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Kitabı oku: «Der Raufbold», sayfa 4

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VI

Kister hatte sich schon zu Bett begeben, als Lutschkoff zu ihm in’s Zimmer trat. Das Gesicht des Raufbolds drückte niemals blos eine einzige Empfindung aus. So auch jetzt: gemachte Gleichgültigkeit, rohe Freude, das Bewußtsein der eigenen Vortrefflichkeit und noch viele andere Gefühle waren in seinen Zügen zu lesen.

»Nun, nun?« fragte Kister hastig.

»Wieso nun, nun! . . . War dort . . . soll Dich grüßen.«

»Hm man nicht gefragt, warum ich nicht mitgekommen sei?«

»Ich glaube.«

Lutschkoff blickte nach der Decke und begann mit seiner Falsettstimme irgend eine Weise zu summen. Kister blickte vor sich hin und versank in Träumerei.

»Ja ja.« fuhr Lutschkoff plötzlich mit schnarrender scharfer Stimme fort, »Du bist ein sehr kluger und gelehrter Mensch, aber bisweilen – mit Deiner Erlaubniß sei’s gesagt – bisweilen irrst Du Dich ganz gewaltig.«

»Inwiefern«?«

»Na, zum Beispiel in Bezug auf die Frauen. Wie erhebst Du sie in die Wolken! Ganze Gedichte hast Du mir über sie vorgelesen! »Ehret die Frauen« u.s.w. In Deinen Augen sind sie alle Engel. . . Ja, schöne Engel!«

»Ja, ich liebe und ehre die Frauen, aber —«

»Natürlich natürlich!« unterbrach ihn Lutschkoff. »Ich will ja gar nicht mit Dir disputiren. Wie könnt ich das! Ich bin nur ein ganz gewöhnlicher Mensch.«

»Ich wollte sagen . . . Aber wie kommst Du gerade heute – und zu dieser späten Stunde auf die Frauen zu sprechen?«

»Na, das hat seinen Grund,« versetzte Lutschkoff mit vielsagendem Lächeln. »Das hat seinen Grund!«

Kister sah seinen Freund fest an. Der unschuldige Jüngling glaubte, Marja habe ihn unfreundlich behandelt – habe ihn vielleicht gepeinigt, so wie nur Frauen zu peinigen verstehen . . .

»Du bist gekränkt worden, Du Aermster – gesteh’s nur . . . «

Lutschkoff lachte hell auf.

»Na, eine solche Kränkung denk’ ich, kann ich mir schon gefallen lassen.« versetzte er, sich befriedigt den Schnurrbart streichelnd. »Nein . . . siehst Du, Fedor,« fuhr er in belehrendem Ton fort, »ich wollte Dir nur sagen, daß Du Dich in Bezug auf die Frauen geirrt hast – ganz gewaltig geirrt hast, lieber Freund. Glaube mir, Fedor, sie sind Alle über einen Kamm geschoren. Es lohnt nicht, das; man sich ihretwegen viel Mühe macht und lange um sie herumgirrt . . . Da ist z.B. Marja Perekatoff . . .«

»Nun!« Lutschkoff stampfte mit dem Fuße und schüttelte den Kopf.

»He, was meinst Du, hab’ ich so was Besonderes und Verlockendes an mir? Ich finde das nicht. Und dennoch – morgen geh’s zum Rendezvous!

Kister richtete sich auf, stützte sich auf die Ellbogen und starrte Lutschkoff erstaunt an.

»Gegen Abend . . . im Wäldchen,« fuhr Lutschkoff ruhig fort. Aber daß Du Dir nur keine Gedanken machst! Absichten? – langweilig! Das Mädel ist hübsch . . . na, denk’ ich, da ist’s ja kein Unglück! Heirathen – nein! . . . Aber lustig leben wollen wir noch mal auf unsre alten Tage! Kinder verwarten – brrr! . . . Aber so’n bischen Kurzweil mit der Kleinen – ah’ Wir wandeln selbander im Hain und lauschen den Nachtigallensang. Das ist jetzt unsre Aufgabe . . . He, was meinst Du, bin ich nicht ein verflixter Schwerenöther?«

Noch lange redete Lutschkoff in diesem Tone weiter. Aber Kister hörte nicht mehr auf ihn. Alles drehte sich um ihn herum. Er war erbleicht und fuhr sich wieder und wieder mit der Hand über’s Gesicht. Lutschkoff blinzelte mit den Augen und schaukelte und rekelte sich auf dem Sessel . . . und da er Kisters Aufregung der Eifersucht zuschrieb, wußte er sich vor Vergnügen kaum zu fassen. Aber nicht Eifersucht war es, was den jungen Deutschen quälte: nicht durch das Geständniß fühlte er sich beleidigt, sondern durch die rohe Gleichgültigkeit, durch den gewöhnlichen verächtlichen Ton, in welchem Lutschkoff über Marja sprach . . . Noch immer starrte er den Raufbold unverwandt an – und es war ihm, als betrachte er jetzt zum ersten Mal ordentlich seine Gesichtszüge. So also war Derjenige, dessen er sich so eifrig angenommen! – Derjenige, dem er seine eigene Neigung geopfert! Und dass also war die veredelnde Wirkung der Liebe! . . .

»Lutschkoff . . . liebst Du sie denn nicht?« murmelte er endlich.

»O diese Unschuld! Dieser arkadische Schäfer!« versetzte Lutschkoff mit boshaftem Lachen.

Auch jetzt wollte der gute Kister seinen Sinnen noch nicht trauen. Vielleicht, dachte er, prahlt Lutschkoff nach alter Gewohnheit – er hat noch nicht die neuen Worte gefunden für seine neuen Gefühle. Und was ihn selbst anging – sollte seine Erbitterung nicht einem andern Gefühl entspringen? Sollte Lutschkoffs Bekenntnis; ihn vielleicht nur darum so unangenehm berührt haben, weil es sich um Marja handelte? Wer weiß, vielleicht war Lutschkoff dennoch in sie verliebt? . . . Aber nein, nein! und tausendmal nein! Dieser Mensch verliebt? . . . Dieser widerwärtige Mensch mit dem gelben galligen Gesicht, den krankhaften katzenartigen Bewegungen, dem vor Freude gleichsam aufgeblasenen Halse! . . . Widerwärtig, häßlich! Nein, nicht mit solchen Worten würde Kister einem treuen Freunde das Geheimniß seiner Liebe verrathen haben . . . Im Uebermaß seines Glücks wäre er ihm mit hellen Freudenthränen in den Augen und stumm vor Seligkeit um den Hals gefallen . . .

»Nun, Freundchen, gesteh’s nur,« fuhr Lutschkoff fort, »das hattest Du nicht erwartet. Und jetzt sind wir ärgerlich und neidisch – he, nicht wahr? . . . Nu ja . . . natürlich . . . wenn einem da so unversehens ein solches Prachtmädel vor der Nase weggeschnappt wird!« . . .

Kister wollte etwas sagen, aber er lehrte das Gesicht nach der Wand.

»Diesem Menschen meine Gedanken und Gefühle offenbaren? Um keinen Preis!« murmelte er vor sich hin. »Er versteht mich nicht – was liegt daran! Die häßlichen Gefühle, die er selbst hegt, setzt er auch bei mir voraus – mag er doch!«

Lutschkoff stand auf.

»Ich seh’, Du willst schlafen.« sagte er mit gemachter Theilnahme; »ich will nicht länger stören. So schlaf denn wohl, lieber Freund, schlaf wohl!«

Und selbstzufrieden stolzirte er von dannen.

Bis zur Morgendämmerung vermochte Kister nicht einzuschlafen. Mit fieberhafter Hartnäckigkeit grübelte und brütete er unablässig über einem einzigen Gedanken – eine Beschäftigung die unglücklich Liebenden so wohl bekannt ist; sie wirkt auf das Gemüth wie der Blasebalg auf glimmende Kohlen.

»Selbst wenn sie ihm gleichgültig ist,« dachte Kister, »selbst wenn sie sich ihm an den Hals geworfen hat, durfte er doch mir, seinem Freunde, gegenüber nicht in so geringschätziger beleidigender Weise von ihr sprechen! Was hat sie denn verbrochen? Muß man sie nicht vielmehr bedauern, das arme unerfahrene Mädchen! . . .

»Aber sollte sie ihm wirklich ein Stelldichein gewährt haben? . . . Aus freien Stücken, ohne jede Art Zwang? . . . Lutschkoff lügt nicht, nein, er lügt nie. Aber vielleicht ist das nur so eine Phantasie von ihr . . .

»Aber sie kennt ihn ja gar nicht . . . Er ist im Stande sie zu beschimpfen. Nach Allem, was ich heute gehört, steh ich für nichts mehr ein . . . Aber hast du, Kisten ihn nicht selbst gelobt und gepriesen? Hast du nicht selbst ihre Neugier erregt? . . . Aber wer konnte das voraussehen? . . .

»Ich – ich konnte es voraussehen! Hatte er nicht schon längst aufgehört, mein Freund zu sein? . . . Ja, ist er überhaupt je mein Freund gewesen? Welche Enttäuschung! Welch bittere Lehre!«

Die ganze Vergangenheit drehte sich gleichsam wie ein Wirbelwind um ihn herum.

»Ja, ich mochte ihn gern leiden,« flüsterte er endlich. »Aber warum ist meine Neigung zu ihm so schnell wieder erloschen? . . . Ist sie denn wirklich schon erloschen? . . . Warum mochte nur ich ihn so gern leiden – ich allein?«

Sein liebendes Herz hatte sich darum an Lutschkoff angeschlossen, weil alle Andern sich von ihm fern gehalten. Aber der brave junge Mann ahnte selbst nicht, wie groß seine Herzensgüte war.

»Es ist meine Pflicht,« fuhr er fort, »Marja zu warnen, Aber wie? Welches Recht habe ich. mich in ein Liebesverhältniß zu mischen, das mich nichts angeht? Etwa weil ich weiß welcher Art diese Liebe ist? . . . Vielleicht läßt sich selbst Lutschkoff . . . nein, nein!« rief er schmerzlich und fast mit Thränen in den Augen, während er die Kissen zurecht rückte, »dieser Mensch ist von Stein!« . . .

»Ich allein bin der Schuldige . . . ich habe meinen Freund verloren . . . Ein schöner Freund! Und auch sie ist mir eine schöne Freundin! . . . Ach welch ein abscheulicher Egoist bin ich! Nein, nein! Aus tiefstem innerstem Herzen wünsch ich ihnen alles Glück! . . .Glück! Und er macht sich über sie lustig! . . . Aber warum färbt er sich den Schnurrbart? . . . Ich glaube wirklich . . . ach, ich bin ein Narr!« rief er heftig und schlief endlich ein.

VII

Am nächsten Morgen fuhr Kister zu den Perekatoffs. Er merkte sofort, daß mit Marja eine große Veränderung vorgegangen war, und auch sie fand ihn ganz anders als sonst. Aber keiner ließ irgend eine Bemerkung darüber fallen.

Während des ganzen Vormittags war ihnen wider alle Gewohnheit sehr unbehaglich zu Muth. Kister hatte sich bereits zu Hause auf eine ganze Anzahl zweideutiger Bemerkungen und Anspielungen und auf verschiedene freundschaftliche Rathschläge vorbereitet, aber all’ diese Angriffsmittel erwiesen sich als vollkommen nutzlos. Marja fühlte dunkel, daß Kister sie beobachtete; es entging ihr nicht, daß er gewisse Worte und Wendungen mit besonderem Nachdruck sprach: aber in ihrer erregten Stimmung schlug sie seine freundschaftlichen Anspielungen in den Wind.

»Wenn er nur ja nicht bis zum Abend bleibt!« dachte sie unaufhörlich, – und sie suchte ihn auf alle Weise merken zu lassen, daß er überflüssig sei.

Seinerseits hielt Kister ihre Befangenheit und Erregtheit für unzweideutige Symptome von Liebe; aber je mehr ihm um sie bangte, um so weniger konnte er es über sich gewinnen, ihr von Lutschkoff zu sprechen; und Marja bewahrte über denselben ein verstocktes Schweigen. Dein armen Kister ward es sehr schwer um’s Herz. Endlich begann er über seine eigenen Gefühle mit sich in’s klare zu kommen. Noch niemals war Marja ihm so hold und berückend erschienen wie grade heute. Offenbar hatte sie die ganze Nacht nicht geschlafen. Aus ihrem bleichen Antlitz zeigten sich hin und wieder leichte röthliche Flecke; sie hielt den Oberkörper ein wenig vorn übergeneigt und ein unwillkürliches sehnsuchtsvolles Lächeln umspielte ihre Lippen; von Zeit zu Zeit lief über ihre weißen Schultern ein leichtes Zittern, bald erschienen ihre Blicke hell und freudig, bald erschienen sie ihm mit einemmal trüb und erloschen . . .

Nenila setzte sich zu ihrem Gaste und begann – offenbar mit Absicht – von Lutschkoff zu reden. Allein Marja war in Gegenwart der Mutter »bis an die Zähne gerüstet,« wie die Franzosen sagen, und verrieth sich weder durch ein Wort, noch durch eine Miene.

So ging der ganze Vormittag hin.

»Sie speisen doch mit uns?« fragte Nenila den Cornet.

Marja wandte sich plötzlich ab.

»Nein, danke«, sprach Kister hastig und sah Marja an. »Sie-müssen mich entschuldigen . . . meine Dienstpflichten . . . «

Nenila drückte, wie sich das so gehört, ihr Bedauern darüber aus, und ihrem Beispiel folgend, murmelte auch Perekatoff etwas von »leidthun«.

»Ich will nicht im Wege sein,« wollte Kister Marja beim Fortgehen sagen; aber er verbeugte sich nur und rannte ihr zu: »Werden Sie glücklich . . . leben Sie wohl . . . nehmen Sie sich in Acht!« . . . Damit verschwand er.

Kaum war er fort, da seufzte sie tief auf, und dann überkam sie ein eigenthümlicher Schrecken. Was war es denn eigentlich, das sie quälte und peinigte? Liebe oder Neugier? Gott mag es wissen; aber ich wiederhole: Schon die Neugier genügte, um Eva ins Unglück zu stürzen.

VIII

Etwa eine Viertelstunde von Perekatoff’s Hof zog sich am rechten Ufer des Flüßchens eine breite Feldmark hin. Das war die »lange Wiese«. Das linke Ufer war vollständig mit jungen dichtem Eichenholz bedeckt und fiel steil zum Flusse ab, dessen Oberfläche außer einigen kleinen Buchten in denen Wildenten hausten, ganz mit Schlingpflanzen überzogen war. Etwa zehn Minuten von dein Flüßchen und rechts von der langen Wiese begannen abschüssige buntschillernde Anhöhen, welche dünn mit alten Birken und Haselnuß und Schneeballengesträuch bestandet waren.

Die Sonne war schon untergegangen. In der Ferne klapperte eine Mühle, bald laut, bald leise, je nach der Richtung des Windes. Auf der Wiese graste friedlich eine Anzahl Pferde aus dem herrschaftlichen Stall: singend folgte ein Hirt einer Heerde scheuer, gieriger Schafe; die Schäferhunde jagten aus Langerweile hinter den Krähen her.

Mit verschränkten Armen schritt Lutschkoff im Wäldchen hin und her. Sein an einen Baum gebundenes Pferd hatte schon wiederholt auf das laute Wiehern der Fohlen und Stuten geantwortet. Lutschkoff war wie gewöhnlich ärgerlich und mürrisch. Da er Marjas Liebe sich noch nicht sicher wähnte, war er auf sie und sich selbst wüthend . . . Aber seine Aufregung war noch größer als sein Aerger. Endlich blieb er vor einem breiten Haselnußstrauch stehen und begann mit seiner Reitgerte die Blätter abzuschlagen . . .

Da vernahm er ein leises Geräusch . . . er hob den Kopf . . . etwa zehn Schritt von ihm stand Marja . . . Vom schnellen Gehen war ihr Gesicht ganz roth geworden. Sie hatte einen Hut auf, aber keine Handschuhe an; sie trug ein weißes Kleid und um den Hals war in der Eile ein Tuch geschlungen. Ihre Augen waren unverwandt zu Boden geheftet und es schien, als trüge sie Bedenken näher zu treten . . .

Lutschkoff ging linkisch und mit gezwungenem Lächeln auf sie zu.

»Wie glücklich macht mich das!« begann er kaum vernehmbar.

»Es freut mich . . . Ihnen zu begegnen,« versetzte Marja,« tief und schwer athmend. »Ich geh hier des Abends oft spazieren . . . und Sie. . . ’«

Aber Lutschkoff verstand nicht einmal ihre Schamhaftigkeit zu schonen auf ihre unschuldige Lüge einzugehen.

»Ich denke doch, Marja Sergejewna,« stammelte er. »Sie selbst waren so freundlich – —«

»Ja. Ja,« entgegnete Marja hastig. »Sie wünschten mich zu sprechen, Sie wollten – —«

Ihre Stimme ließ sie im Stich.

Auch Lutschkoff war verstummt. Marja hob zaghaft die Augen zu ihm auf.

»Verzeihen Sie,« nahm er wieder das Wort, ohne sie anzusehen: »ich bin nur ein einfacher Mensch und nicht gewohnt, Damen . . . Erklärungen zu machen . . . Ich . . . ich wollte Ihnen gern sagen . . . aber es scheint, Sie sind nicht in der Stimmung mich anzuhören . . .«

»Reden Sie . . . «

»Sie befehlen es . . . nun, so will ich Ihnen denn offen gestehen, daß ich schon lange, seit dem Tage, da ich die Ehre hatte, Sie kennen zu lernen – –«

Er stockte. Marja wartete auf das- Ende seiner Rede.

»Uebrigens weiß ich nicht, warum ich Ihnen dies Alles sage . . . seinem Schicksal entgeht man ja doch nicht . . .«

»Wie kann man das wissen? . . . «

»Ich weiß es!« versetzte Lutschkoff finster. »Ich bin längst an seine Schläge gewöhnt!«

Es wollte Marja scheinen, dass Lutschkoff wenigstens in diesem Augenblick keinen Grund habe, über die Schläge des Schicksals zu klagen.

»Es giebt noch gute Menschen auf der Welt,« bemerkte sie lächelnd; ja, ich möchte sagen: zu gute . . .«

»Ich verstehe Sie, Marja Sergejewna, und glauben Sie mir, ich weiß Ihre Zuvorkommenheit zu würdigen.

Ich . . . ich . . . Sie sind doch nicht böse auf mich?«

»Nein . . . was wünschten Sie mir zu sagen?«

»Ich wünschte Ihnen zu sagen, daß . . . daß Sie mir gefallen, Marja Sergejewna, ganz außerordentlich gefallen, und – —«

»Ich danke Ihnen,« unterbrach ihn Marja verwirrt. Das Herz schnürte sich ihr vor angstvoller Erwartung zusammen. »Ach, sehen Sie, Herr Lutschkoff,« fuhr sie fort, »welch’ ein herrlicher Anblick!«

Und sie deutete auf die Wiese, welche ganz in die langen Abendschatten gehüllt war, während über ihr jenseits des Waldes das Abendroth glühte.

Innerlich freute sich Lutschkoff, daß auf diese Weise das Gespräch eine andere Wendung genommen hatte: er murmelte etwas von »schöner Natur« und trat dann neben Marja . . .

»Lieben Sie die Natur?« fragte sie plötzlich indem sie rasch das Köpfchen nach ihm umwendete und ihn mit jenem freundlichen, neugierig sanften Blick ansah, der, wie der Silberklang der Stimme, nur jungen Mädchen eigen ist.

»Die Natur . . . ja, jawohl . . . natürlich,« stotterte Lutschkoff. »Natürlich . . . es ist recht angenehm, des Abends einen kleinen Spaziergang zu machen, obgleich ich, offen gestanden, nur Soldat bin und mich auf Schwärmereien nicht verstehe.«

Lutschkoff versicherte ziemlich oft, daß er nur Soldat sei.

Es trat ein kurzes Schweigen ein. Marja blickte wieder nach der in den Abendschatten ruhenden Wiese.

»Na, was soll denn daraus werden?« dachte Lutschkoff. »Eine verwünschte Situation! . . . Ach was, nur etwas kecker! . . . Marja Sergejewna,« sprach er mit ziemlich fester Stimme.

Marja wandte sich ihm zu.

»Entschuldigen Sie,« fuhr er in fast scherzendem Tone fort, »aber ich möchte gern wissen, was Sie von mir denken. Fühlen Sie nicht so etwas . . . so eine gewisse . . . Neigung zu meiner Person?«

»Mein Gott, wie ungeschickt er ist!« dachte Marja. »Wissen Sie auch, Herr Lutschkoff,« antwortete sie lächelnd, »daß es nicht immer leicht ist, auf eine bestimmte Frage eine bestimmte Antwort zu geben?«

»Indeß —«

»Wie meinen Sie?«

»Ja, um Verzeihung ich möchte gern wissen – —«

»Aber . . . Ist es wahr, dass Sie ein so schrecklicher Duellant sind? Sagen Sie, ist das wahr?« sprach Marja mit schüchterner Neugier. »Man behauptet, Sie hättest schon mehr als einen Menschen getödtet?«

»Das ist mir schon passirt,« entgegnete Lutschkoff gleichmüthig und strich sich den Schnurrbart.

Marja sah ihn fest an.

»Und mit dieser Hand hier?« flüsterte sie.

»Mittlerweile hatte sich sein Blut erhitzt.Schon länger als eine Viertelstunde hatte er da ein junges Mädchen um sich . . .

»Marja Sergejewna,« sagte er plötzlich mit eigenthümlich scharfer Stimme. »Sie kennen jetzt meine Gefühle und wissen, warum ich Sie zu sprechen wünschte . . . Sie waren so freundlich und . . sagen Sie mir nun auch endlich, was ich hoffen darf . . . «

Marja drehte eine Feldnelke zwischen den Fingern. . . sie sah Lutschkoff von der Seite an, erröthete und sprach lächelnd:

»Was Sie da alles reden!« – und damit gab sie ihm die Blume.

Lutschkoff ergriff ihre Hand.

»Sie lieben mich also!« rief er.

Marja überlief es ganz kalt vor Schrecken. Es war gar nicht ihre Absicht gewesen, ihm ein Liebesbekenntniß zu machen; sie wußte selbst noch nicht recht, ob sie ihn liebte, und nun war er ihr zuvorgekommen, wollte sie zu einer Erklärung nöthigen – er mußte sie also gar nicht verstehen . . . Blitzschnell ging Marja dieser Gedanke durch den Kopf. Eine so rasche Lösung hatte sie nicht erwartet . . . als neugieriges Mädchen hatte sie sich den ganzen Tag gefragt: »Liebt er mich oder liebt er mich nicht?« – sie hatte von einem angenehmen Spaziergang in der Abenddämmerung und von zärtlichen aber anständigen Reden geträumt, hatte in Gedanken mit ihm coquettirt, sich den wilden Mann zahmen und ihm beim Abschied gestatten wollen, ihr achtungsvoll die Hand zu küssen . . .

Und statt dessen – statt dieses unschuldigen kindlichen Spieles fühlte sie plötzlich seinen rauhen Schnurrbart auf ihrer Wange . . .

»Wir wollen glücklich sein,« flüsterte er: »es giebt ja nur ein Glück auf Erden!« . . .

Erschreckt wich Marja zurück; bleich und am ganzen Leibe zitternd lehnte sie sich an eine Birke. Lutschkoff gerieth in große Verlegenheit.

»Entschuldigen Sie!« murmelte er, zu ihr tretend; »ich glaubte wirklich nicht . . .

Marja sah ihn stumm und mit weit geöffneten Augen an . . . Ein unangenehmes Lächeln spielte um seinen Mund . . .auf seinem Gesicht bemerkte sie rothe Flecke . . .

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10 aralık 2019
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