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§ 5 Lieferung und sonstige Leistung
Inhaltsverzeichnis
A. Lieferung
B. Sonstige Leistung
C. Grenzfälle zwischen Lieferung und sonstiger Leistung
D. Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG)
E. Mehrpersonenverhältnisse
§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung
A. Lieferung
§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung › I. Einleitung
I. Einleitung
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Nach § 3 Abs. 1 UStG sind Lieferungen eines Unternehmers diejenigen „Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht)“. Ähnlich formuliert das Gemeinschaftsrecht: Danach gilt als Lieferung von Gegenständen „die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“ (Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL).
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Gegenstände i. S. d. Liefertatbestandes (§ 3 Abs. 1 UStG) sind zunächst körperliche Gegenstände, also bewegliche und unbewegliche Sachen (§ 90 BGB) und Tiere (§ 90a BGB).[1] Lieferfähiger Gegenstand ist weiter eine Sachgesamtheit, also die Zusammenfassung mehrerer selbstständiger Gegenstände zu einem einheitlichen Ganzen, das wirtschaftlich als ein anderes Verkehrsgut angesehen wird als die Summe der einzelnen Gegenstände.[2] Lieferfähige Gegenstände i. S. d. Umsatzsteuerrechts sind schließlich solche Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Sachen behandelt werden, z. B. Elektrizität und Wärme (s. ausdrücklich Art. 15 Abs. 1 MwStSystRL).
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Rechte sind dagegen keine Gegenstände, die im Rahmen einer Lieferung übertragen werden können. Die Übertragung von Rechten, z. B. von Ansprüchen gegen Dritte, Patenten und Marken, stellt vielmehr eine sonstige Leistung dar (arg. § 3a Abs. 4 S. 2 Nr 1 UStG).[3] Auch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen (Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften) ist nicht als Lieferung zu beurteilen, sondern als (häufig nicht steuerbare oder steuerfreie) sonstige Leistung.[4] Dies gilt auch bei verbrieften Anteilen (etwa Aktien, die in Einzel- oder Sammelurkunden verbrieft sind), obwohl hier die Mitgliedschaft durch Übertragung der Urkunde nach sachen- und wertpapierrechtlichen Grundsätzen[5] übertragen wird. Sonstige Leistung (nicht Lieferung) ist auch die Übertragung von Wertpapieren anderer Art.[6]
237
Bei der Übertragung von Miteigentumsanteilen bejaht der BFH seit einer Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2016 (mit der h.M. im Schrifttum) eine Lieferung; zuvor war der BFH von einer sonstigen Leistung ausgegangen.[7]
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Die Verschaffung der Verfügungsmacht an Gegenständen geschieht in der Regel durch Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums, bei beweglichen Sachen also nach §§ 929 ff BGB und bei Immobilien nach §§ 873, 925 BGB. Beim Verkauf einer Sache ist der Abschluss des Kaufvertrages (§ 433 BGB) – des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes – also noch nicht steuerbar. Steuerbar ist vielmehr erst das Verfügungsgeschäft, durch das der Verkäufer seine Pflichten aus dem Kaufvertrag erfüllt.
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Regelmäßig liegt die Verschaffung der Verfügungsmacht danach darin, dass zivilrechtliches Eigentum übertragen wird. Abweichungen können sich allerdings ergeben, weil eine wirtschaftliche Betrachtungsweise gilt (s. bereits Rn 188 f). Eine Lieferung im Sinne der Umsatzsteuer geht danach regelmäßig mit dem zivilrechtlichen Eigentumsübergang einher, ist damit aber nicht zwingend verknüpft. Dafür spricht neben § 39 Abs. 2 Nr 1 AO die Formulierung des Richtlinienrechts, wonach es ausreicht, dass der Erwerber in die Lage versetzt wird, „wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“ (Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL).[8]
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Aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung schon zu einem früheren Zeitpunkt zu bejahen sein als der zivilrechtliche Eigentumsübergang.
• | Übereignung von Immobilien: Das Eigentum an Immobilien geht zivilrechtlich nicht vor Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch über (§ 873 Abs. 1 BGB). Nach den Bestimmungen des Kaufvertrages gehen Nutzen und Lasten dagegen regelmäßig schon zu einem früheren Zeitpunkt (meist unmittelbar nach Zahlung des Kaufpreises) über. Eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung liegt bereits in diesem früheren Zeitpunkt vor. Zu beachten ist, dass eine Umsatzsteuerpflicht beim Grundstücksverkauf häufig ausscheidet, weil entweder der Veräußerer nicht als Unternehmer handelt oder die Steuerbefreiung für Grundstücksumsätze nach § 4 Nr 9 lit. a) UStG greift (s. dazu noch Rn 496 f). |
• | Eigentumsvorbehalt: Wird eine Kaufsache unter Eigentumsvorbehalt geliefert (§ 449 BGB), ist eine umsatzsteuerbare Lieferung schon bei Übergabe und aufschiebend bedingter Einigung über den Eigentumsübergang zu bejahen, nicht erst bei Bedingungseintritt (Kaufpreiszahlung).[9] |
• | Versandlieferungen: Wird der Gegenstand einer Lieferung befördert oder versendet, regelt § 3 Abs. 6 S. 1 UStG, dass die Lieferung dort als ausgeführt gilt, wo die Beförderung oder Versendung beginnt. Die Vorschrift bestimmt ihrem Wortlaut nach nur den Ort der Lieferung (s. insoweit noch Rn 300 ff). Nach Rechtsprechung und Finanzverwaltung legt sie aber auch den Zeitpunkt der Lieferung auf den Beginn der Beförderung oder Versendung fest.[10] Versendet etwa ein Lieferer die Ware am 31. Januar durch Übergabe an ein Versandunternehmen, geht die Ware dem Erwerber aber erst am 2. Februar zu (erst damit geht zivilrechtlich das Eigentum über), ist die Lieferung nach dieser Auffassung bereits in der USt-Voranmeldung für Januar zu berücksichtigen. Auch gehen Finanzverwaltung und Rechtsprechung davon aus, dass eine Lieferung auch dann zu bejahen ist, wenn der Gegenstand der Lieferung auf dem Versandweg untergeht (z. B.: das transportierende Schiff sinkt). Tatsächlich dürfte sich diese Rechtsfolge nicht auf § 3 Abs. 6 S. 1 UStG stützen lassen, weil die Vorschrift eine reine Ortsregelung enthält.[11] Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung dürfte der Lieferbeginn aber jedenfalls dann als Verschaffung der Verfügungsmacht i. S. d. Liefertatbestandes zu qualifizieren sein, wenn damit zivilrechtlich die Preisgefahr auf den Käufer übergeht (§ 447 Abs. 1 BGB; dies ist beim Verbrauchsgüterkauf allerdings regelmäßig nicht der Fall, § 474 Abs. 4 BGB).[12] |
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Aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (s. dazu bereits Rn 188 f) liegt eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung im Einzelfall auch ganz ohne zivilrechtlichen Eigentumsübergang vor:
• | Unwirksamer Vertrag: Sofern tatsächlich ein Leistungsaustausch stattfindet, steht es der Steuerbarkeit nicht entgegen, wenn die zugrunde liegenden Verträge unwirksam sind (etwa nach §§ 104 ff BGB wegen Beteiligung eines Minderjährigen).[13] |
• | Hehlerei und ähnliche Sachverhalte: Wer eine Sache verliert oder wem etwas gestohlen wird, der liefert nicht an den Finder oder Dieb. Verfügungsmacht wird in diesen Fällen nicht „verschafft“ (§ 3 Abs. 1 UStG), sondern genommen. Eine steuerbare Leistung ist dagegen zu bejahen, wenn der Finder oder Dieb (oder ein Hehler) die Sache an einen Dritten veräußert. Der Steuerbarkeit steht nicht entgegen, dass zivilrechtlich nach § 935 BGB ein (gutgläubiger) Erwerb des Eigentums zu verneinen ist. |
• | Lieferkommission: Bei der Lieferkommission (§ 3 Abs. 3 UStG) erwirbt der Kommissionär vom Kommittenten regemäßig kein Eigentum. Dennoch ist umsatzsteuerrechtlich eine Lieferung (auch) zwischen diesen Unternehmern zu bejahen, s. u. Rn 243 f. |
• | Leasing: Das Leasing ist eine der Miete ähnliche Gebrauchsüberlassung, bei der (jedenfalls zunächst) der Leasingnehmer kein Eigentum am Leasinggegenstand erwirbt. Dennoch kann – abhängig von der Ausgestaltung des Leasingvertrages – im Einzelfall umsatzsteuerrechtlich eine Lieferung zu bejahen sein. Ist dies nicht der Fall, liegt eine sonstige Leistung vor (zur Abgrenzung s. u. Rn 270 ff). |
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Umgekehrt kann eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung im Einzelfall trotz Übergangs des zivilrechtlichen Eigentums ausscheiden:
• | Sicherungsübereignung: Bei der Sicherungsübereignung erwirbt der Sicherungsnehmer zwar zivilrechtliches Eigentum. Dem wirtschaftlichen Gehalt nach wird aber ein Pfandrecht bestellt. Eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung bei Begründung der Sicherungsübereignung ist daher abzulehnen.[14] Eine Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer ist erst bei Verwertung der Sicherheit zu bejahen.[15] |
• | Ähnlich wie bei der Sicherungsübereignung kann die Übereignung der Mietsache an den Leasinggeber im Rahmen eines Sale and Lease Back-Geschäfts lediglich eine Sicherungsfunktion für den Leasinggeber haben. Der wirtschaftliche Gehalt der Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien beschränkt sich dann auf die Finanzierung der Mietsache. In diesem Fall ist eine sonstige Leistung zu bejahen, und zwar eine nach § 4 Nr 8 lit. a) UStG steuerfreie Kreditgewährung[16] (zum Leasing s. noch Rn 270 ff). |
§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung › II. Lieferkommission
II. Lieferkommission
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Beim Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff HGB) kommt es zivilrechtlich in der Regel nicht zu einer Veräußerung des Kommissionsgutes durch den Kommittenten an den Kommissionär.[17] Zivilrechtlich ist die Kommission lediglich eine spezielle Geschäftsbesorgung. Umsatzsteuerrechtlich liegt daher eine sonstige Leistung nahe, und zwar eine Leistung des Kommissionärs an den Kommittenten. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 3 Abs. 3 UStG ist jedoch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär zu bejahen. Damit kommt es zu einer Doppellieferung:
• | Der Kommittent liefert an den Kommissionär |
• | Der Kommissionär liefert an seinen Abnehmer. |
• | Die erste Lieferung findet regelmäßig erst in dem Zeitpunkt statt, in dem auch die zweite Lieferung stattfindet; die Lieferzeitpunkte fallen also regelmäßig zusammen (s. Rn 245 f). |
• | Eine sonstige Leistung wird nicht ausgeführt. |
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Beispiel:
Die Lederfeld GmbH produziert Hemden, die Herr Schenkenberg als Kommissionär an den Einzelhandel vertreibt. Das Tätigwerden als Kommissionär bedeutet nach § 383 Abs. 1 HGB, dass Herr Schenkenberg gegenüber den Einzelhändlern nicht als Vertreter (§§ 164 ff BGB) der Lederfeld GmbH auftritt, sondern im eigenen Namen. Herr Schenkenberg, nicht die GmbH, tritt also unter den Kaufverträgen mit den Einzelhändlern als Verkäufer auf. Zivilrechtlich erbringt hier Herr Schenkenberg als Kommissionär eine Geschäftsbesorgung an die Lederfeld GmbH als Kommittentin. Herr Schenkenberg erwirbt kein Eigentum an den Hemden (auch kein „Durchgangserwerb“). Umsatzsteuerrechtlich sind aber nach § 3 Abs. 3 UStG ausschließlich zwei Lieferungen zu bejahen, nämlich eine Lieferung der Lederfeld GmbH an Herrn Schenkenberg und eine Lieferung Herrn Schenkenbergs an den jeweiligen Einzelhändler. Eine sonstige Leistung wird nicht erbracht. Zur Bemessungsgrundlage: Unterstellt, Herr Schenkenberg ist verpflichtet, den von ihm erzielten Bruttoerlös abzüglich 10 % Provision an die Lederfeld GmbH abzuführen. Wenn er dann Ware für € 119 000 (brutto) verkauft, ergibt sich folgende Berechnung: Schenkenberg muss an die Lederfeld GmbH 90 % von € 119 000, also € 107 100, zahlen. Dieser Betrag (abzüglich der enthaltenen USt) ist Bemessungsgrundlage für die Lieferung der Lederfeld GmbH an Herrn Schenkenberg. Die Bemessungsgrundlage beträgt damit € 90 000, die USt € 17 100. In nämlicher Höhe ist Herr Schenkenberg zum Vorsteuerabzug berechtigt. Herr Schenkenberg schuldet für die Lieferung an seine Abnehmer USt i. H. v. (€ 119 000/1,19 * 19 % =) € 19 000. Damit ergibt sich für ihn (unter Berücksichtigung der Vorsteuer) eine Zahllast von (€ 19 000 ./. € 17 100 =) € 1900.
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Zum Zeitpunkt der Lieferungen im Falle einer Lieferkommission: Regelmäßig ist eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär im Sinne der Umsatzsteuer erst dann anzunehmen, wenn auch der Kommissionär an seinen Abnehmer liefert. Der Lieferzeitpunkt für beide Lieferungen ist also regelmäßig derselbe. Zwar erhält der Kommissionär den Besitz an der Ware zumeist deutlich vor der Weiterveräußerung. Diese Besitzverschaffung ist aber noch keine Lieferung i. S. d. Umsatzsteuerrechts, weil dadurch wirtschaftliche Substanz – und damit Verfügungsmacht i. S. v. § 3 Abs. 1 UStG – noch nicht auf den Kommissionär übergeht.[18]
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Lediglich im Ausnahmefall einer grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Kommission fallen die beiden Lieferzeitpunkte auseinander. Eine Lieferung vom Kommittenten an den Kommissionär ist hier aus Vereinfachungsgründen bereits in dem Zeitpunkt zu bejahen, in dem die Ware bei der Übergabe an den Kommissionär vom einen in den anderen Mitgliedstaat gelangt. Gleichzeitig ist demnach der innergemeinschaftliche Erwerb beim Kommissionär der Besteuerung zu unterwerfen.[19]
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Beispiel 1:
Unternehmer Uhle übergibt am 1. April in Hamburg Ware an den Kommissionär Kjell. Kjell transportiert die Ware am 3. April in sein Lager in Bremen. Am 5. April findet er einen Abnehmer in Oldenburg, an den er die Ware ausliefert. Der umsatzsteuerrechtliche Zeitpunkt beider Lieferungen ist der 5. April (Inlandssachverhalt).
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Beispiel 2 (Abwandlung):
Kjell ist in Dänemark ansässig. Dorthin verbringt er am 3. April die Ware und dort verkauft er sie am 5. April. Bejahte man auch hier eine Lieferung des Uhle an Kjell erst am 5. April, ergäbe sich für Uhle am 3. April nach deutschem Umsatzsteuerrecht ein (steuerbefreites) innergemeinschaftliches Verbringen. Vor allem müsste Uhle dann aber in Dänemark einen innergemeinschaftlichen Erwerb (entsprechend § 1a Abs. 2 deutsches UStG) und eine Lieferung an Kjell versteuern. Den damit verbundenen Verfahrensaufwand (das Verfahren würde dänischem Umsatzsteuerrecht unterliegen und in dänischer Sprache geführt werden), erspart die Finanzverwaltung dem Uhle. Nach der Vereinfachungsregelung[20] kann eine Lieferung des Uhle an Kjell bereits beim Grenzübertritt nach Dänemark bejaht werden. Dann hat Kjell den innergemeinschaftlichen Erwerb in Dänemark zu deklarieren und dort den Vorsteuerabzug vorzunehmen. Das fällt ihm – als dänischem Unternehmer – leichter als es Uhle fallen würde.
§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung › III. Gehaltslieferung
III. Gehaltslieferung
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Die Gehaltslieferung betrifft den Fall, dass ein Lieferer einem Abnehmer Gegenstände zur Bearbeitung oder Verarbeitung überlässt, und dass bei der Bearbeitung oder Verarbeitung Nebenerzeugnisse oder Abfälle entstehen, die der Abnehmer an den Lieferer zurückgibt. § 3 Abs. 5 UStG regelt, dass sich hier die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands beschränkt, der beim Abnehmer verbleibt.
250
Beispiel:
Ein Landwirt liefert Zuckerrüben an eine Zuckerfabrik. Die Rübenschnitzel erhält er nach Verarbeitung zur Nutzung als Viehfutter zurück. Hier ist nach § 3 Abs. 5 UStG ausschließlich von einer Lieferung des extrahierten Zuckers durch den Landwirt an die Zuckerfabrik auszugehen. Verfehlt wäre es, einen Tausch mit Baraufgabe (Tausch von Zuckerrüben gegen Rübenschnitzel und Geld) anzunehmen.
§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung › IV. Innergemeinschaftliches Verbringen
IV. Innergemeinschaftliches Verbringen
251
§ 3 Abs. 1a S. 1 UStG regelt den speziellen Umsatzsteuertatbestand des innergemeinschaftlichen Verbringens („IGV“). Danach gilt als Lieferung gegen Entgelt „das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung…“. Die Fiktion („gilt“) erklärt sich daraus, dass es tatsächlich an einer Leistung i. S. d. Umsatzsteuerrechts fehlt, weil mit dem verbringenden Unternehmer nur eine Person an dem Vorgang beteiligt ist („Innenumsatz“, s. bereits Rn 181).
252
Zum Verständnis des IGV ist es wichtig, einen Überblick über weitere Regelungen des Mehrwertsteuerrechts zu haben, die damit in engem Zusammenhang stehen. Dabei ist zu beachten, dass die relevanten Vorschriften durch das Unionsrecht harmonisiert sind, in anderen Mitgliedstaaten also im Wesentlichen inhaltsgleich gelten.
• | Zunächst ist im Ausgangsmitgliedstaat die in § 3 Abs. 1a sowie § 4 Nr 1 lit. a) i. V. m. § 6a Abs. 2 UStG geregelte Steuerbefreiung zu beachten. Das IGV ist danach nicht nur hinsichtlich der Steuerbarkeit einer Lieferung (IGL) gleichgestellt; vielmehr findet auch die für eine IGL geltende Steuerbefreiung auch auf das IGV Anwendung (s. im Einzelnen Rn 487 ff). Das IGV ist danach im Ausgangsmitgliedstaat zwar steuerbar, aber regelmäßig steuerbefreit. |
• | Im Bestimmungsmitgliedstaat ist das IGV unter den Voraussetzungen des § 1a Abs. 2 UStG (bzw. der entsprechenden Vorschriften des ausländischen Rechts) einem innergemeinschaftlichen Erwerb (IGE) gleichgestellt und damit steuerbar. Nach § 1a Abs. 2 UStG gilt als IGE gegen Entgelt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung. |
• | Ebenfalls im Bestimmungsmitgliedstaat kann der verbringende Unternehmer regelmäßig die durch den IGE ausgelöste Mehrwertsteuer als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr 3 UStG abziehen (Vorsteuerabzug). Im Einzelfall ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, so etwa i. d. R. bei beabsichtigter Verwendung zur Ausführung steuerfreier Ausgangsumsätze (§ 15 Abs. 2 S. 1 Nr 1 UStG). |
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In der Zusammenschau verwirklichen die Vorschriften zum IGV/IGE das Bestimmungslandprinzip, das das EU-Mehrwertsteuerrecht prägt (s. bereits Rn 60 f). Das Verbringen ist im Ausgangsmitgliedstaat steuerbar, aber regelmäßig steuerfrei. Zugleich ist es im Bestimmungsmitgliedstaat steuerpflichtig, die Steuerlast wird aber regelmäßig durch den Vorsteuerabzug des verbringenden Unternehmers neutralisiert. Im Ergebnis gelangen die verbrachten Gegenstände damit unbelastet von Mehrwertsteuer über die innergemeinschaftliche Grenze. Eine Belastung mit Mehrwertsteuer tritt erst ein, wenn im Bestimmungsmitgliedstaat an einen „Endverbraucher“ geliefert wird.
254
Ein Verbringen ist innergemeinschaftlich, wenn der Gegenstand auf Veranlassung des Unternehmers vom Ausgangsmitgliedstaat in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt.[21] Der Gegenstand muss zudem im Ausgangsmitgliedstaat bereits dem Unternehmen zugeordnet gewesen sein und sich bei Beendigung der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat weiterhin in der Verfügungsmacht des Unternehmers befinden.[22]
255
Weitere Voraussetzung ist, dass der Gegenstand zu einer nicht nur vorübergehenden Verwendung durch den Unternehmer in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt. Mit dem negativen Tatbestandsmerkmal der „nicht nur vorübergehenden Verwendung“ in § 3 Abs. 1a UStG soll Richtlinienrecht umgesetzt werden. Art. 17 Abs. 2 MwStSystRL enthält indes nicht das genannte oder ein ähnliches Ausschlusskriterium. Vielmehr findet sich dort in einem detaillierten Katalog eine abschließende Aufzählung von Umsätzen, die nicht den Tatbestand einer „Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat“ erfüllen. Dem wird die knappe deutsche Regelung, die schlicht jede „nur vorübergehende Verwendung“ aus dem Tatbestand ausklammert, offensichtlich nicht gerecht. Der BFH formuliert, das deutsche Recht setze die Richtlinie „zumindest begrifflich nicht zutreffend um“.[23]
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Finanzverwaltung und Rechtsprechung legen die „nur vorübergehende Verwendung“ daher „unter Beachtung von Artikel 17 … MwStSystRL aus“.[24] Sie lösen sich dabei von einem durch den Wortlaut „vorübergehend“ an sich gebotenen zeitabhängigen Verständnis der Regelung und orientieren sich an dem detaillierten Ausnahmenkatalog in Art. 17 Abs. 2 MwStSystRL.[25] Ob die Finanzverwaltung Art. 17 Abs. 2 MwStSystRL dabei tatsächlich zutreffend auslegt, ist im Lichte einer neueren Entscheidung des EuGH zweifelhaft.[26]
257
Beispiel 1:
Ein französischer Unternehmer bringt eine Maschine aus seinem Unternehmen in Frankreich in seinen Zweigbetrieb nach Deutschland, um sie dort auf Dauer einzusetzen. Der deutsche Zweigbetrieb kauft in Deutschland Heizöl und bringt es in die französische Zentrale, um damit das Bürogebäude zu beheizen.
Lösung: Der Unternehmer bewirkt mit dem Verbringen der Maschine nach § 1a Abs. 2 UStG einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland. Das Verbringen des Heizöls ist in Deutschland einer (steuerfreien) innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt (§ 3 Abs. 1a i. V. m. § 6a Abs. 2 UStG).[27]
Beispiel 2:
Ein deutscher Bauunternehmer errichtet in Frankreich ein Hotel. Er verbringt zu diesem Zweck Baumaterial und einen Baukran an die Baustelle. Der Baukran gelangt nach Fertigstellung des Hotels nach Deutschland zurück.
Lösung: Ein IGV ist zu verneinen, weil eine nur vorübergehende Verwendung durch den Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat beabsichtigt ist. Das liegt für den Baukran, der nach Deutschland zurückgebracht wird, auf der Hand. Auch bezüglich der Baumaterialien, die letztlich in Frankreich verbleiben, ist ein IGV aber zu verneinen. Nach der Finanzverwaltung, die den Begriff der „vorübergehenden Verwendung“ richtlinienkonform auslegt, ist eine solche zu bejahen (und ein IGV damit zu verneinen), wenn der Unternehmer den Gegenstand bei einer Werklieferung verwendet, die im Bestimmungsmitgliedstaat steuerbar ist.[28]
258
Bemessungsgrundlage ist beim IGV der Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises der Betrag der Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes und ohne Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 4 S. 1 Nr 1 UStG).
§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › A. Lieferung › V. Unentgeltliche Wertabgaben (§ 3 Abs. 1b UStG)