Kitabı oku: «TITANROT», sayfa 2

Yazı tipi:

Geschenk

Raumhafen im Orbit des Zwergplaneten Pana

Chan stand im Aussichtsmodul der Raumstation über Pana. Der Ort erinnerte ihn an ein Fischglas. Mit dem Unterschied, dass die Glasbewohner die Außenwelt durch den durchsichtigen Boden beobachteten und nicht umgekehrt. Die Rotation der Station ließ den Planeten unter seinen Füßen aufgehen wie einen Mond.

Es sah zugegeben hübsch aus. Eiswüsten glitzerten im Licht der Habitatkuppeln und schwarze Gebirge ragten aus dem Schnee wie Zähne aus dem Schlund einer Muräne. Beinahe fünfzehn Milliarden Menschen lebten auf dem Planeten und den ihn umgebenden Orbitalstationen. Fünfzig große Raumstationen und unzählige kleinere umtanzten den Zwergplaneten. Die Naturreservate in den Orbitalringen boten eine Artenvielfalt, die im ganzen Sednagürtel ihresgleichen suchte. Mehrere Lichtsekunden dicht besiedelten Raums gehörten zum Kerngebiet der Verwaltung Panas. Das hätte Pana im Solschwarm des inneren Sonnensystems zu einem Außenposten unter vielen gemacht. Hier draußen im Sednagürtel jedoch, wo die Sonne dank der Verdunkelung durch den Habitatschwarm beinahe unsichtbar zwischen den funkelnden Sternen glomm, stellte Pana ein Zentrum menschlichen Treibens dar. Ein kulturelles Leuchtfeuer, das Nomaden und Felsenkleber anzog wie Honig die Fliegen.

Die Raumhäfen spuckten so viele Raumschiffe, Shuttles und Frachtmodule aus, dass es aussah, als fächerten sie ein aus Metallperlen geknüpftes Netz über dem gesamten Gebiet auf. Chan erinnerte sich nicht, wann er das letzte Mal so viele Dinge gesehen hatte. Aus seinem Labor auf dem Kolonieschiff Rhea sah er meist nur die Schwärze des Alls.

Die Rhea befand sich ebenfalls unter den Objekten, die den Planeten umkreisten. Ihre silbrige Hülle reflektierte die Lichter der Zivilisation und neben dem Planeten wirkte sie wie ein winziges, dunkelsilbernes Ei mit Fensterreihen, die leuchtende Streifen über ihre ganze Länge zeichneten. Frachter und Dingis trugen unablässig Waren und Menschen in ihren weit geöffneten Rachen. Ein endlos scheinender Strom an Rohstoffen, die weit weg vom Trubel des Sonnensystems eine Kolonie aufbauen sollten. Das Schiff würde rappelvoll sein, wenn er zurückkehrte. Pana war der letzte Raumhafen, den die Rhea je anlaufen würde. Nach eintausend Jahren Raumfahrt wagte die Menschheit endlich den Sprung in ein anderes Sternensystem.

Chan suchte in dem nur vom Widerschein Panas beleuchteten Aussichtsraum nach Hinweisen, welcher der Anwesenden seine Verabredung sein könnte. Der fremde Helfer, der angeboten hatte, sein Lebenswerk zu vollenden, versteckte sich wohl kaum in der kreischenden Kinderschar, die gerade die Aussichtsplattform stürmte. Auf kurzen Beinchen stoben sie, zum Leidwesen ihrer Erzieher und Chans, quiekend und schnatternd in alle Richtungen auseinander. Die Kleinen ließen sich auf den Boden plumpsen, drückten ihre Nasen an den durchsichtigen Paneelen platt und schrien vergnügt auf, als eine der anderen Raumstationen sich ins Panorama unter ihren Füßen schob.

Jemand zupfte von hinten an Chans Mantel. Er fuhr herum. Bereit, dem Balg eine Standpauke zu halten, die ihren Namen verdient hatte. Vor ihm stand eine rot glänzende Drohne auf Rädern. Ein rundes Köpfchen saß auf ihrem Rücken und an einem dünnen Greifärmchen baumelten Ohrstöpsel.

Er seufzte vor Enttäuschung. Kein Mensch würde zu dem Treffen kommen. Dann betrachtete er den Kurier zweifelnd. Informationen dieses Stellenwertes vertraute man keiner Technik an. Den einzig sicheren Ort für solche Schätze trug der Mensch im Kopf spazieren. Jedes Kind wusste das. Eigentlich.

Mit schweißnassen Fingern nahm er die Stöpsel und steckte sie in die Ohren. Sie fühlten sich kalt an und viel zu groß. Zumindest brachten sie das Geschrei der Kinder zum Verstummen. Chan atmete auf.

»Verzeihung«, sagte eine Stimme aus dem Lautsprecher der Drohne. Der fremde Freund klang erstaunlich jung. Hatte ein Jungspund ein Problem gelöst, mit dem er sich seit Jahrzehnten herumschlug? Oder zumindest jemand, der genug Eitelkeit besaß, um sich als jung auszugeben. Ein bitterer Geschmack belegte seine Zunge.

Besaß der Fremde überhaupt den Anstand, die eigene Stimme zu nutzen? Immerhin stand er einer Drohne gegenüber. Ziemlich unhöflich.

»Es ist mir leider nicht möglich, Ihnen physisch Gesellschaft zu leisten«, erklärte die Stimme. »Ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel?«

»Natürlich nicht.« Sein Nacken kribbelte. Wie immer, wenn er jemanden belog. »Uns verbinden Ideen und keine Körper.«

»Schön gesagt«, antwortete der Fremde. »Ich vermute, Sie sorgen sich um die Sicherheit der Daten?«

Standen ihm seine Befürchtungen so deutlich ins Gesicht geschrieben? Chan verteilte sein Gewicht gleichmäßig auf seinen Füßen und richtete sich auf. Er sollte an seinem Gesichtsausdruck für konspirative Treffen arbeiten.

»Eine Vermutung meinerseits«, erklärte die Stimme, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Alleswisser nervten. Vor allem, wenn sie wirklich alles wussten.

Das Greifärmchen kam wieder in Bewegung und zog eine Datenkarte aus dem Köpfchen hervor. Im Nachtlicht der Aussichtsplattform blitzte sie grünlich auf.

Er streckte die Hand nach dem Wissen aus, das die Knoten in seiner Programmierung lösen und seiner Reise hinter die Grenzen der menschlichen Zivilisation einen Sinn geben sollte. Doch Millimeter, bevor seine Finger den Schlüssel berührten, zögerte er. Es gab nichts umsonst. Welchen Preis würde er dafür zahlen müssen?

»Die Karte enthält, was ich versprochen habe. Nicht mehr und nicht weniger.« Die Worte klangen, als grinste der Sprecher.

Chans Fingerspitzen bebten im Takt seines Herzschlags. »Sie haben mir immer noch nicht gesagt, was Sie dafür von mir verlangen.«

Die Stimme seufzte. »Ich denke, wir sind uns einig, was die Unsinnigkeit gewisser Beschränkungen für Ihre Forschungstätigkeiten angeht. Mir reicht es, wenn Sie sich von der Engstirnigkeit anderer unbehelligt ihrem Projekt widmen. Denn es wird den Lauf der menschlichen Geschichte verändern.«

Die Worte klangen für Chans Geschmack zu gefühlsduselig. Aufgeladen mit einem Pathos, der das Zeug hatte, Dummköpfe zu verführen. Seine Backenzähne knirschten aufeinander. Machte es ihn zu einem Dummkopf, wenn ihm die Worte gefielen?

»Und Sie sind sicher, dass kein Unbefugter Zugang zu den Daten hatte?«

Die unsichere Übergabe verknotete Chans Gehirn. In den Vorgesprächen hatte er sich durch Fangfragen davon überzeugt, es mit jemandem zu tun zu haben, der dieses Handwerk verstand. Sonst hätte er sich die Mühe nicht gemacht, sein Labor zu verlassen. Und nun so etwas.

Aus den Ohrstöpseln klang ein blechernes Lachen. »Die Daten sind verschlüsselt. Niemand, der zufällig über sie stolpert, wird damit etwas anfangen können.«

Chan runzelte die Stirn. Zufällige Halunken, die aus Spaß an der Zerstörung über die Drohne herfielen und sie ausraubten, bereiteten ihm keine Sorgen. Die wüssten nichts mit dem Inhalt anzufangen, selbst wenn er ihnen in Klartext vor die Nase gehalten würde.

»Den Schlüssel besitzen Sie ja bereits«, erklärte der Fremde. »Es ist unwahrscheinlich, dass jemand diese Drohne und unsere Nachrichten abgefangen hat.«

»Ihre Antworten enthalten den Schlüssel?«, fragte Chan und leckte sich die Lippen.

»Natürlich.« Die Stimme klang gelangweilt. Wie jemand, der einem Begriffsstutzigen das Offensichtliche erklärte.

Chan schüttelte seine Zweifel ab und griff zu. Die Karte löste sich mit einem Klicken aus ihrer Halterung, welche mitsamt der Drohne augenblicklich zu intelligentem Staub zerfiel, der im Luftzug der Klimaanlage im Raum verwirbelte. Drohnenpartikel rieselten wie rot glitzernde Schneeflocken auf seine Kleidung und Schuhe. Mit einer Hand versuchte er, seine Hose abzuklopfen. Aber der intelligente Staub erwies sich als hartnäckig. Vermutlich würde erst eine Wäsche den Stoff von den Drohnenüberresten befreien können.

Chan sah sich um. Aber weder die Kinder noch ihre verzweifelten Aufpasser interessierten sich für den Vorgang. Und es ertönte auch kein Alarm, der alle anwies, auf ihren Plätzen zu verharren.

Er befühlte die feinen Linien und Gebilde auf der Karte. Staubreste hafteten an dem Datenträger und erinnerten an die Gletschergebilde des Planeten unter seinen Füßen. Eine ganze Welt hielt er in Händen. Sein Herz sprang vor Aufregung. Nicht nur eine Welt. Einen Verstand, so weit, wie das Universum. Wenn der fremde Freund sein Versprechen gehalten hatte.

Seine Hand zitterte vor Aufregung und die Karte bebte zwischen seinen Fingern. Er konnte es kaum erwarten, mit der Arbeit zu beginnen. Er konnte es kaum erwarten, mit dem Geschöpf zu sprechen, welches er erschaffen würde.

Verfolgungsjagd

Forschungsstation von Lehrsinn-Bode im Sednagürtel

Alles drehte sich. Glenn saß auf einer Bank hinter dem Pilotensitz der Raumfähre, die sie Lehrsinn-Bode gestohlen hatten. Und die Flucht vom Asteroiden gab ihm den Rest. Sein Kopf schwirrte vom Blutverlust, den er der Schusswunde im Oberschenkel zu verdanken hatte. Dunkle Schlieren waberten durch sein Gesichtsfeld und immer wieder verschwamm das Bild vor seinen Augen. Beim Einatmen musste seine Muskulatur doppelt arbeiten, um gegen die Beschleunigung des Shuttles anzukämpfen. Sein schwächelnder Körper wog mit einem Mal ein Vielfaches seines Gewichts. Dank der geringen Anziehungskraft auf dem Asteroiden hatte er dort nicht einmal ein Kilo gewogen. Nun presste das Gefühl der Schwere auf seinem Brustkorb die Luft aus seinen Lungen. Eiskaltes Blut strömte durch seine Gliedmaßen und staute sich bleiern in Händen und Füßen, bis seine Fingerspitzen im Rhythmus seines Herzschlags pochten.

Lächerlich. Als Kapitän eines Nomadenschiffs sollte er das auf einer Hinterbacke absitzen. Vor allem als Kapitän der Sonnenwind, einem der schnellsten Schiffe im Sektor. Er würde durchhalten. Ausruhen konnte er sich, wenn er in seinem Beschleunigungstank lag. Oder im Medisarg.

»Hat die Sonnenwind sich gemeldet?«, fragte er durch den Helmfunk. Seine Worte purzelten abgehackt und keuchend von seiner Zunge. Als versuchte alle Luft, auf einen Schlag aus seinen Lungen zu fliehen, sobald er den Mund öffnete.

»Unser Peilsender ist im Dingi, das wir auf dem Asteroiden zurückgelassen haben, Käpt’n«, sagte Tian vom Pilotensitz, ohne sich zu ihm umzudrehen. »Wir können der Sonnenwind nicht verklickern, wer wir sind. Die halten uns für Konglos.«

»Funk Dan an und gib ihm Bescheid. Mit dieser lahmen Bohnendose von einem Shuttle kommen wir nicht rechtzeitig an.« Glenn fühlte sich, als schwappte Wasser zwischen seinen Ohren. »Die sollen uns entgegenkommen.«

Sein Magen drohte damit, die letzte Mahlzeit wieder rauszuschmeißen. Bitterer Speichel strömte in seinen Mund.

»Ich kann nicht sprechen«, rief Tian.

»Was?« Glenn schnappte nach Luft, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Hatte Tian gerade gesagt, dass er nicht sprechen konnte? »Du sprichst doch gerade mit mir.«

»Ja, durch den Helmfunk. Das Mikro funktioniert aber nur unter Atmosphäre. Und da wir uns hier reingesprengt haben, ziert ein schönes Guckloch unsere Seite.« Tian zeigte links hinter sich.

An Krolls schockstarrer Gestalt vorbei sah Glenn durch das in der Außenhülle klaffende Sprengloch direkt ins All und auf den Asteroiden unter ihnen. Dessen Felsformationen strahlten im Sonnenlicht und schrumpften mit jedem Herzschlag zusammen, während sich die Raumfähre entfernte. Bis sie aussahen, wie die Zierriffe in einem Aquarium.

»Das hat der Träumer eingefädelt«, fluchte er. Natürlich funktionierte das Mikro nicht. Im Vakuum gab es keine Geräusche, keine Stimme, die um Hilfe bitten konnte.

Mit einem Schlag wachte er aus seinem Tran auf. Die Kälte floss noch durch seine Adern und sein Atem ging zu flach und zu schnell. Aber der Schleier über seinen Gedanken klärte sich. Ohne funktionierendes Funkgerät gab es keine Möglichkeit, der Sonnenwind mitzuteilen, dass sie sich in einem Shuttle von Lehrsinn-Bode befanden und Hilfe brauchten. Sein Raumschiff würde an ihnen vorbeifliegen, ohne zu wissen, wer sich an Bord befand. Wenn es sie überhaupt bemerkte.

Er schlug auf die Armlehne und fing sich einen verwirrten Blick Krolls ein. Der Konglo verstand das Problem nicht. Dämlicher Felsenkleber. Sie liefen Gefahr, ins Leere zu düsen und für immer zu verschwinden. Was gab es da nicht zu verstehen?

Das Schiffchen erzitterte unter einem Treffer. Der Schlag rammte den Sitz mit einer Wucht gegen Glenns Gesäß, dass sein Steißbein wie eine Metallglocke nachklang.

Krolls Dreckgläser flogen aus seinem Arm quer durch die Kabine an die gegenüberliegende Wand. Dort zersprangen sie und ergossen einen Regen aus Scherben und Dreck über die leeren Bänke des Shuttles. Kroll stieß einen lauten Schrei aus, der dank des Helmfunks in Glenns Ohren rang.

»Meine Gläser!«, jammerte der Wissenschaftler.

Einen Moment später stoppte die Beschleunigung und die Last verschwand von Glenns Brust. Seine Arme und Beine schwebten ohne sein Zutun vor ihm und eine Wolke aus Erde und Scherben blieb in der Kabine hängen, als stünde die Zeit still.

Aus dem Loch in der Außenhülle erspähte Glenn die Umrisse kleiner Flieger, die vom Asteroiden her auf sie zurasten.

»Die Jäger sind los«, rief er in den Helmfunk.

»Aye«, brummte Tian. »Und sie haben unseren Hauptantrieb zerlegt. Die müssen uns jetzt nur noch einsammeln.«

Kroll versuchte Scherben und Dreck mit seinen ungelenken Handschuhen aus der Luft zu fischen. Dann ging eine seiner Hände zu seinem Anschnallgurt.

»Nein!«, rief Glenn. »Wagen Sie es nicht, Ihren Gurt anzufassen, Kroll.«

Der Wissenschaftler murmelte etwas vor sich hin, gehorchte aber. Glenn verstand nur Fetzen. Die Wörter »Gläser«, »Beweise« und »alles umsonst«. Der Typ hatte mit seinen Proben anscheinend auch seinen Verstand verloren.

»Starte die Seitenborder, Tian!«, rief Glenn. Nicht, dass die Konglos ihnen die Gelegenheit geben würden, sich aus dem Staub zu machen. Anscheinend wollten ihre Verfolger sie jedoch lebend. Und Glenn würde sich bis zum letzten Atemzug zur Wehr setzen. Nur aufzugeben bedeutete, mit Sicherheit zu verlieren.

»Aye«, erklärte Tian mit Nachdruck und die Raumfähre ruckte einmal nach rechts. Die erneute Beschleunigung drückte ihn diesmal sehr sanft in die Armlehne von Krolls Sitz. Ein Teil der Staub- und Scherbenwolke flog aus dem Guckloch in der Seite und hinterließ einen glitzernden Schweif im All. Kroll wimmerte wie ein kleines Kind.

Die Jäger kamen schnell näher. Auf ihren Nasen prangten rote Nummern und das kupferfarbene Nilpferd. Die wollten ein Verhör. Sonst hätten sie das Schiffchen bereits zu Staub zerpulvert. Das war’s. Die Antriebskraft dieses Shuttles reichte nicht aus, um eine Verfolgungsjagd zu gewinnen. Er schnaufte vor Frustration. Genoss er gerade seine letzten Momente in Freiheit? Den Konglos sagte man bei den Nomaden allerlei unsinnige Seltsamkeiten nach. Aber dass sie sich in Gehirnwäsche verstanden, stand außer Frage und neue Arbeitsdrohnen brauchten die immer. Lieber trieb er in der Leere, bis das Universum starb, als nie wieder seine eigenen Entscheidungen zu treffen.

Dann sprang Kroll von seinem Sitz auf und Glenn schrie vor Wut. Diesen Wissenschaftler zu hüten war schlimmer, als mit bloßen Händen ein Leck zu schließen. Er griff nach seinem eigenen Gurt, um ihn zu lösen. Den Verrückten musste Glenn offensichtlich vor sich selbst retten und auf seinem Platz festzurren.

Erneut erschütterte ein Schlag das Shuttle. Der Seitenantrieb erstarb mit einem letzten Ruckeln. Kroll kreischte und flog quer durch den Raum direkt an Tians Kopf vorbei ins Cockpit. Tian fing den Wissenschaftler an einem Fuß ein und stieß ihn in Glenns Richtung. Krolls Arme ruderten unbeholfen.

»Verdammte Konglos«, fluchte der Mechaniker. »Sollen die Träumer sie holen. Das sieht nicht gut aus, Käpt’n.«

Glenn fing den Wissenschaftler auf und setzte ihn wieder in den Sitz neben sich. Die Bewegung verursachte ihm Schwindel und Übelkeit.

»Meine Scherben«, murmelte Kroll, ließ sich aber ohne Widerstand von Glenn anschnallen.

Glenn sah hinaus zu den Jägern. Ein winziger Schatten zog an einigen Sternen vorbei. Er kniff die Augen zusammen, bis er fürchtete, seine Augäpfel träten vor Anstrengung aus ihren Höhlen. Was war das? Ein neuer Verfolger? Eine Einbildung seines blutleeren Hirns?

Ein weiterer Treffer jagte die Scherben wie wütende Hornissen durch die Kabine. Die Energie des Aufpralls pfefferte eine davon gegen Glenns Oberarm. Ein scharfer Schmerz durchzuckte ihn und die Scherbe blieb in seinem Fleisch stecken. Der Fremdkörper bohrte sich bei jeder Bewegung tiefer in seinen Arm. Glenn zog ihn raus. Blutstropfen schwebten aus dem kleinen Riss im Anzug. Doch das Material verschloss sich innerhalb eines Atemzugs und verhinderte, dass seine Luft ins Nichts verschwand.

»Das wird eng«, sagte er und verschwieg die neue Wunde. Die Wolke aus Scherben und Dreck prallte an der Außenwand ab und flog zurück in die Kabine.

Wieder fiel der Antrieb aus. Ein Ruck ging durch das Shuttle und weitere Scherben prallten gegen die Wand, wurden in kleinere Stücke zermahlen und verloren an Schwung. Doch es würde eine ganze Weile dauern, bis sie als glitzernder Kristallstaub zur Ruhe kämen. Stillstand. Das Endergebnis jeglicher Reibereien. Würde auch er verharren, wenn Lehrsinn-Bode ihn in seine Fänge bekam?

Draußen holte der Schatten die Jäger in wenigen Wimpernschlägen von hinten ein. Und dann zeichneten sich die Umrisse eines länglichen Schiffes, das aus den Tiefen des Alls heranraste, vor dem Sternenhimmel ab.

»Sonnenwind«, schrie er. »Sie ist da!«

Tian drehte sich um und starrte aus dem Loch. »Hoffentlich halten die uns nicht für Konglos.«

Die Sonnenwind rammte vier ihrer Verfolger auf einmal. Die Jäger zerplatzten beim Aufprall wie Glasfiguren. Ihre Einzelteile flogen nach allen Seiten ins All. Manche stürzten zurück auf den Asteroiden, andere stoben auf Nimmerwiedersehen davon in die Schwärze. Wenn die Sonnenwind sie nicht erkannte, dann standen dieses Shuttle und seine Passagiere kurz davor, genauso zerlegt zu werden, wie die Jäger. Glenn ballte seine Fäuste.

Verdammte Träumerbrut! Vom eigenen Schiff über den Haufen geflogen. Diesen Abgang fand er noch erbärmlicher, als den Konglos in die Hände zu fallen. Die Zeit schien stillzustehen, als sein Tod herannahte.

Die Sonnenwind drehte sich und zeigte mit dem Heck auf die Fähre. Das Glühen der Triebwerke schmerzte in seinen Augen und er wandte das Gesicht ab. Was sollte das? Wollte seine Navigatorin das Shuttle abfackeln? Doch die Sonnenwind drehte sich erneut und das gleißende Licht verschwand.

Glenn wagte, den Blick auf sein Schiff zu richten und entdeckte ein schwächeres Leuchten. Die Bugklappe, dachte er. Die Sonnenwind hatte abermals gewendet. Ein Lichtstreifen leuchtete am Bug des Schiffes. Die Luftschleuse des vorderen Frachtraums stand offen. Sein Schiff raste mit heruntergelassener Klappe genau auf das Shuttle zu. Vielleicht sammelten seine Leute den Metallschrott der Drohnen ein?

Genau wie unsere Überreste, dachte er dunkel. Sein Herz zersprang vor Aufregung. Der Aufprall würde sie pulverisieren. Sie würden sterben.

Er fing an zu kichern. Glenn Michels, freischaffender Kapitän der Schwarzen See. Über den Haufen geflogen vom eigenen Schiff. Ein Abgang, der an Lächerlichkeit die Lieblingszoten der Geschichtenerzähler übertraf.

Die Sonnenwind schwenkte zur Seite. Vielleicht streifte das Schiff sie nur und sie überlebten die nächsten Augenblicke. Aber was dann? Sie flögen mit neuem Schwung der Leere entgegen. Ohne Hoffnung auf Rettung. Er zog einen kurzen, schmerzhaften Unfalltod dem langsamen Dahinsiechen bei vollem Bewusstsein vor. Vielleicht sollte er das Visier öffnen und das All begrüßen?

Bevor seine Gedanken tiefer in morbide Gefilde abdrifteten, erfasste die Sonnenwind das Shuttle. Der Schlag warf ihn mit voller Wucht in die Anschnallgurte. Er konnte im Innern des Anzugs hören, wie seine Knochen brachen. Sein Kopf schleuderte nach vorn. Und trotz der Stoßdämpfer im Helm bekam er einen heftigen Schlag auf seinen Denkkasten. Das Nichts schluckte ihn.

₺182,23

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
360 s.
ISBN:
9783957658388
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre