.

Brown und Abeywickrama stellen überdies heraus, dass die Erstellung geeigneter Aufgaben zur Bewertung von Sprechleistungen sich mit drei Problemfeldern konfrontiert sehe. Zuerst sei, wie bereits erwähnt, keine Sprechaufgabe in der Lage, die gewünschte Kompetenz vollständig losgelöst von anderen Kompetenzen zu betrachten. Rezeptive Kompetenzen wie Hörverstehen (in dialogischen Formaten) und Leseverstehen (Aufgabenstellung, Input) determinierten zumindest in Teilen den Erfolg einer Sprechaufgabe (vgl. Brown/Abeywickrama 2010: 187). Desweiteren sei es schwierig einzelne Aspekte der Sprechkompetenz gezielt anhand von Aufgabenformaten zu überprüfen, da gesprochene Sprache den Lernenden generell eine höhere Anzahl an Möglichkeiten zur kommunikativen Bewältigung einer Aufgabe gestatte und somit ein vorheriges Ausloten der möglichen Schülerlösungen umso wichtiger sei (ibid.). Zuletzt sei, zur Gewährleistung einer bestmöglichen Reliabilität, auf das Erstellen trennscharfer Bewertungsrubriken zu achten, was eine genaue Analyse der Aufgabe, der erwarteten Schülerleistung und der Vorkenntnisse der Lernenden bedingt (ibid.).

Eine wesentliche Grundlage für das effektive Bewerten von Sprechleistungen ist die Kenntnis der Komplexität der am Sprechen beteiligten Vorgänge und die Fähigkeit, Aufgaben zu erstellen, die von den Vorkenntnissen der Lernenden ausgehen und die gewünschten Teilaspekte möglichst gezielt in den Blick nehmen. Über den Schritt der Aufgabenerstellung kann dann die Entwicklung objektiver, reliabler und valider Bewertungskriterien eingeleitet werden. Luoma sieht weitere Anknüpfungspunkte für Forschung vor allem in der Erteilung von Feedback. Sie führt an, dass nützliches Feedback auf Sprechleistungen konkret und deskriptiv sei (Luoma 2004: 189). Lernende benötigen Rückmeldungen, die ihnen gezielt und anschaulich Stärken und Schwächen ihrer Sprechleistung aufzeigen und sich nicht in einem vagen und evaluativen good job oder well done erschöpfen (ibid.). Zu diesem Zweck schlägt sie die Erstellung und Verwendung aufgabenbezogener Feedbackbögen und langfristig angelegter feedback reports vor, hebt aber zugleich hervor, dass die Feedbackpraxis im Fremdsprachenunterricht langfristig empirisch begleitet werden müsse (vgl. Luoma 2004: 189 – 190). Es mangele an Erkenntnissen darüber, welche Rückmeldungen Lehrende auf Sprechleistungen erteilen2 und wie Lernende damit umgehen. Einige Publikationen befassen sich mit der Untersuchung von mündlichen Prüfungen sowie der kriteriengeleiteten Erstellung von Tests zur Erhebung von Sprechkompetenz (Taylor 2011, Hawkey 2011, Khalifa & Salamoura 2011) oder den Eigenschaften von Prüflingen und Prüfern in diesem Zusammenhang (O’Sullivan & Green 2011). Zu wenig liegt der Fokus aber auf den lernwirksamen Rückmeldungen, die Lernende im alltäglichen Unterrichtsgeschehen auf ihre Sprechleistungen erhalten. Im deutschsprachigen Kontext liefert vor allem die Forschung im DaF/DaZ-Bereich und die Didaktik slawischer Sprachen Erkenntnisse zur Feedbackkultur (Kleppin & Mehlhorn 2008, Kleppin 2009, Kleppin 2010, Kleppin 2015, Grotjahn & Kleppin 2015). In diesen Publikationen geht es um den Stellenwert von Fehlern für das Fremdsprachenlernen, geeignete Kriterien für die Beurteilung von mündlichen Leistungen und die Analyse typischer Fehlerquellen. Dass es sich um ein Thema handelt, dass für deutschsprachigen Kontext von wichtiger Bedeutung ist, zeigen die bildungspolitischen Entwicklungen der letzten 20 Jahre auf (Kompetenzorientierung, Bildungsstandards).

Grünewald betont, dass die veränderte bildungspolitische Rahmung und die Forderung nach mehr Mündlichkeit im Fremdsprachenunterricht mit einem erhöhten Handlungsdruck für Lehrkräfte einhergehen3. Diese müssten sich nun, stärker als zuvor, mit der Planung und Durchführung von mündlichen Prüfungen befassen (vgl. Grünewald 2014: 61). Die in allen Jahrgangsstufen gestiegene Anzahl mündlicher Lern- und Leistungskontrollen, bringe auch einen Backwash-Effekt hinsichtlich der Unterrichtsplanung mit sich. Schließlich müsse ein Fremdsprachenunterricht, der nun verstärkt auf die Überprüfung von mündlichen Kompetenzen abziele, diese Formate auch üben und vorbereiten, was zwangsläufig in einer Ausrichtung zu mehr Mündlichkeit resultiere (ibid.).

Die Überprüfung von mündlichen Kompetenzen sollte, Grünewald zufolge, nicht mittels standardisierter Testverfahren, wie sie unter anderem für Sprachzertifikate verwendet werden, vorgenommen werden (vgl. Grünewald 2014: 62). Er plädiert stattdessen für einen, auf den schulischen Kontext angepassten, Katalog mit Gütekriterien für mündliche Prüfungen4. Diese müssen auch dem Gerechtigkeitsempfinden der Lernenden Rechnung tragen. Grünewald stellt überdies die Bedeutung von formativen Evaluationen der Sprechleistungen heraus. Es solle nicht nur einmalig im Rahmen einer Prüfung zu einer Evaluation kommen, sondern vielmehr kontinuierlich eine möglichst breite Bewertungsbasis erstellt werden, die den Lernenden als Rückmeldung ihres Leistungsstands diene (vgl. Grünewald 2014: 66). Die Vermittlung einer diagnostischen Kompetenz ist daher für die Lehrerbildung wichtiger denn je. Dies kann durch Studien geschehen, die videografierte Prüfungen und die Rückmeldungen untersuchen, aber es bedarf auch an Empirie, die abbildet, welche Rückmeldungen Lehrkräfte im Schulalltag auf mündliche Leistungen erteilen. Hierzu kann auch die vorliegende Studie einen Beitrag leisten.

2.7 Exkurs: Linguistische Zugänge zur Sprechkompetenz und ihre Limitationen

Die Erforschung von Schülersprache kann aus unterschiedlichen Perspektiven geschehen. Da die vorliegende Studie authentische Sprachdaten generiert und untersucht, erscheint es sinnvoll, diese kurz zu verorten. In den letzten vierzig Jahren sind im angloamerikanischen Raum viele Studien veröffentlicht worden, die mündliche Schülerbeiträge betrachten und sich auf die Herausstellung wiederkehrender und charakteristischer sprachlicher Strukturen fokussieren (Sinclair/Coulthard 1975, Sacks 1977, McHoul 1978, Sinclair/Brazil 1982, McHoul 1990, Coulthard 1992, Markee 1995, Mori 2004, Markee 2004, Seedhouse 2004, McCarthy/Slade 2007). Diesen gemein sind ein mikroanalytischer Forschungsansatz und ein eher linguistisches statt fachdidaktisches Erkenntnisinteresse. Es wird sehr kontrovers in der Literatur diskutiert, welchen Beitrag die Gesprächsforschung für die Fremdsprachendidaktik leisten kann. Kasper (2009) argumentiert in diesem Zusammenhang, dass die Gesprächsanalyse die Ressourcen habe, Verständnisprozesse als wichtige Voraussetzung für das Lernen aufzuzeigen. Rampton et al. (2002) sind skeptischer und äußern sich kritisch. Sie bezweifeln beispielsweise, dass die rein linguistische Analyse die Prozesse, innerhalb derer sich Lernen vollzieht, sichtbar machen könne, da viel längere Intervalle betrachtet werden müssten als es konversationsanalytische Arbeiten tendenziell zu leisten im Stande seien (vgl. Rampton et al. 2002). Auch He (2004) sieht in der Gesprächsanalyse, aufgrund ihrer Ausrichtung und linguistischen Zielsetzung, kein geeignetes Instrument zur Annäherung an internal-kognitive Prozesse. Um für die Fremdsprachendidaktik wirklich fruchtbare Erkenntnisse liefern zu können, bedürfe es Methoden, die darauf abzielen, Lernprozesse nachzuvollziehen. Markee und Kasper (2004) stimmen zu, fügen aber hinzu, dass sich Sprachkompetenz auch in den Gesprächen spiegele und nicht ausschließlich in den kognitiven Speichern der Lerner. Aufgrunddessen dürfe der Gesprächskontext bei der Erforschung von Lernersprache nicht außer Acht gelassen werden.

Hall (2004) sieht in der Gesprächsanalyse eine ausgezeichnete Methode um zu beschreiben, was in der Unterrichtsinteraktion passiere und um Erkenntnisse über die Eigenschaften verschiedener Ausprägungen von Unterrichtsdiskurs zu erhalten, allerdings bezweifelt auch sie, dass die Methode sich dazu eigne, Lernprozesse zu beschreiben. Unter Rückbezug auf Vygotskis Sociocultural Theory (Vygotski 1978) sieht sie aber Anknüpfungspunkte, Lernen als soziale Aushandlung zu begreifen und über die Aushandlungsprozesse an Lernprozesse heranzukommen, konkretisiert dies jedoch nicht. Gardner fordert, dass Studien longitudinal angelegt sein müssen, wenn sie Lernprozesse abbilden und gesprächsanalytisch untersuchen wollen. Er äußert sich aber kritisch in Bezug darauf, inwiefern die dabei festgestellten Unterschiede auf gewisse Faktoren stabil und verlässlich zurückzuführen seien (vgl. Gardner 2013). Im deutschen Kontext betonen Kurtz (2014) wie auch Schramm und Schwab (2016) die Notwendigkeit auch mikroanalytische Ansätze in der fremdsprachendidaktischen Forschung weiter zu verfolgen und auszuweiten.

Mit Blick auf den Englischunterricht in Deutschland lässt sich konstatieren, dass es nur wenige Forschungsarbeiten gibt, die einen gesprächsanalytischen Ansatz verfolgen. Die Arbeiten von Schwab (2009), Appel (2010) und Lehnert (2016) haben wichtige Erkenntnisse über verschiedene Phänomene der Unterrichtssprache Englisch im deutschen Schulkontext geliefert, vermögen es aber nicht, high inference behavior wie Verstehensprozesse der Schüler zu untersuchen, da dies eine methodische Unschärfe zur Folge hätte. Eine Perspektiventriangulation ist in diesem Zusammenhang nicht möglich. Aufgrunddessen wurde ein gesprächsanalytisches Vorgehen für die vorliegende Studie verworfen.

3 Erkenntnisinteresse und Untersuchungsdesign
3.1 Empirische Forschung im Fremdsprachenunterricht

Empirische Forschung kennzeichnet ihre datengeleitete Ausrichtung. Eine oder mehrere Forschungsfragen werden mithilfe einer zu diesem Zweck erhobenen Datengrundlage untersucht und diskutiert (vgl. Schramm 2016: 49). Es lassen sich keine allgemein gültigen Aussagen darüber machen, wie umfangreich der Datenpool zur Untersuchung der Forschungsfrage sein muss, da sich empirische Forschung „auf einem Kontinuum von Erfahrungsberichten über explorative und deskriptive Studien bis hin zu explorativen Studien“ (ibid.) bewegt. Riemer (2014: 15) grenzt empirisches Wissen eindeutig von Allgemeinwissen und Erfahrungswissen ab, da es das Merkmal der „Systematizität“ erfüllt. Die Wahl des geeigneten Forschungszugangs ist zwingend abhängig von dem Erkenntnisinteresse sowie von der „Beschaffenheit der sozialen Wirklichkeit und den Möglichkeiten ihrer Erforschung“ (Caspari 2016: 7). Tröhler betont, dass Unterricht eine soziale Wirklichkeit darstellt, die sich als „Praxis“ (2012: 34) versteht und entsprechend ließen sich Praktiken beobachten, die wissenschaftlich erforscht werden können und sollen. Fremdsprachliche Unterrichtsforschung ist wiederum ein Spezifikum in diesem Forschungsfeld, da sie sich durch ihren Gegenstandsbereich „das Lehren und Lernen fremder Sprachen in allen institutionellen Kontexten und auf allen Altersstufen“ (Bausch/Christ/Krumm 2003: 1) von anderer Unterrichtsforschung abhebt. Caspari beschreibt die Fremdsprachendidaktik als anwendungsorientierte Wissenschaft, die das generelle Ziel verfolgt „durch das forschungsgeleitete Aufstellen, empirische Überprüfen und erkenntnisbasierte Ausschärfen von theoretischen Grundlagen, Begriffen, Konzepten und Modellen das Erkennen, Verstehen und Erklären von komplexen Lehr- und Lernsituationen voranzutreiben und das Handeln in diesen Situationen zu verbessern.“ (Caspari 2016: 12). Alleine diese Charakterisierung impliziert ein Plädoyer für empirische Methoden, negiert zugleich aber nicht die Wichtigkeit anderer Zugänge. Es ergibt sich folglich, dass empirische fremdsprachendidaktische Unterrichtsforschung ein hochkomplexes und von vielen verschiedenen Faktoren determiniertes Feld näher beschreiben will, und dies hat Konsequenzen für die Konzeption der Studien, die in diesem Rahmen entstehen. Diese sollten der Tatsache insofern Rechnung tragen, als dass sie das Erkenntnisinteresse als oberste Prämisse für die Wahl des Zugangs betrachten. Etablierte, prototypische Designs haben, Caspari zufolge, durchaus ihren Reiz, da sie detaillierte Vorgaben hinsichtlich des Vorgehens machen und die methodische Qualität der Arbeit sichern, dennoch sollte die eigentliche Forschungsfrage nicht an die Methode angepasst werden, sondern umgekehrt (vgl. Caspari 2016: 9). Folglich bedient sich die empirische fremdsprachendidaktische Forschung notwendigerweise auch Theorien und Methoden aus ihren Bezugsdisziplinen (z.B. der Linguistik, der Literaturwissenschaft, der Psychologie, der Pädagogik etc.).

Betrachtet man die empirischen Methoden mit denen Fremdsprachenunterricht in den vergangenen Jahrzehnten beforscht wurde, stellt man hauptsächlich drei Kategorien fest: qualitative Verfahren, quantitative Verfahren und Mischformen (vgl. Burwitz-Melzer 2003, Schramm 2016). Settinieri (2012: 250) spricht in diesem Zusammenhang von „Extrempolen eines Kontinuums“ zwischen denen zahlreiche Mischformen existieren (vgl. dazu auch Dörnyei 2007: 19). Es wird bereits seit vielen Jahren diskutiert, inwiefern eine scharfe Trennlinie qualitativer und quantitativer Ansätze sinnvoll erscheint1, allerdings hat sich indes der Faktor Gegenstandsangemessenheit als Gradmesser für die Wahl der für die eigene Studie geeignete Methode herauskristallisiert (vgl. Caspari 2016: 16, Schramm 2016: 54 und Flick 2011: 54). Hauptunterscheidungskriterium zur Differenzierung qualitativer und quantitativer Forschung ist die Perspektive auf den Untersuchungsgegenstand. Quantitative Studien nähern sich dem Forschungsfeld aus einer distanzierten Außenperspektive (vgl. Caspari 2016: 17). Sie weisen als exklusives Merkmal Zahlen als generierte Datenform auf, stützen sich stärker auf Vorannahmen und untersuchen dezidiert einzelne Faktoren, wobei versucht wird Störvariablen weitgehend auszuklammern (vgl. Settinieri 2012: 250ff.). Entsprechend sind sie hypothesentestend und kennzeichnen sich durch eine „analytische Betrachtungsweise bei externer Perspektive und häufig großer Probandenzahl“ (ibid.). Im Gegensatz dazu heben qualitative Ansätze darauf ab, Phänomene so detailliert wie möglich aus der Innenperspektive zu betrachten (vgl. Caspari 2016: 17). Folglich resultiert eine offenere Herangehensweise mit explorativem und weniger kontrolliertem Untersuchungsdesign als dies bei qualitativen Studien der Fall ist – dies betrifft auch die Rolle der Forscher, die den beforschten Subjekten gegenüber weniger distanziert sind und den Forschungsgegenstand eher aus einer holistischen Perspektive betrachten (vgl. Settinieri 2012: 250ff.).

Die vorliegende Studie generiert empirische Daten aus der Unterrichtspraxis an hessischen und niedersächsischen Gymnasien und ist an einer möglichst detaillierten Beschreibung der Praxis interessiert. Insbesondere die Faktorenkomplexion, die den Untersuchungsgegenstand Unterricht determiniert (vgl. Königs 2010), lässt ein qualitatives Design in diesem Fall fruchtbarer erscheinen. Da die Untersuchung Aushandlungsprozesse in der Unterrichtssprache Englisch genauer beschreiben will, lässt sie sich gut mit dem Anspruch qualitativer Forschung Situationen „von innen heraus aus der Sicht der handelnden Menschen zu beschreiben, um zu einem besseren Verständnis sozialer Wirklichkeit(en) beizutragen“ vereinbaren (Kimes-Link 2013: 89, vgl. Flick/von Kardoff/Steinke 2008: 14).

Die Wahl eines qualitativen Designs setzt eine Auseinandersetzung mit den Gütekriterien voraus, welchen die Forschung genügen sollte. Zudem müssen auch Schwächen des Ansatzes antizipiert und entsprechend thematisiert werden. Schmelter (2014: 41) formuliert als Hauptziel qualitativer Forschung das Handeln der beforschten Subjekte in dem untersuchten Handlungsfeld möglichst vollständig durch Beschreibung zu erfassen und nachzuvollziehen, um Zusammenhänge, Muster und Typen zu entdecken und in angemessenem Maße auch erklären zu können (vgl. auch Flick/von Kardoff/Steinke 2008: 22). Zur Erreichung dieses Ziels sollte das Forschungsfeld „möglichst natürlich belassen werden“ (ibid.) und in so geringem Maße wie möglich durch den Forscher und dessen Studie beeinflusst werden. Aufgrund des häufig explorativen Vorgehens, gestatten qualitative Verfahren „einen umfassenden Blick auf die kontextuelle Einbettung eines Untersuchungsgegenstands und einen tieferen Einblick in unterschiedliche Ausprägung sowie die Verwobenheit relevanter Einzelfaktoren“2 (ibid.).

Die Studie folgt außerdem dem von Flick beschriebenen „Prinzip der Offenheit“ (Flick 2011: 124). Dieses besagt in seinen Grundzügen, dass die theoretische Strukturierung des Forschungsgegenstands zurückgestellt werden solle, bis sich diese aus den Daten heraus entwickeln ließe3 (ibid.). Eng damit verknüpft ist die Entscheidung auf den Verzicht von ex ante Hypothesen (vgl Meinefeld 2008: 266). Hiermit umgeht der Forscher die Gefahr, auf Basis etwaiger theoretischer Vorannahmen seine Aufmerksamkeit auf konkrete Punkte zu lenken und dabei eventuell blind zu bleiben für die Entdeckung der tatsächlich neuen Strukturen, die sich in der Auseinandersetzung mit den Daten möglicherweise offenbaren.

Der in der Studie verfolgte Ansatz ist angelehnt an einen „Prototyp qualitativer Forschung“ (Schramm 2016: 51), die sogenannte Ethnographie. Es werden Daten mittels teilnehmender Beobachtung in einem möglichst unbeeinflussten Kontext (hier Englischunterricht) erhoben und diese werden mittels interpretativer Verfahren und unter Einnahme einer emischen Perspektive derart ausgewertet, dass eine möglichst dichte Beschreibung (vgl. Dörnyei 2007: 130) resultiert, die auch die Innenperspektive der an der Forschung Beteiligten herausarbeitet (vgl. Schramm 2016: 51). Die Beschreibung und Analyse geschieht entlang von Fallstudien. Eine detaillierte Darstellung des Erhebungs- und Auswertungsverfahrens erfolgt im weiteren Verlauf dieses Kapitels.

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