Kitabı oku: «Liebe mich nicht-Hasse mich nicht Duett», sayfa 2
Prolog 3
Vor vier Monaten – CURE Bar
„Hey Emma, was denkst du?“, fragt Jameson, während er sich über die stoppelige Wange kratzt.
Die Wand hinter der Bar wird von einer glühenden Neon-Lichterkette beleuchtet und präsentiert die hundert Alkoholsorten, auf die Jameson bestanden hat. Er tritt einen Schritt zurück und bewundert seine Arbeit. Ich finde es absolut fantastisch, aber andererseits finde ich fast alles, das Jameson anfasst, fantastisch.
„Ohhh, es sieht klasse aus“, sage ich von meinem Platz an der Bar. Ich habe den ganzen Platz für mich beschlagnahmt, indem ich all meine Jurabücher verteilt habe, aber momentan studiere ich nicht das Gesetz. Stattdessen studiere ich Jameson. „Vielleicht solltest du dort drüben rechts noch eine Flasche hinstellen?“
Ich deute auf eine Stelle. Er schaut da hin, wohin ich deute, und nickt langsam. „Gutes Auge. An der Stelle sieht es ganz nackt aus.“
Er schnappt sich eine weitere Flasche und hebt sie hoch, um sie an der kahlen Stelle zu platzieren. Ich beiße auf meine Lippe. Jameson sieht gerade wahnsinnig gut aus, nur in dunklen Jeans, die sich perfekt an seinen Hintern schmiegen, einem schwarzen NIN-T-Shirt und blutroten Chucks.
„Es sieht gut aus“, lobe ich und noch während ich das sage, werden meine Wangen rot. Mit ‚es‘ meine ich jeden Zentimeter von ihm… und mit gut meine ich appetitlich, verlockend und über alle Maßen verführerisch.
Ich seufze. Forest tritt aus dem Hinterzimmer und sieht wie immer weltmännisch aus in seinem grünen Pullover und Jeans. Seine dunklen Haare und Bart sehen ziemlich attraktiv aus. Wenn ich nicht schon bis über beide Ohren in Jameson verknallt wäre, würde ich vermutlich für Forest schwärmen.
Er zieht seine Verlobte Addison am Handgelenk hinter sich her. Sie sagt nichts, sondern sieht in ihrem blütenweißen Kleid und kunstvoll hochgestecktem Haar einfach nur gut aus.
„Hey Leute“, sagt Forest.
„Fertig mit der Erkundung der Alkohol-Höhle, die ich oben gebaut habe?“, fragt Jameson Forest.
„Yeah. Es ist irgendwie schräg, mehrere tausend Dollar an Alkohol an einem Ort zu sehen. Aber es sieht aus, als wäre alles bereit für die Eröffnung morgen.“
„Genau rechtzeitig. Um wie viel Uhr kommst du morgen her?“
Forest blickt zu Addison. „Was denkst du, um wie viel Uhr werden wir mit dem Brunch mit deinen Eltern fertig sein? Gegen vier?“
Sie neigt den Kopf nur minimal, womit sie, wie ich vermute, ihre Zustimmung ausdrückt. Ich frage mich, was ihr Problem ist. Es sind nicht unbedingt Eis-Schwingungen, die ich von ihr empfange, wie es bei Ashers Verlobter Jenna der Fall ist. Ich empfange einfach gar nichts von Addison.
Es ist sehr merkwürdig.
Ich drehe meinen Kopf, als Gunnar durch die Eingangstür platzt, drei hübsche Blondinen, die bis zum Gehtnichtmehr aufgetakelt sind, im Schlepptau. Gunnar seinerseits sieht aus, als hätte er gerade erst eine Disko verlassen, da er ein schwarz kariertes Hemd trägt, das teilweise aufgeknöpft ist, sowie ein Paar schwarzer Jeans.
Er hat offenkundig gerade erst etwas Witziges gesagt, denn sie lachen alle.
„Ladies, setzt euch bitte einfach dort drüben hin“, sagt er und deutet zu einer der Tischnischen. Er zwinkert ihnen zu. „Ich muss hier nur eine Minute was regeln und dann können wir zurück in meine Wohnung gehen.“
Meine Augenbrauen klettern in die Höhe, aber die Mädchen kichern nur. Gunnar richtet seine Aufmerksamkeit auf mich und läuft zur Bar. „Emma. Siehst gut aus, wie üblich.“
Ich winde mich ein wenig unter seinem Blick. Gunnar hat ein gigantisches Ego, aber verdammt, er sieht auch gut genug aus, um damit durchzukommen.
„Äh, danke“, bringe ich heraus.
„Hey“, mischt sich Jameson ein, der wütend aussieht. „Du kennst die Regeln. Kein Flirten mit Emma. Die gleichen Regeln für alle.“
Ich laufe tomatenrot an und wünsche mir, ich könnte in meinem Stuhl versinken. Asher hat die gleiche Regel immer und immer wieder aufgestellt, seit ich alt genug war, um einen Sport-BH anzuziehen. Es ist super peinlich.
„Ich habe lediglich eine Feststellung gemacht“, sagt Gunnar achselzuckend. Er bemerkt Forest und Addison. „Was läuft?“
Forest verschränkt die Arme. „Wir wollten uns eigentlich vor einer Stunde hier treffen. Asher war bereits hier und ist wieder gegangen.“
Gunnar rollte mit den Augen. „Ich bin hier. Mir war nicht klar, dass ihr so eine große Sache daraus machen würdet.“
„Es ist eine große Sache“, mischt sich Jameson ein und korrigiert ihn. „Wie können wir von unseren Mitarbeitern erwarten, pünktlich zu kommen, wenn wir selbst kommen, wie es uns gerade passt?“
„Mea culpa“, sagt Gunnar, aber er sieht nicht wirklich aus, als täte es ihm sonderlich leid. „Was soll ich hier eigentlich tun?“
Jamesons Kiefer zucken. Forest springt für ihn ein. „Kannst du einfach nach oben gehen und alles überprüfen? Dich vergewissern, dass all der Rum und Tequila und Mezcal und Pisco, nach denen du verlangt hast, vorrätig sind.“
„Aye, aye“, sagt Gunnar. Er verschwindet im Hinterzimmer.
„Jedes Mal, wenn er anfängt, mir zu sagen, dass ich zu überspannt bin, bin ich so kurz davor, ihm seine verfluchte Fresse zu polieren“, verkündet Jameson, während er sich wieder zur Bar umdreht.
Die Eingangstür öffnet sich abermals und eine umwerfende junge Asiatin mit langen Haaren und makelloser Haut streckt ihren Kopf in den Laden. Als sie Forest und Jameson entdeckt, hellt sich ihr Gesicht auf und sie tritt ein. Ich betrachte ihre kurzen Jeansshorts und übergroßes Top sehnsüchtig.
Wenn meine Eltern mich in so einem Outfit draußen herumlaufen sehen würden, würden sie ausrasten. Zum Geier, ich denke, Asher würde mich sogar nach Hause eskortieren, damit ich mich umziehe, wenn er mich in dieser Kleidung sehen würde… und er sollte eigentlich der junge, coole Rebell unserer steifen Familie sein.
„Hi“, grüßt sie und wedelt mit einem Stapel Blätter. Zu meiner Überraschung hat sie einen vornehmen britischen Akzent. „Ich bringe nur schnell den Rest meiner Dokumente vorbei. Ich hoffe, ich unterbreche nichts?“
Ich schaue zu Forest, dessen Mund mehr oder weniger offensteht. Er checkt diese Frau unverhohlen ab, anstatt sich zu beeilen, ihr die Dokumente abzunehmen. Addison blickt einfach weiter geradeaus; was auch immer sie empfindet, äußerlich ist es nicht sichtbar.
„Maia, hey“, ruft Jameson, der hinter der Bar hervortritt. „Ich nehme, was auch immer du dabei hast.“
Maia reicht ihm die Papiere und lächelt mich an. Sie streckt mir ihre Hand entgegen. „Ich glaube nicht, dass wir uns schon kennengelernt haben. Ich bin Maia Yu. Ich werde hier kellnern.“
Ich nehme ihre Hand. „Emma Alderisi. Ich arbeite hier nicht, ich hänge hier nur rum.“
„Es freut mich, dich kennenzulernen. Und ich glaube, wir haben uns auch noch nicht kennengelernt?“, sagt sie und wendet sich an Addison.
„Addison Raven“, erwidert sie und verschränkt die Arme. „Ich werde Forest heiraten.“
Maia schaut zu Forest, der seinen Mund geschlossen hat, aber sie weiterhin mit etwas ähnlichem wie Ehrfurcht betrachtet.
Jameson räuspert sich. „Forest wollte gerade gehen. Stimmt’s?“
Forests wütender Blick zu Jameson ist eindeutig. „Yeah. Wir sehen uns später, Leute.“
Er führt seine hübsche zukünftige Frau aus der Bar. Maia dreht sich um und wirft einen Blick auf die blonden Mädchen, die an einem der Tische sitzen und in ihre Handys vertieft sind.
„Sucht ihr immer noch nach Leuten?“, fragt Maia verwirrt. Ich schnaube.
„Meine Güte, nein“, entgegnet Jameson. „Sie warten auf meinen anderen Bruder…“
„Was ist jetzt schon wieder?“, fragt Gunnar, der aus dem Hinterzimmer kommt. Er wirft einen Blick auf Maia und dreht seinen Charme auf die höchste Stufe. „Hey. Wir sind uns noch nicht begegnet. Ich bin Gunnar.“
„Maia.“ Sie gibt ihm die Hand. Er hält sie eine Sekunde zu lange fest, doch sie hat zu viel Klasse, um so zu tun, als würde es sie stören. Sie wirft ihre Haare nach hinten, unbeeindruckt. „Wenn das alles ist, werde ich gehen. Du brauchst uns hier morgen um drei, richtig?“
„Ja“, sagen Jamson und Gunnar gleichzeitig. Jameson bedenkt Gunnar mit einem verärgerten Blick. Gunnar grinst lediglich zurück, unerschrocken.
„Bis morgen“, verabschiedet sich Jameson.
„Wir sollten auch gehen, Mädels“, sagt Gunnar, während er zu ihnen läuft. „Maia, wir gehen alle auf einen Drink in meine Wohnung…“
„Lass sie in Ruhe, Gunnar“, knurrt Jameson. „Maia, bis später.“
„Bis dann.“ Maia wackelt mit den Fingern und geht. Gunnar macht Anstalten, hinter ihr herzulaufen, obgleich ich bezweifle, dass er weiß, was er tun soll, wenn er sie einholt.
„Gunnar“, sagt Jameson drohend. Gunnar wird langsamer und schaut dann zu den drei Blondinen, wobei seine Schultern leicht nach unten sacken.
„Kommt, gehen wir“, sagt er und wartet darauf, dass die drei Mädchen aufstehen und sich auf den Weg zur Tür machen. Er schaut zurück. „Bye, Emma.“
Ich winke, während meine Wangen abermals rot anlaufen. Gunnar ist definitiv nicht mein Typ, aber er ist irrsinnig gut aussehend. Nicht zu vergessen ein wahnsinniger Schmeichler.
Jameson legt die Blätter auf die Theke und betrachtet dann wieder die Rückwand. „Weißt du, was das hier braucht?“
Ich lege den Kopf schief. „Nein, was?“
„Ein paar Blumen“, verkündet er und blickt mit zusammengekniffenen Augen zum obersten Regal hoch. „Einige von diesen getrockneten Blumen, die der Inneneinrichter gebracht hat, in Alkoholflaschen.“
Er geht zurück ins Hinterzimmer und taucht mit ein paar aufeinandergestapelten Kartons auf. Er kommt zur Bar rüber. „Was dagegen?“
Ich nehme meine Jurabücher, die ich überall verteilt habe, und schiebe sie auf eine Seite. „Ne. Ich arbeite sowieso nicht wirklich.“
Jameson gluckst, während er einen der Kartons öffnet. Der erste Karton enthält leere Alkoholflaschen, deren Etikette zum Teil so alt sind, dass sie sich an den Rändern lösen. Der zweite Karton ist voller getrockneter Blumen, hauptsächlich Lavendel und Schleierkraut.
„Ooooh, die sehen spitze aus“, sage ich, als er anfängt, sie auf dem Tresen auszubreiten. „Darf ich helfen?“
„Klar. Danke“, erwidert er irgendwie brummig, aber es treibt mir dennoch die Hitze ins Gesicht.
Ich nehme einige Stängel von beiden Blumensorten und stecke sie in den Hals der ersten Flasche. Ich schaue zu ihm. „So?“
Er blickt nachdenklich drein und nimmt noch etwas Schleierkraut. „Vielleicht nur noch ein paar mehr…“
Er beugt sich nach vorne und greift über mich, um die Blumen in die Flasche zu stecken. Plötzlich ist er mir wirklich nah, so nah, dass ich den Duft von Shampoo und Leder an ihm riechen kann. Gänsehaut entsteht schlagartig auf meinen Armen, obwohl er mich nicht berührt.
Ich bemerke ein paar schwarze Linien, die unter dem Ausschnitt seines Shirts hervorlugen und nach unten führen zu… etwas. Ich wusste nicht, dass Jameson Tattoos hat, aber es macht selbstverständlich Sinn. Es passt zu seiner düsteren Bad Boy Persona, wenn man mich fragt.
„Sieht das gut aus?“, erkundigt er sich, während er die Stängel arrangiert.
„Was?“, frage ich abwesend. Es kostet mich einige Mühe, meine Augen von seinem muskulösen Körper loszueisen. „Oh, äh. Ja, absolut.“
Er wirft mir einen Blick zu, sagt aber nichts. „Wenn du ein einige Flaschen herrichten möchtest, werde ich sie nachher oben an der Rückwand aufstellen.“
Ich beiße auf meine Lippe und nicke. Ich beginne, ein weiteres Bündel zusammen zu stellen, und greife nach einer leeren Flasche. Er nimmt sich die eine, die er fertiggemacht hat, und fängt an, verschiedene Plätze zwischen den vollen Alkoholflaschen an der Wand auszuprobieren.
„Das ist eine wirklich schlaue Idee“, sage ich ihm.
„Es ist witzig, dass du das sagst, wenn man bedenkt, dass du Jura studierst“, meint er.
Ich runzle die Stirn, halte inne. „Das heißt nicht, dass du keinen Geistesblitz haben kannst.“
Jameson blickt eine Sekunde wieder zu mir und schüttelt leicht den Kopf.
„Meinst du das ernst? Ich habe erst letzte Woche einem Mädel den Laufpass gegeben, weil sie mir gesagt hat, dass ich nicht sonderlich hell im Kopf wäre.“ Er legt die Stirn konzentriert in Falten und tauscht eine der Flaschen unten links aus. „Was hältst du davon? Wir könnten vielleicht sechs oder sieben Flaschen so arrangieren?“
„Warte, was? Ein Mädchen, hat dir gesagt, dass du nicht ganz hell im Kopf bist?“, frage ich schockiert.
„Yeah. Ich meine… ich habe ihr erzählt, dass ich die High School nach meinem ersten Jahr hingeschmissen habe, um mich um Forest und Gunnar zu kümmern und sie meinte nur, ‚Das ergibt Sinn. Es ist okay, ich date dich nicht wegen deines Verstandes.“
Mir klappt der Mund auf. „Das ist nicht fair!“
Er dreht sich und schaut zu mir. „Das ist nichts, über das man sich aufregen müsste.“
„Das ist es! Sie klingt wie ein Miststück.“ Ich mache einen übertriebenen Schmollmund.
Humor tanzt in seinen Augen. „Du bist niedlich, wenn du dich so aufregst.“
Ich werde zum ungefähr tausendsten Mal heute knallrot. „Ich verkünde hier lediglich Fakten“, murmle ich peinlich berührt. Zum Glück geht der Moment vorüber und ich widme mich wieder meiner Aufgabe, die Blumen in ihren Vasen zu arrangieren.
Jameson stellt noch ein paar Flaschen auf, macht dann eine Pause und streicht sich über sein stoppeliges Kinn. „Ich glaube nicht, dass ich noch höher greifen kann. Wie stehst du dazu, da hochzuklettern und dich auf das Regal hier zu stellen?“
Ich ziehe meine Augenbrauen hoch. „Ähmmm…“
Er tätschelt das hintere Regal. „Ich meine, ich würde dir beim Hoch- und Runterklettern helfen. Ich verspreche, nicht unter dein Kleid zu schauen oder so.“
Ich stelle mir die Art von Hilfe vor, die er meint, die vermutlich eine Menge engen Körperkontakt beinhalten würde. Ich stemme mich von meinem Stuhl.
„Klar.“
„In Ordnung, dann komm her“, weist er mich an, wobei er zur Wand schaut. „Ich werde dich nach oben heben.“
Ich tue wie geheißen und ergreife seine Hände. Ich fühle mich seltsam dabei, mich in meinem winzigen hellgrünen Sommerkleid körperlich anzustrengen. Ich erröte erneut. Das Gefühl seiner Hände auf meinem Körper ist absolut sündhaft, auch wenn an dem, was wir tun, rein gar nichts Sündhaftes ist.
Jameson ist von Natur aus so viel wärmer als ich. Ich hole tief Luft und atme seinen sauberen Geruch ein. Er packt mich an der Taille und stemmt mich nach oben, bis ich auf dem Regal stehen kann.
An irgendeinem Punkt dieser Unternehmung drückt er tatsächlich meinen Po mit einer Hand nach oben. Ich kann das nervöse Lachen, das aus mir hervorbricht, nicht zurückhalten.
„Stehst du gut?“, fragt er.
„Ich denke schon –“, antworte ich. Dann quieke ich, als ich rückwärts falle.
Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße – ich rechne definitiv damit, auf dem Boden aufzuschlagen, hart.
Doch dann lande ich in Jamesons Armen, so perfekt, wie ich es mir nur hätte erträumen können. Unsere Gesichter sind sich in dem Moment so nah, seine Augen auf mein Gesicht gerichtet. Ich kann nur daran denken, dass ich bestimmt in seinem dunklen Blick ertrinken werde.
Seine Augen sinken auf meinen Mund. Ich schwöre, die ganze Welt um uns herum, wird langsamer. Ich lecke über meine Unterlippe, denn ich bin mir plötzlich zu einhundert Prozent sicher, dass er mich gleich küssen wird.
Ja. Es passiert. Meine Augenlider beginnen, sich in Vorbereitung darauf flatternd zu schließen.
„Whoa!“ Ashers Stimme reißt mich aus meiner Wunschvorstellung. Ich öffne meine Augen und sehe, wie er durch die Eingangstür tritt. Jameson stellt mich hastig auf die Füße und tritt eilig von mir weg. „Was ist hier los?“
„Ich bin runtergefallen!“, platzt es aus mir heraus, weil ich nicht möchte, dass Jameson Probleme mit Asher bekommt. „Ich habe versucht, nach etwas zu greifen. Jameson hat mich aufgefangen, das ist alles.“
„Entspann dich“, sagt Asher, der hinter die Bar läuft. „Jameson kennt die Regel. Nicht wahr, Jay?“
Jameson ist leicht rot im Gesicht. „Jepp. Emma ist tabu.“
Auf seine Worte hin verziehe ich das Gesicht. Ja, ja, seit ich dreizehn wurde, wiederholen sie das genau Gleiche immer wieder.
„Das stimmt“, bestätigt Asher und klopft ihm auf den Rücken.
Jameson sieht so schuldbewusst aus, dass ich beinahe Mitleid mit ihm habe. Das heißt, bis er den Mund aufmacht.
„Ich würde dir das niemals antun“, sagt er zu Asher. Dann sieht er mir direkt in die Augen. „Niemals.“
Meine Wangen fangen an, zu brennen, und ich presse meine Kiefer zusammen. „Ich bin kein kleines Mädchen, Asher. Ich kann meine eigenen Entscheidungen treffen.“
Asher und J sehen mich beide an. Asher schnaubt. „Nein, bei meinen Freunden kannst du das nicht. Ist es nicht so, J?“
Einige Sekunden ist es ganz still. Ich schaue zu J, auf seinen hin und hergerissenen Gesichtsausdruck. Ich beginne, einen winzigen Hoffnungsschimmer zu verspüren. Wird er sich gleich für mich einsetzen?
Gott, wird er Asher gleich sagen, dass er Gefühle für mich hegt? Mein Herz setzt einen Schlag aus.
Aber natürlich macht er das nicht. Er empfindet vermutlich nicht einmal etwas für mich, denn seine nächsten Worte treffen mich ziemlich hart.
„Deine Freunde sind nicht grundlos tabu“, sagt J zu Asher, wobei er seinen Blick zu Boden richtet. „Außerdem würde ich niemals irgendetwas mit Emma anfangen. Sie ist so… jung.“
Oh, nein, das hat er nicht gemacht. J hat gerade definitiv mit Asher über mich gesprochen, als wäre ich gar nicht hier. Ich knirsche mit den Zähnen.
„Ich bin direkt hier!“, verkünde ich wütend und fuchtle mit der Hand herum. „Ich mag es nicht, wenn man über mich redet, als wäre ich nicht im Raum.“
J weicht weiterhin meinem Blick aus, als hätte ich nie existiert. Ich könnte ihn schlagen, so wütend bin ich.
Asher betrachtet mich mit ungeduldiger Miene. „Du bist hier und du bist zickig. Hurra für uns.“
„Leck mich“, sage ich mit knirschenden Zähnen. Jetzt bin ich so richtig beschämt und es ist definitiv ihre Schuld. „Ihr beide könnt zur Hölle fahren.“
„Emma –“, sagt Asher und verdreht die Augen.
Das reicht. Ashers Augenverdrehen ist der Tropfen, der das Fass für mich zum Überlaufen bringt. In diesem Moment hasse ich sie beide.
„Ich gehe nach Hause. Wenigstens weiß mich Evie als Mitbewohnerin… und als Erwachsene zu schätzen“, zische ich. Ich marschiere um die Bar, wobei ich das Gefühl habe, als hätten sie mich dazu gebracht, mich so kindisch zu benehmen. Ich ramme meine Bücher in meine Tasche, kochend vor Zorn.
Ich bin wütend auf Asher, ja. Er muss mich Erwachsen werden lassen.
Aber noch mehr als das bin ich wütend auf J. Ich habe das Gefühl, als hätte er mir nur in die Augen gesehen und diese Dinge gesagt, um mir wehzutun. Das macht ihn zu einem Arschloch, ganz egal, wie man es dreht und wendet.
„Emma, sei doch nicht so“, sagt Jameson, als ich meine Tasche schultere. Ich werfe ihm einen finsteren Blick zu.
„Verpiss dich“, sage ich und stürme zur Tür.
Ich lasse sie hinter der Bar zurück, wo sie stehen und ihre Köpfe schütteln. Nachdem ich die Tür aufgestoßen habe, trete ich hinaus in das helle Nachmittagslicht. Ich bin stinksauer auf beide, zittere sogar ein bisschen.
Asher kann sich diesen Mist von wegen, ich sei seine kleine Schwester, dahin stecken, wo die Sonne nicht scheint. Und Jameson?
Jameson wirkt so männlich und erwachsen, außer wenn es um Asher geht. Er muss Erwachsen werden und sich Eier wachsen lassen. Ganz gleich, wie attraktiv Jameson auch sein mag, ich habe keine Zeit für jemanden, der mich nicht will.
Daran muss ich mich einfach immer wieder erinnern… für immer.
Eine Grimasse schneidend mache ich mich auf den Weg nach Hause.
1
Jameson
Im Hinterzimmer des Cure dabei erwischt zu werden, wie ich die Zukünftige meines besten Freundes auf der Afterparty ihres Hochzeitsprobedinners küsse… lasst mich einfach sagen, das war nicht Teil meines Plans.
Die Nacht beginnt mit dem Knallen von Sektkorken, die hinter der Bar durch die Gegend fliegen. Die Lichter sind ganz nach unten gedreht und eine Playlist von Purity Ring Remixes dringt laut aus den Lautsprechern. Die Türen nach draußen sind weit geöffnet, um die salzige Luft und das Rauschen der Ozeanwellen, die in der Ferne an den Redemption Beach krachen, hereinzulassen.
Leute trinken auf das glückliche Paar. Das ist etwas verfrüht, wenn man mich fragt, aber niemand hat das getan. Also halte ich einfach meine Klappe und arbeite hinter der Bar. Hinter der Bar bin ich immer noch der Barkeeper, der Herr meines kleinen Reiches.
Im Restaurantbereich müsste ich mit Hedgefondmanagern und CEOs und Instagrammodels verkehren. Der Sorte Leute, die auf teure Privatcolleges gegangen sind und sich darüber unterhalten, wo sie den Sommer verbringen. Nicht meine Welt.
Sie sind alle wegen Asher und seiner vermögenden Verlobten Jenna hier. Und ich bin auch hier, ich und die anderen Hart Brüder. Wir springen für Ashers Familie ein, denn sie interessieren sich nicht wirklich für ihn und wir schon.
Der heutige Abend ist nur für Asher. Das muss ich mir einfach immer wieder in Erinnerung rufen.
Wirklich, es ist okay, mich in der Gegenwart von Youtube-Starlets und Tennisprofis aufzuhalten, denn die meisten von ihnen halten mich ohnehin nur für die Aushilfe. Sie wissen wahrscheinlich nicht einmal, dass diese Bar Asher und mir gemeinsam gehört.
Was für mich mehr als in Ordnung ist.
Nicht zum ersten Mal heute Abend wünsche ich mir, ich wäre am Strand und würde mit einem Surfbrett unter dem Arm auf das Wasser zu rennen. Tatsächlich sehne ich mich danach, in diesem Moment überall zu sein, nur nicht hier.
Aber das bin ich nicht. Ich bin hier. Ich muss mich nützlich machen, Bestellungen entgegennehmen und Drinks mixen. Ansonsten werde ich zu einem schmollenden, wütenden Mann-Kind. Niemand will das, vor allem nicht heute Abend.
Ich stehe hinter der Bar, ein Geschirrtuch über meine Schulter geworfen und starre mit leicht säuerlicher Miene hinunter auf die Schar der Hochzeitsgäste. Ich überlege, ob ich für die Gruppe Wassergläser an der Bar aufreihen sollte oder nicht. Die Party ist definitiv ein Erfolg, was bedeutet, dass mittlerweile fast jeder leicht betrunken ist.
Ich habe sogar auf die teuren Bourbons zurückgegriffen, etwas, das ich bei den anderen Barkeepern missbillige. Aber heute Abend ist eine Party, eine Feier im gewissen Sinne. Auch wenn mir nicht gefällt, was die Leute feiern, muss ich trotzdem hier sein.
Maia, eine süße Asiatin, die einen spitzen Sazerac macht, lässt ihr Tablett auf die Theke fallen. Sie zieht ihr hautenges schwarzes Cocktailkleid ein Stück nach unten.
„Jameson! Öffne bitte eine von den Flaschen mit Rosé Schampus“, bittet sie, wobei ihr britischer Uperclass-Akzent sogar das Wort Schampus kultiviert klingen lässt.
Ich ziehe fragend eine Augenbraue hoch. „Warum?“
„Die Braut möchte ‚etwas Pinkes mit Bläschen‘“, antwortet sie achselzuckend. „Ich bin eine Kellnerin. Sie gibt mir eine Bestellung, ich komme und bitte darum. Du schenkst die Getränke ein. So funktioniert es normalerweise.“
Sie wirft mir einen Blick zu, als wüsste sie genau, was ich gerade gedacht habe, und dass sie es nicht gutheißt.
„Mmmpf“, erwidere ich missmutig. Sekt Rosé steht heute Abend eigentlich nicht auf der Karte, aber ich tue, was verlangt wird. Es ist immerhin für Asher.
„Hättest du was dagegen, mir einige Sektgläser runterzuholen, wenn du schon dabei bist, Boss?“, fragt sie und schenkt mir ein liebenswürdiges Lächeln. „Du bist eine Million Meilen größer als ich.“
„Ich bin eins neunzig“, korrigiere ich sie. „Du bist einfach nur wirklich klein.“
Sie streckt mir die Zunge raus und ich gluckse. Ich ziehe eine Lage der Gläser, die sie will, aus dem Regal an der Wand und stelle sie auf die Theke.
Ich drehe mich zu der hochaufragenden, neon-beleuchteten Wand mit verschiedenen Alkoholsorten. Sie sind alle nach Art gruppiert: Whiskys und Bourbons zusammen, Wodkas und Gins und Aquavits, Rums und Tequilas und Mezcals, Piscos und Brandies und einige Dutzend Weinflaschen.
Wir befinden uns im Cure, der Bar, die mir zusammen mit meinem besten Freund Asher und meinen zwei Brüdern, Gunnar und Forest, gehört. Momentan ist das Cure wegen Ashers Hochzeitsfeier für die Öffentlichkeit geschlossen. Ungefähr vierzig beschwipste Hochzeitsgäste sind am Vorabend der Hochzeit alle hier versammelt.
Es ergibt Sinn, soweit es um Veranstaltungsorte geht.
Das Cure war immerhin Ashers Idee. Er wird der Erste von uns vieren sein, der heiratet. Ich sollte mich für ihn freuen, doch das tue ich nicht. Ich hasse seine Verlobte Jenna und ich denke, er könnte jemand viel Besseren als sie finden.
Aber ich schlucke meine Worte hinunter. Die Zeit, all meine Gedanken und Meinungen über Jenna und die Hochzeit auszudrücken, war gekommen und gegangen. Ich sagte meinen Teil. Asher nannte mich einen Arsch.
Und das bin ich, ohne jeden Zweifel. Ein Versager, ein Menschenhasser, ein antisozialer Grübler, für den es ein völliger Schuss ins Blaue war, diese Bar zu eröffnen. Diese Bar, das Großziehen meiner kleinen Brüder und meine Freundschaft mit Asher sind wirklich die einzigen guten Dinge, die ich jemals getan habe.
Gott weiß, wenn es eine kosmische Gleichung meines ganzen Lebens gäbe, gäbe es reichlich schlimme Dinge in meiner Vergangenheit, die die Waage in die Richtung neigen würden, dass ich ein richtiges Stück Scheiße bin. Da gäbe es beispielsweise jung die Schule abzubrechen, eine endlose Reihe Surfermädels und hübscher Bargäste zu daten, ständig Party zu machen und in meinen Zwanzigern nicht nur eines, sondern gleich zwei Motorräder zu schrotten.
Ich weiß, dass mich meine Vergangenheit und meine Tendenz zu Schwermut nicht gerade liebenswert machen. Ich arbeite an Widergutmachung, langsam.
Ich tauche unter die Bar zu den Lowboy-Kühltruhen, in denen die Flaschen mit Weißwein und Sekt aufbewahrt werden. Ich suche eine Sekunde, dann finde ich die richtige Flasche. Der Rest ist Muskelgedächtnis, die Folie abziehen und das Metallgestell aufbiegen. Ich lasse den Korken mit so wenig Tamtam wie möglich knallen und beäuge meinen Bruder Gunnar, während ich den Schampus in die Sektgläser gieße, die ich auf der Theke bereitgestellt habe.
Gunnar steht neben mir an der Bar und schüttet Wodka und etwas Zimtlikör in einen Cocktailshaker. Eine ganze Schlange hübscher Mädchen wartet auf die Shots, die er mixt. Ich räuspere mich und werfe ihm einen Blick zu.
Gib den Mädels nicht noch mehr Wodka, sagt der Blick. Im Ernst.
Er grinst und zwinkert mir zu, dann ruft er den Mädels zu, sie sollen sich rückwärts über die Marmoroberfläche der Bar beugen, damit er ihnen ihre Shots geben kann. Natürlich tun sie das, kichernd.
Ich kann meine Augen nicht stark genug verdrehen. Ich stelle die Sektgläser auf das Tablett, das Maia vorbeigebracht hat. Sie nimmt es mit einem fake Lächeln entgegen und trägt es zur Braut davon.
Sie mag Jenna auch nicht. Asher ist der Einzige des Personals, zu dem Jenna nett ist. Der Rest von uns wird für unter ihrer Würde erachtet.
Ich schaue quer durch die Bar zu dem Tisch, an dem Jenna von ihrer ganzen reichen, versnobten Clique umringt ist. Ich beobachte, wie Maia den Sekt an Jennas Tisch bringt, wo die hübsche Eiskönigin Jenna gerade eine Geschichte erzählt.
Ich sehe, dass Jenna ihr leeres Glas gedankenlos zu Maia schiebt. Die Musik hier drin ist zu laut, um hören zu können, was Jenna sagt, aber ein Blick auf ihre geröteten Wangen und ihre übertriebene Mimik, während sie mit den Leuten spricht, die um sie versammelt sind…
Yeah, sie ist betrunken. Nicht nur betrunken, sondern auch fordernd. Sie leert das Sektglas mit zwei Schlucken und streckt das Glas dann Maia hin, damit sie ihr nachschenkt.
Abermals stellt sie keinen Augenkontakt her. Jenna ist zu beschäftigt damit, ihre Geschichte laut zu erzählen. Alle am Tisch lachen gleichzeitig los und sie scheint sich pudelwohl zu fühlen, während sie in deren Schmeicheleien badet.
Maia nimmt das Sektglas und läuft zu einem anderen Tisch, um nachzusehen, ob die Leute dort irgendetwas brauchen.
Ich knirsche mit den Zähnen. Man würde meinen, dass Maia nur irgendein unbekanntes Gesicht sei, eine Bedienung in irgendeinem Restaurant… aber in Wahrheit sind Asher und Jenna zusammen, seit dieser Laden aufgemacht hat. Maia war unsere zweite Angestellte.
Einfach gesagt, sie kennen einander.
Wir hätten für diese Party Catering-Personal anheuern sollen, denke ich. Auf diese Weise hätten alle bei der Party mitfeiern können. Und das Personal hätte einen Bogen um Jennas Tisch machen können…
Ich wende mich ab und beiße mir auf die Zunge. Als Maia zurückkommt, sage ich ihr, dass sie Jenna nicht mehr bedienen muss. Ich werde das übernehmen.
Die Lage zwischen Asher und mir war während der letzten paar Wochen mehr als ein wenig anspannt, seit ich ihm erzählt habe, wie ich empfinde. Obwohl wir seit fast zwanzig Jahren beste Freunde sind, wurde es verdammt unangenehm, sobald die Worte meinen Mund verlassen hatten.
Jetzt sind wir hier. Asher schmiert Jennas Eltern drüben bei der Tür zur Terrasse Honig ums Maul, wobei er so golden aussieht wie ich dunkel bin. In seinem karierten Hemd und Khakis verkörpert er genau den Mann, von dem du dir wünschst, dass ihn deine Prinzessin-Tochter heiratet.
Ich schwöre bei Gott, ich kann seine Zähne sogar durch den verdammten Raum jedes Mal funkeln sehen, wenn er lacht. Asher ist fast ein gottverdammter Disney Prinz, mein komplettes Gegenteil.
Mir fällt wieder ein, dass ich diese Party für ihn schmeißen soll und behalte meine Gedanken über Jenna für mich.
„Hey“, sagt eine Stimme. Ich wende mich von Asher ab und entdecke seine kleine Schwester Emma, die sich auf einen Hocker an der Bar schiebt.