Kitabı oku: «Arztstrafrecht in der Praxis», sayfa 9

Yazı tipi:

cc) Therapiefreiheit und Behandlungsfehler

92

Die Therapiefreiheit steht nur dem Arzt, nicht aber dem Patienten zu, der lediglich eine Behandlung fordern kann, die dem medizinischen Standard entspricht, nicht jedoch die Wahl einer Methode, die klinisch und experimentell noch nicht abgesichert ist. Der Arzt, der eine Einwilligung eingeholt hat, begeht daher keinen Behandlungsfehler, wenn er eine neue Operationstechnik nicht anwendet, sondern beim etablierten Verfahren bleibt. Der Zeitpunkt, von dem ab eine traditionelle Behandlungsmaßnahme oder Operationstechnik veraltet und überholt ist und deshalb nicht mehr dem einzuhaltenden Qualitätsstandard genügt, also zu einem Behandlungsfehler wird, ist erst dann gekommen, wenn die neue Methode risikoärmer ist und/oder bessere Heilungschancen verspricht, ihre „Vorzugswürdigkeit in der medizinischen Wissenschaft im Wesentlichen unumstritten“[122] ist und daher ihre Anwendung von einem sorgfältigen und auf Weiterbildung bedachten Arzt gefordert werden muss.[123]

dd) Einschränkungen der Therapiefreiheit

93

Die „Wahl der Behandlungsmethode ist also primär Sache des Arztes,“[124] sie ist seine „höchstpersönliche Entscheidung“ innerhalb eines rechtlich nicht nachprüfbaren Beurteilungsspielraums.[125] Sie belässt dem Arzt „einen von ihm zu verantwortenden Risikobereich“ im Rahmen der „Regeln der ärztlichen Kunst“.[126] Die Praktizierung einer „vertretbaren Heilmethode“ ist in diesem Sinne straflos.[127] Denn mangels Sachkompetenz kann – und darf deshalb auch – nicht das Gericht darüber entscheiden, welchem der in Rede stehenden Heilverfahren der Vorzug gebührt,[128] und damit den Inhalt des Standards bestimmen. Es kann vielmehr nur „in einer Art Grenzkontrolle“ die Mindesterfordernisse für die objektiv gebotene Sorgfalt bei der Ausübung ärztlicher Tätigkeit festlegen.[129] Die rechtliche Anerkennung der Therapiefreiheit bedeutet aber auch „keinen Freibrief für Gewissenlosigkeit“, keine schrankenlose Therapiewahl, vielmehr muss der Heilung suchende Patient „vor unverantwortlichem Kurpfuschertum und Dilettantismus“ geschützt,[130] die erforderliche Sorgfalt also „auch von nichtärztlichen Heilbehandlern ebenso wie von approbierten Ärzten beobachtet werden“.[131] Daraus ergeben sich im Ergebnis weitreichende Einschränkungen der Therapiefreiheit. Der Meinungsstand lässt sich unter Auswertung der höchstrichterlichen Judikatur wie folgt zusammenfassen:

94-

102


1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.

f) „Facharztstandard“ und Facharztqualität

103

Da der Patient Anspruch auf eine ärztliche Behandlung hat, die dem „Standard eines erfahrenen Facharztes entspricht“, muss zu jeder Zeit und an jedem Ort dieser Facharztstandard gewährleistet werden, so dass im Krankenhaus für den Nacht- und Sonntagsdienst, für Not- und Eilfälle entsprechende Vorsorge zu treffen ist.[166] „Der Sorgfaltsmaßstab wird im Rahmen eines Notfall- oder Bereitschaftsdienstes grundsätzlich nicht gemildert.[167] „Für Eil- und Notfälle kann der Standard nur dort herabgesetzt werden, wo eine sorgfältige Organisation und Vorbereitung für sie nicht vorsorgen kann“.[168] Im vertragsärztlichen Notfalldienst muss der Arzt „typischen Notfallsituationen des ärztlichen Alltags“ durch Sofortmaßnahmen gerecht werden.[169] Dies bedeutet, dass der „fachfremde Notarzt“, z.B. ein Dermatologe, sich regelmäßig für Notfallbehandlungen fortbilden und bei nicht genügendem Wissen oder ausreichender Erfahrung den Patienten an einen anderen Arzt oder an ein Krankenhaus überweisen muss. Anderenfalls droht die Haftung aus Übernahmeverschulden.[170]

aa) Formeller und materieller Facharztstatus

104

Um Missverständnisse im Anschluss an das sog. Facharzturteil des BGH[171] zu vermeiden, ist jedoch klarzustellen, dass die Erfüllung des „Facharztstandards“ nicht die Tätigkeit eines Arztes voraussetzt, der die Facharztprüfung abgelegt und damit das Facharztzeugnis in Händen hat. Der „Facharztstandard“ ist nicht formell durch den Facharztstatus bestimmt, sondern beschreibt ein materielles Kriterium, die Facharztqualität,[172] d.h. einen bestimmten Wissens- und Erfahrungsstand des Arztes, bezogen auf die jeweilige von ihm zu treffende Behandlungsmaßnahme. Diese Feststellung gewinnt insbesondere seit Inkrafttreten der erneuerten Weiterbildungsordnung im Jahre 2003 Bedeutung. Denn ein Facharzt neuer Prägung hat in einer ganzen Reihe von Fachgebieten einen anderen Leistungs- und Erfahrungsstand als bisher. Um es am Beispiel des Facharztes für Gynäkologie und Geburtshilfe zu veranschaulichen: „Beim Facharzt neuer Art kann angesichts des eingeschränkten Operationskatalogs der derzeitigen WBO weit weniger als früher davon ausgegangen werden, dass er den operativen und geburtshilflichen Anforderungen genügt, die an einen klinisch tätigen Facharzt zu stellen sind. Er kann den Facharztstatus erlangt haben, ohne je eine Hysterektomie oder einen Kaiserschnitt selbstständig ausgeführt zu haben“.[173] Deshalb treffen künftig den Chefarzt, der einen Facharzt „neueren Rechts“ einstellt, erhöhte Prüfungs-, Überwachungs- und Organisationspflichten. Aber auch der junge Facharzt muss „selbstkritisch seine Fähigkeiten und Erfahrungen prüfen“ und ggf. seinen Einsatz unter Hinweis auf seinen nicht vorhandenen Leistungsstand ablehnen,[174] da sonst im Falle der Schädigung einer Patientin der Vorwurf des Übernahmeverschuldens droht.[175]

bb) Notwendigkeit des formellen Facharztstatus

105

Facharztstandard gewährleistet ein Arzt andererseits „unter Umständen schon vor dem Erwerb des verbrieften Status“, wenn er das medizinisch Gebotene „theoretisch wie praktisch so beherrscht, wie das von einem Facharzt dieses Fachs erwartet werden muss. Das kann der Arzt einer anderen Fachrichtung sein, aber auch ein approbierter Arzt in Weiterbildung zum Facharzt“.[176] Die formelle Facharztanerkennung wird dagegen von der Judikatur für den Arzt gefordert, der einen Noch-nicht-Facharzt bei seiner Tätigkeit anleitet und beaufsichtigt,[177] da diese Überwachung eine besondere Kompetenz, Souveränität und Verantwortung erfordert.[178] Ansonsten aber kann der fachärztliche Standard auch „ohne die ständige persönliche Anwesenheit eines Facharztes“ gewährleistet werden, wenn der Operateur für den konkreten Eingriff das notwendige theoretische Wissen besitzt und in der Lage ist, die erforderlichen operationstechnischen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen.[179] Operiert also der noch in der Ausbildung befindliche Arzt selbst, kommt es auf seine materielle Qualifikation an, d.h. über die Frage, ob er zur selbstständigen Durchführung des Eingriffs berechtigt ist, entscheidet sein jeweiliger konkreter Ausbildungsstand und die Schwierigkeit der anstehenden Operation.[180]

cc) Haftung des Berufsanfängers

106

Die mit der Ausbildung junger Ärzte naturgemäß verbundenen höheren Verletzungsgefahren müssen, soweit beherrschbar, von den für den Einsatz dieser Ärzte Verantwortlichen durch besondere Maßnahmen ausgeglichen werden, damit gegenüber dem Patienten im Ergebnis stets der Standard eines Facharztes gewahrt bleibt und kein zusätzliches Risiko entsteht.[181] Ob das allerdings erreichbar ist, erscheint fraglich. Denn „selbst ein assistierender Facharzt“ kann nicht „jeden „anfängerbedingten“ Fehler des Operateurs verhindern oder die möglicherweise erheblichen Folgen für den Patienten, auch wenn er den Fehler sofort erkennt, in jedem Falle beheben“.[182] Deshalb muss auch von einem Assistenzarzt, selbst wenn er sich noch am Beginn seiner Weiterbildung befindet, die Einhaltung elementarer Regeln seines Fachs verlangt werden, z.B. Vergewisserung über die anatomischen Verhältnisse, „eindeutige Identifizierung der betroffenen Strukturen, Rückfrage beim anwesenden Oberarzt bei Ungewissheit“ oder „sogar Abgabe der Operationsdurchführung“.[183]

dd) Einsatz des Berufsanfängers

107

Allgemein dürfen dem Assistenzarzt in Weiterbildung nur solche Aufgaben zur eigenverantwortlichen und selbstständigen Erledigung übertragen werden, die er nach dem Stand seiner Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten beherrscht.[184] Deshalb ist Vorsicht geboten beim Einsatz im Notarztwagen, auch wenn der noch unerfahrene Arzt den Fachkundenachweis „Rettungsdienst“ erworben hat,[185] und regelmäßig ist auch sein Einsatz im Kreißsaal oder Bereitschafts- bzw. Nacht- und Wochenenddienst auf geburtshilflichen Abteilungen oder in der Anästhesiologie erst nach einer gründlichen, abgestuften, mehr oder weniger langen Einarbeitungs- und Bewährungszeit zu vertreten. Denn im Notfall – und solch kritische Situationen sind ja im Rettungsdienst, auf Intensivstationen, bei Narkosekomplikationen und unter der Geburt nicht selten – muss innerhalb kürzester Zeit die Situation erkannt und medizinisch sachkundige Hilfe geleistet werden.[186]

Anderenfalls können Schäden eintreten, die „zu den schwersten“ gehören, die „überhaupt denkbar sind“.[187] Der aufsichtführende Arzt, der sich über die erforderliche Sachkunde und Erfahrung des Berufsanfängers Gewissheit verschaffen muss,[188] sollte ihm daher in immer größerem Umfang Aufgaben zur eigenverantwortlichen Erledigung übertragen. Dadurch erlangt dieser größere Selbstständigkeit und kann dabei lernen, praktisch ohne ständige Anleitung zu arbeiten,[189] doch muss ein Facharzt rufbereit im Hintergrunddienst zur Verfügung stehen.

Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
2510 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783811406421
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip