Kitabı oku: «Forschungsreise ins innere Universum», sayfa 4
Offenheit des Denkens
Die Methode der Inquiry ist eine Untersuchung und Erforschung der Realität in der persönlichen Erfahrung im Moment. Diese Erforschung benutzt das Denken (mind) – das nicht nur unsere intellektuelle Fähigkeit, sondern auch alles aus unserer Vergangenheit angesammelte Wissen umfaßt –, und doch sind wir zugleich vom Denken frei. Der Vorteil der Inquiry, verglichen mit vielen anderen Methoden – die auch ihre Vor- und Nachteile haben –, besteht darin, daß Inquiry das Wissen, das wir schon haben, nutzen kann. Wir müssen nicht jedes Mal das Rad neu erfinden, wenn wir eine Inquiry machen. Es muß da aber eine Freiheit von diesem gewöhnlichen Wissen geben, denn wenn wir nicht frei von ihm sind, werden wir keine Fragen stellen. Wir denken dann, daß wir schon wissen.
Das Fragen in der Inquiry muß also intelligent sein, es muß die Offenheit wahrer Natur verkörpern, die alles nutzen kann, was wir wissen. Sie wissen zum Beispiel, daß Sie ein Unbewußtes haben. Sie brauchen das nicht bei jeder Inquiry neu zu entdecken. Wenn Sie also eine Erfahrung machen und etwas darin sehen, kann die Tatsache, daß Sie wissen, daß Sie ein Unbewußtes haben, Sie also vermuten lassen, daß mehr an dem sein könnte, was Sie sehen. Wenn Sie sagen: „Wir wollen das Wissen des Denkens überhaupt nicht benutzen“, und dann zu betrachten beginnen, was in der Erfahrung da ist, dann müssen Sie vielleicht einen langen Prozeß durchmachen, bevor Sie bemerken, daß es eine psychodynamische Ursache für das gibt, was in Ihrer Erfahrung auftaucht. Aber die Tatsache, daß Sie wissen, daß es ein Unbewußtes und daß es Psychodynamik gibt, öffnet die Inquiry auf eine völlig neue Weise.
Zugleich müssen wir vom Denken frei sein, denn in dem Moment, da wir etwas sehen, denken wir, daß wir es kennen. Das ist die Tendenz des normalen Denkens. Die Inquiry benutzt das Denken auch zur Formulierung von Fragen, für Analyse und Synthese und beim Gebrauch seiner verschiedenen Fähigkeiten, wie des Gedächtnisses und der Fähigkeit, Dinge zueinander in Beziehung zu setzen. Das Ziel von Inquiry ist aber nicht, zu Schlußfolgerungen zu gelangen, sondern das Forschen und den Nervenkitzel des Entdeckens zu genießen. Dieses Entdecken ist die Entfaltung der Seele und drückt die Liebe der Seele zur Wahrheit und zur Realität aus, und diese ist wiederum der Ausdruck der Liebe des Seins dazu, sich selbst zu offenbaren oder zu enthüllen.
Zu Offenheit gehört Offenheit gegenüber dem Denken und seinem angesammelten Wissen, aber auch dafür, daß Denken unrecht haben oder unvollständig sein kann. Ferner gibt es Offenheit dafür, über das Denken und sein gewöhnliches Wissen hinauszugehen. Offenheit der Inquiry bedeutet auch, daß wir Wissen und Einsichten, zu denen wir gelangen, welche auch immer das sein mögen, nicht nur einpacken und ins Regal stellen. In dem Moment, in dem man das macht, verschließt man den Weg der Inquiry. Keine Einsicht ist eine endgültige Einsicht. In dem Augenblick, in dem man glaubt, man sei zu einer endgültigen Einsicht gelangt, weiß man, daß man feststeckt. Gurdjieff nannte jemanden, der diesen Standpunkt einnimmt, Hasnamous, das heißt ein kristallisiertes Ego. Man kann sein Ego um überaus göttliche Ideen herum kristallisieren. In dem Moment, in dem man die Realität kennt und dann glaubt, dieses Wissen sei endgültig, hört die Inquiry auf, der Dynamismus kommt zum Stillstand und das Alte wiederholt sich. Aber wenn unser Verstand immer offen bleibt, hat die Enthüllung nie ein Ende. Dann haben wir einfach Spaß. Wir haben einfach Freude an der Reise an sich als einem Abenteuer der Entdeckung.
Wie gesagt ist Offenheit eine der Hauptmöglichkeiten, wie wir das unserer Natur innewohnende Mysterium, die Essenz wahrer Natur erfahren. Die freie, weite, unbegrenzte, unbelastete Leichtigkeit unseres Wesens erscheint in der Erfahrung der Seele als eine Offenheit. Die Erfahrung ist buchstäblich eine Leichtigkeit, eine Weite, eine Freiheit, aber psychologisch ist sie Offenheit. Buchstäblich, phänomenologisch, ist die Erfahrung wie Raum, psychologisch ist sie Offenheit für Möglichkeiten. Offenheit bedeutet also eine Empfänglichkeit für Erfahrung – was immer sich anbietet, was immer in unser Bewußtsein aufsteigt. Wir sagen nicht, daß wir dies erfahren wollen und jenes nicht; was immer erscheint, ist willkommen und wird zugelassen.
Offenheit impliziert auch, daß dieses Willkommen so vollständig ist, daß wir bereit sind, exakt und präzise zu erfahren, was immer geschieht. Denn wenn wir nur daran interessiert sind, es undeutlich zu erfahren, dann sind wir nicht daran interessiert, es genau so zu sehen, wie es ist. Offenheit impliziert daher ein Interesse an Präzision, als einem Aspekt eines vollkommenen Willkommens, denn die Vollständigkeit impliziert Präzision, Exaktheit und Genauigkeit. Daher ist die Offenheit wirklich eine Einladung das, was auftaucht, in seiner Vollständigkeit, Präzision und Totalität zu erfahren.
Offenheit charakterisiert auch das Feld, das für das empfänglich ist, was auftaucht. Das bedeutet, daß das Erfahrungsfeld selbst, unser Bewußtsein, keinen festgelegten oder vorgefaßten Standpunkt hat. Es gibt keine Einstellung einer Vorliebe für etwas, keine Einstellung des Vergleichens, keine Einstellung des Beurteilens. Es sagt nicht, daß etwas gut oder schlecht ist, es sagt nicht, daß es so oder anders sein sollte. Offenheit impliziert, daß wir von einem Ort kommen, der interesselos ist, in dem Sinn, daß er kein selbstbezogenes Interesse hat und daß er nichts für sich selbst will. Er liebt es einfach, das zu betrachten, was auftaucht. Er ist sehr daran interessiert zu erkennen und darauf verpflichtet, auf intime Weise zu erfahren, was in unserem Bewußtsein auftaucht, aber er ist in dem Sinn interesselos, als er nicht zum Ziel hat, interessiert zu sein. Mit anderen Worten, die Offenheit unseres Bewußtseins hat keine Präferenz für das, was auftaucht, sondern ist einfach an der Wahrheit dessen interessiert, was auftaucht, was es auch sei.
Diese Interesselosigkeit, dieses Fehlen eines festgelegten Standpunktes, ist für die Inquiry notwendig, sonst haben wir eine voreingenommene Haltung, und diese Haltung schränkt unsere Offenheit ein. Die Einschränkung unserer Offenheit wird unsere Fähigkeit dämpfen und begrenzen, das, was auftaucht, in seiner Fülle und in seiner Genauigkeit zu sehen. Je mehr Offenheit da ist, um so kraftvoller und wirksamer die Inquiry.
Inquiry mit offenem Ende
Offenheit bedeutet also augenscheinlich, daß wir mit der Inquiry keinen Zweck verfolgen; der Zweck ist die Inquiry selbst. Wir machen keine Inquiry, um irgendwohin zu gelangen, ein Problem zu lösen oder um eine Schwierigkeit zu beseitigen. Es ist wahr, daß unsere Neugier erregt wird, wenn wir auf eine Schwierigkeit, eine Unklarheit stoßen, aber das ist nicht deshalb so, weil wir sie beseitigen wollen. Wir sind einfach daran interessiert herauszufinden, was los ist. Das ist eine andere Haltung als: „Hier ist ein Hindernis, was kann ich tun?“ Es ist eher so, als sähe man die Blockierung und hätte das Gefühl, daß jemand einem einen Schleier vor die Augen hält, und man wollte hinter den Schleier sehen. Es ist nicht so, daß man die Blockierung nicht wollen würde, weil sie sich schrecklich anfühlt. Nein, es ist nur so, daß unser inneres Wesen Offenheit, eine vollständige durchlässige Bewußtheit ist, und es fühlt sich nicht richtig an, sie zu behindern. Es entspricht unserem Wesen, daß man das Ganze sehen möchte.
Menschen kennen verschiedene Weisen, wie sie Dinge untersuchen, aber diese Methoden entsprechen nicht unbedingt der Inquiry des Diamond Approach. Meistens ist es eine Inquiry mit einem Plan, mit einem Ziel im Kopf. Man betreibt diese Art der Inquiry auf verschiedenen Gebieten, und das hat seinen Sinn, aber wenn es darum geht, Realität, unsere wahre Natur und das Wesen des Universums zu erkennen, funktioniert es nicht. Inquiry braucht ein Fahrzeug, das eine Manifestation wahrer Natur, nicht ein Ausdruck unseres Ego-Selbst ist. Jedes Interesse, jede innere Einstellung ist ein Ausdruck unseres Ego-Selbst. Wenn man da beginnt, endet man auch da.
Das ist nicht so einfach, denn man könnte denken: „Jetzt habe ich es verstanden. Um wirklich zu meiner wahren Natur zu gelangen, sollte ich eben nicht versuchen, dahin zu gelangen. Okay, von jetzt an werde ich nicht mehr versuchen, zu meiner wahren Natur zu gelangen.“ Das würde auch nicht funktionieren, denn der Versuch, nicht dahin zu gelangen, wird dann wieder zu einem Ziel. Aber wenn Ihre Liebe zur Wahrheit da ist, dann thematisieren Sie dieses Interesse daran zu versuchen, irgendwohin zu gelangen, und erkennen es einfach an. Es wird zu einem Tanz, zu einem Spiel. Sie sagen nicht: „Wie schrecklich, daß ich ein Ziel habe.“ In dem Moment, in dem Sie das sagen, beziehen Sie schon wieder Stellung. Damit würden Sie dann sagen: „Ich stecke hier schon wieder fest.“ Das bedeutet, daß Sie nicht feststecken wollen, Sie wollen irgendwohin gelangen – Sie haben wieder eine Position bezogen.
Offenheit kann immer weitergehen, bis sie absolut wird. Wenn sie einmal absolut geworden ist, hat sie keinen Standpunkt mehr. Je größer und je tiefer diese Offenheit ist, um so kraftvoller, effektiver, vitaler und dynamischer wird unsere Inquiry und um so mehr sprengt sie die Manifestationen des Ego-Selbst. Aber wir wollen sie nicht sprengen, um irgendwohin zu gelangen, wir sprengen sie, um herauszufinden, was in ihnen ist. Wir wollen die Verpackung des Geschenks öffnen, weil wir sehen wollen, was darin ist.
Wenn wir offen sind, ist Inquiry einfach die Freude am Erforschen: Freude daran, den Weg und das Terrain der Entfaltung zu erleben. Es ist eine Untersuchung und zugleich ein Engagement in dieser Untersuchung. Dann ist sie von einer Leichtigkeit begleitet statt von der trostlosen Schwere des Versuches, irgendwohin zu gelangen. Trostlose Schwere bedeutet, daß keine Offenheit da ist. Wenn Inquiry diese Offenheit verkörpert, wird sie zu einem aufregenden Abenteuer. Sie macht Spaß. Diese Freude impliziert Nichtwissen, aber dieses Nichtwissen ist keine schwere Art von Nichtwissen mit Angst und Selbstvorwürfen. Es ist das Nichtwissen, das das Öffnen hin zum Wissen ist, das Nichtwissen, das die Barriere beseitigt – die aus der Ansammlung dessen besteht, was man weiß. Es ist wahres Nichtwissen. Es ist Unschuld.
Sie wissen, daß Sie nicht wissen, und Sie sind darüber glücklich, daß Sie auf der Reise des Herausfindens sind. Bei der Inquiry wissen Sie nicht, und Sie wissen, daß Sie nicht wissen. Aber Sie haben ein gewisses Gefühl davon, was Sie nicht wissen, und das heißt, Sie haben eine allgemeine Richtung – und das ist es, was zur Formulierung einer Frage führt. Sie haben Glück, daß Sie wissen, daß Sie nicht wissen, weil das bedeutet, daß Sie dabei sind, näher dahin zu gelangen, die Wahrheit zu wissen; und die ist der Geliebte Ihres Herzens. Die Wahrheit ist letztlich wahre Natur, und Inquiry ist nichts anderes als der Versuch der Liebe zur Wahrheit, die Fülle wahrer Natur zu enthüllen.
Wenn man einen Plan hat, dann glaubt man, daß das Mindeste, was man weiß, das ist, was passieren sollte. In diesem Fall gibt es keine wahre Offenheit mehr. Aber wenn da ein Annehmen des Nichtwissens, eine Offenheit gegenüber der Situation und eine interesselose Neugier ihr gegenüber vorhanden ist, dann wird die Inquiry ziemlich kraftvoll. Sie ist nicht nur kraftvoll, sondern sie schneidet wirksam durch Unklarheiten hindurch – und das auf eine Weise, die leicht und köstlich ist und Spaß macht.
Offenheit ist die Basis, der Boden der Inquiry, weil Offenheit die Erscheinungsweise und der Ausdruck der Tiefe unserer wahren Natur, die Tatsache ihrer totalen Leere, ihrer Leichtigkeit und ihres Mysteriums ist. Diese ureigene Freiheit, dieses vollkommene Mysterium gerade in der Tiefe unserer Seele spricht ihren liebenden Dynamismus an, damit sie sich offenbart. Aber normalerweise erleben wir das als eine fragende, eine forschende innere Haltung. Diese Offenheit und dieses Mysterium ist die Essenz der Inquiry, aber normalerweise sehen wir das nicht, weil wir von außen schauen.
Aus dieser Perspektive sehen wir die Essenz der Inquiry als die Aktivität des Fragens, des Infragestellens. Aber je mehr wir in die Erfahrung hineingehen und je tiefer die Inquiry wird, dest deutlicher begegnet ihr fragender Kern der ursprünglichen Offenheit und Leichtigkeit und wir erkennen, daß sie eins sind und immer eins waren. Inquiry vereint schließlich die Seele mit ihrer essentiellen Heimat – mit ihrer absoluten Natur –, und zwar durch die Brücke der Offenheit.
Wie gesagt, wenn wir an wahrer Inquiry interessiert sind, wenn wir wirklich herausfinden wollen, was Realität ist, dann müssen wir beim Nichtwissen anfangen. Wir können nicht mit einem festen Standpunkt, einer festgelegten Vorliebe oder einer Annahme über das beginnen, was wir finden werden, was geschehen wird, was wir tun werden und wo wir schließlich landen werden.
Dies ist ein wichtiges und auffallendes Merkmal wahrer Inquiry. In dem Augenblick, in dem wir etwas Bestimmtes erreichen wollen, wie: „Was ich tun muß ist, mich endlich mit Gott zu vereinigen“ oder „Ich will Erleuchtung erlangen, und das ist die Leere aller Dinge“ oder „Ich werde daran arbeiten, mich von Leiden zu befreien“, haben wir schon eine im vorhinein festlegte Bestimmung, ein Ziel. Dieses Ziel – allein aufgrund der Natur der Tatsache, ein Ziel zu haben – wird unsere Inquiry einschränken. Es wird uns zwingen, in diese Richtung zu gehen und nicht in jene, denn wir haben schon entschieden, wohin wir gehen werden, und damit legen wir schon die Richtung unserer Inquiry fest.
Offenheit bedeutet also, daß wir beim Diamond Approach mit vielen traditionellen Lehren nicht einer Meinung sind, die einen bestimmten Endzustand zum Ziel setzen. Da es für die Perspektive von Inquiry und Untersuchung wesentlich ist, daß wir nicht mit der Annahme eines Ziels beginnen, wollen wir herausfinden, ob es so etwas wie ein letztes spirituelles Ziel überhaupt gibt. Wir wollen herausfinden, ob es möglich ist, aus der Perspektive eines bestimmten Zustandes oder einer bestimmten Realisierung als Ziel auch nur zu denken. Es gibt womöglich gar kein solches Ziel, und wenn es doch eines geben sollte, wollen wir das auf jeden Fall herausfinden. Aber wir beginnen nicht damit, daß wir sagen, es gäbe ein Ziel, und das sei das und das und wir würden dahin gehen und müßten das und das tun, um dahin zu gelangen. Wenn man einen Endzustand als Ziel ansetzt, dann ist das eindeutig eine gültige Weise, die innere Arbeit zu tun, aber das ist nicht der Weg der Inquiry.
Bei diesem Ansatz haben wir keine Landkarte, die uns sagt, wir sollten von hier nach da gehen; wir entscheiden uns also nicht für eine bestimmte Route, von der wir meinen, daß sie uns irgendwohin führen würde, wohin wir wollen. Vielmehr betrachten wir das Feld der Erfahrung, in dem wir uns in diesem Moment befinden, und erkennen die Richtung, die aus unserer Erfahrung auftaucht, und folgen dieser dann. Dann wird unsere Inquiry von dem geleitet, was in diesem Moment geschieht, und nicht von irgendeinem Ziel in der Zukunft, von dem wir glauben, daß wir zu ihm gelangen würden.
Das macht die Reise wirklich spannend. Man weiß nie, was der nächste Schritt sein wird. Man weiß nie, wo man landen wird – man kann in den Fluß plumpsen oder entdecken, daß man im Mittelpunkt der Erde gefangen ist. Man weiß es nicht. Es kann Angst machen, aber es kann auch ziemlich aufregend sein. Nicht jeder hat das Herz oder die Konstitution für diese Art Abenteuer.
Inquiry und Problemlösen
Wir wir gesehen haben, darf die Inquiry, wenn ihr Ende offen sein soll, nicht auf ein letztes Ziel hin orientiert sein. Aber sie darf auch nicht auf irgendein Zwischenergebnis hin ausgerichtet sein. Inquiry muß jederzeit, in jedem Stadium der Reise, frei von jedem Ziel sein. Wie wir zuvor erwähnten, darf sie nicht auf die Lösung eines Problems ausgerichtet sein. Der Diamond Approach ist gerade seinem Wesen nach nicht so orientiert. Wenn man sagt: „Ich habe dieses Problem – ich bin deprimiert (oder irgendwie unfähig oder dumm) – und ich möchte das ändern. Wie ich höre, ist der Diamond Approach eine wunderbare Methode. Die könnte ich mal ausprobieren“, dann wird man wahrscheinlich enttäuscht werden.
Das bedeutet nicht, daß Ihr Bedürfnis nicht ernstzunehmen oder nicht real ist. Wir alle haben Probleme, die wir zweifellos lösen müssen. Wir alle hatten Schwierigkeiten in unserer Kindheit, und wir haben Schwierigkeiten in unserem jetzigen Leben, um die man sich kümmern muß, und Probleme, die gelöst werden müssen. Doch ist die Inquiry des Diamond Approach nicht der richtige Ansatz für so etwas. Wir können ihn ganz bestimmt dafür benutzen, mit unseren Problemen und Schwierigkeiten zu arbeiten, aber das ist weder die wirksamste Herangehensweise noch die beste Anwendung von Inquiry. Das ist deshalb so, weil Inquiry ihrem Wesen nach am mächtigsten ist, wenn sie offen ist und einen offenen Ausgang hat. Wenn man ihr ein begrenztes Ziel setzt, schränkt das ihre Kraft ein und behindert ihre Möglichkeiten.
Letzten Endes und auf lange Sicht kann Inquiry alle Wahrheit ans Licht bringen, deshalb wird die Quelle von Problemen aufgedeckt, ganz gleich, welche man hat. Aber das kann lange dauern, und das bedeutet, daß Inquiry selten eine effektive Weise ist, Probleme zu lösen –, Wenn man ein Ziel hat – „Ich möchte dieses Problem lösen“ – dann hat man ein bestimmtes Ziel vor Augen und möchte die Inquiry in diese Richtung weisen. Damit Inquiry aber funktionieren kann, muß sie sich genau hier auf diesen Moment konzentrieren. Sie untersucht, was jetzt geschieht. Wenn das Problem zufällig das ist, was im Moment in der Erfahrung auftaucht, kann es Teil dessen werden, was die Inquiry untersucht – sonst ignoriert sie es.
Der Diamond Approach ist also nicht darauf ausgerichtet, Probleme zu lösen, Schmerz erträglich zu machen oder Ziele zu erreichen, die man sich gesetzt hat. Jeder muß solche Dinge machen, und man könnte Inquiry für diese Zwecke nutzen. Aber sie sind für sie nicht der angemessenste Kontext und auch nicht ihre beste Verwendung. Man könnte das übersehen, weil die Inquiry ans Licht bringt, was immer man an Schwierigkeiten hat, und wenn man viel leidet, könnte man meinen, daß Inquiry dieses Leiden lindern und die Probleme lösen kann. Aber wenn man sich darauf einläßt, ist es uferlos und die Inquiry wird schließlich in einer Sackgasse landen.
Wenn wir uns aber auf einer Reise befinden, kann es Probleme geben, die wir lösen müssen, wenn wir weiterkommen wollen. Wenn man beispielsweise mit dem Auto reist und an dem Motor etwas kaputtgeht, dann repariert man es nicht deshalb, weil man gerne Autos repariert oder weil man kaputte Dinge nicht leiden kann. Man repariert den Motor, weil man die Reise fortsetzen möchte. Dieser Unterschied in der Einstellung drückt das Wesen offener Inquiry aus. Ich bin also nicht dagegen, Probleme zu lösen, sondern es ist ein allgemeines Prinzip, daß der Ausgang der Inquiry offen sein muß.
Letztlich ist es die Liebe zur Wahrheit und die Freude am Entdecken, die die Reise voranbringen. Eine Inquiry entwickelt ihre größte Kraft, wenn kein Wunsch da ist, speziell irgendwohin zu gelangen oder irgend etwas zu erreichen. Dann kann die Inquiry wirklich die Fülle alles dessen enthüllen, was geschieht, von Moment zu Moment, so wie sich unsere Erfahrung entfaltet.
Unbegrenzte Inquiry
Etwas Wunderbares an der Inquiry ist, daß man alles untersuchen kann, sogar die Inquiry selbst. Man kann an keiner Bindung festhalten, wenn man eine Inquiry macht, man kann in keine Klemme geraten, denn jede Klemme, in die man gerät, kann untersucht werden. Es gehört zum Wesen der Inquiry, daß ihr nichts entgehen kann. Man kann nicht sagen, daß die Inquiry einen an die Wand drückt und in eine ausweglose Situation bringt, weil man in dem Moment, in dem man sich ohne Ausweg fühlt, fragen kann: „Warum fühle ich mich ausweglos? Worin besteht diese Ausweglosigkeit?“ Man kann immer eine Frage stellen. Es gibt eine unendliche Zahl von Fragen, denn das Mysterium ist unerschöpflich.
Wir haben gesehen, daß Inquiry ein dynamisches Engagement ist, das offen sein und einen offenen Ausgang haben muß, von Minute zu Minute, von Augenblick zu Augenblick. Das bedeutet, daß man in keinem Moment der Inquiry an die Erfahrung herangehen kann, indem man sie zu verändern versucht. Wenn man das tut, ist es keine Inquiry, dann ist es etwas anderes. Wenn man will, daß die Inquiry in die eigene Erfahrung wirksam ist, wird man sie so lassen müssen, wie sie ist – genau so, wie sie ist. Sonst ist das, was man erforscht, nicht die eigene Erfahrung, sondern etwas, das manipuliert wurde.
Eine Inquiry verlangt also diese Abwesenheit von Begrenzung, diese Offenheit, nicht nur im Hinblick auf ein Ziel, sondern auch hinsichtlich des Prozesses selbst. Angenommen, man empfindet ein bestimmtes Gefühl. Wenn man es wirklich untersuchen will, kann man das nicht tun, wenn man versucht, es zu verändern. Wenn man zum Beispiel ärgerlich ist, kann man diesen Ärger nicht erforschen, wenn man den Ärger weghaben oder weniger oder mehr ärgerlich sein möchte. Wenn man den Ärger wirklich erforschen will, dann muß man ihn so belassen, wie er ist, und dann kann man ihn untersuchen.
Ferner bedeutet die Unbegrenztheit der Inquiry, daß man zur Inquiry alles benutzen kann: den Verstand, das Herz, alle Fähigkeiten oder Mittel, die man hat, alle Techniken, die einem zur Verfügung stehen, welche auch immer. Es gibt keine Einschränkung. Wenn man sagt: „Ich kann nur etwas erforschen, wenn ich meinen Verstand benutze“, dann versieht man den Prozeß mit einer Einschränkung. In dem Moment, in dem man das tut, ist diese Einschränkung nicht dafür offen, Gegenstand der Inquiry zu werden. Und wenn diese Einschränkung nicht offen für die Inquiry ist, ist die Inquiry selbst begrenzt. In dem Moment, in dem man irgendwo eine Grenze setzt, schränkt diese Grenze die Inquiry ein.
Man könnte denken: „Ich kann nur meine unmittelbare Erfahrung untersuchen.“ Auch damit setzt man eine Grenze, die man dann nicht forschen oder über die hinaus man dann nicht erforschen kann. Aber sie ist künstlich, weil wir alles erforschen können. Wir können unsere mentale Erfahrung erforschen. Wir können unsere emotionale Erfahrung, unsere körperliche, unsere spirituelle Erfahrung erforschen. Wir können unser Denken und unsere Denkprozesse erforschen. Wir können unseren Körper und unsere Physiologie erforschen. Wir können unser Handeln und unsere Interaktionen, unseren Lebensstil und unsere Überzeugungen und Annahmen, unsere Ängste und unsere Interessen erforschen. Wir können Energie und Materie, Kreativität und Stabilität erforschen. Es gibt keine Grenze für das, was wir erforschen können.
Wenn man zum Beispiel einer bestimmten Religion angehört, kann es sein, daß man davon abgehalten wird, bestimmte Dinge in Frage zu stellen – oder es wird einem sogar verboten, bestimmte Fragen zu stellen. Vielleicht kann man nicht danach fragen, was Gott ist, oder man kann keine Fragen über Christus stellen und ihnen nachgehen oder man kann nicht fragen, ob Buddhas Erleuchtung irgendwelche Grenzen hatte. Das bedeutet, daß es um das Stellen von Fragen eine Grenze gibt. Bestimmte Bereiche der Inquiry sind blockiert. Und diese Begrenztheit schränkt die Möglichkeiten von Kreativität und Entfaltung ein. Wahre Inquiry muß deshalb also absolut bilderstürmerisch sein. Sie muß in der Lage sein, jeden Glauben, jede Einstellung, jede Erfahrung, jede Annahme, alles Wissen, alles und jeden zu erforschen und in Frage zustellen.
Wir sehen, wie auch immer wir das Wesen der Inquiry betrachten, daß sie offen sein muß. Wenn man etwas erforscht, dann öffnet man es, man deckt es auf. Gewöhnliche Erfahrung steckt sozusagen in einer Verpackung. Um sie zu erforschen, öffnet man die Verpackung, man entfernt die Schleier, die verhindern, daß man sehen kann, was da ist. Das Wesen der Inquiry ist also ein Prozeß des Öffnens, und was man öffnet, sind Grenzen, Beschränkungen, Einstellungen, Glaubensinhalte – jeden Standpunkt, den man vielleicht dem gegenüber einnimmt, was man gerade erfährt.
Mit anderen Worten, wir können sagen, daß Inquiry ein Prozeß ist, in dem man immer und immer wieder öffnet, endlos und frei. Und sie öffnet von jedem Ort, aus jeder Richtung, von jeder Ebene, von jedem Standpunkt aus. Wenn man wirklich ohne Einschränkung dadurch, wie weit und wie schnell man gehen kann, in sein eigenes Abenteuer eintauchen will, dann muß die Offenheit total und absolut sein. In dem Moment, in dem man die Offenheit begrenzt, hat man die Menge der Energie begrenzt, die für die Reise zur Verfügung steht. Deshalb muß das Ende des Prozesses in jeder Hinsicht offen sein: im Hinblick darauf, wie man vorgeht, was man erforscht und wohin die Reise einen bringt. Jede Einschränkung muß in Frage gestellt werden, oder man muß wenigstens bereit sein, sie in Frage zu stellen.
Es ist offensichtlich, wie aufregend Inquiry sein kann, wenn man die Haltung hat, daß alles in Frage gestellt werden kann. Man kann die banalste Erfahrung nehmen und sie „öffnen“. Damit man etwas erforscht, muß es nicht irgend etwas Besonderes für einen sein. Alles wird neu und zeigt sich in einem neuen Licht. Dieses Öffnen hat einen Aspekt des Neuen, etwas von Frische, von Offenbarung, wie ein Baby, das eben auf die Welt gekommen ist. Alles, worauf man stößt, sieht man wie zum ersten Mal.
Ich bin gefragt worden: „Was passiert, wenn ich zu vollständiger Stille gelange und mein Denken aufgehört hat und ich nichts erforschen möchte?“ Wenn mir jemand so eine Frage stellt, sage ich: „Ist es nicht interessant, daß Du mir eine Frage stellst? Was tust Du, wenn Du mir eine Frage stellst? Du weist schon auf die Möglichkeit hin, etwas zu erforschen, während Du Dich in diesem Zustand befindest: „Was soll ich tun, es lassen oder nicht?“ Wenn Du merkst, daß Du in irgendeiner Weise Deine Situation anschaust, beginnt dieses Anschauen schon die Inquiry.
Inquiry kann es auch im Zustand der Stille geben, wenn das Denken ganz aufgehört hat. Wir gehen davon aus, daß es in diesem Zustand keine Möglichkeit zur Inquiry gibt, aber das trifft nicht zu, weil Inquiry nicht verbal sein muß. Man denkt vielleicht, man müßte mit Worten Fragen stellen, aber wenn man das sagt, hat man im Hinblick darauf, wie eine Inquiry vonstatten gehen kann, schon eine Grenze gesetzt. Vielleicht kann Inquiry auf andere Weisen vor sich gehen. Vielleicht gibt es Neugier ohne Worte, ohne Denken. Sogar der Zustand der Stille, in dem es kein Denken gibt, kann dann also eine forschende Qualität haben. Es gibt keine Grenzen.
Die Tatsache, daß die Erfahrung weitergeht, zeigt, daß es unendliche Möglichkeiten für Inquiry gibt. Unabhängig davon, wie tief und erleuchtet die eigene Erfahrung ist, ist es möglich, weiterzugehen, ist es möglich, daß die Erfahrung sich weiter öffnet. Wenn wir diese Tatsache anerkennen, kann Inquiry uns eine innere Energie bringen, die ein Gefühl von tiefer und erregender Frische birgt, als wäre unser Blut nukleare Energie, die sich bewegt und vor Lebendigkeit strotzt, vor Tatkraft platzt. Diese Tatkraft hat hier nichts mit Anstrengung zu tun, sondern ist Bewegung – eine unerbittliche, kraftvolle Bewegung, ein Entfalten. Das Sein öffnet sich dann immer mit Kraft, mit Energie, mit Stärke, mit Intelligenz und mit Behutsamkeit. Manchmal ist dieses Öffnen zart, manchmal langsam, manchmal schnell, manchmal wie ein Ausbruch, manchmal still.